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«ÄW zu Nr. 126 Höllburger TllgMntt Md WnldtilüUM Anzeiger Mittwoch, dm 3. Juni 1S31 Vom Stahlhelmlag in Breslau. Von links nach rechts: der ehemalige Chef der Heereslei tung, Generaloberst von Seeckt; der ehemalige Kronprinz; -der ehemalige Generalfeldmarschall von Mackensen als Gäste des Stahlhelmtages in Breslau. (Zurufe: sehr wahr!) Wir haben nie einen Zweifel dar über gelassen, daß wir jede Verantwortung für die Hand lungen der gegenwärtigen Reichsrsgierung ablehnen müs sen. Das bezieht sich vor allem auf die Wirtschaftspolitik. Wir fordern den energischen Ausbau des Handelsvertrags systems vor allem mit den Ländern, in denen wir unsere Jndustrieerzeugnisse absetzen. Die sozialdemokratische Par tei hat niemals ein Hehl aus ihrer Anschauung gemacht, daß zuerst für Brot und dann erst für Reparationen zu sorgen ist. Wenn sie dem Dawesplan und dem Uoungplan zugestimmt hat, so nicht, weil sie mit der hohen Belastung des deutschen Volkes einverstanden war, sondern weil sie damit nur noch Schlimmeres für das Volk verhüten wollte. Wir dürfen für uns in Anspruch nehmen, eine weitere Herabsetzung der Reparationsabgaben und schließlich die Beseitigung dieser Last zu fordern, damit Deutschland nichi nur auf dem Papier, sondern auch tatsächlich die Gleich berechtigung unter allen Völkern der Erde hat. Zum Schluß setzte sich Wels mit dem Kommunismus auseinander, wobei er erklärte, daß dieser dem kapitali stischen System keinen Abbruch zu tun vermöge. Nachdem der Leipziger Bürgermeister Schulze den Parteitag im Namen der Stadt willkommen geheißen, kam es noch zu einer recht lebhaften Auseinandersetzung über die Gegenreferentenfrage im Zusammenhang mit der Pan zerkreuzer-Abstimmung. Der Vorschlag, einem der neun Abgeordneten, die seinerzeit die Panzerkreuzer-Raten ab gelehnt hätten, eine halbe Stunde Redezeit zu geben, wurde mit übergroßer Mehrheit gegen die Stimmen von etwa 15 Delegierten abgelehnt. Auch der Antrag, einen Gegen referenten über Wirtschaftspolitik zuzulassen, wurde gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt. Die sachlichen Verhandlungen auf dem Sozialdemokra tischen Parteitag wurden durch den Vortrag des Reichs tagsabgeordneten Tarnow über das Thema «kapitalistische Wirtfchaftsanarchie und Arbeiterschaft" eingeleitet. In einer dazu dem Parteitag vorgelegten Ent schließung, die die Grundsätze des Vortrages wiedergibt, heißt es u. a., die gegenwärtige ökonomische Krise liefere einen neuen furchtbaren Beweis für die zunehmende Un fähigkeit des kapitalistischen Systems, die Versorgung der Gesellschaft mit den vorhandenen Versorgungsmöglichkeiten in Uebereinstimmung zu bringen. Eine gewaltige Steigerung der produktiven Leistungs fähigkeit sei die unmittelbare Ursache der Wassenver- elendung. Wie in der Vergangenheit so wisse auch jetzt der Kapitalis mus von sich aus keinen anderen Weg aus der Krise als den der massenhaften Vernichtung von Produktionsmitteln, der künstlichen Verstopfung von Rohstoffquellen der plan mäßigen Einschränkung der Lebensmittelproduktion. Gleichzeitig aber würden Millionen und Abermillionen dem Hunger überantwortet. Der Parteitag sei sich bewußt, daß der Sturz des Kapitalismus nicht ein einmaliger kurzer Akt sein könne: er vollziehe sich als ein Umwandlungspro zeß mit spätem Kampf zwischen der organisierten Arbeiter klasse und den großkapitalistischen Wirtschaftsmächten. Aus der engsten Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit der Weltwirtschaft ergebe sich die Notwendigkeit einer Politik für die Sicherung des Ariedens, internationale Ab rüstung, Streichung der internationalen Kriegsschulden und Reparationen, Beseitigung aller Hemmnisse im internatio nalen Güteraustausch, Abbau