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Nr. IAO — O. Jahrgang r-nner-tag den »». Dezember LVLo MchslscheUolk^eitung Irlchetnt tS-ltch »ach». «U «u»„a-«e d«r «<mn> und Irfttagr. Unabhängiges Tageblatt iür Wahrheit, Recht und Freiheit eittsprechenden Siabatt v»chd»u««,I. R.daktt.a und «»'«»^0«' Lre»d«n. chtlluiqrr «Nah» 4». - Fernsprecher I»« Volrü^Iiciies ^iik-i5w3um-Konfekt ptumt von eo ?1. »n. !_eb»kuc!ieli, vi-escine!- uncj l^ümbei-ger tu>ul«n 5i« In d«k,nnt,n zut«n QuslitK«, dch ^e«->iii9 L ^vc^ti-ok. W«^«<-grn ln »ll«n 5t,ckt«ikn. bas 1. Quartal IOIL abonniert man aus die „Sächsische Bslkszeitnng" mit der täglichen Roman- beilage sowie der wöchentlich erscheinenden Beilage „Feierabend" zum Preise von 1.80 Mk. (ohne Bestellgeld), durch den Boten ins HauS 2.10 Mk. Bezugspreis auf die Ausgabe mit der illustrierten Unterhaltungsbeilage „Die Zeit in Wort «ud Bild" erhöht sich monatlich um 10 Pf. kulturtampffordel ungen. Die Katholiken sollen Parias werden und auf der niedersten Stufe des Volkes gehalten werden. Das ist das Ziel des deutschen Liberalismus. Wenn er zur Herrschaft gelangt, dann sind die deutschen Katholiken nur da. uni Steuer zu zahlen, Soldat zu werden und mit hoher liberaler Protektion können sie es noch zum — Nachtwächter bringen. Aber höher nicht. Dieses liberale Ziel hat kein anderer ent hüllt als der freisinnige Abgeordnete Schräder, der am 13. Dezember 1910 im Reichstage an die Ablegung des Modernisteneides folgende Forderungen knüpfte: „Alle, die den Eid geschworen haben, sind dem Papste zum allerverbindlichsten Gehorsam verpflichtet — dem Papst gegenüber; dagegen tritt die Verpflichtung gegen den Staat zurück. Was wird dazu eine Regierung sagen, wenn die katholischen Priester so verpflichtet sind? Werden sie nicht in diesem Sinne alle erziehen, dis ihnen anvertraut sind? Aber auch das überlasse ich der katholischen Kirche. Aber haben wir nun noch die Möglichkeit, einem solchen Manne staatliche Aemter anzuvertrauen? Können wir ihm an- Vertvauen die Schulaufsicht, den Religionsunterricht in den Schulen? Das geht doch nicht mehr an! Das ist auch der Grund, warum ich diese Sache hier zur Sprache bringe. Ich möchte auch die Herren bitten, sich selbst die Frage vor zulegen, ob derjenige, der diesen Eid geleistet hat, mit gutem Gewissen unter uns sitzen kann. Ich will Sie da nicht guestionieren, Sie haben das vor Ihrem eigenen Gewissen abzumachen. Aber das Verlangen — ich will nicht sogen den Wunsch — habe ich, daß unsere Regierung sich die Frage vorlegt, ob die Verwendung der katholischen Priester im Staatsdienst fernerhin möglich ist. Ich glaube, es ist nicht möglich, und damit wird allerdings die Frage gelöst sein, deren Lösung ich dringend ersehne, nämlich die Beseitigung des- Einflusses der katholischen .Kirche — ich möchte es ebenso machen mit der evangelischen Kirche — auf unsere Er- ziehung. Diese ist Staatssache und soll am wenigsten in die Hände von solchen gelegt werden, die die Pflicht haben, auch gegen das zu handeln, was der Staat vorschreibt." So wörtlich der Abgeordnete Schräder. Und er fand Beifall bei seinen politischen Freunden; es hat ihn auch kein folgender Redner desavouiert. Selbst als der Abgeordnete Gröber in meisterhafter Weise das Ungeheuerliche dieser liberalen Forderungen nachwies, blieb Schräder bei seinen Kulturkampfsforderungen. Der Liberalismus ist und bleibt also verantwortlich für diese Rede und dieses Ver langen. Daß die Durchführung der Schraderschen Ansichten die deutschen Katholiken zu Heloten machen würde, unterliegt keinem Zweifel; denn wenn man die Schradersche Rede näher ansieht, gipfelt sie in drei Sätzen: 1. Kein katholischer Geistlicher darf mehr Religionsunterricht