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Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger : 17.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878295829-192211170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878295829-19221117
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878295829-19221117
- Sammlungen
- LDP: Archiv Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-17
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Monat
1922-11
-
Jahr
1922
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Neuigkeiten aus d er Heimat Freitag, dm 17. November 1822. De» WethnachtSrucker. Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hat zwischen Zuckerwirtschaftsstelle und dem Beirat der Zuckerwirt. fchastSstelle, deren Ansichten über den Zuckerpreis der nächsten Freigabe anSeianderglngen, dahin entschieden, daß für eine Frei- gäbe von 756 000 Doppelzentner Mundzncker und 315 080 Dop- pelzentner WeihnachtSzucker, die der Bevölkerung im Dezember zugeführt werden, der Preis 12 000 M. je Zentner betragen soll. Dadurch ist der zunächst in Aussicht genommene Kopfsatz von 12 Kilo für Dezember annähernd nm die Hälfte erhöht. Für die ver- arbeitende Industrie ist zunächst eine Freigabe von 250 000 Dop- Pelzentner vorgesehen. November ohne Adventsonntag. Eine Eigenart dieses Fabres ist es, daß der Novem- ber keinen einzigen Adventsonntag anfweist; alle vier lal len inden Dezember. Das batseinen Grund darin, dal- tz er lebte AdveEonntaq auf den heilten Astend,den 24. De'ember, fällt. Wir hasten also zu Weihnachten drei, zu Neujahr zwei Sonn- ^ezw. Feiertage hintereinander. Ueber den Einsl letzten FabrpreiS-Derdoppelung auf den Reiseverkehr > seht ein Urteil fällen. Im Fernher- kehr ist vorläufig ein ang der Berkehrsziffer um mindestens 25 Prozent eingetreten, wobei der überaus schwache Verkehr ans den ersten Tagen nach der Erhöhung nicht berücksichtigt ist. Da der Personenverkehr in den Fernzügen überhaupt eine rückläufige Tendenz zeigt, so werden die Verkehrsziffern deS November und der kommenden Wintermonate hinter denen deS Oktober stark zu- rückbleiben. Hinsichtlich der Abwanderung ist eine solche von der 2. auf die 8. Klaffe weniger zu beobachten als die von der 3. auf die 4. DaS liegt daran, daß der grösste Teil der Fahrgäste in den oberen Klaffen anS Anslandsfremden und anS gut verdienenden Kreisen besteht, die vorläufig jeder Tariferhöhung gewachsen sind. Für die anderen ist dagegen das Reisen in der 3. Klaffe wieder un erschwinglich geworden, so das; sie ans die letzte Holzklaffe über- gehen mußten, deren Fahrpreise freilich auch darum getragen wer den können. Man darf das nicht unter dem Gesichtspunkt de? ziffernmäßigen Teuerungskoeffizienten beurteilen, der bei der Dahn noch niedrig ist, sondern nach der wirtschaftlichen Bewertung deS Reisens, daS leider für die Festbesoldeten -mm Lurus, zu einem nicht lebenSnötigen Unternehmen geworden ist. Gut verdienende junge Leute, die früher 3 Klaffe fuhren, benutzen jetzt nach wie vor die Polsterklaffe, während Familienväter in Amt und Wür den in die hölzerne Klaffe abwandern mußten. Neue Erhöhung der Gütertarife. Halbamtlich wird berichtet: Der Ständige Ausschuß des Reichs eisenbahnrates nahm zur Kenntnis, daß die seit dem 1. November cingetretene Steigerung der Löhne und Materialien sinsbcsonder- der Brennstoffs) eine abermalige Erhöhung der Frachtentarist notwendig erscheinen lasten. Es ist demnach zum 1. Dezember mV einer Angleichung der Gütertarife an den gesunkenen Geldwert zu rechnen, deren Ausmaß jedoch noch nicht überleh-n