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wurden. Der Schaden an der Druckleitung ioll m-t der SKI Regung des Werkes beim letzten milden Streik Zusammenhängen * Bochum. Ein Hochofcnunglück forderte drei Men- 'chenopfer. In der Hochofenanlage des Bochumer Gußstnhlversins war eiine Undichtigkeit entstanden. Infolge eines mißverstan denen Signals stürzten drei Arbeiter mit einer Ladung Koks in die Glut und verbrannten. " * Köln. Bei einem Zugzusammenstoß am Sonntag bei dem Betriebsbahnhof Köln wurden zwei Personen getötet und vierzehn verletzt. ' London. Der Sturm im Atlantik und an der eng« Nschen Küste am Ende der WeibnachtSwoche hat der Schiffahrt viel Schaden getan und auch Menschenleben gefordert. Verschiedene Schiffe werden als verloren angesehen. Die „Maid of Delos" dürste mit ihren 26 Mann Besatzung an der Malliser Küste gesunken sein. Das Letzte, was man von ihr hörte, war ein drahtloser Hilseruf. Verschiedene Schiffe eilten zur Unterstützung herbei, fanden aber keine Spur mehr vor. Später wurde eine NettungS- lwje des Schiffes an die Küste gespült. Westlich von Fastnet er hielt der Junker ein Notsignal von drei verschiedenen Schiffen. Auf dem White Star-Dampfer „Celtic" hat der Sturm die Net- 'ungsboote und ihre Nnhängevorriebiungen zertrümmert. Ackm- ich erging es dem Cunarddampfer „Germania" auf seiner Fahrt Nenhork nach Liverpool. Der nach Virginia bestimmte bel- usche Damvfer „Londonier" kam nach Queenstown zurück und lan- ^ets drei schwerverlebte Seeleute. Ein vierter war getötet worden. der Kaufpreis eines Selbstbinders beträgt jetzt 6000-8600 M. — und 100 000 M. Buße hinterlegt hatte, durfte er seine Reise nach Franzensbad fMsetzen. Beseitigung des Kaiser-Wilhelm-Dsnkmals aus. * Freiberg. Der Wasserzins für Oktober— Te-ember d. I. ist für Drinkwater auf 15. für BrMch- wa"er auf 14 Mark.^der Pre-s für den Kbm. Leuchtgas und d'e Kssowatt-Stunde elektrischen LicbU'rom für Novern» ber—De'ember auf ie 98, e'e'trischen Kraftstrom auf 83 Mark in diesiger Stadt festgesetzt worden. ' Pulsnitz. Ein gutes Geschäft hat di» Stadt Pulsnitz gemacht. Sie hatte die Absicht, ein neues, großes Elektrizitätswerk zu bauen und kaufte zu diesem Zwecke vor längerer Zeit eine Dampfturbine und zwei Kessel. Infolge der schweren Kapital beschaffung hat sich das Projekt aber zerschlagen, sodaß die Stadt die Turbine wieder verkaufen konnte. Sie verdiente daran 95 Millionen Mark. Dadurch ist die Stadt vollkommen schuldenfrei und hat außerdem noch nennenswerte Kapitalien zur anderweitigen Verfügung. * Gera. Als besondere Weihnachtsüberraschung für die Einwohnerschaft Geras sprachen sich in der Stadtratssit- znng 25 sozialistische gegenüber 24 bürgerlichen Stimmen für die Mannheim. Eine Gasexplosion ereignete sich an 24. Dezember infolge Undichtigkeit einer Hochdruckleitung in dem Oppaucr Werke der Badischen Anilin- und Sodafabrik, durch die drei Arbeiter schwer und drei andere P»rs»nen leichter verletzt Hankel und Audi« Arie. Sachsen und teiw »Wechselburg. Für die Armen des Ortes spendeten di« Gräfin-Witwe Sophie von Schönbn g-Forderglauchau 250 000 Mark, zwei Fabrikanten je 100 600 M , einige Bäckev- und Flei schermeister Mehl und Würste, einige andere Einwohner und Guts besitzer aus der Umgegend Kartoffeln. Es