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Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger : 23.12.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878295829-192212236
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878295829-19221223
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878295829-19221223
- Sammlungen
- LDP: Archiv Museum Naturalienkabinett Waldenburg
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-12
- Tag 1922-12-23
-
Monat
1922-12
-
Jahr
1922
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stimmt das neue Gesetz, daß sich der zu zahlende Ankewe- betrag, der nicht bis zum 28. Februar 192:) ge e chnet ist, für jeden angefan^enen und folgenden Monat um 10 Proz. des Nennwertes erhöht. Beide Gesetze, die Novelle zur Einkommensteuer wie die zur Zwangsanleide sind ergangen, um die Geld« Entwertung auszugleichen. Diele erscheint mit Recht als das schwerste Hindernis einer orvnungZmäßi- gen Verwaltung und Einziehung der öffentlichen Abgaben. Gleichwohl aber darf man nicht vergeben, daß andererseits überhaupt nur die Geldentwertung es bisher ermöglicht hat, daß die jedes vernünftige Maß übersteigende Höhe unserer Steuern von den Steuerpflichtigen und der deutschen Wirt schaft getragen werden konnte. Ein Steuersystem, das die Hälft« bis zu Dreiviertel des Ertrages allein mit Ein kommen und Gewerbesteuer wegsteuert, muß unter den nor- malen Verhältnissen einer stabilen Währung unrettbar zu sammenbrechen. Lie Gühnemillion und die Antwortnote der Botschafterkonferenz. Berlin, 22. Dez. Das Lem deutschen Botschafter in Paris ge- stern überreichte Schreiben der Botschafterkonferenz betreffend die Zwischenfälle in Stettin, Passau und Ingolstadt, hat folgenden Wortlaut: „Herr Botschafter! Mit Ihrem Schreiben vom 10. d. M. ha ben Ew. Exzellenz die Liebenswürdigkeit gehabt, die Maßnahmen, die Ihre Regierung für die in dem Schreiben der Botschaftcrkon- ferenz vom 30. November dargelegten Forderungen hinsichtlich der Zwischenfälle von Stettin, Passau und Ingolstadt getroffen hat, zur Kenntnis der Botschafterkonferenz zu bringen. Die Botschaf terkonferenz hat sowohl die Rote der deutschen Regierung wie die von dem Präsidenten der Interalliierten Militäckontrollkommis- sion erstatteten Berichte mit der größten Aufmerksamkeit geprüft. Im Verfolg dieser Prüfung hat die Botschafterkonferenz die Ehre, Ew. Exzellenz folgendes mitzuteilen: Sie tritt damit in keine Dis kussion der von der deutschen Regierung gegebenen Darstellung der beanstandeten Vorfälle ein. Sie stellt fest, daß diese Darstellung sich in den wesentlichen Punkten mit den Berichten der Inter alliierten Mlitärkontrollkommiffion in Widerspruch befindet. Die Konferenz nimmt Kenntnis von der Zahlung von einer Million Goldmark, die die deutsche Regierung anstelle der städtischen Be hörden von Passau und Ingolstadt geleistet hat. Sie wird die von der deutschen Regierung ausgesprochenen Entschuldigungen annch- msn, ohne darauf zu bestehen, daß besondere Entschuldigungen von der bayerischen Regierung ausgesprochen werden unter folgenden Bedingungen: Es muß absolut klar sein, baß die von der deutschen Regierung ausgesprochenen Entschuldigungen sowohl im Namen der Reichsregierung als auch im Namen der bayerischen Regierung und der lokalen Behörden in Passau und Ingolstadt ausgesprochen sind. Um jeden Zweifel in dieser Richtung zu zerstreuen, ersucht die Botschafterkonferenz die deutsche Regierung, den Text dieser Entschuldigungen