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Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger : 11.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878295829-192211110
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878295829-19221111
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878295829-19221111
- Sammlungen
- LDP: Archiv Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-11
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Monat
1922-11
-
Jahr
1922
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Zu den Reparationsverhandlungen. Abreise der Reparationskommission. Berlin, 11. Nov. Die Delegierten de« ReparationSkommis. st-n sm» am Freitag nachmittag mit dem Paris—Warschauer D-Zug nach Paris abgereist. Der Reichskanzler über die Verhandlungen. Berlin, 11. Nov. Der Reichstogsausschuß für Auswärtige Angelegenheiten ist, wie schon kurz berichtet, am Freitag vormittag zu einer Sitzung zusamme^getreten. Reichskanzler Dr. Wirth machte längere Ausführungen über die durch die Verhandlungen mit der Reparationsrommission geschaffene politische Lage. Ins- besondere ging er auf das Gutachten der internationalen Sachver ständigen ein und betonte, daß nunmehr die Entscheidung bei der Reparationskommission liege. Der Ausschuß trat daraufhin in eine Debatte ein, an der sich von der Volkspartei F«iherr von Lersner, von den Deutschnationalen Graf Westarp, von den Demokraten Bernburg, von den Sozial- demokraten Hermann Müller-Franken und vom Zentrum Dr. Spahn beteiligte. Don deutschnationaler Seite wurde an der Stellungnahme der Regierung Kritik geübt. Wenn auch von den übrigen Rednern verschiedene Bedenken geäußert wurden, so kann man doch im allgemeinen ein gewisses Einverständnis mir den Schritten der Regierung feststellen. Beschlüsse sind nicht ge faßt worden. Die Sitzung wurde für vertraulich erklärt. Barthous Vorwürfe gegen die Reichsregierung. Parts, 11. Nov. Herr Barthou hat vor seiner Nbrcisc an» Berlin dem Bertreter der HavaS-Agentur gegenüber folgende Erklärungen abgegebent Di« Reise der Reparationskommission «ach Berlin war «in« Notwendigkeit. Sie hat den größten Lei» ihres Programms erledigt. Dieses Problem bestand nicht darin, «in Problem an Ort und Stelle zu lösen, sondern um Material dafür zu fammeln und die Lösung vorzubereiten. Wir haben über die in Betracht kommenden Wünsche und die Wege vieles erfahren, was unS sonst unbekannt geblieben wäre. Nbcr «S ist «nS nicht gelungen, die Vorschläge zu bekommen, die wir «in Recht hatten zu erwarte«. DieFluchtvorderBerant- Wortung scheint in Deutschland nicht weniger groß zu sein, als di« Flucht d«s Kapitals. Di« Not« der deutschen Re gierung üb«r di« Stabilisierung der Mark gleicht nur sehr von ferne dem neuen Plan, den man uns versprochen hatte. ES sind Meinungen und keine Leistungen. Ich möchte den Beschlüsse« der Kommission nicht vorgreisen; vor allem möchte ich nichts sagen, waS die Einigkeit gefährden od^r abschwächen könnte, die im Berlaufe unserer Verhandlungen der deutschen Regierung Vit aller Macht klargemacht worden ist. Aber alS Vertreter Frankreichs werde ich das Recht meines Landes verteidigen. Ich Weitz wohl, datz «in Gläubiger seine« Schuldner nicht ruiniere« soll; aber ich weitz auch, datz et« Gläubiger sich nicht zu Gunsten seines Schuldners zu ruinieren braucht. Das zweite nnd dritte Gutachten. Das von den Herren Dissering und Dubois