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Dcmschlnno Bezugspreis, »nab« 4 mit 2 Beilagen viertel Dresden durch Solen 8,40 ^5, frei Haus 8 88 in Oellerreich 4,4» X/ Ansaabe X nur mit Feierabend vicrlclMrlich >,i-»v In Dresden durch Bolen 8,10.«, Sn ganz Dcuiichland frei Haus 8,88 in Oesterreich 4,07 X. - Vinzel-Nr. 10 ,i. Redattivns-Svrechstunoe: 40 biS II Nbr vormiilags. Für Rück mbc eingefandter Schrislstücke macht sich die Redaktion lucht verbindlich; Rücksendung ersol t, wenn Rückporto bei- gefügt ist. Brieflichen Anfragen ist Antworirpoilo beizufügcn Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit init Unterhaltungsbeilage Die illustrierte Zeit und Sonntagsbeilage Feierabend Anzeigen, Annahme von (SclchSftSai,zeigen bis 10 Uhr, von Familien, anzelgen bis 18 Uhr. Preis für die Petit-spaltzeile 80 4, im ReNameleil 00 4. Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher aus. gegebene Anzeigen könne» wir die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit des Teiles nicht übernehmen. GeschSstsstclle und Redaktion Dresden, Holbeinslratze «ü Nr. 242 Fernsprecher 1366 Dienstag, den 22. Oktober 1912 Fernsprecher 1366 11. Jahrg. Der Dreibund und die Tripleenkenke Die Stellung Italiens znm Dreibünde gewinnt ange sichts der Zusammenkunft zwischen den beiden Mi nistern des Aeußern Italiens und Oesterreichs, sowie im Hinblick auf die Erneuerung des im nächsten Jahre ablanfenden Dreibundvcrtrages jetzt erhöhte Bedeutung. Die Lage ist nun augenblicklich einem engeren Zu sammenschlüsse zwischen den Treibuudmächteu sehr günstig. Durch die Beendigung des türkisch-italienischen Krieges ist die Gefahr beseitigt, daß die Balkanstaaten Oesterreich- Ungarns und Italiens in Zwiespalt geraten könnten, und durch den Flottenpakt Frankreichs und Englands werden die Seeinteressen der Donau-Monarchie und der apennini- schen Halbinsel gleichermaßen bedroht. Das ist, wie gesagt, einem engeren Zusammenschluß förderlich und sollte dahin führen, daß beide Staaten ihre Seestreitkräfte nach ge meinsamen Plänen ausgestellten. Für Oestcrreich-Ungmn und für Italien ist eine gegenseitige Rückendeckung für alle Eventualitäten von größtem Werte. Für Deutschland ist nach dem Frieden von Ouchh der Wert Italiens als Bundesgenosse schon infolge des Machtzuwachses sehr ge stiegen. Bisher wurde in Berlin diese Bundesgenossenschast nicht besonders hoch eingeschätzt. Nicht nur daß die HcereS- macht etwas gering eingeschätzt wurde, ist auch die Bundes- genossentrene Italiens oftmals angezweifelt worden. Der beendete Krieg gibt nun die Veranlassung, darauf hinzu- weisen, daß cs an der Zeit wäre, das Bündnis der Drei- inächte inniger zu gestalten und zu festigen und es zu einem Schutz- und Trutzbündnis auszubauen, das allen Angriffen gegenüber unerschütterlich ist. Der Zeitpunkt hierzu ist durch das Manöver und Intrigenspiel der Tripelcntente- mächte, durch die Konzentration der französischen Flotte im Mittelmeere und durch die Verstärkung der englischen Flotte geradezu gegeben. Italien muß sich im Mittelmeere eine stärkere Stel lung schaffen; auch Ocsterreich-llngarn kann nur durch eine starke Flotte sich in seinem Mittelmeerinteresso erhalten. Und für Deutschland ist es von großein Werte, daß durch Abrücken Italiens vom Dreibunde die Zahl seiner Gegner nicht vermehrt wird. Dieses Abrücken ist zwar jetzt kaum inehr zu befürchten, da doch Italien in Afrika ein Rivale von England und Frankreich geworden