amtlich in der Presse zu veröffentlichen und da bei zum Ausdruck zu bringen, daß sie für die bayerische Regierung und die lokalen Behörden von Passau und Ingolstadt mit gelten Die Botschafterkonferenz stellt im übrigen fest, daß die Mitteilun gen Ew. Exzellenz ihr nicht die Sicherheit geben, daß die für die Zwischenfälle von Stettin, Passau und Ingolstadt geforderten Io- kalen Sühnemaßnahmen tatsächlich und vollständig ausgeführt worden sind. Sie wird sich demgemäß in dieser Beziehung nur zufriedengestellt erklären, wenn die deutsche Regierung der Inter alliierten Militärkontrollkommission sowohl in ihrem Namen wie auch im Namen der bayerischen Regierung dis Garantie gibt, daß die lokalen Suhnemaßnahmen, die bisher noch nicht oder nur teil- rveise nusgcführt worden sind, voll und ganz zur Ausführung ge langen werden. Infolgedessen hat die Botschafterkonferenz die Interalliierte Militärkontrollkommisston beauftragt, die deutsche Regierung zu ersuchen: hinsichtlich des Zwischenfalles von Stettin: a) um Mitteilung der dienstlichen Verwendung, welche die verantwortlichen Poliz.ü- lummten und die von ihren Funktionen enthob'nen beiden Ver bindungsoffiziere erhalten haben; bl um eine Verschärfung der über die an dem Vorfall beteiligten unteren Polizeibeamten verhängten Strafen und um eine Aenderung der für ihre Bestrafung gegebe nen Begründung; hinsichtlich des Zwischenfalls von Ingolstadt: a) um die Amts enthebung des Polizeibeamten, der unter der Autorität des Bür germeisters die Geschäfte des Polizeidienstes leitet; b) um Mittel- lung der dienstlichen Verwendung de» seiner Stellung enthobenen Bataillonsführers; hinsichtlich dsr Zwischenfalles von Ingolstadt: a) um die Amts enthebung des Polizeibeamten, der unter der Autorität des Bür germeister« die Geschäfte de» Polizeidienstes leitet; b) um die Ver sicherung, daß der Leiter der Munitionsanstalt seinen Abschied nicht nur genommen, sondern auch erhalten hat. Genehmigen Sie usw. (gez.) Poincars." u» Zu der Notiz der Botschafterkonferenz wird amtlich mitgeteilt: Der Wortlaut der deutschen Note vom 10 Dezember ist seinerzeit im Auftrage der Reichsregierung in der Presse verbreitet worden. Die Forderung der Botschafterkonferenz auf amtliche Veröffent lichung des Wortlauts ist also erfüllt. Die von der Botschafter- konfercnz geäußerten Zweifel, ob die Entschuldigungen der Reichs- rcgierung auch für die bayerische Regierung und die Lokalbchör- den der beiden bayerischen Städte gelten, erledigen sich durch Art. 78 Abs. l der Rcichsverfassung, auf welchen sich die Ausfüh- rungen der Note vom lv. Dezember stützen. Die Reichsregiernng hat ihre Entschuldigungen in Ausführung der entsprechenden Bc- fiignisse ausgesprochen, die ihr bei Behandlung auswärtiger An gelegenheiten für alle Teile des Reiches zustehen, so daß, wie in der Note vom lv. Dezember bereits mitgeteilt, für eine besondere Entschuldigung von bayerischer Seite kein Raum bleibt. Die von der Neichsregierung ausgesprochenen Entschuldigungen gelten auch für Bayern. Ein« Billion Reichsausgaben. Berlin, 22. Dez. (Etg. Drahtberlcht.) Der NeichSrat hielt am Donnerstag abend eine mehrstündige Sitzung ab, in der über den Haushalt der allgemeinen ReichSvcrwaltung eingehend bera ten wurde. Wie mitgeteM, überschreitet der GesamtauSqabr- betrag dcS Haushaltes der allgemeinen NcichSverwaltung zum ersten Male di« Summe von einer Billion Mark. Der NeichSrat nahm weiter dir Novelle zum Einkommensteuergesetz an. ttm die