werd-n kann Waldenburg * WohltStigktltSanffübrung. Zum dritten Male ging am Mittwoch abend im SchützenbauSsanle die vielbesprochene und allseitig gelobte Operette „Verliebte Leute" durch die Vereinigung .Amicitia' in Szene. Die Darstellung fand wie immer wieder lebhaften Beifall des vollbesetzten Hauses. Die urkomischen und drastischen, aber auch die dramatisch bewegten Szenen hatten ihre alte Wirkungskraft auf den Beschauer wieder ausgeübt. DaS Konzert der "Max Schubertschen Kapelle mit Herrn Kirchenmusik- direktor Uhlig am Klavier verdient besondere Erwähnung. ES war die letzte Aufführung, deren Reinertrag diesmal der Schwester Bertha zugeführt wird. Im Anschluß an die Aufführungen gc- ziemt eS sich, einen Rückblick zu halten und Dank allen Spielern für ihre mühevolle Arbeit im Dienste der Wohltätigkeit nuszu- sprechen. Bedeutet es doch für jeden Einzelnen ein beträchtliche? Opfer an Zest und Ausgaben während der monatelangen Vorbe reitungen und Proben. Besonderer Dank aber gebührt dem um sichtigen Vorstand der Bereinigung „Amicitia', Herr Herbert Weiße, besten Tatkraft fast einzig und allein alles zu danken ist. * «mtSivbttäum. Am 15. November d. I. erfüllen sich 40 Jahre, daß Herr Oekonomierat Oberinspektor Robert Bauer m Bclaershatn, der Leiter der Fürstlichen Gutsverwnlinngen Bel gershain, Köhra. Pomßen, Eicha und FuchSbain, in seinem Amte ununterbrochen tätig ist. Aus diesem Anlässe gingen dem in west ten Kreisen bekannten und angesehenen Inbiltr zahlreiche Glück wünsche zu, wie ihm auch sonst zahlreiche verdiente Ehrungen und Anerkennungen zuteil wurden. * Kartoffelspende. Die Verwaltung des Furstlicb-Schönbura schcn Rittergutes Pomßen hat die Ortsgruppe des Neichsverballde- deutscher Kriegsbcschäd-ater und Hinterbliebener zu Naunhof mit wesentlich nerbilliastn Kartoffeln beliefert. Ein verborgener Freund der Mission hat 500 M für Kaffee und Kuchen dem hiesiaen Missionsabend gestiftet Groß war darüber nm Mittwoch die Freude. * 20. Stiftungsfest. Auf daS 30. Stiftungsfest deS Evang Jungmädchenbundes am Sonntag, den 19. November, in der Kirche und im SchützenhaUS weifen wir die ganze Kirchgemeinde, besonders die Angehörigen und ehemaligen Mitglieder des Ver eins und alle Freunde der christlichen Jugendbewegung bin. * Stitungösest. Sein 24. Stiftungsfest beging gestern Don- nerStag abend im Schübenhans der Männergesangverein „Lieder- Hain'. Neben guten Männerchören unter der zusammenfaffenden Leitung deS Herrn Oberlehrer Organist Richter kamen lebende Bilder in drei Abteilungen .Als ich Abschied nahm — als ich wiederkam' zur schönen Wiedergabe * Die tenre« Zeitungen. Den „Reichenbacher Neuesten Nach- richten' wird von einem Leser folgendes mitaeieilt: „Ich hielt kürzlich Einkehr in ein Wirtschaftslokal. An Gesprächsstoff fehlte eS nicht. Die Stimmung wurde erregt, als einer auf die teuren Zeitungen zu sprechen kam und bemerkte, daß eine Zeitung im November über 200 M. kosten werde. „Wer kann da? denn noch bezahlen!' rief er aus. Der Kellner verstand „Zahlen!' und sagte: „Drei Grogs 180, zwei Zigarren 60, zwei Vier 110, macht 850 Mark!' „Ei Verdeckes,' sagte da der biedere Zecher, „dodrfier kunnt iech ball zwee Monat de Zeiting lasn!' * WitterungSbeobachtnugeu am 16. November mittags 12 Ilhr: Tbermometerstand plus 5 Gr. E., srüh 8 Ubr plus 5 Gr., tiefste Nnchttemveratur — 0.5 Gr. FeuchtiakeitSgehalt der Luft 72 Prozent. Barometerstand 774 mm. Windrichtung: West. Niederschlagsmenge 1,8 mm. Kircheunach richte«. Callenberg mit Reichenbach. Sonntag, den 19. Nov., Vorm. ^9 Uhr Beichte, 9 Uhr Predigtgottesdienst mit Abendmahlsseier. XU Uhr Kindergottesdienst. LangenchurSdorf mit Falken. Sonntag, den 10. Nov., Vorm. S Uhr Predigtgottesdienst. AN Uhr Unterredung mit der kon- strmierten Jugend beiderlei Geschlechts im Konfirmandensaal. BereinSnachrichten. Waldenburg. Ev. Jungmädchenbund. Sonntag, den 19. Nov., 80 jähriges Stiftungsfest. 