ist. Jeder von den Treibiindstaaten ist angesichts der veränderten politischen Lage vor die Frage gestellt, ob das Bündnis wertvoller ge worden ist. Für jeden der drei Staaten muß es von Inter- csse sein, die militärischen Machtverhältillsse seiner Bundes genossen zu prüfen, und neu einzuschätzen. Auch für diese Prüfung kann jetzt der Zeitpunkt als gekommen betrachtet werden. Deutschland hat durch den Aufbau seines Heeres ein großes Uebergewicht erlangt. Demnach ist der Wert eines jeden der drei Bundesgenossen gewachsen und diese Tatsache wird für die Erneuerung und Festigung des Bundes nur günstig sein. Nur gilt es jetzt rasch zu ban deln, damit nicht etwa England wieder die Lust in sich ver spürt, den Störenfried zu spielen. In diesem Zusammenhänge ist auch die jetzige Lage deS Dreiverbandes (Tripelentente: Frankreich, England und Rußland) zn besprechen. Je deutlicher die Interessen gemeinschaft der Dreibnndmächte zutage tritt, desto offen kundiger wird die Rivalität der Tripelententcmächte. Frank reichs auswärtige Politik hat eine Niederlage erlitten, an deren Möglichkeit noch vor Wochenfrist kein Mensch geglaubt hätte. Die Politik der Ententen ist kläglich gescheitert. Was ist ans dem von aller Welt so hoch gelobten französisch' englisch-russischen Einvernehmen geworden? Nach den Entrevuen von Petersburg, London, nach dem Pariser Be such Ssasonows hatte man es aller Welt hoch und heilig versichert, daß zwischen London, Petersburg und Paris das beste Einvernehmen über alle internationalen Fragen bestehe. Aber schon der erste Versuch, dieses „Einvernehmen" ins Praktische zu übersetzen, hat den Beweis erbracht, daß all die Freundschaftsversicherungcn, alle Versicherungen über Bündnistreue und wie die schönen Worte sonst noch geklungen haben, nur auf dem lammsgednldigen Papier existieren bezw. eristiert haben. Die Tripelentente hat die Feuerprobe nicht bestanden. Das ist die Erkenntnis, die man aus den Ereignissen der letzten Tage gewinnt, und die auch allmählich überall zum Durchbruche kommt. Noch scheut man sich, das Fiasko offen einznbckennen. Allein däS schüchtern einsetzende Miß trauen Frankreichs gegen Rußland, die lauten und sehr heftigen Anklagen an die Adresse Englands sagen den- Kenner der Verhältnisse mehr als genug. Es muß schon sehr weit gekommen fein, wenn der anglophile „Matin", der im Solde der englischen Negierung steht, folgenden Satz schreiben kann: „Wenn auf dem Balkan ein allge meiner Krieg ansbricht, so ist es die Schuld Europas; und ganz speziell England ist es, welches die größte Verant wortung trifft." Warum zögert England, einen energischen Druck auf die Pforte auszuüben? Der „Matin" beant wortet diese Frage folgendermaßen: „Weil England feine Sonderinteressen nicht zurückstellen will, weil es glaubt, aus der Situation und ans der Verlegenheit der übrigen Mächte Kapital schlagen und im Trüben fischen zu können. Eine solche Sprache gerade in den Spalten des „Matin" spricht Bände. Nicht nur gegen England, sondern auch gegen Rußland erheben sich Stimmen der Unzufriedenheit wegen der un klaren und gefährlichen Haltung der russischen Negierung. Selbst in informierten Kreisen ist man sich völlig im Un klaren über die Absichten Rußlands und befürchtet das Schlimmste, ohne daß man sich getraut, es offen anszn- sprechen. In England verfolgt man mit Mißtrauen die Ziele Rußlands betreffs der Tardanellcnfrage, während Rußland »nieder die zweideutige Haltung Englands am