Ruhrbesetzung. Paris, 22. Dez. (Eig. Drahtberlcht.) Di« radikale Partei hat gestern durch ihren geschäftSsührendcn Ausschuss ihre Stellung nahme in der yrag« der Ruhrbesetzung fesUegen lassen. Hiernach spricht sich die Partei nicht unmittelbar gegen eine Be setzung deS NuhrgebietcS auS, sondern weist nur daraus hin, daß die englisch« Negierung diese nicht wünsch«. Man müsse mit Eng land rin« Verständigung suchen, wenn Sanktionen notwendig seien; dann seien wirtschaftliche Forderungen durchzusühren. Diese seien besser alS «ine militärische Besetzung. Tie Regierung scheint sich im Augenblick auch nach dieser Richtung bin orientieren zu wollen. ' Die Not der Presse. Berlin, 22. ,Dez. Nach einer Angabe unter der Neberschrift „Die Not der Presse" werden die Zellstoss- und Holzschliff-Fabri kanten im Dezember 530 Millionen Mark in die Nuckvergütungs- kasse der Zeitungsverleger abführen. AuS der weiteren Angabe, daß sich damit der Papierpreis für die Verleger um rund 40 M für das Kilogramm ermäßigt, geht, unter der Voraussetzung, daß diese Zahlen stimmen, hervor, daß der monatliche Verbrauch au Zeitungsdruckpapier bis auf 13 000 Tonnen monatlich gesunken ist. Demgegenüber betrug der Verbrauch im Jahre 1913 im Mo natsdurchschnitt 28 000 Tonnen. Poinearli spricht wieder. Paris, 22. Dez. Der Senrt hielt ae'ie-n nachmittag eine Sitzung ab, in der die auswärtige Politik Frankreichs u Sprache kam. Als erster Redner nabm der Senator Iapy das Wort, um seine angekündigte Interpellation ein« nibringen. Er sprach über d'ie Frage der Wiedergutmachun gen. Deutschland, so führte er aus, hat uns so gut wie nichts bezahlt, und die alliier en Negierungen haben Deutsch- land gegenüber weder Energie noch eine brauchbare Me- thode an den Tag gelegt. Es tst überflüssig, fuhr er Redner fort, das Ruhrgebiet zu besetzen. Es genügt, Deutschland daran zu hindern, ohne Erlaubnis der Alliierten Waren auszuführen. Besser ist es, daß Unruhen in Deutschland einlreten als in Frankreich. In jedem Falle liegt darin das einzige Mittel, Vie Deutschen zur Nachgie bigkeit zu zwingen und damit unsere finanzielle Lage zu vcrbe scrn. Unsere Mitbürger haben mit überwältigen''er Mehrheit Vertrauen zu Herrn Poincarö. Dieser Wird daS Vertrauen hoffentlich zu rechtfertigen wissen. — Poin« car 6 , der dann das Wort nahm, sagte: „Seit langen Mo- uaten erfüllt Deutschland seine Verpflichtungen nicht. Der Zahlungsplan, der von der Neparationskommission im Ver laufe der Londoner Konferenz aufgestellt wurde, ist zu einem loten Buchstaben geworden. Die Naturallieferungen, na mentlich die Holzlicferungen, geben nicht von statten, und die Neparationskommission wird in diesem Punkte d e Versäum, nisse Deutschlands festzustellen haben. Derselbe schlechte Wille herrscht in der Frage der großen Arbeiten, die von unserem Ministerium für öffentliche Arbeiten vorgeschlagen wurden und die Demschland eine Gelegenheit, seinen guten Willen zu bezeugen, hätten vielen können." Poimarö fuhr dann fort: „Aus schlechtem Willen entzieht Deutschland sich seinen Verpflichtungen. Die Vergangenheit gtbi uns keiner lei Sicherheit für die Zukunft. Wir können Deutschland nicht olme Überwachung und Kontrolle lassen. Wir würde» gern Geduld haben; aber wir können es nicht tun, weil das kom- mcnde Jahr entscheidend für den Wiederaufbau unserer zer störten Gebiete sein wird und weil wir hundert Milliarden für Rechnung Deutschlands vorgestreSt baden, und weil es ühlie lich für unsere Finanzen unbedingt notwendig