8 Uhr in der Kirche, 4 Uhr im Schützenhaus (s- Anzeige vom 17. Nov.). Ziegelheim. Sonntag, den 19. Nov., vorm. 9 Uhr Predigt- »otteSdienst: Pfr. Flade. * Ziegelbeii Die feierliche We be de? Ehrenmal? für die gefallenen »krieaer der hie'igen Parschie. welches von dem akademischen Bildhauer Herrn Bruno Ziegler in Chemnitz entworfen ist und von den Herren Gebr. He'di -n Rochlitz (Werkstätten für Grabmalsk"nst) ausaeführt wurde und an den Türen, des hiesigen Gotteshauses zu stehen kommt, soll am Totensonntag nachmittag eriol^ev. — Für die in Sachsen schwer mit der Not kämmenden Anstalten und christlichen Lie" e?wer'e der Inneren Missio n !v'»r^en in Ziegelheim bisher 30'6 Mk., in Ublmann?- dorf 2602 Mk. und in Niederarnsdorf 822 Mk. gesammelt * Dollenburg. Eine Vezirksausschußsttzung findet Mont-w 20. November, mittags 12 Uhr, im Sitzungssaale der Amtshaupr- mannschaft Rochlitz statt. Gegen die Milchverteueruug. Im WirtschaftSministerium schweben zurzeit Erwägungen dar über, ob für Frischmilch ein Höchstpreis festgesetzt werden soll. Die Beratungen sind noch nicht abgerchlofsen. Daneben versucht das WirtschaftSministerium, gegen di« ungeheure Milchverteuerunq auch noch mit anderen Mitteln vorzugehcn. So hat eS mit dem sreichöministerium für Ernährung und Landwirtschaft um als baldigen Erlaß von Bestimmungen über die Konzeffionierung der Landmolkereien ersucht. Währen» »es letzte« Jahres sind in Sachse» eine Anzahl neuer Molkereien gegründet worden, deren Zahl in keinem Verhältnis z« »er wirklichen Milcherzeugung Sachsens steht. Diese Neuqrimduug von Molkereien trägt nur dazu bei, die Frischmilchzufuhr nach den Bedarfsorten z« ver ringern und zu verteuern. Die jetzt geltenden Bestimmungen des Reiches zur Sicherung der Frlschmilchversorgung können di« schäd lich«« Folgt« deS Ueberha«»nehme«s der La«dmolkereien nicht be seitige«. Auch in anderen Bundesstaaten haben sich infolge der Lage deS Buttermarktcs ähnlich« Molkereimißständ« heranSqcbit- »et. So kommen z. B. auch Klagen a«S direkten Milchbezirken wie Ostpreußen. DaS sächsische WirtschaftSministerium ist sich bewußt, daß dem Erlaß von Zwangsvorschriften über di« Milch- -ersorgung für den Freistaat Sachten nicht unerhebliche Bedenken ntgegenstehen. Es wird daher von der Einsicht der Milchproduzen- t'« abhängtn, ob trotzdem ein Höchstpreis für Sachsen festgesetzt . erden muß. Selbstverständlich würde dann auch gleichzeitig «in Höchstpreis für Butter festgesetzt werden müssen. Zu bedauern Ft, daß daS Reich von sich ans nicht schon längst zu «iner Höchst reiSsestsetznng für Milch und Milchcrzeugniffe für daS ganz- Reich gekommen ist. Jedenfalls wird sich die ReichSregierung be wußt sein müssen, daß ffe der unerhörten Milchvertcuerung mit größerer Energie alS bisher entgegenarbeiten muß, wenn Leben end Gesundheit der Säugling« und Krankt« nicht aufS schwerste gefährdet werden sollen. Neuregelung der Erwerbslofemmierstsitzrmg. Nm 10. November ist in den vereinigten Reichsrat? anssMllen der Antrag Sachsens ans Erhöhung der Er- (ver^slosennnterstüHnng beraten worden. Der gleichzeitig ,orlie'r"de, wesentlich hinter den sächsischen Vorschlägen znr"ckbleibende Antrag der Neich?re"iernng fand infolge- ^e'en am Ende der Beratungen kewe Mehrheit mebr, fon- ' ern es