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Schönburger Tageblatt Nr. 142 Sonntag, den 21. Jnni 1931 53. Jahrgang. )r. Seipel mit der Kabinettsbildung in Oesterreich beauftragt leich weit verbreitet in den Ortschaften der StandeSamtSbezirke Alttvaldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba- ain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Nr. » 1 Anzeigen bi- vorn». S Uhr am Ausgabelaa erbet«. Ausgabe nachmittag- */»3 Ahr in der Geschäfts stelle in Waldenburg Sa., Altenburgerstr. ZT. Erfüllungsort Waldenburg. Filialen bei Lerr» Otto Förster; in Callenberg bei Lerrn Friedr. Lermann Richter; in LangenchurSdorf bei Lern» Lermann Esche; in Wolkenburg bei Lerrn Linns, Friedemann; in Penig bei Firma Wilhelm Dahler^ in Ziegelheim bei Frl. Schmidt, Postageutur.> Im Fall« höherrr Gewalt, Krieg, Streik, «uisperruna, Moscht»«,^ bruch, Störung«» im D-tri-b d«r Druckerei -der unterer Lieferen hat der Bezieher leiuen Anspruch auf Erhalt der Zeitung »de« Rückzahlung de» «ezuatpreise«. Für Richtigkeit der durch Fern» spr«cher aufgegebenen Anzeige» übernehmen mir !«<»« »«»th». unS WMenbnrzer Anreiger Dieses Bla« enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts und de« Stadtrats zu Waldenburg. Ferner veröffentliche» zahlreiche andere staatliche, städtische «. Gemeinde-Behörde« ihre Bekanntmachungen im Schönburger Tageblatt. Verantwortlich für Redaktton, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg Sachsen. Mitgli«» dr« Silchftschr» und d<« Deutsch«» Zkitung»o«rleg«r-Der«in» <E. v.) — DrrlagLort Waldenburg Sachsen. ^«l»t tverktägllch Nachmittag-. Bezugspreis ^*attich i« voraus ILO RMk. frei ins »aus. Vne Nr. lv R^Pfa^ SonntagS-Nr. ZV R.-Pfg. W-enpreise; 6gesp. Petttzeile lö R.-Pfg» »außerhalb de« Bezirke« Ä R.-Pfg^ Lgesp- ^»«lezeile 45 R.-PW, Linweis« auf Anzei- * und Eingesandte lö R.-Pfg^ Nachweise- »Offertengebühr 20 R.-PA, Rabatt nach Schwieriger Sa- (Tabellen) mit Aufschlag. ie- d Die Regierung Ender ist, zunächst wenigstens, das eines Ränkespiels geworden, dessen Wiederholung ^hindert werden soll und verhindert werden muß, wenn empfindliche Störungen im europäischen Gleichgewicht .^ufbeschworen werden sollen. Das Spiel um Wien war ^faltig durchdacht, fein eingefädelt. Dabei fällt die ^Uptrolle Frankreich zu. Frankreich, dessen außenpolitisches "Nen und Trachten noch immer unentwegt der Verhinde rns eines irgendwie gearteten Zusammenschlusses zwi- Deutschland und Oesterreich gilt. Immer wieder ist es r Zollpakt, gegen den sich die ganze Energie, die ganze Der Sturz der Regierung Ender-Schober ist gelungen. ?>rd sie wiederkehren? Vieles spricht dafür, manches ^gegen. Einen gewissen Hinweis über die Richtung, in die Verhandlungen fortgeführt wurden, gibt die Be- ^lung des früheren christlich-sozialen Abgeordneten des Monalrates, Präsident Dr. Gürtler, zum Bundespräsi- ^ten, der bereits einmal das Amt eines Finanzministers ''kleidet hat. Dr. Gürtler steht auf dem linken Flügel der Östlich-sozialen Partei und hat ihr wiederholt wervolle Lenste geleistet, wenn es galt, die Verbindung mit der Maldemokratischen Opposition herzustellen. Aber Gürtler nach ihm schon Dr. Resch, haben dem Bundespräsiden- A ihren Auftrag zurückgegeben, da die Schwierigkeiten sie zu groß waren. Nun ist überraschenderweise Dr. Mpel aufgetaucht, der eine Kabinettsbildung auf der Endlage einer Konzentration vollziehen will. Bei den hoffen