ist, Deckung zu finden. Was werden wir tun? Deutschland hat einen Domänenbesitz an Wäldern und G r u b e n, die nach dem Versailler Vertrag ein Pfand für di« Al- liierten bilden. Warum nicht diese Gruben und Wäl der ausbenten? Und schließlich gibt es Zolleinnah- in e n, die allerdings nicht sehr viel versprechen, aber doch nicht zu verachten sind." Poincarö ernlele sür seine Aus« -uhrungen lebhaften Beifall im Senat. Raub an dcutschcm Boden. Breslau, 22. D«z. Die Entscheidung der interalliierten Grenzkommission, wonach die Gemeinde Haatsch der Tschccho- slowakei einverleibt wurde, hat in Haatsch und im gesamten Kreise Natibor größte Erregung hervorgerufcn. Im Auf trage der Gemeinde begab sich am Donnerstag eine Deputation »ach Berlin, um die maßgebenden Stellen aufzufordern, eine so fortige Revision der ungerechten Entscheidung durchzusetzen. Die Königsberger Eisenbahnkonferenz. Riga, 22. Dcz. Auf der Königsberger Eiscnbahnkonferenz zwi- scheu Deutschland, Estland, Lettland und Litauen tst eine Einigung -rziclt worden über die Einrichtung eines ständigen Verkehrs zwi- che» diesen Ländern. Die Beschlüsse der Konferenz werden den Verkehrsminifftrien der betreffenden Staaten zur Bestätigung vor gelegt werden. Es besteht die Aussicht, daß der direkte Verkehr bereits am 1. Februar 1923 ausgenommen werden kann. Hande Sächsische Industrie und Rheinlandfrage. Dresden, 21. Dez. Der Gesamtvorstand des Ver bandes Sächsischer Industrieller faßte folgende Entschlie Sung gegen die Bedrohung des Rheinlandes durch Frank, reich: Seit den Tagen deS Waffenstillstandes und deS Frie« densdiktateS gehört das Rheinland zu den Teilen des Reichsgebietes, die unter feindlichen Lasten und Be. drüclungen besonders schwer leiden. Der Druck des Be- satzungsheereS, die Schmach der schwarzen Truppen, die völlig ungerechtfertigte Aufrechterhaltung der sogenannten Sanktionen, treten im Rheinland zu den sonstigen Nöten des deutschen Volkes hinzu. Zu alledem aber gesellt sich die Gefahr, daß die Jahrhunderte alle französische Mein- Politik in unseren Tagen dazu übergeht, Jahrtausende lange Verbindungen des deutschen Rheinlandes mit der deutschen Heimat zu unterhöhlen und zu lösen. Rhein- lanhsrage ist deutsche Schicksalsfrage! Seit Beginn der Unterdrückung schaut das deutsche Volk mit tiefster Sym pathie auf die Not der deutschen Brüder am Rhein. Die sächsische Industrie ist mit dem Wirtschafts- und Kultur leben des Rheinlandes von jeder eng verbunden, kennt und würdigt die hohe Bedeutung der Kraftquellen des Rheinlandes für das deutsche und sächsische Wirtschafts leben. Mit dem ganzen Volke dankt sie dem Rheinland für seine unwandelbare Treue in schwerer Heimsuchung und steht in geschloffener Front einmütig zusammen gegen alle Versuche auf Verwelschung oder gar Abtrennung des durch tausendjährige Geschichte unlöslich mit dem Bolks- ganzen verbundenen Rheinlandes. Brandversicherung und Industrie. Jil der letzten Sitzung des Gesamtvorstandes deS V er- b au d e s Sächsischer Industrieller wurde von verschiedenen Seiten auf die große Beunruhigung Hinge lviesen, die in den Kreisen der sächsischen Industrie darüber besteht, daß sie gegen Brandschäden nur sehr unzurei chend durch Versicherung gedeckt ist nnd sim anch wegen des bestehenden Gebäudeversicherungsmonopols des sächsischen Staates nicht ihren Bedürfnissen entsprechend versichern darf. In dieser Frage bat der Verband Säctm- icher Industrieller seit über Jahresfrist auf die große Ge fahr