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Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger : 17.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878295829-192211170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878295829-19221117
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878295829-19221117
- Sammlungen
- LDP: Archiv Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-17
-
Monat
1922-11
-
Jahr
1922
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Hande Die Sanierungsversnche für die Mark und die Wirtschaftslage. Die Berliner Reparationsverhandlungen. — Die Aussichten der Brüsseler Konferenz. — Marksturz und Preis«. Die Berliner Reparationsverhandlungen haben daS eine gr- zeigt, daß in allen Ländern die Erkenntnis den Sieg davanaetra- zen hat, ohne eine Sanierung der deutschen Valuta müsse Deutschland und damit Europa in einen Zustand des völ ligen wirtschaftlichen Zerfalls geraten. Die Notwendigkeit der Sanierung der Mark ist überall anerkannt, nur über die Wege zu diesem Ziel find sich weder die Sachverständigen, noch d,e Staatsmänner einig. In England nimmt die Porpaganda der Handelswelt für eine Revision des Versailler Vertra- geS und für eine Ermäßigung der Reparationslast zu. Aber die Staatsmänner, die die Erbschaft von Lloyd George angetreten haben, nehmen noch immer wertgehende Rücksicht auf die Stim mungen in Frankreich, die an dem Vertrag von Versailles nicht rütteln lassen wollen. Bonar Law ist zwar ebenfalls für eine Anpassung der Reparatioszahlungen an die deutsche Leistungs- fähigkeit eingetreten, er hat sich auch gegen Zwangsmatzregeln und für die Wiederaufrichtung Deutschlands ausgesprochen, aber die französischen Staatsmänner Haven auch bei den Verhandlungen mit dem neuen englischen Kabinett es geschickt verstanden, wahr scheinlich gegen Kompensationen im Orient von England eine weitgehende Rücksichtnahme auf den französischen Standpunkt in der Reparationsfrage zu erlangen. Die unsichere innenpolitische Lage in England und der Umschwung in Italien haben die französische Vormachtstellung in Europa zu Un gunsten Deutschlands zweifellos verstärkt. Diese Nachgiebigkeit Englands und Italiens gegenüber Frankreich hat auch hinter den Kulissen der Berliner Reparationsverhandlungen eine Rolle ge- spielt. Frankreich wehrt sich selbst gegen ein zweijähriges Mora torium für Deutschland, nachdem daS englische Mitglied der Ne parationskommission Bradbury sogar ein fünfjähriges Morata- rium als erste Voraussetzung für eine Sanierung der Mark be zeichnet hatte. Frankreich verlangt als Gegengabe für eine Hin- ausschiebung der deutschen Zahlungsverpflichtungen neue Pfänder und eine Finanzkontrolle über Deutschland, die unserem Lande jede wirtschaftliche und finanzielle Selbständigkeit nehmen und Deutschland zu der Nolle verdammen würde, die früher die Türkei gespielt hat. In der Frage einer weitgehenden Finanz- kontrolle scheinen England und Frankreich an der gleichen Stange zu ziehen. Das tägliche Sinken des französischen Fran ken, daS sich parallel mit der Entwertung der Mark immer schär fer ansprägt, hat die Franzosen recht nervös gemacht, zumal es in eine Zeit fällt, in der die französische Industrie gezwungen ist, grotze Ankäufe in amerikanischen Rohstoffen vorznnehmen. Frank- reich wünscht jetzt ebenfalls eine Sanierung der Mark, schon des halb, um die französische Valuta nicht gemeinsam mit der Mark in den Abgrund rasen zu sehen, es wird vielleicht auch auf der