verfaßte, von Herrn Brand unter einem Vorbehalt mitunterzeichnete Gut- achten hat folgenden Wortlaut: „An Herrn Dr. Hermes, Reichsfinanzminister, Berlin. Der deutsche Reichsfinanzminister hat dis Frage an uns ge richtet, wie wir über die Intervention eines internationalen Syn dikats zur Stabilisierung der Mark denken, und unter welchen Bedingungen eine solche Intervention nach unserer Ansicht er- folgen könnte. Dis Ursache für die ungeheure Entwertung der deutschen Währung, die während der letzten Monate eingetreten ist, und die sich noch täglich verschärft, scheint uns vor allem auf einer Erschütterung des Vertrauens im In- und Auslande zu beruhen. Aus diesem Grunde ist eine Mitwirkung des Auslandes wün schenswert. Daher sprechen wir uns dahin aus, daß es zweck mäßig sein wü^e, unter Mitwirkung (sous les auspiccs) der Reparationskommission sobald wie möglich eine Versammlung von Banklsuten au, Staaten mit normaler Währung «inzubecu- fen, d. h. aus den Vereinigten Staaten, England, Holland, Schwc- den und der Schweiz. Weiter könnten Bankleute aus anderen Ländern daran teilnehmen, die zur Mitarbeit bereit sind. Die Bankleute hätten die Frage der Gründung eines internationalen Syndikats zu prüfen, dessen Aufgabe es wäre, zusammen mtl der deutschen Regierung und der Reichsbank durch die von ihm für zweckdienlich erachteten Mittel und Wege an der Stabilisie rung der Mark zu arbeiten. Ohne den Beschlüssen vorgreifen zu wollen, halten wir es doch zur Klarstellung für zweckmäßig, unsere Ansicht über da einzuschlagende Verfahren auszusprechen: 1. Deutschland mußte während der Tätigkeit des Syn dikats und bis zur vollständigen Rückzahlung der erhaltenen Vorschüsse von allen Reparationsbarzahlungen und Sachlei stungen befreit werden. 2. Das Syndikat müßte mit einem Kapital von mindestens 500 Millionen Goldmark begründet werden können. 3. Dieser Betrag wäre in Form eines Mzeptkredits auf- zubringen. Die Wechsel wären von der deutschen Finanzver waltung auszugeben, mit der Bürgschaftserklärung der Reichs- bank zu versähen und hätten auf die Währung des Staates zu lauten, dem der Akzept der Wechsel angehört. 4. Die Laufzeit der Wechsel könnte auf höchstens zwei Jahre verlängert werden, vorausgesetzt, daß die Zentralmis- stonsbanken ihrs Zustimmung erteilen. 8. Die Reparationskommission würde aufzufordern sein, für die Rückzahlung der von dem Syndikat gewährten Vor schüsse ein Prioritätsrecht vor sämtlichen Reparationsbarzah lungen zu gewähren. 6. Die deutsche Regierung hätte mit Zustimmung der Ne- parationskommifsion als besondere Garantie für die Rück zahlung der von dem Syndikat gewährten Vorschüsse die Er trägnisse der Ausfuhrabgaben nach einem noch zu vereinbaren den Verfahren zur Verfügung zu stellen. 7. Neben den Leistungen des Syndikats hätte sich die Reichsbank zu verpflichten, an der Stabilisierungsaktion mit einem Betrag von gleicher Höhe teilzunehmen, indem sie durch Verpfändung eines Teiles ihres Goldbestandes einen Kredlr in gleicher Höhs beschafft. Auf diese Weiss würden die ge samten zur Verfügung stehenden Fonds den Betrog von einer Milliarde Goldmark oder ihren Gegenwert erreichen. 8. Wir sprechen uns nicht über die Zinsbedingungen und die Vermittlungsgebühren aus, die von Deutschland zu ver langen wären. Diese Frage bleibt vielmehr vorbehalten. Berlin, den 7. November 1822. „gez. Visserina, Dubois. Vorbehaltlich der in meinem Memorandum über die Lug- Les Londoner Marktes enthaltenen Bemerkungen stimme ich de.