hlngewiesen, die in fetziger Schadensregulierung d rch die sächsische Brandversicherung liegt nnd daher eine schien- nige Neuregelung der Schadendeckuna Lei der Gebäudeversicherung gefordert. Ten Versuch der Brand- versichcrungskammer, diese Frage durch freiwillige Baunot- versicherung zu regeln, mußte der Aer'-any als unzulänglich bezeichnen, da durch eine in das der Versicherten gestellte Notversicherung eine wirklich «Zureichende finanzielle Grundlage für eine allgemeine volle Schadendeckung nichi gegeben ist. Ter Verband bat es deshalb für seine Pflicht gehalten, für diese Baunotversicherung die obligatori. I, Industrie und Wir! sehe Form für alle Gebäudeversicherer zu fordern. In- stoischen sind wieder mehrere Monate vergangen, ohne daß seitens der Brandversichernnaskammer in dieser so außer ordentlich wichtigen Frage, die den Ruin ganzer Betriebe zur Folge haben kann, irgend eiwas durchgreifendes ge schehen wäre. ES besteht vielmehr nach wie vor für jeden Gebändeversicherer die Gefabr, durch einen Brandschaden ruiniert zu werden denn bei der jetzigen Entschädigungs- sorm feblen die Mittel, um abgebrannte Gebäude wieder zu errichten. Der Gesamtvorstand des Verbandes bielt es deshalb für seine Pflicht, nochmals auf die besondere Dringlichkeit der Aenderung der jetzigen Verhältnisse hinzu- weisen, und an die Regierung und den sächsischen Landlag das dringende Ersuchen zu richten, die ausreichende Ver sicherung der Gebäude entweder durch eine Zwangsnotvcr- ordnung oder durch Zulassung der privaten Ergänzungsver- sicherung unverzüglich wieder herzustellen. Die Ergebnisse der neuen russischen Wirtschaftspolitik. Aus Helsingfors wird geschrieben: Im Gcschästsklub zu Mos- kau haben soeben eine Reihe führender Wirtschaftspolitiker Sowjet- rußlnnds interessante Vorträge über die Ergebnisse der neuen Wirt schaftspolitik gemacht. Uebcr die Finanzlage und überhaupt über Finanzfragen sprach Kritzmann, der u. a. die bedeutsame Tatsache feststellte, daß die Kaufkraft des Rubels im Laufe von 16 Monaten um das 140fache gesunken sei. Sehr schlimm sei es mit der Kredit- gewährung Rußlands gestellt, da angesichts der ständig sinkenden Valuta die Kreditoren ständig Gefahr liefen, nicht einmal das ausgeliehcne Grundkapital zurückzuerhalten. Infolgedessen seien alle Kreditoperationen nur auf ganz kurze Fristen abgeschlossen worden und der Zinsfuß sei überaus hoch gewesen. Interessante Angaben über die Lage der russischen Industrie machte Miljutin, Ler erwähnte, daß, verglichen mit dem Jahre 1921, in diesem Jahr in einzelnen Jnd.istriekrcisen eine bedeutende Besserung zu ver zeichnen sei. So ist u. a. die Kohlenförderung um 24 Prozent ge stiegen, die Naphtaprodukt'wn um 20 Prozent und die Holzbercitung konnte entsprechend dem Produktionsprogramm verlaufen. Was die Verpachtung von industriellen Betrieben anbelangt, so sind von 3854 verpachteten Betrieben 50 Prozent an Privatleute verpachtet. Bezüglich des Arbeitslohnes bemerkte Miljutin, daß er in einige» Industrielrcisen 70—80 Prozent des Vorkriegslohnes erreiche, im allgemeinen jedoch sei der russische Arbeiter nicht sichergcstcllt. Erleichterung der Tüngemittelnot. Für die Landwirtschaft in der Nähe mittlerer und kleinerer Städte kann eine ganz erhebliche Erleichterung der Tüngemittcl- not durch Verwendung des in den Gasanstalten bei der Stein- kohlengaSbcreitttng anfallenden Gaswassers eintreten. Tie in de» Gaswerken verwendete Steinkohle enthält durchschnittlich etwa IZj Prozent