Goldenen Horn mit scheelen Augen betrachtet. So sieht in Wirklich keit das berühmte „beste Einvernehmen" zwischen Frank reich, Rußland und England aus. Die Zübiläumsfeierllchkeilen zu Ehren des Fürst-Erzbischofs von Breslau» kardinal Dr. kopp. Ans Breslau wird uns unterm 20. Oktober geschrieben: Auf dem Breslauer Bahnhofe entwickelte sich am Sonntag in aller Frühe schon ein recht lebhafter Verkehr. Alle ankommcnden Züge brachten Katholiken jeden Ranges und Standes, die von nah und fern zur Jubelfeier Seiner Eminenz des Fürst-Erzbischofs von Breslau, Kardinal Kopp, herbeigeeilt sind, der am 21. Oktober ein Doppel- snbiläum begeht. 25 Jahre Fürstbischof von Breslau uud 50 Jahre Priester! Wieviel segcnbringende Arbeit Kardi nal Kopp in dieser Spanne Zeit im Weinberge des Herrn geleistet hat, das weiß das ganze katholische Deutschland. Tic Feierlichkeiten sollen, einem Wunsche des Kardinals entsprechend, einen mehr familiären Charakter tragen, wes wegen von allem äußerlichen Prunk abgesehen wurde. Extrazüge sind anqcmeldet und cingetroffen ans Berlin, Waldenburg, Freiburg (Schlesien) und Neustadt-Neiße Der Berliner Erirazng brachte an -100 Personen. Vom Heiligen Vater ist dem Jubilar folgendes Glück wunschtelegramm zngegangen: „Geliebter Sohn! Mit großer Herzensfreude vernehmen Wir, daß Tu demnächst das öOsährige Priesterjubilänm und zugleich den 25. Ge denktag Deines Breslauer Episkopates unter einmütiger und doppelter Freude Deines Klerus und Deines Volkes feiern werdest. Zu dieser Doppelfeier beglückwünschen Wir Dich, geliebter Sohn, von Herzen, nicht bloß, weil cs sich ge- ziemt, daß der Vater an den Freuden der Söhne leilnehme, sondern auch vornehmlich darum, weil Du einen so großen Teil Deines Lebens der Fürsorge für das Heil der Men- stl»en uud der Förderung der katholischen Sache mit solchem Erfolge ge»veiht hast, daß der Kirche daraus hoher Ruhm und reicher Nutzen erwachsen ist. Wir wünschen daher und bitten Gott inständig, daß er Dich solange als möglich ge sund erhalte. So wirst Dir sicherlich fortfahren, die Dir anvertraute -Herde mit dem Dir eigenen fürsorglichen Eifer zu leiten und Dir um diese wie um die gesamte Kirche die größten Verdienste zn erwerben. In der frohen Hoffnung, daß Dir dieser Ausdruck Unseres Wohlwollens, durch welchen Wir daS bevorstehende Fest gleichsam krönen »vollen, sehr angenehm und erfreulich sein werde, erteilen Wir als Unterpfand himmlischer Gaben Dir, geliebter Sohn, sowie Deinem Klerus und Deinem Volke liebevollst im Herrn den apostolischen Segen. Gegeben zn Rom bei St. Peter am 11. Oktober 1912, im 10. Jahre unseres Pontifikates. Pius X." — Kaiser Franz Joseph hat dem Kardinal aus Anlaß des Jubiläums die Brillanten znm Großkreuz des St. Stephanordens verliehen und den hohen Kirchenfürsten außerdem mit einem Handschreiben beehrt, »vorin cs heißt: „Mit vorbildlicher Pflichttreue und unver- brüchlicher Hingebung an den erhabenen Beruf ließen Sie anch dem österreichischen Teile Ihrer Diözese eine weise Leitung und erfolgreiche Fürsorge angedcihen und erwarben sich uni mein Herzogtum Schlesien durch vielseitige Förde rung der geistigen und wirtschaftlichen Interessen der Be wohner bleibende Verdienste." — Glückwunschtelegramme sind, außerdem eingelanfeu vom Kardinal Staatssekretär Merry dcl Val, dem österreichisch-ungarischen Ministerpräsi denten Grafen Stürgkh und dem durch seine herrliche Rede auf dem Eucharistischen Kongreß in Wien in der ganzen