Gegensätzen, die zwischen ihm und den Sozial- Mvkraten bestehen, werden für ein solches Kabinett — oder ?Nn er es fertigbringen sollte, für seinen Bestand — Gerlich große Hoffnungen aufzubringen fein. In diesem Me wird es natürlich darauf ankommen, die Gründ en für ein zweites Kabinett Ender besser zu sichern als M des ersten. Der Bundeskanzler, um dessen Wiederer- Mnung man sich bemüht, hat klar seine Bedingungen g< M. Er verlangt außerordentliche Vollmachten, durch die "vrungen seitens des Parlamentes ausgeschaltet werden Nur ein kleines Gremium von Parlamentariern, Men Zusammensetzung und Aufgabe genau umrissen sein dürfte bei den gesetzgeberischen Maßnahmen der näch- Zukunft mitwirken. Dieses Verlangen des Bundeskanz- hat ihm bereits die in der Oeffentlichkeit gestellte .»Nische Frage eingebracht, ob er Brüning spielen wolle. Vergleich reizt, trifft aber nicht die eigentlichen Mo- ij 'ute, die für die nächste österreichische Zukunft grundlegend Die ersten Vorbereitungen für die Einleitung der Re nan find in Berlin im Wange. llkber Wirtschastssreiheit gegen Wirtschaftsnot wurde tiurr Kundgebung des Haufabundes gegen die letzte ^Verordnung gesprochen. i^er Retchsverband der deutschen Industrie richtet eine» '»Veli au die RetchSregternug. Aeneraloberst von Serckt hat vor der Studenteuschast Münchner Universität einen Vortrag gehalten über Thema: „Das Ringen am die deutsche Sicherung'. stever BrcSlan ging ein Wolkenbruch nieder. 3« Thüringer Landtag entstand gestern eine Schlägerei ^chen Nationalsozialisten und Sozialdemokraten. Arr .Zeppelin' ist auf dem vodeusee gelandet. .3n der französischen Kammer zeigt sich wieder einmal geradezu wahnwitzige Augst vor dem einen deutschen ^zertreuzer, gegen den alle Kriegsflotten mobil ge- '«cht werden mühten. In London und Neuyork haust sich das Gold an. Die Vereinigten Staaten verfügen über 2100 Heeres- "d Marineflugzeuge. Üeber die amerikanischen und europäischen Finan- ist eine wichtige Entscheidung in Vorbereitung. 'Waldenburg« 20. Juni 1931. Amtlicher Teil. Montag, den 22. Juni 1931, vorm. 10 Uhr E 'm gerichtlichen Versteigerungsraum 1 Klavier meistbietend im sofortige Barzahlung versteigert werden. 'r Gericht»Vollzieher des Amtsgerichts Waldenburg, den 20. Juni 1931. Angriffslust der französischen Kontinentalpolitik im Augen blick richtet Der Versuch, über Genf den entscheidenden Stoß zu führen, ist mißlungen. Es war England, dessen Auftreten es verhinderte, die Zollunion sofort zu Fall zu bringen. So suchte man in Paris nach einem anderen Weg. Er war leicht zu finden. Oesterreichs Finanzen, Oesterreich- Währung, damit Oesterreichs Gesamtwirtschaft, standen un mittelbar vor dem Zusammenbruch. Die Katastrophe der Kreditanstalt muhte zur Katastrophe Oesterreichs werden, wenn es nicht im letzten Augenblick gelang, einige hundert Millionen für Oesterreich flüssig zu machen. Hier hakte Paris ein. Es stellte sich bereit, die führende Rolle im „Still- Halte-Konsortium" zu übernehmen und damit die notwen dige Summe aufbringen zu helfen. Aber es spielte mit den bis aufs äußerste gespannten Nerven Oesterreichs, um seine Kardinalbedingung, den endgültigen Verzicht auf den Zoll pakt, durchsetzen zu können. Und fast schien dieses Spiel ge wonnen. Paris glaubte jedenfalls, des Sieges sicher zu sein, aber Frankreich hatte seine Rechnung ohne England gemacht. Im letzten Augenblick griff England ein. Henderson, der