erteilen und darf cin StaatSamt erhalten: 2. die katholischen Geistlichen sind aus dem Reichstage auszuschließen; 3. die deutschen Katho liken, die unter dem Einflüsse der Geistlichen stehen, sind von allen Staatsämtern fern zu halten. So der Abgeord nete Schräder, der in demselben Atemzuge ein liberales Regiment fordert. Es kann kein Zweifel bestehen, daß die Durchführung dieser liberalen Wünsche nicht nur den schärfsten Kulturkampf bedeuten würde, sondern zu einer Unterjochung der Katholiken führen mühte. Da hat es der Preuhenkönig Friedrich ll. noch einfacher gehalten; er tat zwar den schönen Ausspruch: daß jeder nach seiner Fasson selig werden könne, aber er bestimmte gleichzeitig, dah kein Katholik in ein StaatSamt gelangen dürfe, das mehr als 1000 Taler Gehalt einbringe. Echt liberal! .. ssssss Die Schraderschen Forderungen verstoßen gegen die Reichsverfassung, sie verletzen die einzelstaatlichen Ver fassungen, sie werfen das 1869er Gesetz über die staatliche Gleichberechtigung der Konfessionen über den Haufen, sie bringen die schändlichsten Ausnahmegesetze, sie enthalten die brutalsten Maßnahmen, die gegen deutsche Katholiken je ge fordert worden sind. Man kann es verstehen, daß die libe ralen Redner Gröbers wuchtige Kennzeichnung dieser Situation mit Mißbehagen aufnahmen und daß sie allerlei Kleinigkeiten vorbrachten, um den Kern zu verwischen. Dabei stützt sich Schräder mit seinem Begehren auf den 1864 erschienenen Syllabus und auf den Modernisteneid, der gar nichts anderes bedeutet als den Amtseid für unsere Geist lichen, und der Protestanten nichts angeht. Die liberalen Redner müssen den katholischen Volksteil für polizeiwidrig dumm halten; denn kaum hatte Schräder in seiner sonderbaren Weise den deutschen Katholiken diese Maßnahmen angekündigt, da kam gar der Direktor des Evangelischen Bundes, Abgeordneter Everling, und gab den deutschen Katholiken den Rat, das Zentrum auf- zu lösen, dann werde er Frieden mit den Katholiken halten. Also die letzte Rüstung sollen die Katholiken ab- legen, damit man sie bequemer und leichter Niederschlagen kann. Man ist erstaunt ob einer solchen Zumutung, die natürlich nur den entgegengesetzten Erfolg haben wird. Die Reden der Abgeordneten Schräder, Müller-Meiningen und Everling müssen in ihren kulturkämpfcrischen Kernforde- rungen bis in die letzte katholische Hütte getragen werden. Wir wollen dann den Katholiken sehen, der angesichts solcher Anmaßungen und Drohungen nicht mit aller Kraft für ein starkes Zentrum eintreten würde. Nach diesen Kampf ansagen steht unerschütterlich fest, daß die Auflösung oder Schwächung des Zentrums der Anfang eines neuen, viel heftigeren Kulturkampfes sein würde, daß man den deutschen Katholizismus mit Stumpf und Stiel ausrotten will. Wir fürchten diesen Kampf nicht und werden ihn zu führen wissen: er ist für die Katholiken der Abwehrkampf um die Erhaltung der eigenen Existenz. Die Verant wortung aber für alle Wunden, die ein solcher Kampf schlägt, hat der deutsche Liberalismus zu tragen. M. Erzberger, M. d. R. Politische Rundschau. Dresden, den 2l. Dezember 1910. — Der Kronprinz ist von Haiderabad im Innern nach Bombay an der We> küste der vordertndischen Halb insel zurlickgefahren. In Haiderabad fand am Dienstag zu seinen Ehren eine Parade des gesamten englischen Heer lagers von secunderabad statt, das 12 000 Mann weißer und eingeborener Truppen umfaßt. An der Parade nahmen ferner zwei Regimenter Nizantruppcn teil. Im Verlaufe der Parade ließ sich der Kronprinz die hier weilenden Reichsdeutschen vorstellen. Tausende von Zuschauern hatten sich eingefunden. — Referendar vr .jin-i» Prinz August Wilhelm von Preuße», der vierte Sohn des Kaiserpaares, ist