Stickstoff, der zum Teil in Form von Ammoniak frei wird. In den großen Kokereien und in den Gaswerken gro ßer Städte wird das gewonnene Ammoniak zumeist auf schwefel- saures Ammoniak verarbeitet. Ein ganz erheblicher Teil der Gas werke mittelgroßer Stäüt« mrd vor allen Dingen d'e Werke tn jchaft. kleinen Städten besitzen aber keine Anlagen zur Herstellung von schwefelsaurem Ammoniak; sie gaben bi» vor kurzem da» Gas wasser, das das Ammoniak enthält, an chemische Fabriken ab. Für Lie Landwirtschaft ist es von außerordentlickxr Bedeutung, daß dieses rohe Gaswasser auch unmittelbar zur Düngung benutzt wer den kann und seit 20 bis SO Jahren auch schon benutzt wird. lieber die Erfahrungen mit der Düngung durch Rohgaswas- ser liegen eine Reihe von Gutachten aus landwirtschaftlichen Krei sen vor. Ein Gutachten aus dem Freistaat Sachsen besagt über die Düngung mit Nohgaswasser: „1 . Es kann jede Bodenart mit Rohgaswasser gedüngt werden. 2. Das Ammoniakwasscr kann in jeder Starke von Ich bis 2 Gr. 8s zu jeder Jahreszeit angewendet werden. 3. Die Düngung erfolgt in derselben Weise wie mit Land dünger (Jauche) mit einer Grädigkeit von Ich bis 2 Gr. 85. Es wird für alle Fruchtarten gleichmäßig angewendet. 4. Der Ernteertrag ist ein bei weitem höherer als mit Land- dünger. Das tritt bei Wiesendüngung besonders in Er scheinung. 5. Die Wicsondüngung ist bei trübem Wetter am günstigsten. Bei Sonnenschein (größerer Wärme) besteht die Gefahr der Verbrennung der Grasnarben. Den günstigsten Dünge erfolg erzielt man auf Aeckern (Stoppelfeld) Lurch sofortiges Um- bezw. Einackern der gedüngten Flöck«-" Das Rohgaswasser wird von den Gaswerken in Iauchefaffrrn oder Wagen abgeholt. Falls es nicht sofort zur Düngung benutzt werden soll, lassen es die Landwirte zur Verstärkung der Jauche in die Düngegrube laufen. Andere Landwirte begießen damit zu nächst die Komposthaufen. Unverdünntes Wasser darf nur auf Brachland gebracht werden, und zwar am besten bei warmem und sonnigem Wetter, damit vorhandenes Unkraut zerstört wird. In allen anderen Fällen ist eine Verdünnung des Rohgaswassers mit Jauche oder klarem Wasser zweckmäßiger. Am sichersten ist der Er folg bei Ncgcmvetrer. Die Düngung soll immer einige Wochen vor der Aussaat vorgenommen und zwischen Düngung und Aussaat ein Regen abgewartct werden. Leichte Devisenschwankungen. Am Devisenmarkt herrscht infolge der unklaren Laa« allg«, meine Zurückhaltung. -l«k Grund »er festeren Neuyorter Mark, kurs« war indessen etwas Bcrkaussneigung zu bemerken, so daß der Dollar bis auf 6^50 zurückging. Doch bliebe« die Kurse «och über Nruhorkcr Parität, da man andrrseitS di« Lage weg«« der neuen Rede PoincaröS bezüglich »er Pfändreforderung«« weiter al« gespannt ansleht. Di« Devisenbörse stand ber«it» im Zeichen feiertäglicher Ruhr. Tic Devisen unterlagen nur ltichten Schwan- :ugen, die zunächst nach unten neigten. Später wurde aber die Haltung wieder fester auf die Meldungen über das starre Festhal» t-n Frankr-ichS an seinem Programm, so daß der besser« Martkur» -Hmlich olnc Einfluß blieb. Amtlich wnrd« der Dollarkur» mit 0733,12 M. festgesetzt. An den Nachmittagöstnndcn musste« De vis««» v«i sehr grringrm Geschäft noch «ine Kleinigkeit nachgeb««- Wegen 6 Uhr nannte man: Dollar 6700, London 31 000, Amft««» yam 2675 und Paris SOO. Di« Mark wurd« auS N««hor» S.30 ' hr mit 0,0151 bis 0,0152 Cent grmeldct, was «i««r Parität vo« 6622 bi» 6570 «ntspricht.
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