- obigs» Ausführungen zu, - gez. Brand. Letzte Telegramme. Di« Volksavstimmungsfrage i« Hannover. Koblenz, 11. Nov. (Eig. Drahtbericht.) Im „Rheinischen Herold" wird mitgeteilt, datz nach Ansicht d«S Direktoriums »er Deutsch-Hannoverschen Partei und führender Männer des Reiches jetzt der Augenblick gekommen sei, in dem die Volksabstim mung beantragt werden muh. Der Parteitag der Deutsch-Hau- noverschen Partei tritt am kommende« Sonntag zusammen. Die Parteileitung wird voraussichtlich di« Volksabstimmung in Han nover zur Sprache bringen. Mordanschlag auf de« Londoner Polizeipräsidenten. London, 11. Nov. (Eig. Drahtbericht.) Der Londoner Polizeipräsident ist gestern nachmittag unter Vergiftung S- erscheinnngen erkrankt. Das Gift soll in einem Schokoladen- päckchen enthalten gewesen sein, das man ihm zusandte. Man glaubt, datz «S sich um «in bolschewistisches Attentat Han delt. Kein« Abdankung d«S Sultansk Paris, 11. Nov. (Eig. Drahtbericht.) AuS Konstantin opel wird gemeldet, datz der Sekreträr des Sultans erklärte, das; der Sultan den Befehlen der Angora-Regierung nicht gehorchen und nicht abdanken werd«, weil er sich als daS religiöse Ober haupt von 300 Millionen Muselmanen betrachte. Die Regierung von Angora habe beschlofsen, alle Botschaften und Gesandt schaften der Hohen Pforte im Auslande aufzuheben. Unabhängigkeitöbewegung auf Sardinien. Mailand, 11. Nov. (Eig. Drahtbericht.) Mailänder Blät ter» wird aus Nom gemeldet, datz di« Unabhängigkcitsbewegung auf Sardinien, die sich hauptsächlich gegen di« Faözisten richtet, einen bedrohlichen Charakter angenommen habe, zumal die Regierung mehrer« der Führer der Bewegung, darunter drei Deputiert«, hab« v«rhaft«n lassen. Das demokratische Wirtschafts-Reformprogramm. Berlin, 11. Nov. Die deutsch-demokratische Neichstagsfraktiov hat gestern nach längerer Beratung ein Programm beschlossen, das in seinem ersten Teile, abgesehen von der Forderung eines mit al len Kräften zu erstrebenden Definitums in der Neparationsfrage ein Provisorium verlangt, das außenpolitisch ein längeres Mora- torium für alle Barzahlungen und Sachleistungen, innenpolitisch eine Markstabilisierung auf Grund ausreichender Kre dite unter Mitwirkung der Neichsbank, ferner Siche rung ausreichender Porduktionskapitalien nach dem Beispiel des deutsch-holländischen Kredits, Abbau aller Maßnhmen, die den Nutzeffekt der deutschen Arbeit beinträchtigen und schließlich Ba- lanzierung des deutschen Reichshaushalts fordert. Eine Reih- von weiteren außenpolitischen und finanziellen Maßnahmen wer- den auf Grund der allgemeinen Förderung einer Stärkung der deutschen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorgeschlagen. Innen volitisch besonders wichtig ist der zweite Teil des Programm-, dessen prinzipielle Ausführung als Forderungen einer Befestigung der Mark zu gelten haben, wobei ausdrücklich davor gewarm wird, daß gerade die heute besonders leidenden Volksschichten von der Markstutzung eine sofortige Erleichterung ihrer Not erwarten könnten. Hier müsse Wohlfahrtspflege vorläufig eingreifsn. Die Hauptforderung des innerpolitifchen Programms ist Stärkung des Nutzeffekts der wirtschaftlichen Arbeit durch Arbeitsentlohnung nach der Arbeitsleistung die stärkere Differenzierung der Löhne und Förderung des Soziallohnes unter Schaffung von Ausgleichs- 'assen und Zulassung