zum Haupt mann befördert worden. — Laudtagsersatzwahleu sind in Tost-Gleiwitz für den verstorbenen ZentrumSabg. Dr. Heinig am 19. Januar, in Elbing-Marienburg für den zurückgetretenen Abgeordneten v. Oldenburg-Januschau am 12. Februar. — Mit der Annahme des Verfassungsgesetzes und des Wahlgesetzes für Elsaß-Lothringen hat der Bundesrat lang gehegten Wünschen der Bevölkerung des Reichslandes zum Teil entsprochen. Die Elsäßer sollen eine weitgehende Auto nomie erhalten, die auf der Basis des allgemeinen, direkten lind geheimen Wahlrechtes errichtet ist. Somit ist man den freiheitlichen Anschauungen, die gerade in Sllddeutschland besonders festgewurzelt sind, seitens der verbündeten Re gierungen ein gutes Stück entgegengekommen. Es ist zu erwarten, daß der Reichstag den wesentlichen Bestimmungen der beiden Entwürfe zustimmen wird, wenn auch Verbesse rungen in Einzelheiten natürlich Vorbehalten bleiben müssen. An scharfer Kritik der Regierungsvorschläge wird es allerdings nicht fehlen: den einen gehen sie nicht weit genug, insbesondere stößt man sich auf der Linken an der Ungleichheit des Wahlrechtes und an der Zusammensetzung der Ersten Kammer; den anderen drängen sich Befürch tungen auf wegen der möglichen nationalen Rückwirkungen einer auS allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Volksver- tretung. Zwischen beiden Richtungen wird der Reichstag die mittlere Linie inne zu halten haben, wenn er etwas Positives zustande bringen will. Das aber muß in diesem Falle geschehen, so sagen offiziöse Blätter, da nichts die Entwicklung in Elsaß-Lothringen ungünstiger beeinflussen könnte, als wenn die großen Anläufe zu einem entschiedenen Fortschritt auf der Bahn der inneren Verschmelzung mit dem Reiche in das Fiasko einer allgemeinen Enttäuschung ausmündeten. Man sollte sich in dem Vertrauen auf eine gedeihliche Wirkung der Verfassung«- und Wahlreform nicht durch jene berühmten „Zwischenfälle" irre machen lassen, wie sie die allgemeine Aufmerksamkeit von Zeit zu Zeit immer wieder auf die Reichslande hinlenken. Die Wahl- reform wird sich als- ein starker Hebel bewähren, -er viele jetzt noch schlummernde Kräfte im elsaß-lothringischen Volkstum in Bewegung bringen und durch sie manche Per- sönlichkeit beiseite schieben wird, die sich zurzeit im Vorder gründe der Bühne über Gebühr breit macht. Diese Kräfte sind aber nur durch wirkliches Vertrauen zu beflügeln; kleinliche Engherzigkeit in der Bemessung der ihnen zu ge- währenden staatsbürgerlichen Rechte wird nicht zum Ziele führen. Auf der anderen Seite hat es mit den zu Frank reich hinneigendcn Tendenzen im Lande so lange keine Ge- tahr, wie in Straßburg die richtigen Männer die Re- gierung des Landes in der Hand haben, die mit Wachsam- keit Takt und Bestimmtheit zu verbinden wissen. Das liest sich ja sehr schön; nur findet es im Lande selbst wenig Ver- trauen und zwar aus dem sehr einfachen Grunde: weil die Zusammensetzung der Ersten Kammer gar zu schlecht ist. Hier hat die Negierung alles in der Hand, gar alles, sie kan» so die Abgeordnetenkammer immer wieder schachmatt setzen. Ein großer Mangel im Entwurf ist auch, daß die Reichs lande keine Vertretung im Bundesratc erhalten sollen. — lieber die Militärvorlnge und die hierdurch herbei- geführte Belastung des Volkes werden allerlei irrige Be hauptungen verbreitet: diese gehen von der Ansicht aus, daß 1 Prozent der Bevölkerung zu dienen habe. Es wird dann berechnet, daß heute nur 0,80 Prozent dienten. Wie sieht e» in Wirklichkeit aus? Der diese Frage regelnde Artikel des NeichFvcrfassung lautet wörtlich: „Die Friedenspräsenzstärke des Bundesheeres wird bis zum 31. Dezember 1871 auf 1 Prozent der Bevölkerung von 1867 normiert und wird