konnten über 80 Per sonen mit barem Geld, Lebens- und Heizmitteln unterstützt wer den. Außerdem spendete Graf Schönburg-Glauchau den Bedürf tigen 250 000 M-, wofür jeder 1 bis 3 Zentner Kartoffeln erhielt und täglich 36 Mittagsmahlzciten abgegeben werden können. * Hohenstein^Lrnstthal. Traurige Weihnachten waren der Bergarbeiterfamilie Waldemar Reuther hier beschieden. Der jn den 40er Jahren stehende Reuther kam am Tage vor dem Feste von der Schicht auf einem Oelsnitzer Werke. Auf dem Heimwege auf der Dorfstraßs in Gersdorf begegnete er einem Auto, auf dem sich ein« viele Zentner schwere Kabelrolle befand. Bei einer Kurve kippte das Auto, die Rolle stürzte vom Wagen und fiel auf Reu ther, der auf der Stelle getötet wurde. Er hinterläßt eine Mtwe mit fünf Kindern. »Zwickau. Der sächsische Bergbau bringt allmonat lich 20 532 000 M. für seine Knappschafts-Invaliden und deren Witwen auf und gewahrt überdies für sie jährlich kostenlos je Kopf 30 Hektoliter Depntatkohle im Werte von 800 000 Mark. Neuerdings haben die Kohlenwerke im Oelsnitz-Lugauer Revier auch für bedürftige Nichtknavpschaftsangehörige 1,7 MMonkst M. und im Zwickauer Revie: a 2 Mill. Dl. gespendet. Die Indu ¬ striellen im Bezirke Zwick haben dem Kreisamt für Kriegerfür» sorge hier mehrere Millionen M. Spenden zugcwiesen. ' Plauen. Furchtbare Familientragödie. In der Pähs des Schlachthofes wurde am 2. Feiertag früh der 32 Jahre z>lte Schlosser Josef Nikodem mit seinen drei Kindern, zwei Mad ien im Alter von 10 und 7 Jahren und einem Sohne im Alter svon 6 Jahren, tot aufgefunden. Alle vier waren vom Zuge über fahren worden. Nikodem trug sich schon länger mit dem Plane, mit seinen drei Kindern in den Tod zu gehen. Er ging mit den Kindern, di« alle gut gekleidet waren, spazieren und kehrte von diesem Spaziergang nicht mehr in die Wohnung seiner Frau zu rück. Man nimmt an, daß der Mann mit seinen Kindern auf dem Gleis gelaufen ist und daß alle von der Maschine umgsworfen PNÜ überfahren worden sind. Nikodem und seine Kinder waren von der Maschine arg zugerichtet worden. * Schönheide. Ein Opfer des Schneesturms. Ver mißt wird seit etwa 14 Tagen der in den 30er Jahren stehende Malergehilfe Paul Trützschler. Es wird angenommen, daß er in der Nacht, wo das Unwetter besonder» hauste, ein Opfer des Schnee sturms geworden ist. * Eibenstock. Im .Hauptzollamtsbezirk Eibenstock wurden in der Zeit vom 1. August bis Mitte Dezember d. I. f"r 8 102 410 M. Lebensmistel, Ge-s brauchsgegenstände und Kleidungsstücke, die verbotswidrig l auSgefübrt werden sollten, beschlagnahmt und der Verwer- tungsstells der Neichsfinanzverwaltung zugefülM. ' Oelsnitz i. V. Die Wohnungsbauabgabe ist nass mehrfachen Abänderungen des dabei aufgestellten Ortsgesetzes schließlich einheitlich auf 75 Proz. der Friedensmiete festgesetzt worden. — Zur Linderung der Not weiterer Kreise unserer Stadt haben sich die Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch Vermittlung der Stadtvertretung bereitgefunden, einen be stimmten Satz ihres Einkommens einmalig aus Anlaß des Weih nachtsfestes zur Verfügung zu stellen. Außerdem hat eine zurzeit hier auf Besuch weilend« Amerikanerin einen Betrag von rund 100 000 M. zu sozialen Zwecken gespendet. * Brambach i. B. Eine unfreiwillige Entfet tungskur