der freien Vereinbarung über Verlängerung der Arbeitszeit gemäß den Erfordernissen der Wirtschaft, weiter Aufhebung der Bestimmungen über Betriebsstillegung und Ar- l-eitsstreckung, Umwandlung der Erwerbslosenunterstützung in eine Arbeitslosenversicherung, Abbau jeder Zwangswirtschaft auch bei Getreide und Mieten, Unterlassung jeden Eingriffs in die Privat wirtschaft durch Notverordnungen, Reform der Neichsetfenbohn- und -Postverwaltung, Aufhebung des Depotzwangcs und Wieder einführung des Bankgeheimnisses. Stinnes zur TtabilisierrrngSfrage. Berlin, 11. Nov. Der „Vorwärts" hat gestern Aus führungen über die Rede des Herrn Sünnes im Wirt schaftspolitischen Ausschuß des Reichswirtsch.7slAr.Aes ge rächt, obwohl strengste Vertraulichkeit einstimmig beschlos sen War. Diese Ausführungen sind, wie der Telunion von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, durchaus tendenziös entstellt. Entsprechend sind die Kommentare des „Vor wärts" zu werten. Ueber die Rede des Herrn Sünnes er fährt die Telunion noch, Stinnes habe auLLrüälich er- üart, daß eine Stabilisierung der Mark, und zwar ein« durchgreifende,sofort unumgänglich nötig wäre, daß er und die ihm nahestehenden Wirtschastslreise indessen die bis fetzt zur Sprache gebrachten Maßnahmen praktisch als un zureichend anseben müßten, weil alle wirtschaftlichen Vor- Aussetzungen daaegen sprächen, daß durch diese Maßnah men eine endgültige Stabilisierung tatsächlich erreicht wer- den könn e. Er und die ihm nahestehenden Wirsschasts- 'rerse verlangten mit allem Nachdruck solche Maßnahmen ourch die eine endgültige Stabilisierung zu erreichen sei. Herr Stinnes wies in längeren Ausführnnsen aus den gan zen Komplex der untereinander unlösbar zusammenhängen den wirtschaftlichen sowie außen- und innenpolitischen Fra- en hin, deren gleichzeitige Lösung unerläßliche Voraus etzung für das Gelingen einer Stabilisierung der Marl sei. Man könne die Mark nicht dadurch stabilisieren, daß ms dem ganzen Komplex eine einzige Frage herausgenom- uen werde, die man separat lösen wolle. — Die Rede des Herrn Stinnes war veranlaßt durch die Ausführungen des Lhefredakteurs Bernhard, die sich mit den in den letz ten Tagen in einem gewissen Teile der Berliner Presse auf. stauchten ^orwürfen gegen die deutsche Industrie weoen ihrer angeblichen Haltung in der Stabilisierungssrage be schäftigten. — Wie die Telegr.-Union erfährt, wird die Rede von Stinnes über die Stabilisierung der Mark vom Reichswirtschaftsrat demnächst veröffentlicht werden-, um allen unwahren Gerüchten über eine angebliche Gegner schaft von Stinnes gegen eine Stabilisierung der Mark ein Ende zu bereiten. Der Anschlag ans das Leipziger Bolkshaus. Leipzig, 10. Nov. In der Rackst zum Donnerstag egen 12 Uhr wurde am Leipziger Volkshaus, dem Sitz der hiesigen Sozialdemokratischen Partei, eine Erplo - fron verursacht, die jedoch nur geringen Sachschaden cm- aerichtet bat, während Personen nicht verletzt worden sind. Am Haupteingangstor wurden die Ueberreste einer offen- mr mit Schwarzpulver gefüllten Ladung vorgesunden. Die Täter sind noch unbekannt. Die Kriminalpolizei bat so fort eine Untersuchung einaeleitet. Wie wir weiter dazu erfahren, sind die Täter anscheinend in einem Auto am bekommen, das sich nach der Tat schnell entfernte. Die Aachforsck>"»a-r --r Polizei erstrecken sich besonders auf die ses Auto. — Das Leipziger Volkshaus war bekanntlich während