kam ein Kombromißvorschlag zustande, der für Per onen beiderlei Geschlechts ü^er 21 Jahren mit eigenem Haushalt in der Ortsklasse A die sächsischen. Forderungen annabm und hinsichtlich der Familien'uschläge in Orts klaffe U sowie hinsichtlich aller Sätze für die vorstehend ge "annten Personengruppen in der Ortsklasse B nicht aNzu- Ooße Abstriche von den sächsischen Forderungen vorsah. So- hgld die Reichsregierung dazu Stellung genommen Hai. wird am 15. d. M. eine zweite Lesung in den vereittlsiten Neichsrats^usschüffen und wahrscheinlich unmittelbar darauf h>ie endgültige Beschlußfassung der Vollversammlung des Reichsrates stattfinden, sodaß svätestens für den 20. No nein er 1922 das Jnkrafttre'en von Unterstützungssätzen er hofft werden kann, die durchschnittlich um 20-25 Pro), höher sind, als die Vorschläge der ReichSregierung und das 1—fffache der jetzigen Unterstützungssätze betragen. GöHnitz * Herbst-Jahrmarkt. Am Sonntag beginnt der diesjährige Herbst-Jahrmarkt. Hoffentlich macht das Wetter nicht einen star ken Strich durch die Rechnung und Verkäufer sowie Käufer kom- men auf ihre Kosten. * Zur Warnung! Eine Firma HanS Sanm in Kiel hat kürz- lich annonciert, baß sie Schreibmaschinen kaufe. Auf ihren Brief bogen waren Postscheckkonten in Hamburg und Berlin angegeben. Eins Anfrage bei dem erstgenannten Postscheckamt ergab aber, daß das Konto einer ganz anderen Firma gehört Es erscheint also ge- boten, der genannten Firma gegenüber die größte Vorsicht wal ten zu lassen. » Polizeibericht. Einer hier am Sand wohnhaften Familie wurden am vergangenen Montag nachmittags ihre gesamten Er- sparniffe in Höhe von 8000 M. anS der verschlossenen Wohnung gestohlen. Dringend verdächtig ist eine fremde Frauensperson im Alter von 38 bis 40 Jahren, die um die fragliche Zeit in dein betreffenden Grundstück gesehen wurde. — Festgenommen wurde ein 20jähriger Arbeiter aus Altenburg, der in einem hiesigen GntShofe ein Paar Schuhe entwendet hatte und später in einem Schuhwarengeschäst hier veräußern wollte. Bei dieser Gelegen heit versuchte derselbe einen Ladenkaffendiebstahl, der aber durch die Aufmerksamkeit des Inhabers vereitelt wurde. — Einer in einem hiesigen Hotel bediensteten Stütze wurde ein Geldbetrag in Höhe von 800 M. gestohlen. Im Verdacht steht ein ebenfalls dort in Ltellug gewesenes Dienstmädchen, das unmittelbar nach dem Diebstahl seine Stellung verlassen hat und flüchtig ist. Dem Mäh chen fällt auch ein dort ausgcführter Schuhdiebstahl zur Last. Giaucka« Die Not der Kleinrentner. AuS »«m reichen Ergebnis d«S Sammeltage« am Sonntag vurdeu gestern etwa 80 Personen der «ermsten der Armen mit je einem halben Zentner Kartoffeln, 15 Pfund Obst, einem Vicr- pfunvbrot und einem Päckchen Hol, bedacht, alle« zusammen im Gesamtwert von 600 M. Die Freude der Beschenkten war wie derum sehr groß, und unaussprechlich« Dankbark«it leuchtete a«S deren Augen. Aber Viöher sind eS eben nur 80 unserer Armen gewesen, denen geholfen werde« konnte, da die Mittel schließlich doch zu beschränkt sind, um eine allgemeine gleichzeitig« Unter stiitzungSaktion durchzusühren. ES fehlt leider «och immer an namhaften Beiträgen auS der Großindustrie. Wie eS heißt, wir» eine gewisse Zurückhaltung a«S irgenv welchen Gründen gewahrt, aber wünschenswert wäre cs doch, wenn dies« Zurückhaltung recht bald inS Gegenteil Umschlägen würde, denn die Rot ist groß nnd Hilfe dringend notwendig. * * Einen Millionendiebstahl in Garnen unter erschwerenden Umständen, der vor einigen Wochen in einer hiesigen Fabrik nus- gcführt wurde ist von der hiesigen Kriminalpolizei restlos auf geklärt werden. Ms Täter wurde ein dort beschäftigter Färberei- arbeiter F. ermittelt. In einer hiesiaen GastwiU.