Brüs seler Konferenz etwas von seiner ersten Hypothek auf den deutschen Besitz, die ihm der Versailler Vertrag eingcräumt hat, hergeben, um die Möglichkeit einer Markstabilisiernng zu schaffen. Aber es steht zu befürchten, daß es dafür eine Finanzdiktatur über Deutschland und vielleicht auch neue Sicherheiten verlangen wird. In diesem Zusammenhänge ist eine Aeußerung Poincaräs bemer kenswert, wonach dieser eine internationale Anleihe zur Stabilisierung der Mark nichtfürun möglich halte, voraus gesetzt, daß diese Anleihe zur Hälfte für die Abzahlung der deut fchen Neparationslast verwendet werde. Es braucht nicht mehr ausgeführt zu werden, daß eine Beteiligung des Auslgndes a > einer internationalen Anleihe für Deutschland nicht erwartet wer den kann, wenn Frankreich die Hälfte dieser Anleihe für sich be ansprucht. Don dem Gesichtspunkte der französischen Widerstände und der französischen Ansprüche aus, mutz man auch die Vorschläge der Sachverständige n über eine Sanierungsaktion für die Mark, die bei den Berliner Neparationsverhandlungen gemacht werden, beurteilen. Die Sachverständigen halten vorerst eine all gemeine internationale Anleihe für Deutschland für unausführbar, sie schlagen daher eine vorläufige Stühungsanleibe für die Mark vor, weil eben eine völlige Lösung der Reparation?, frage, der sich Frankreich bisher widersetzt, die Voraussetzung für den Erfolg einer großen internationalen Anleihe ist. Man hat eben eine vorläufige Stabilisierung der Mark und eine vor läufige Atempause in den Reparationszahlungen als Aus- weg gewählt, weil eine endgültige Stabilisierung der Mark an- gesrchts des hohen Dollarkurses undurchsührbar erscheint und weil Frankreich für eine endgültige Lösung der Neparationsfrage noch nicht reif ist. Aber auch diese vorläufigen Maßnabmen dür fen unausführbar sein, wenn nicht Deutschland für eine Reihe von Jahren von allen Reparationszahlungen befreit und wenn nicht die Sachleistungen wesentlich herabgemindert wer- den. Mit Recht stellen deshalb Vie deutschen ReparationSvorschläac die endgültige Lösung des Reparationsproblems als Voraus setzung für die Markstabilisierug hin, weil nur dann das inter nationale Publikum die Sicherung der deutschen Zukunft für ge geben und nur dann Vertrauen zu der großen internationalen Sanierungsanleche fassen würde. Mit anderen Worten: Der Er folg der gesamten Sanierungsaktion ist davon abhängig, ob l, IndoKrie und Gri Frankreich die erste Hypothek auf Deutsch^.adS Besitz aufgibt und die Reparationslast der Leistungsfähigkeit Deutschlands nupaßi. Nur dann wird die internationale Bankierkonferenz und die neue Brüsseler Finanzkonserenz praktische Arbeit leisten können. Die Gutachten der ausländischen Finanzsachverständigen sieben dem deutschen Volke einen Hoffnungsschimmer. Der Dollar »st von seiner wahnsinnigen Höhe etwas herabgcglitten, nachdem er den Kurs von 9200 erreicht hatte. Der Plötzliche Rückgang der Devisen hat in der Industrie und dem Handel naturgemäß große Nervosität hervorgerufen. Nachdem schon in der letz ten Zeit trotz des Morksturzes die Ausfuhrtätigkeit nicht sehr groß gewesen war, weil dir sranzösifch-belgischr Konkurrenz die Ab satzmöglichkeit deutscher Waren beeinträchtigt, und weil überhaupt eine internationale Absatzkrisis herrscht, steht zu befürchten, daß ein scharfer Rückgang der Devisen die Exportfähigkeit Deutsch lands noch stärker nach unten drücken wird. Das würde aber ein weiteres Abflauen der WirtschaftSkonjunktur, eine