wurde vor einigen Tagen auf dem Grenzbahnhofc Doitersreuth an einem Reisenden vollzogen. Auf der Fahrt von Frankfurt' a. M. nach Franzensbad hatte er sich in Doitersreut^ der üblichen Zollrevision zu unterziehen, die hinsichtlich seiner Kof fer nichts Belastendes ergab. Dem geübten Auge der.Zollbeam ten schien jedoch der Leibesumfang des Mannes mit dm übrigen Körperausmaßen nicht recht in Einklang zu stehen, und bei einer eingehenden Untersuchung, der sich der „Beanstandete" nur mit Widerstreben unterzog, fand man 96 seidene Selbstbinder (Herren- krawatten), die dem schlauen Schmuggler kunstgerecht um den Leib geschlungen und einzeln mit Sicherheitsnadeln am Rücken befestigt waren. Nachdem er von seiner kostbaren Bürde befr-it war — DaS Goldzoll aukgeld. Berlin, 20. Dez. Für die Jett vom 3. bis einschlicsssich 0. Januar 1023 beträgt das Goldzollaufgeld 178 400 v. H. Verminderung der tschechischen Notenreserve. Der arg Donnerstag erschienene Bankausweis zeigt die am Iabre?sssluß üblicbe Entfaltung, ebenso die Rückwirkungen der oom Bankamt zu Gunsten der ausländischen Notierungen der tschechischen Krons nntervomw-vsn Aktionen. Die Devisenvor räte sind von 304 auf 335 Millionen tschechische Kronen rnrück- aeaanaen. "Die Notenreierve hat sich um 93 aus 1220 Millionen Kronen vermehrt. Börsenberichte dam ^onner^taft. Bcsesttgang der Devise«. Nachdem die ^o««nnnae« aus ei« bccrr-di^mo-s crro-Sn's d»r ftri? und ^n^ ^^^chn in sen v^r, um vor mit d n zu vcrkoroon. Voraus in in d-n ein«' ou^ v^n -in o-niinnt «n^n in für nn^ ^oudon 36 200. meieren 4*" nn der <unr*"io^«,LKnrke «41,- 6<»0^ HZH s^o^ nn. Die «mit ^r«"^nnnn trnt nm «*e^r?n"n nnch Kin. ko doH d^r nnron. Moch VKV o^tOt^KN ^«'V'^N ov. Kin und ^""or s' ?57O HNKii«*oina. n^ch V-n tno^ft»r^n ikt d^n «^^"2 »«oxfKx «Mor^fnr^ noch K4«- d-nn auifi <"«',.».«'1'* murdK 0 O O.013ks. chn^^ri^t non 0500 London 3S25O bi? 35 750, Rmsstr- dam 3000 bis 3025. Berliner Freiverkehr. An der Effektenbörse war heute Ruhe- 'ag. Im Verkehr von Bureau zu Bureau l'eß sich aber, soweit das bis setzt möglich ist, eine Fortdauer der Nachfrage nach Intzu- striepapisrsn seitens des Publikums, wie auch namentlich von fei ten des Auslandes erkennen, so daß die Haltung allgemein als weiter fest angesprochen wird Immerhin ze'gt sich auf Seiten der Sve«ul»t^on auf d»m Deo7- 'cumarktc eine gewisse Unsicherheit und abwarstnde Haltung. Be günstigt wurden in erster Linie wieder Kaliaktisn, sowie Braun- 'ohlenwerte, Bankakst-n und eine Reihe von Sonderpapieren. Berliner Rroduktenbär^e. Im Zusammenhang mit der Devi- 'enstcioerung herrschte vormittags sür Getreide eine recht feste Stimmung, und dis Forderungen r om Inlands lauteten wesentlich höher. Im Mittagsvsrkehr schwächte Och die Haltung merklich ab. D'e Presse konnten sich aber noch messt über dem gestrigen Stande behaupten. Weizen wurde auf vermehrte Nachfrage von Süd- deutschland Höber bezahlt, sür Raggen wurden vormittags westnt- lich höhere Presto verlonat. die ober hier nicht durchaesetzt werden konnten. Das Angebot bl'sb infnlae der Zurückhaltung der Pro vinz mäßig. Gerste batte bei rubiaem Verkehr feste Haltung. Ha- ter zae, im Beeile auf vermehrte Nachfrage für den Westen an. Die Mass-weise richteten sich nach den Schwankungen der Valuta'. Sehr feste Meinuna bestand sür Mehl und Kleie; ebenso für Hülsen- frückte und anb»n» O«l«sia-r -e-tvichuranSt Preüe Mr 50 Kg Lebenda.: Ochsen 1 Kl 00006 0060 M., 2. Kl. 35060—4,000 M.. 3. K>. 