des Kapp-Putsches durch eine Brandgrattate zer» stört worden und ist erst seit neuerer Zeit wieder in Be» -.rieb. Kanonenschlag statt Sprengstoffattentat. Leipzig,11. Nov. Die amtliche Untermchunq über die Explosion im Leipziger Volkshaus hat bisher ergeben, daß es sich auf kernen Fack um ein Sprengstoff-Attentat Han» delt. Die Ueöerreste des Explosionskörvers, der vermutlich As Grv'e einer kleinen Kegelkugel gehabt hat, zeigen, daß es sich um eine Art Kanonenschlag gehandelt haben muß, wr aber mit Pulver gefüllt gewesen sein dürfte. Irgend« welche Sprengsto-'e sind sicherlich nicht darin gewesen, sonst würden sehr cr ebliche Verwüstungen angerichtst worden sein. Es sind, von kleinen sonstigen Beschädigungen abge« -e-'en, lediglich einige Scheiben durch den Luftdruck zertrüm mert worden. Vermutlich handelt es sich um eine politische Demonstration geaen die Feier des 9. November. Uebsr die Täter hat sich bis jeyt nichts ermittel» lassen. Die Gährnng im Ori-nt. Eine neue Note an die Türken« Konstantinopel, 11. Nov. Die Alliierte» Oberkommis- wre forderten am Freitag die Regierung in einer Rote auf, alle Maßnahmen hinsichtlich der Zölle, der Staatsschulden, des Gesund» 'Mswefsns usw. aufzuheben. Sie fügten den Forderungen hin- ;u, daß diese Maßnahmen den Kapitulationen sowohl, als auch de» Bestimmungen de« Wass nstillstandsabkommens von Mudres zu- widerlaufen. Die Note fügt weiter hinzu, wenn diese« Ersuche« uicht stattgegebe» würde, sähen sich die Obsrkommiffare in die Not wendigkeit versetzt, ihren Regierungen Bericht zu erstatten uns Maßnahmen zu ergreifen. * Das britische Kabinett beriet am Freitag über die Lage im "ghm Osten. Eine amtliche Mitteilung wurde nicht ausgegeben; -ach inoffiziellen Berichten aus Konstantinopel hat sich aber der rnst der dortigen Lage n^t vermindert. Wo ist der Sultan? London, 11. Nov. Die englische Regierung erklärt, sie wisse richt, wo sich der Sultan gegenwärtig befinde. Sie habe ober die Gewißheit, daß er nicht an Bord eines englischen Kriegsschiffes geflüchtet sei. Vertagung der Lausanner Konferenz. Paris, 10. Nov. Ter englische Vorschlag, die Lau. -anner Konferenz zu verta-en. ist Zwischen Poincars und em Botschafter Lord Hardlnl'e besvrocken worden. Poin« wrä ist grundsätzlich ae^en eine Vertagung, um den türki schen Nationalisten nickt die Möglichkeit zu geben, noch weitere Ewenmächtig-eiten zu begehen. Poincars erklärte sich aber schließlich mit einer se^r kurzen Verschiebung ein« ''erstanden. Die italienische Negierung geht in dieser Frage mit der französischen Hand in Hand. Die Rheinland-Interpellation im französischen Senat. Paris, 11. November. Im Senat wurde am Donnerstag die Debatte über die Interpellation Lucien Huberts betreffend die Einrichtung einer wirksamen Repressionspolitik im Ruhrgebiet er- "ffnet. Der Abgeordnete Hubert erklärte, daß Frankreich fest enr- 'chlossen sei, friedlich zu bleiben unter der Bedingung, daß man leine militärische Sicherheit und Interessen nicht bedroh«. Man habe geglaubt, Anzeichen einer Annäherung zwischen Frankreich und Deutschland auf der Grundlage der Naturallieferungen zu er- 'cnnsn. Es sei sehr gut, sagte Hubert, durch Naturallieferungen bezahlt zu worden, aber neben Vorteilen enthalte das auch Ge fahren. Man habe allerdings Garantien für die militärische Si cherheit Frankreichs am Rhein und als Sicherung für den Wieder aufbau das Ruhrgebiet, das eine Art