weitere Der- schlechterung des deutschen ArbcitSmarktes und eine neue Zu spitzung der scharfen innerpolitischen Gegensätze bedeuten. Die Heilung der Mark. Am 8. und 9. November sind zwei Gruppen von Vorschlägen veröffentlicht worden, die sich mit der Heilung der deutschen Mark beschäftigen. Die eine Gruppe von Vorschlägen ist von den Mit- gliedern der Internationalen Sachverständigen Konferenz ansgc- arbeitet worden, die in der ersten Novemberw.oche in Berlin getagt hat. Sie erklärt eins Festigung des Markkurses auf einen Stan" von 1 zu 800 gegenüber dem Vorkriegsknrs für durchführbar. Ale Sicherung soll die Rsichebank einen Teil ihres Goldes obzweigen und ihn einer besonderen Stelle übergeben, der die Sorge für dte deutsche Währung zu übertragen ist. Daneben sollen für minde stens 2 Jahre alle Barzahlungen und Sachleistungen auf Nepara- tionskonto unterbleiben und die WeltsinanAeuts zur Hergabe eines größeren Darlehens veranlaßt werden. Die zweite Gruppe von Vorschlägen geht von der Reichsregiernng aus und stützt sich ans ein Gutachten, das drei internationale Bankiers, der Engländer Brand, der Schweizer Dubois und der Holländer Dissering ausgc- arbeitet haben. Nach diesem amtlichen deutschen Vorschlag sollen die Rsichsbank und ausländischen Geldgeber mit je 500 Millionen Goldmark an der Heilung der deutschen Mark teilnehmen, d. h. also einen Fonds von insgesamt 1 Milliarde Goldmark bilden, um den deutschen Banknoten eine traafähige Grundlage zu geben. Das am 8. November bekannt gegebene Gutachten der 4 inter nationalen Sachverständigen (die anderen drei haben ein Sonder- gutachten erstattet) gibt lediglich einen allgemeinen Rahmen für die Aktion zur Festigung der deutschen Mark. Das in den Vorschlä gen der Reichsrrgierung enthaltene Bankiergutachten zeigt dagegen den praktischen Weg, der beschritten werden muß. Die drei Dank- fachmännsr empfehlen die Gründung eines internationalen Syn dikats zur Aufbringung des Sicherungsfonds. An ihm hätten die Länder mit starker, gesunder Valuta teilzunehmen. Der Englische Bankier Brand hält es — wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt werden, für möglich, daß von England ein Kredit von 5 Millionen Pfund Sterling zur Verfügung gestellt wird. Würden sich auch wch Amerika, die skandinavischen Länder und die neutralen Staa- 'en Westeuropas (Holland, die Schweiz und Spanien) mit entsprc- benden Beträgen beteilinen, so wären die 500 Millionw Goldmark bald beisammen. Allerdings untcrü-eicht Brand in seinem Son- bergutachten, daß das Urteil vom Lankierkomitee vom Juli 492k wonach Deutschland unter den heutigen Verhältnissen nicht kredit fähig sei, immer noch Gültigkeit habe, weil die Bedingungen, unter denen Deutschland lebe, unverändert geblieben sind. Trotzdem klaube er an die Kreditbereitschaft der britischen Finanzwelt, wenn Deutschland für mindestens zwei Jahre ein vollständiges Morato rium gewährt würde, und wenn andere währungsstarke Länder sich m der Kreditaktion beteiligen würden. Die Reparationskommission >at die verschiedenen Gutachten und Vorschläge der Sachverständi- -en und der Reichsregierung entaegmgenommen und ist nach Parts urückgersist. Die Hauvtschwieriakeit wird nun darin bestehen, nnerhalb der Reparationskommission eine einheitliche Stelluna ahme zu den Berliner Eindrücken Hervorzubrin gen. Es steht noch zar nicht einmal fest, daß die Mehrheit in der Reparationskommis- wn grundsätzlich für die Gewährung eines vollständigen Morato- iums in