der Zollmauern, Abschluß langfristiger Handelsverträge, internationale Regelung des Kapitalstroms und Maßnahmen gegen die Kapital- und Steuerflucht. Für die innere Wirtschaftspolitik seien vor dringliche Aufgaben: Die scharfe Kontrolle des Monopol kapitalismus, Herabsetzung der Zölle, systematische Kon junktur- und Arbeitsbeschaffungspolitik, planmäßige Auf tragsregelung durch die öffentliche Hand, Verstärkung des öffentlichen Einflusses auf die Banken und Kreditinstitute. Der Parteitag fordert nach der Entschließung die gesetzliche Verkürzung der zulässigen Arbeitszeit auf 40 Stunden in der Woche. Die Lohnabbauofsensive sei unvereinbar mit den volkswirtschaftlichen Interessen, die zur Ueberwindung der Krise eine Stärkung der Massenkaufkraft erfordere. Ln der Aussprache bezeichnete es Reichstagsabgeordneter Ströbel als falsch, immer nur auf die Weltkrise hinzuweisen. Die Verschär fung der deutschen Krise sei auch eine wesentliche Folge einer gewissen kapitalistischen Selbstzerstörungswut in Deutschland, geführt von den Verderbern Deutschlands, Schacht, Hugenberg und Hitler. Leider sei die einsichtslose Wirtschaftspolitik der Regierung Brüning nicht genügend "»er uno oem Borort Uswitz, far L^chsfrontsoldatentages statt. Schon 'W begann der Anmarsch der Stahls am frühen Vormit- » Auf der Brückenaue, einem Wiesengelände zwischen Oder und dem Vorort Oswitz, fand der Appell des 12. 12. Neichssronisol-aieniag. 140 000 Slahlhelmer beim Appell. Breslau, 2. Juni. .. . . ... Stahlhelmzüge, die auf dem M durch die Stadt von der Bevölkerung lebhaft begrüßt Iden. Die Brückenaue, auf der die Stahlhelmleute nach Adesgruppen geordnet angetreten waren, glich einem Mn Heerlager. Um 13.40 Uhr erschienen, begleitet von Standartenträgern der Landesverbände, die Bundes- M Seldte und Düsterberg sowie der Landesführer von Mim, Oberst von Marklowski und nahmen an der Fest- All Aufstellung. Nachdem die Kapelle den Choral „Wir M zum Beten" gespielt hatte, ergriff Divisionspfarrer A Dr. Hoinka das Wort zu einer Ansprache, die beson- dem Gedächtnis der Gefallenen gewidmet war. Nach § Liede „Großer Gott wir loben Dich" hielt Superinten- Noth eine Rede, die gleichfalls dem Gedenken an die Menen galt. Unter den Klängen „Ich hatt' einen Ka- Men" verharrte die Menge sodann einige Minuten in sMigen, worauf der erste Bundesführer Seldte das zu seiner Rede ergriff. dem gemeinsamen Gesang des Deutschlandliedes folgte die Weihe von 25 neuen Slahlhelmfahnen M den zweiten Bundesführer Oberstleutnant a. D. Duesterberg. Miner Weiherede erklärte der Redner, daß der Stahl- M sein Freiheitsziel vor Augen, unabhängig und un- M seinen ihm vom Schicksal vorgeschriebenen Weg gehe. '2 Jahren bemühe sich der Stahlhelm, den Geist der Moldaten in seinen Reihen lebendig zu erhalten und bie Jugend zu übertragen. Dieser Geist werde einst Nanze deutsche Volk erfassen, wenn die bittere, selbst- Muldete Not dem deutschen Volke die Augen geöffnet UA '"erde. Der Redner schloß seine Ansprache mit dem HMe, daß diese neuen Fahnen allen denen voranwehen IsMn, die stets bereit seien, mit Herz und Hand sich für Is. Vaterland einzusetzen. Oberstleutnant a. D. Duester- I^ubergab sodann die geweihten Fahnen den schlesischen Melmgruppen mit dem Weihespruch: Vorwärts für Und Wehr. , . Nach der Kahnenweihe die Bundesführer die Fronten der aufmarschierten Uelmzüge ab, worauf dann der Vorbeimarsch der Stahlhelmer erfolgte. An der Spitze marschierten UMmer aus Oesterreich und die Ortsgruppe Straßburg M, denen die Landesverbände Ost- und Westpreußen, Nen und Danzig als Vertreter des bedrängten deut- Uens folgten. Die übrigen Landesverbände, von M besonders Sachsen stark vertreten war, schlossen Oie Skagerrak-Ge-enkseiern. Anlaß der 15. Wiederkehr des Tages der