Extrakt menschlichen Fleißes Erstelle. Die Herrschaft über das Ruhrgebiet zu haben, sei gleich« '-«deutend mit einer Kontrolle über den größten Teil der deutschen Produktion an Kohlen, Eisen und Stahl und das heiße zugleich, die wirklichen Herren Deutschlands, die in diesem Teil de« Lande» ihre Riesenlaboratorion haben, beherrschen. Einige glauben, be» Frieden und die nötigen Sicherheiten durch eine Besetzung de« Rhetnlandes zu erhalten. Andere wollen den Wiederaufbau durch Besetzung des Ruhrgebietes sichern. Die mittlere Meinung gehe aber dahin, einfach das zu behalten, was Frankreich im Ruhr gebiet bereits in den Händen halte. Eine Zollgrenze, die zwischen dem besetzten und unbesetzten Teile des Ruhrgebietes gezogen würde, müsse die deutschen Industriellen zu Verhandlungen ge fügig machen. Hubert schloß mit der Erklärung, daß Frankreich -in Pfand erster Ordnung habe. Es muffe sich beeilen, daraus Nutzen zu ziehen. — Poincars antwortete auf die Inter« -ellation und erklärte, die internationale Bankierkonferenz, Lie in Paris tagte, habe die Bewilligung einer internationalen Anleihe für Deutschland auf den internationalen Märkten unter der Be dingung gewünscht, daß eine Herabsetzung der Reparationsforde« rungen durch Frankreich, erfolge. Mit Rücksicht auf diese Bevin» ung war die Konferenz zum Scheitern verurteilt. Poincars b^ kaßte sich sodann mit der Finanzpolitik Deutschlands Und erklärte, die Reichsregierung erlaube sich zwar Luxusausgaben, wolle je doch ihreS chulden nicht bezahlen. Auf die im Friedensvertrag vorgesehenen Sanktionen will er nicht verzichten, wenn auch zu» Mgeben sei, daß dadurch die Frankreich geschuldete Goldmilliar« den nicht erbracht werden. Das aanze Problem der Entschäbt« gungszahlungen, ebenso der französische Anteil daran, müsse erneut auf der Brüsseler Konferenz aufgeworfen werde. Poincars wM aicht daran glauben, daß die von Frankreich allein ergrif- lenen Pfänder sich als sehr wirksam erweisen würden. Wa dis Kapitalflucht betreffe, so habe Deutschland seine Versprechen wirksamer Maßnahmen nicht zur Durchführung gebracht. Di« Reichsregierung habe auch erklärt, den Sturz der Mark nicht ver hindern zu können, sofern nicht eine endgültige Regelung der Re parationszahlungen erfolge. Es sei aber auch unzulässig, baß da» Reich zur Grsundung seiner Finanzen an ein internationale, Bankfyndikat appelliere. Eine Anleihe müsse ausschließlich be» Reparationszahlungen und nicht der Festigung des Markkurse» dienen. Auf der Brüsseler Konferenz werde Frankreich betonen, daß es als äußerste Maßnahme Zwangsmittel unter allen Umständen fordern müsse, falls die Barzahlungen auf anderem Wege nicht zu erlangen seien. Frankreich sei nicht imperialistisch. Es wolle Deutschland nicht versklaven; aber wenn ihm in Brüssel nicht volle Genugtuung werde, was Poincars nicht hoffe» will, so werde es nichts in der Welt zurückhalten, gegen Deutsch land allein vorzugehen. Zusammentritt des neuen Sejm. Warschau, 11. Nov. Durch Kabincttsbeschluß ist die feierlich« Eröffnung der beiden Kammern, Sejm nnd Senat, auf den 28. No vember festgesetzt worden. Der neue Sejm dürfte sich folgender maßen zusammensotzen: Rcchtsblock 160-170, Bauernparteien zu- lammen etwa 120, Arbeiterpartei etwa 60, Zentrum etwa 8, di« leinen, allgemein links flehenden Gruppen 18 und die national«« Minderheiten 80 —88 Eitze,
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