^aft wurde der betreffende Mann beim Weine festgcnommen. Die ihm zur Last gelegte Tat leugnet er hartnäckig. Er wurde daraufhin dem hiesst gen Amtsgericht zugeführt. Die weiteren Erörterungen ergaben, baß F. das Garn während der Nachtzeit durch Erbrechen von Be hältnissen gestohlen hatte. Das Diebesgut ist dann durch einen hiesigen Geschäftsmann nach Plauen i. V. und von dort aus nach Auerhammer bei Aue verschoben worden, wo es aber nicht an gelangt ist, da selbiges sich bereits auf dem Rückwege nach Glau chau befindet. Der betr. „Geschäftsmann' wurde ebenfalls fest- genommen und dem hiesigen Amtsgericht zugeführt. Kirchenkonzert in der St. Georgenkirche, (Unter dem Protektorat Sr. Durchlaucht des Fürsten v. Schönburg. Waldenburgs „Das Paradies »md die Peri". Glauchau, 1 Sc Nov. 1922. Weltlichen Singens und Mnsinerens ist eine unabseb- '>are Reibe das ganze Jahr. Bühne und Kon-zertsaal be- eißiMl sich, im Winterhglvjahr znmal, den Bedürfnissen ach künstlerischen Genüssen nachzukommen: richtiger ge sagt, nach künstlerischer Zerstreuung. Das ists, was die Meßzahl sucht. Nur wenige sind es heute, die noch ein anderes oder nur dieses suchen: die Erhebung! Und ajese basten wir ganz besonders in der Kirche. Die In dienststellung der christlichen Kirche geht freilich nicht nur on jenem künstlerischen Moment aus, aber die Kirche ist aer Ort, wo innere Erbebung sich heute noch am ehesten en en läßt. Diele Ueber euguug teilen immer weiter« -.reise, und das beweistauch der Zuspruch, dessen die Kir- henkonzerte gerade in unseren beutigen flachen Tagen noch eilhastig werden. Mag sein, daß der eine oder der an» -cre sie nur „der Abwechslung balber" mitnimmt — es mag aber doch möglich sein, daß ibm im Innern eine Ossen- arung aufgeht, wie er sie bisher noch nie erfuhr. . . . Die gestrige Aufführung des Oratoriums „Das Para dies und die Peri" von Robert Schumann bedeutete eine Großtat des Oratorienchors, der verstärkten Stadikapells, er Sosisten und vor allem des Herrn Kirchenmusikdirektors Fran z. Ihm unsere aufrichtige Anerkennung, daß er uns gerade diesen Schumann beschert hat, dieses eine fei er vielleicht glücklichsten Werke, welches im September des Jahres 1843 zu Leipzig erstand und ein orientalisches Mär- hen wiedergibt, in dem die Peris, ein Wesen der Lust .wischen Himmel und Erde umsterirren. Eine dieser Peris möchte gern in den Himmel hinein, wozu sie aber dessen „liebste Gaste" darbringen mutz. Und nun sucht diese Peri im Indicrland diese Gabe, wo aber ein fremder Eroberer i listige Siege erringt, dann in Aegypien, wo gerade die Pest durchs Land geht und schließlich in Syriens Rosen» 'and, von wo sie mit der Neueiräne eines Sünders als ihrer Himmelsaabe frohlockend zurück nach dem Himmel entschwebt. Dieses Märchen ist eine Dichtung aus Lalla Rook von Th. Moore und ins Deutsche übersetzt von E. Flechsig. DaS in drei Teile zerfallende Werk Schumanns fielst fast ganz im Zeichen evangelischer Kirchenmusik, ebenso donnergewaltig'wie singend mit Engelszungen, und vermittelt, vvm Zeiteinsluß un berührt, höchsten künstlerischen Einfluß. Die Vermittelung diese? Einflusses durch den Glauchauer Oratorienchor unter Mitwirkung der Callnberger und Waldenburger Seminarchöre war eine Chor- leistung ersten Ranges. Ter Ehor stngt schön, singt sogar bewußt schön. Tas Fehlen des typischen, Fachen Sopranklanges in der lwhen Lage qualifiziert den Dirigenten Herrn Kirchenmusikdirektor Franz zu einem hervorragenden