See- D am Skagerrak veranstalteten die Marineverbände ^'Berlins einen Festgottesdienst und am Abend einen N Marine-Appell. An beiden Veranstaltungen nah- ^ußer zahlreichen höheren Offizieren des Heeres und Mrine auch der Chef der Marineleitung, Admiral Dr. paeder, und der Stadtkommandant von Berlin, Oberst MHendors, teil. ^Ashaven. v'e Wiederkehr des Tages der Skagerrak-Schlacht M 'n diesem Jahr im Reichskriegshafen in besonders hMsvoller Weise unter reger Teilnahme der Bevölke- ^Sefeiert. Nach einem Großen Zapfenstreich am Sonn- land am Sonntag eine Ehrung der Skagerrak-Ge- Mb statt. Am Nachmittag fand der traditionelle Vor- Mlch der Marine statt, den der Stationsches, Vize- Tillessen, abnahm. Leichtathletische Wettkämpfe gemeinsame Anfahrt aller wassersporttreibenden im Beisein des Stationschefs und des Flottenchefs sozialdemokratischer Parteitag. Line Rede Wels. y. Leipzig, 2. Juni. formelle Eröffnung des Parteitages erfolgte durch ^urteivorsitzenden, Reichstagsabgeordneten Wels. Er HM Zunächst des verstorbenen Reichskanzlers Hermann »m "ud richtete dann scharfe Angriffe gegen die Na- MAEsten. Der Begriff des Sozialismus werde von MIl?nalsoziaUsten mißbraucht, die damit ihre reaktio- MMele durchführen wollten. Hinter den Legalitüts- «NSen der Nationalsozialisten verberge sich die nackte Mu und Volksfeindlichkeit. Die deutsche Sozialdemo- h Mrde trotz allem siegen. Unsere taktische Haltung Al 14. September, so erklärte Wels weiter, ent- »Murchaug den Grundsätzen der sozialdemokratischen 1 und der Arbeiterbewegung, die alles unternehmen MA" die schwierigen wirtschaftlichen und politischen !Ss A.e uuf friedlichem Wege zu lösen. Wir stellen aller- "^ser Taktik die schärfsten Anforderungen an die f Ä^Em stehen die Wassen des arbeitenden Volkes zv ly, "ustre Organisation wird von Wonat zu Monal Mck? 'E stehen in einem Abwehrkampf von weltge- Mso, ?.Edeutung für Demokratie und Sozialismus. M dieses Kampfes hängt von dem Vertrauen ab. .Mißtrauen besorgt die Arbeit der Dikta- ">r y (lebhafter Beifall) und schwächt die Demokratie. olitik der jetzigen Regierung ist nicht unsere Politik. von der Sozialdemokratie gevrandmarn woroen tBeisau». Um die notwendigen Auslandskredite zur Arbeitsbeschaffung zu erhalten, müsse eine andere auswärtige Politik getrieben werden: vor allem dürften nicht ähnliche störende Pläne, wie die Zollunion auftauchen. Reichstagsabgeordneter Gras- Leipzig betonte, daß es sich nicht nur um eine Kon- junktur-Krise, sondern um eine Struktur-Krise der Welt wirtschaft handele. Die deutsche presse in Wien. Tagung der deutschen Zeitungsverleger. Wien, 2. Juni. Die Verhandlungen der 37. Hauptversammlung des Vereins deutscher Zeitungsverleger begannen mit einem Festakt, an dem außer den Tagungsteilnehmern viele Ehrengäste, darunter Vertreter der österreichischen Bundes regierung und der deutschen Reichsregierung teilnahmen. Der Vorsitzende des Vereins deutscher Zeitungsverleger Kommerzienrat Dr. Krum'bhaar, erklärte in seiner Begrüßungsansprache, daß es dem Verein zur höchsten Freude gereiche, seine diesjährige Hauptversammlung in Wien abhalten zu dürfen, wenn auch außerhalb der poli tischen Grenzen des Deutschen Reiches, so doch auf echt deutschem Boden. Nachdem Dr. Krumbhaar die zahlreichen Ehrengäste begrüßt hatte, kam er auf die Wechselwirkung zwischen Presse und Volk zu sprechen. Gerade in unseren mit politischer Spannung erfüllten Tagen erwachse der ge samten deutschen Presse eine gewaltige Fülle verantwor tungsschwerer Aufgaben im Hinblick auf unser gemeinsames Schicksal. Durch nichts könne diese Schicksalsgemeinschaft stärker bezeugt werden, als durch die Ereignisse der letzten Tage. Für uns alle, die wir deutschen Volkes und deutscher Zunge sind, ist die deutsche