das Spiel um Oesterreich klar durchschaute, warf die entscheidende Karte auf den Tisch zur Ueberraschung und zur ohnmächtigen Wut der französischen Spieler. Hender son, der Außenminister Englands, zückte das Scheckbuch und — Oesterreich hatte die rettenden 150 Millionen Schilling zur Verfügung. Es war das dritte Mal, wck England durch sein Eingreifen den antifranzösischen Kurs, den man den deutschen Kurs nennen muß, in Oesterreich rettete. Vor fast zwei Jahren, als es Seipels Heimwehrpolitik zunichte machte, vor wenigen Wochen, als es in Genf Frankreichs Stoß gegen den Zollpakt parierte, und jetzt. Eine Politik, die zweifellos in Paris alles andere als Freude und Sym pathie findet. Aber eine Politik, die von dem Ziel diktiert ist, eine französische Hegemonie in Europa um jeden Preis zu verhindern. Man will eben dem politischen Machtstreben Frankreichs einen Riegel vorschieben. Es ist nicht ohne Reiz, gerade in diesem Zusammen hang auf die Ambitionen der früheren Kaiserin Zita hin- zuweisen, die bei den südosteuropäischen Plänen eine Doppel rolle spielt. Einmal ist diese Frau als Aktivposten verbucht in der Außenpolitik Italiens. Die Heiratspläne, die Otto, dem Sohn Kaiser Karls, und Maria, der italienischen Kö nigstochter gelten, haben ihren besonderen Sinn. Freilich hat es in Rom nicht gerade entzückt, daß neuerdings in Frankreich Kreise, auf die man Gewicht legen muß, gleich falls in Zita eine willkommene Agentin erblicken. Es gibt Spekulationen in Paris, die durch die Wiederinthronisie rung der Habsburger, möglichst in Wien und Budapest zu gleich, den deutschen Weg nach Südost-Europa endgültig versperren wollen. So gesehen bekommt die Frontbildung gegen Schober, deren Ausfluß die jetzige Kabinettskrise ist, ihre besonders nuancierte Note. Schober ist nun einmal der Exponent des leutschen Kurses in Oesterreich, er ist mit einem Wort ge- agt, der Anti-Seipel, der gemeinsam mit dem Bundeskanz- er Ender am Wiederaufbau einer starken parlamentari- chen deutschen Front erfolgreich gearbeitet hat. Die Ver kündigung mit der Sozialdemokratie, die Wiederannähe rung an diese für den deutschen Kurs unentbehrliche Gruppe, ist das Werk der gemeinsamen Arbeit von Scho ber und Ender. Wenn dieses Werk durch ein neues Ka binett Ender fortgesetzt und gesichert werden kann — und England hat. dafür die Grundlagen geschaffen — so wäre das nicht nur für die österreichische und für die deutsche nächste Zukunft von Bedeutung. Es würde auch der euro päischen Gesamtpolitik seinen Stempel aufprägen. Oie österreichische Krise. Seipel mit der Kabinettsbildung betraut. Wien, 20. Juni. Gegen Wittag wurde im österreichischen Parlament ganz überraschend bekannt, daß Dr. Seipel vom Bundes- Präsidenten mit der Fühlungnahme mit den Parteien be traut worden ist. Die Kabinettsbildung soll sich aus der Grundlage einer Konzentration vollziehen. Wie es heißt, wird Dr. Seipel am Nachmittag offiziell die Verhandlungen mit den Parteien ausnehmen. Eine inoffizielle Fühlung nahme mit den Sozialdemokraten hat, wie verlautet, er ¬ geben, daß sie eine ganze Reihe Ministerposteu in einem Konzentrationskabinett beanspruchen würden. Im Laufe des Vormittags wurden inoffiziell Sondie rungen unter Zugrundelegung eines Kabinetts Dr. Gürtler oder eines Kabinetts Dr. Resch vorgenommen, die sich jedoch als ungangbar erwiesen. Die Betrauung Dr. Seipels zu Verhandlungen mit allen Parteien ist dahin