Deutschland eintritt. Kommt es dann aber wieder zu ünem Mrhrheits- und zu einem Minderheitsbericht in der Revara- ionskommission, so werden sich Herr Poincare und seine Mitar beiter schwerlich davon abbringen lnssm, ihre bisherige Repara- 'ionspolitik weiter zu verfolgen. Die Vorschläge der Reicksregie- ung, die sich fast ausschließlich auf währungspolitischem Gebiete bewegen, hätten zweifellos einen stärkeren Eindruck auf die Repa- "ationskomm'ssion und do,"'t ans bst h'"ier ibr st^«pd"n Mächte »erbe. hervorgerusen, wenn gle'chzeMg ein Programm zur Steigerung der Produktion vorgelrgt worden wäre. So droht dir Stabilisie rung unserer Währung eine in die Luft gebaute Etage zu werde»». Börsenberichte vom Donnerstag. Devisenschwankungen. Im Devisenverkehr machte sich Donnerstag früh eine starke Nachfrage geltend wegen der Andnuer der Ministerkrise, der Teue rungskrawalle im Reiche und der Hohm Neuyorker Markmeldun gen, doch blieb der Dollackurs unter der Neuyorker Parität von 8420 zurück und wurde in den Vormittagsstunden mit 8300 ge handelt. Die Unsicherheit des Marktes trat dann in starken Schwankun gen innerhalb weniger Stunden deutlich zutage. Nachdem der Dollarkurs vormittags bis auf 8300 bis 8400 ungezogen hatte, trat »och vor Beginn der Börse ein Umschwung der Tendenz ein. Do die politische Lag.' sich zu entwirren scheint und eine günstiger« IZeurteilung eingetreten ist, ging her Kurs bis 7500 zurück. Amtlich wurde der Dollar auf diesem Niveau mit 7506,18 M festgesetzt. Auch die übrigen ausländischen Zahlungsmittel haben gegen gestern kaum eine Veränderung aufzuweisen. Die deutsche Mark wurde gestern aus Neuyork mit 0,01)4 Emt gemeldet, dar ntspricht einem Dollarstande von ungefähr 6968 M. — Dir De visen und ausländischen Zahlungsmittel, die in den Nachmittags- stunden leicht nachgegcbm hatten, waren in den Abendstunden wieder fester; Kabel Ncuyork 7200—7300, London 32 000 bk 2 500, Paris 490 bis 500 und Holland 2825 bis 2865. Der Börsenfreiverkehr. In Berlin trat im Verkehr von Bureau zu Bureau in Nach- Wirkung der Hausse an der Nachmittagsbörse wieder starke Kauf- neiguug hervor, die sich insbesondere den Kolonialwerten und Mon tanaktien sowie einigen Spezialitäten zuwandte. Stürmisch begehrt warm vor allem Stöhr Kammgarn, für die ein Kurs von 50 000 genannt wurde. Auch für Oberschlesische Montanwerte zeigte sich Interesse, vor allem für Oberbedarf, und von Nrbmwerten wäre» insbesondere gut gesucht Hammcrsen Spinnerei, Pöge und Basalt Bei dm Banken lagen zahlreiche Kausorders vor. Im Leipziger Freiverkehr dagegen war stilles Geschäft. Auf dem ermäßigten Kursnivsau zeigte sich wohl für einige wenige Papiere Nachfrage, doch kam es nirgends zu Geschäften. Zn Dresden herrschte die gleich; feste Haltung vor wie in Berlin, so daß verschiedene Papiere höher genannt wurden. Doch auch hier bschränkte sich die Nachfrage auf einige Spezialpapiere. Berliner Produktenbörse. Die Preisgestaltung am Produkten- markt wird nach wie vor von den Devisenkursen bestimmt, und entsprechend ihren Schwächungen gingen auch di« Preise herauf und herunter. Mittags überwogen die Offerten besonders in naher Ware die Nachfrage wesentlich, so daß sowohl Weizen als auch Roggen schwächere Tendenz ouswiesm. In den übrigen Artikeln war die Nachfrage gering. Am meisten bestand eine solche noch für Hofer. Leipziger S4»la^tvl«hmarkt. Preise für 50 Kg. Lebendg. Ochsen- 1. Ki. 2,000 22000 M., 2. Kl. ,8000-2,000 M., 3. Kl. 13000 bis ,8000: Bullen: I. Kl. '.9000-20000 M., 2.Kl. ,6000—19000 M., 3. Kl. 13 00—170 0 M., 4. Kl. 11000-15000 M.; Kühe: (Kalben, I. Kl. 2I000 - 2L000 M.. 2. Kl. 21000—22000 M, 3.Kl. 15000—21000 M., 4. Kl 11000-15000 M., 5. Kl. 7000—,1000 M. Kälber: 2. Kl. 25000—29 00 M-, 3. Kl. 20000 25000 M.; Schaf«; 1. Kl. 22000—22000 M., 2. Kl. ,8000 -2-000 M., S. Kl. 140 0—18000 M. Schweine 1. Kl. 48000— 49000 M., 2. Kl. 4S000—50000 M„ 3. Kl. 38060-48000 M., 4. Kl. 30000- 38000 M., 5. Kl. 30000 bis 38OOO M. Amtlich votierte Devisenkurse. Berlin 16 November 15. November Kew Briet Kew Brie, Ho'wnd 1 Hl 2972,55 21'87,45 2952,60 2967,40 Dänemark ... . 1 Kr 1521,18 1528.82 1506,22 1513,78 Schweden ... . 1 Kr 1095,- 2005,— 2009,96 2920,04 Norwegen . . . 1 Kr 1321,50 1398,50 1371,56 1378,44 Heliinoior» . . 1 finn M? 186,53 187,47 186,53 187,47 Sckwest... . 1 Fr. 1376,55 1383,45 136si,57 1375,43 Deutchösterr. abgest. Noten 9,77 9,83 9,77 9,83 Prag ... . 1 Kr 235,15 236,85 238,40 239,60 Budapest ... . 1 Kr 2,99 3,01 2,99 3,01 Belgien. ... . 1 Fr 463,83 466,17 458,85 461,15 Spanien .... 1V«> 1147,12 1152,88 1129,66 1135,34 Italien 1 Lire 341,13 345,87 343,14 344,86 London . . 1 Pid S1 33815,25 33984,75 33565,85 33731,15 Nevyorl ... 1 Dollar 7506,18 7543,83 7496,2' 7533,79 9 aris ... . l Fr 498,75 501,28 491,26 493,74 Bueno» Aire« . . 1 Best 2733,15 2746,85 2713,20 2726 80 Sofia . . . 1 Lewa 50,87 51,13 52,11 52,39 Jopm 1 Jeu 36 >5,93 3634,07 3591,— 3609,— («aqsruck veivorea.) - Die Siegerin. Roman von Hans Schulze- Sorau. 47. Fortsetzung. 20. Kapitel. „Nun, Anna, haben Sie in meiner Abwensenheit gut das Haus gehütet? Wie geht es meiner Schwester?'" Lotte »var vor den großen Ankleidespiegel des Entrees getreten und zog die Nadeln aus ihrem kleinen, englischen Hut. „Es ist alles in bester Ordnung!" rapportierte das flinke Stu benmädchen. „Der Herr Geheimrat war kurz vor acht noch ein mal zur Abendvisite und hat sich, wie mir die Krankenschwester sagte, sehr günstig über das Befinden des gnädigen Fräuleins aus gesprochen! Sonst hat nur die gnädige Frau nach dem gnädigen Fräulein gefragt. Der junge Herr ist vor einer halben Stunde ge- kommenl" .Mein Bruder?" Ein Ton befremdenden Erstaunens klang durch Lottes Stimme, doch sie unterdrückte eine weitere Bemerkung und nahm sogleich ihren Weg zum Zimmer der Schwester. Als sie das Speisezimmer durchschritt, trat ihr Paul schon aus dem Hinteren Teil der Wohnung entgegen. „Wir hörten von Anna, daß du soeben nach Hause gckommnen seist!" begrüßte er sie mit unsicherer Stimme. „Mutter wünschr dich noch einmal zu sprechen! Und auch ich!" setzte er kaum hörbar hinzu. Mit einem forschenden Blick sah ihm Lotte in das verlebte Gesicht. ' hoffentlich hat dein Besuch auf Mutter nicht wieder die übliche aufregende Wirkung ousgeübt!" sagte sie. „Zn letzter Zeit haben wir »ms vor dir ja geradezu gefürchtet." Damit stellte sie die mitgebrachte Medizinflasche auf das Düf- fett und folgte Paul^iber den dunklen Berliner Korridor zum Schlafzimmer der Mutter. Eine schwüle Dämmerung lag über dem hermetisch verschlofl.