Sprache, ist das gedruckte deutsche Wort, ist die deutsche Zeitung das einigende Band geistiger Zusammengehörigkeit und gemeinsamen Volks tums. Der Redner schloß mit einem Hoch auf den Bundes präsidenten Miklas, den Reichspräsidenten von Hindenburg und das gesamte Deutschtum. Die Versammlung sang ste hend das Deutschlandlied. Hierauf übermittelte der Vor stand des Bundespressedienstes, Gesandter Ludwig, die Grüße der österreichischen Bundesregierung. Die Grüße und Wünsche der deutschen Reichsregierung überbrachte der Ministerialdirigent in der Presseabteilung der Reichsregierung, Geheimrat von Kaufmann. Der Redner würdigte die Bedeutung der Tagung, indem er die Schicksalsverbundenheit des Deutschen Reiches und Oester reichs betonte, die sich gerade jetzt auch in Genf in dem ge meinsamen Kampf um die wirtschaftliche Befriedung Euro pas gezeigt habe. Für den Verband der Herausgeber österreichischer Tageszeitungen richtete deren Präsidenten, Komerzialrat Fliegel, Begrüßungsworte an die Ver sammlung. Um die Arbeitszeit im Kohlenbergbau Meinungsverschiedenheiten in Genf Genf, 2. Juni. Der Beschluß der Kohlenkommission der Jnternationa- nalen Arbeitskonferenz, für die Regelung der Arbeitszeit im Kohlenbergbau unter Tage eine siebendreiviertelstündige Schicht vorzuschlagen, läßt noch keinen zwingenden Schluß auf das endgültige Schicksal der Konvention zu. Viel hängt zunächst von der Haltung der Ueberseestaaten ab. Ferner dürfte die Arbeitgebergrüppe dem Abkommen kaum ihre Zustimmung geben. Bei der ablehnenden Haltung der deut schen Arbeitgebergruppe dürften insbesondere Konkurrenz rücksichten auf England eine maßgebende Rolle spielen. Line einheitliche Verkürzung der Arbeitszeit würde den deutschen Bergbau nach der Ansicht dieser kreise schwerer treffen, als den englischen Bergbau, da bei der Selbstkostenberechnung für den deutschen Bergbau die Spihenkosten erheblich höher in Ansatz zu bringen sind als im englischen Kohlenbergbau. Die Soziallasten betragen nach diesen Berechnungen z. B. in Deutschland ungefähr 30 Prozent, in Frankreich 15 Pro zent und in England 12 Prozent. In England hat die internationale Verkürzung der Ar beitszeit im Bergbau eine eminent praktische und aktuelle Bedeutung. Am 8. Juli tritt im englischen Bergbau auto matisch eine Verkürzung der Schichtzeit um eine halbe Stunde ein. England müßte dann im Vergleich zu den Be stimmungen des internationalen Abkommens, das eine sie- bendreioiertelstündige Schichtzeit vorsieht, zu einer siebenein halbstündigen Arbeitszeit schreiten. Es wird nunmehr ver ständlich, warum der englische Bergbauminister Shinwell sich im Ausschuß und in den vorhergehenden Verhandlungen entschieden für die siebendreiviertelstündige Arbeitszeit ein gesetzt hat. Er hofft, damit die drohende Verkürzung der jetzt geltenden Schicht im englischen Bergbau verhindern zu können. " - -- - Das evangelische Lungmännerwerk. 75-Iahrfeier des Ostbundes., Der Ostbund evangelischer Jungmännervereine beging die Feier seines 75jährigen Jubiläums mit einem Jugend treffen, das Tausende von Jugendlichen aus den Ostpro vinzen in der Reichshauptstadt zusammenführte. Jugend gottesdienste in den älteren Berliner Kirchen leiteten die festliche Tagung ein. Im Anschluß daran fand im Lust garten eine öffentliche Kundgebung statt, bei der ein Mas senchor von über 600 Bläsern unter Leitung des Altmeisters der deutschen Posaunenmusik D. D. Kuhlo Choräle und Lieder vortrug, die von einer tausendköpfigen Menge mit starkem Beifall ausgenommen wurde. Ihren Höhepunkt er reichte die Feier mit einer Kundgebung im ehemaligen Herrenhaus. Ministerialdirektor von Kamecke, der Vor sitzende des Bundes, schilderte das Arbeitsfeld der Orga nisation und betonte, die 75 Jahre Arbeit seien hart ge wesen.