aufzufassen, daß Dr. Seipel den Versuch machen wird, sämtliche Parteien in einer Art Not gemeinschaft zu vereinigen. Es ist dabei auch festzustellen, daß die Betrauung Dr. Seipels sich einstweilen nur auf die Durchführung der Verhandlungen bezieht. > Es ist also auch jetzt noch die Frage der Besetzung des Sanzlerpostens offen. Bisher sind nur inoffizielle Fühlungnahmen erfolgt. Mit ziemlicher Bestimmtheit verlautet dabei, es hätten die So zialdemokraten für sich den Kanzlerposten, das Heeresmini sterium und das Sozialministerium verlangt. Ihnen nahe stehende Kreise bestreiten, daß eine solche Forderung gestellt worden sei, erklären aber auch, daß die Sozialdemokraten einem Kabinett Dr. Seipel ablehnend gegenüberstehen würden. In parteioffiziösen christlich-sozialen Kreisen wird dar auf hingewiesen, daß die schleunigste Erledigung der inner- politischen Krise nicht nur aus Gründen der allgemeinen finanziellen Lage notwendig sei, sondern auch deswegen, weil sonst mit Bestimmtheit die Einsetzung eines neuen Ge neralkommissars unmittelbar bevorstünde. Die ersten Vorbereitungen Beginn der Kabinettbesprechungen mit den Botschaftern Berlin, 20. Juni. Wie wir erfahren, hat der Reparationspolitische Aus schuß des Reichskabinetls, der bekanntlich seinerzeit aus den Ressorts gebildet worden ist, die an den Fragen der Repara tionen besonders beteiligt sind, am Freitag eine Sitzung ab gehalten, an der auch die Botschafter Dr. Hoesch und Dr. von Schubert teilgenommen haben. Die Beralungen galten natürlich der Vorbereitung der Maßnahmen, mit denen das Reichskabinett die Revision einleilen will. Sie werden in den nächsten Tagen fort gesetzt. Inzwischen werden auch die Botschafter von Pritt witz und Reuralh in Berlin erwartet, die sich bereits auf der Reise befinden. Diese Besprechungen» die bereits vor einer Reihe von Tagen angekündigt worden waren, werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da der Revisionsschritt bei der großen Bedeutung und den Schwierigkeiten des ganzen Problems natürlich einer eingehenden und sorgfältigen Be handlung bedarf. Bevorstehende Mio» Amerikas New Dork, 20. Juni. Die „Associated Preß' berichtet aas Washington, daß Hoover lebhaftes Interesse für die verwickelte europäische Finanzlage bekundet. In Washington wird auf Grund der am Freilag staltgesundenen Konferenzen vermutet, daß ir gendein Schritt der Regierung bevorstehe. Zu den in Washington am Freilag staltgesundenen Kon ferenzen wird weiter berichtet: Die Wichtigkeit der Besprechungen, die Präsident Hoover am Freitag abgehalten Hot, tonn an den Persönlichkeiten ermessen werden, die herangezogen wurden. Der Präsident Halle zuerst eine längere Unterredung mit Staatssekretär Stimson, hieraus eine mit den Führern der beiden Se natsfraktionen und anschließend daran eine mit dem Unler- skaatssekrelär Wills. Der Präsident der Senatskommission für Finanzen, Smoot, ist telegraphisch nach Washington berufen worden. Hoover empfing weiter den llnterstaats- sekretär Klein, der Sachverständiger für Finanzen des Au ßenhandels ist, und eines der ältesten Mitglieder der Finanz kommission des Repräsentantenhauses, Bache rach. In London wird das Eingreifen des Präsidenten Hoover in Zusammenhang gebracht mit der Unterrdung zwischen Mellon und MacDonald. Das Eingreifen Hoovers zeige weiter, daß eine wichtige Entscheidung über die amerikani schen und europäischen Finanzen im Gange sei.