- uen Raum, die die ungewissen Umrisse der Gegenstände ins Riesen haft« d«hnte- Unbeweglich, ein graue penst, lehnte Paul in dem tiefen gMMt« du» Ltuteraruudes an einem Aleiderickraul. „Ich habe dich noch einmal zu mir bitten lassm, Lotte", begann die Mutter mit Anstrengung, „weil ich mit dir Wichtiges, sehr Wich tiges zu besprechen habe!" Fast tonlos klangen die letzten Worte aus. Ein hilfloser Aus druck trat in dis verfallenen Züge der Kranken. Und dann auf einmal brach sie in ein nervöses Schluchzen eus, daß die dünnen, grauen Haare unter der weißen Nachthaube zitterten. „Du mußt »ms helfen, Lotte! Du bist die Einzige, die helfen "annl" „Aber Mutter! Was ist denn geschehen?" Zn jähem Erschrecken beugte sich Lotte zu der Meinenden herab „Lotte, nicht wabr, du wirst helfen! Gib mir deine Hand, iß du es tun wirst!" „Ja, aber Mutter, ich weiß doch gar nicht; was soll denn das bedeuten?" .Lotte!" Mit großen, angstvollen Augen sah ihr die Mutter ins Gesichp „Harry Laudon bittet zum zweiten Male um deine Hand!" sagte :e dann ganz rasch, wie um sich von einer schweren Last zu befreien. „Harry Laudon?" Zn einer instinktiven Abwehrbewegung wandte sich Lotte zur Ute, ihr Blick suchte ihren Bruder. „Darum wohl auch dieser unerwartete Besuch Pauls?" Die Mutter nickte. „Paul kam mir wie ein Engel vom Himmel," fuhr die Mutter 'ort. „Heute abend habe ich ja erst vom G'h.'imrat Dorn erfahren, 'aß das Pensionat wegen des Typhus geschlossen ist und wir da- nit direkt vor dem Ruin stehen. Und da mitten in meiner groß en Verzweiflung schickt mir der liebe Gott Paul mit diesem neuen Antrag Laudons! Du darfst diesen Antrag nicht ablehnen, Lotte!" schloß sie mst wr Aufregung zitternder Stimme. „Bedenke, was ans dein Spiele steht! Es ist das letztemal, daß dir Laudon seine Hand bietet!" „Und ich wiederhole es dir ebenfalls zum letzten Male, Mutter, daß der Fall Laudon für oll« Zeiten für mich abgetan ist." Mit einem heftigen Ruck hatte sich Lotte von ihrem Sitz er hoben und war zum F nster getreten, al» ob sie zwischen sich und di« Bittende «inen »reimenden Raum legen müßt«. Eie suhlte es mck derselben Deutlichkeit, wie an jenem Wann- seeabcnd, daß sie in dieser Existenzfrage hart sein und hart bleiben mußte. Eine Ehr mit Harry Laudon! Ein physischer Ekel befiel sie plötzlich vor dem Manne, dem st« hr Leben angliedern sollte. In diesem Augenblick empfand sie die Forderung der Mutter fast als eine Beleidigung, die ihr die Schamröte in die Wangen trieb. — „Es tut m'r leid, Mutter," sagte sie endlich, „daß du durch die Unvorsichtigkeit Dr. Dorns in mein bisher streng gehütete« Ge- '-eimnis eingsweiht worden bist! Ich liebe zu, daß sich das Pen» wnat in einer schweren Krisis befindet, ich habe aber bereits die nötigen Kapitalien aufgebracht, um den Bestand unserer Gründung über alle Klippen und Gefahren der Gegenwart hinaus zu sichern. Wir haben bisher doch noch immer satt zu essen gehabt, und ich denke, wir werden uns auch weiterhin ohne die Millionen des Herr» Laudon durchs Leben helfen!" Ein düsteres Schweigen entstand. Draußen rieselte der Regen mit tödlicher Gleichmäßigkeit. Die Nachtlampe malte an den Wänden unheimliche Schatten- bilder. Nach llmger Paust kam aus den Kiflenbergen des Bettes wie der ein schwacher Laut. „Paul!" „Ja, Mutt-r!" Mit müder Zärtlichkeit tastete die Kranke nach der Hand ihre, Reblings. .Mein armer Junge," sagte sie, „du siehst, ich kann nicht Helsen, du hast dich ja selbst davon überzeugt, daß Lotte unerbittlich ist!" Ein lobhaster Kamps malte sich auf dem Gesicht des jungen Mannes. D-Km trat er plötzlich ganz nahe an Lotte heran. „Kann ich dich vielleicht ein paar Minuten allein sprechen?" ' ägir er leise. Die Schwester zuckte die Achseln. „Meinetwegen, Paul! Gib dich aber keiner falschen Hoffnung bin! Es wird dir ebenso wenig wie Mutter gelingen, mich umzu- stimmeu!"
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