katholischen Welt bekannt gelvordenen österreichischen Kul tusminister Ritter Hussarek. Telegraphisch wird gemeldet: Breslau, 20. Oktober. Heute Sonntag abend wurde dem Fürstbischof Tr. Kopp von 8000 Teilnehmern, Jugend- Vereinen, Studierenden uud Arbeitern ein Fackelzug ge bracht. Ter Vizepräsident deS preußischen Abgeordneten hauses Geheimrat Dr. Porsch beglückwünschte den Jubilar im Namen seiner Diözesanen. Kardinal Kopp dankte in längerer Rede für die so großartige Kundgebung, die Be- teilignng der Jugend lasse ihn hoffen, daß sie später als gute Christen und Staatsbürger sich stets ihrer sittlichen und bürgerlichen Pflichten bewußt sein werden. Der Balkankrieg Der Brennpunkt des Balkankrieges liegt zunächst bek- Adrianopel. Es fällt deshalb schwer ins Geivicht, ob diese türkische Festung in gutem Verteidigungszustand ist. Wie es sich damit verhält, ist nicht bekannt. Für die Bul garen ist es vor allem »nichtig, nach Adrianopel zn gelangen,, bevor »och die Türkei ihre asiatischen Streitkräfte dort zu- sammenziehen kann. Die Bulgaren beschleunigen deshalb ihren Vormarsch; die Türken ihrerseits Weichen zurück, »veil sie offenbar ihre Kräfte nicht in kleinen Scharmützeln zer splittern, sondern sie für den Hanptschlag bei Adrianopel reservieren »vollen. So ist es denn den Bulgaren ge lungen, die Stadt Mustafa Pascha zu erobern. Ein Tele gramm der Agence Telegraphigne Bulgare meldet darüber: „Tie bulgarischen Truppen besetzten um 5 Uhr nach mittags die beiden Ufer der Maritza bei Mnstafa Pascha und zogen in die Stadt ein, »vo große Mengen Lebensmittel und Futter vorgefunden wurden. Die Brücke über die Maritza »rar von den Türken leicht beschädigt worden, aber sie wurde nichtsdestoweniger zur Passage für den Train benutzt. Der Bahnhof und die Telegraphenstation waren von den Türken! unbeschädigt gelassen worden. Die »nährend des gestrigen Tages gegen Adrianopel operierenden Truppen trieben den Feind bis vor die Fortifikationslinic zurück und machten gegen 100 Gefangene. Tie Truppen rücken in allen Stellungen vor. Mehrere Höhcnpositioncn wurden mit dein Bajonette genommen. Wie man meldet, nahmen die Türken in den Dörfern bulgarische Notabeln gefangen, für die sie ein Lösegeld verlangen. Das Dorf Malkotschlaw wurde Vou den Türken während ihres Rückzuges angezündet." Ein weiterer Erfolg der Bulgaren besteht darin; daß' sie Mehomia durch Bajonettangriff genommen haben. Anderseits haben auch die Türken einen Vorstoß gemacht, und zwar haben sie V a r n a b o in bardie r t. lieber den Erfolg dieses Angriffes liegen noch keine Nachrichten vor. Ferner soll ein Kampf zwst'chen Timarsch und Dsumbela stattgefnnden habe», in dem die Türken einen vollständigen Sieg davontrugen. Auf dem westlichen Kriegsschauplätze hat nach amtlichen Berichten am Sonnabend früh der Vor marsch der serbischen Armee an der ganzen serbisch- türkischen Grenze begonnen. Da auch die griechische Armee in mehreren Kolonnen die Grenze überschritten hat, so sieht sich die türkische Armee auf dieser Seite einen» ans mehreren Richtungen erfolgenden konzentrischen Angriffs gegenüber. Doch haben nach den vorliegenden Meldungen bisher die Serben Mißerfolge bei Podiva und be» Knrsumlja erlitten. Von den Griechen heißt es, daß sie Elassona genommen haben und daß in Athen große? Jubel ob dieses Sieges herrscht. Die montenegrinische Armee hat ihre Stoßkraft erschöpft. Diese hat nur Lnrch- gehalten, solange man mit der schwachen Grenzschntztrnppe