Stimmbildner. Im Zusam menhang damit ist die Unermüdlichkeit jeder einzelnen Stimm- gattung bis auf die Tenöre, das Einhalten der absoluten Tonhöhe, die Exaktheit der Einsätze, die dynamische Schattierung, nament lich das poesievolle Abklingen am Pyrasenschlutz und die sorgsame TextauSsprache rühmlichst zu erwähnen. Man freute sich beim Hören förmlich auf gewisse berüchtigte Chorstellen in dem durch die Erfüllung nicht betrogenen, sicheren Dorgefübl einer mühe losen Bewältigung. Es sind keine Kosten gescheut worden, das städtische Orchester aut 40 Mann zu verstärken, und damit gliederte sich ein instru- mentaler Bestand mit ebenbürtigem Tonorganismus dem Dokal- körper au. Die Ausgleichung der Eborstimmen mit den Instru menten meisterte Herr Kirchenmusikdirektor Franz einwandfrei, namentlich bei packenden chorischen Abschlüßen. Die Fraucnchor- sätze mit Sologesang wirkten wunderbar schön. Jedenfalls wird die Leistung, die der Glauchauer Oratorienchor mit der Aufführung ''es „Paradies und die Per'' bot, immerdar ein Ruhmesblatt m der Geschichte dieses Vereins und semcS verdienstvolle, langjähri- gen Leiter?, Herrn Kirchenmusikdirektors Franz, bleiben Die Solisten deS Oratoriums boten durchweg ganz hervor ragende Leistungen bis auf Frau Cläre Hanfen-Schultheß, die leider unter einer stimmlichen Indisposition zu leiden ob« überanstrengt zu sein schien, da man von der Künstlerin ganz andere Leistungen gewöbnt ist. Sic entledigte sich trotzdem ihrer Peri-Partie mit musikalischer Sicherheit und feiner Tonbildung, die aber oftmals aus den angegebenen Gründen im Chor und Quartett nnterging. Die anfangs aufgelegte Schonung der Stimme erwies sicki für das Schlußsolo des dritten Teiles als an- aebracht. Der zweite Sopran deS Abends, Frl. Joh. B u cliw a ld, stand auf strahlender Höhe. Umfang, Wohllaut und Zartheit, Kraft und Fülle und dazu allerbeste Bildung standen in einzig artigem Maße beieinander. In Herrn Benno Häberl auS Weimar lernten wir einen Tenor kennen von gewaltiger gesang licher AnziebungSkraft mit einem wunderbaren bel canto. HaberlS Tenor entfaltet seine vollste Schönheit, wenn er im lyrisch weichen Klang wohlig und warm dahinströmen kann. Wo ihm sonst seine Partie Gelegenheit bot, war die Stimme von hinreißendem Schmelz und berückendem Wohllaut. Frau Martha Adam- Leipzig gab in ihrer Nltvartie mit ihrem edlen, dunkel gesärbten Organ wohl ihr Allerbestes. Eine Welt Schmnannscher Empfin dung und Stimmung klang durch sie auf, kaum faßbar in ihrer Schönheit. Leider, leider war Herr Dr. Wolfgang Rosenthal- Leipzig als Solist zu wenig bedackt, als daß man einen vollen Genuß an seinem prächtigen Daß hätte baben können, der sich be sonders in den Quartetten ganz vorzüglich zur Geltung brachte. Tas ungemein sympathische und ausgeglichene Organ bebcrrscht den Stil mit Meisterschaft und erreicht im lyrisch-leidenschaftlichen wie auch im lyrisch-innigen Gesang last unerreichbare Wiedergabe. Man stand vollkommen im Banne der Töne die aus diesem be gnadeten Munde flossen. Auf diese erste Aufführung des Schumunnjc-r-u Oratoriums in der St. Georgenkirche folgt daselbst am Sonnabend, d. 18. dsS. MtS., eine zweite. Es ist geradezu Ehrenpflicht nach dem Gehör ten, daß alle Kreise dieses mit unendlicher Mühe und Sorgfalt von unserem Oratorienchor einstudierte Werk unterstützen, schon ans Dankbarkeit einem unserer größten einheimischen Künstler gegenüber, Herrn Kirchenmusikdirektor Franz, der wohl selten eine Gemeinde in so weihevoller Stimmung entließ wie am gest- riaeu Abend.
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