pro rata derselben von den ein zelnen Bundesstaaten gestellt. Für die spätere Zeit wird die Friedenspräscnzstärke des Heeres im Wege der Bundes gesetzgebung festgestellt." Hier ist also klipp und klar ausgesprochen, daß nur für eine bestimmte weit zurückliegende Zeit die FricdenSpräjenz- stärke des Heeres 1 Prozent der Bevölkerung und zwar der- lenigen von 1867. betragen, die Regelung für später aber besonderer gesetzlicher Bestimmungen Vorbehalten bleiben soll. So enthält denn auch beispielsweise das nächst der Reichsverfassung für unser Heerwesen grundlegende Reichs militärgesetz vom 2. Mai 1874 nichts mehr über das Ver hältnis zwischen Bevölkerungsziffer und Friedenspräsenz stärke, setzt vielmehr letztere für die Zeit vom 1. Januar 1878 bis zum 31. Dezember 1881, also für 6 Jahre auf 401669 Mann (ohne Einjährig-Freiwillige) fest. Ebenso ist später die Friedenspräsenzstärke stets durch besondere Gesetze für einen bestimmten Zeitraum festgesetzt worden. Alle Hin weise auf die Verfassung sind also unhaltbar. — Das Ende einer Landgesellschaft ist aus Togo zu be richten; es bestand hier die Togolandgesellschaft mit 87 000 Hektar Land. Jetzt ist cs gelungen, diese Konzession erheb lich einzuschränken. Der ursprünglich auf rund 47 400 Hektar geschätzte Besitz der deutschen Togo-Gesellschaft in den Agulandschaften verminderte sich zunächst auf rund 30 700 Hektar. Hiervon wurden nun noch weiter an die Einge borenen zurückgegeben zirka 13 000 Hektar, so dah von den, ganzen Besitz nur 17 700 Hektar verbleiben. Auch das andere Gebiet von Buem, das zum größten Teil aus Wald bestand, der im Landesinteresse zu erhalten ist, wurdr schließlich von 40 OM Hektar auf 29 OM Hektar herabgesetzt Auf dieses Gebiet sollte nun die Gesellschaft gegen ander weitige Entschädigung verzichten. Als Steuer für den Bahnbau hatte die Gesellschaft dann noch von den oben er wähnten 17 700 Hektar 6470 Hektar abzutreten, während.sie für ihren gesamten in Buem abgetretenen Besitz von der Negierung ein Areal von 4000 Hektar (in zwei getrennte», Stücken) an der Bahn Lome—Palime zu unwiderruflichem Eigentum erhält. Demnach ist der ursprünglich beanspruchte Besitz von 47 000 und 40 000 ^ 87 MO Hektar auf 17 700 6470 und 4000 — 15 230 Hektar heruntergesetzt worden, wie aus den Mitteilungen im „D. Kol.-B." Nr. 23 hervor geht. Es ist dem Reichstage zu verdanken, wenn diese Re duktion eintritt. Aber in Südwestafrika besteht das alte Nebel noch »veiler, »veil Dernburg seine schützende Hand über die Gesellschaften gehalten hat. Eine viclnmstrittene Persönlichkeit unseres Kolonial wesens, der Major Dominik von der kaiserlichen Schutz truppe für Kamerun, ist nach einer telegraphischen Mel dung aus Conakry (Französisch-Westafrika) am 16. De zember an Bord des Dampfers „Eleonore Woermann", dev de,» Schwerkranken in die Heimat bringen sollte, an akuter Herzklappcnentzündung im Alter von 40 Jahren gestorben. — Doininik ist durch die Angriffe, die Bebel gegen ihn wegen furchtbarer Grausamkeit gegen Eingeborene richtete, weiteren Kreisen bekannt geworden. Die Regierung hat sich seinerzeit die erdenklichste Mühe gegeben, Dominik rein zu waschen und die „nationallibcrale" Presse nennt ihn heute noch das „Opfer" Bebelscher „Verleumdungen". Jedenfalls aber ist es Tatsache, daß Dominik Anhänger de« Systenis grimmigster Gewalt war. Hoffen wir. daß die Kolonialverwaltung nicht wieder eine Persönlichkeit zu größerer Bedeutung gelangen läßt, die derartigen Grund- sähen huldigt. — Einen ernsten Mahnruf an dir Monarchen richten die „Hamburger Nachrichten". DaS Blatt geht aus von der Tatsache, daß Wilhelm H. seine Stelle als Ehrenoberst eine» portugiesischen Reiterregiments niedergelegt hat — still-