30000 bis 35060: Bullen-1. cci. 35000—38MO M., S.K,. 33000—36000 M., 3. Kl og-^oo 33096 M., 4. Kl. 25066—29000 M.: Kühe - cKalben> 1. Kl. 410M-43060 2 Kl. 41E—43906 M, 3. Kl. 33000—41600 M.. 4 Kl 05009—33000 M., 5. K>. 20000—25000 M. Kälber: 2. Kl. g,000—6-S000 M.. 3. Kl. 570M 61000 M.: Stzaic: 1. Kl. 33060-34000 M„ 2. Kl. "6 '00 -33600 M., 3. Kl. 260 0—"600Y M. Schweine l. Kl. 75000-77000 M . ?. Kl. 77000-78000 M . 3. Kl. 65660-75000 M, 4. K>. 50000 - 65000 M., Kl. 500M bi? 65000) M. Amtlich notierte Dcvisenknrsc. Berlin 28 Dezember 27 Dezember § Brie' Ge'd > Brief HoUgnv ZF) 2992,50 3007,50 2922,67 2937,33 ... . 1 1552,11 I-58.W 15'6,20 1523,86 Sckweden ... . 1 Kr. 20^>,91 201 OM 197",06 197",94 Norwea»« . . . 1 Kr. 142',43 142«,57 1298,99 1278,19 Hellmnlors. . 1 sinn Ml '87,53 188,47 15'6,2 167,92 Sckweir... . 1 Fr. 1431,41 1438,50 1391,51 1398,49 Deutickökterr. abgest. Not»» 16,62 10,69 182,54 9,68 Vraa ... . I Or. 238,40 239,60 234,41 235,59 Budapest ... . 1 K». 3 06 3,08 3M 3,11 Be'ai»» 1 Fr. 493,75 501,25 458,85 461,15 Spanien . . . IVm. 82,03 1187,97 1157,10 1162,90 Italic» 1 Lire 370,65 380,95 375,66 376,94 London . . 1 Vld SO 36159,37 36340,63 31164,37 34335,63 Neuyork . . 1 Dollar 7'51,07 7588,93 7319.15 7365,85 aris . . . I Fr. 543,63 546,37 536,15 538,85 Bu»»os Aires. . 1 Velo 2862,82 2877,18 2778,03 2791,97 Sofia . , 1 Lewa '>0,87 51,13 50,37 50,63 Iav»n 1 Aen 3640,87 3659,13 3541,12 3558,88 tichdrucl verboten.; Die Nelzkönigin. Original-Roman von Hedwig- Courths-Mahler. 3. Fortsetzung. Winnifred faßte die Hand ihres Vaters. „Natürlich lasse ich dich nicht allein, lieber Vater. Wann muß ich reisefertig sein?" „Sonnabend früh acht Uhr." „Gut, ich werde pünktlich bereit sein." „Wird es dir nicht zu einsam werden mit deinem Vater allein?" „Ach neinl Warum denn, Nater? Ich war doch schon einige Male mit dtr." „Ja — aber da warst du noch nicht eine erwachsene junge Dame, die von einer Verehrerschar umgeben ist. Was sollen deine Verehrer sagen, wenn du dich ihnen entziehst?" neckte er. Sie zuckte lachend die Achseln. „Sie mögen sich sagen, daß keiner von ihnen mir die Gesell schaft meines Vaters ersetzen kann. Ich werde sie jedenfalls ganz ungerührt ihrem Schicksal überlassen. Sie werden ja wohl die Trennung von mir überleben." Peter Hartau lacht« über die munteren Worte seiner Tochter. „Also die Männer von Kanada haben kein Glück bei dir?" Sie sah ihn schelmisch an „Nein. Ich werde wohl mein Herz für einen deutschen Mann verwahren." „Wie müßte er denn beschaffen sein, um deine Gunst zu er ringen?" In Winnifreds Augen leuchtete es auf. „Wie mein Vater," sagte sie ernst und fest. Er streichelte mit einem zärtlichen Blick ihre Hand, und !u seinen sonst so fest und klar blickenden Augen lag ein feuchter Schimmer. .Meine kleine Winni — so gut gefällt dir dein Vater?" Rasch drückte sie ihre Lippen ans seine Hand, ganz scheu uni verstohlen. „Etwas muß der Mensch doch haben, was ihm über alles geht." Sie drückten sich die Hände, und dann sagte Peter Hartau ab lenkend: „Wie ist es mit dir, Kcra, möchtest du uns nicht auch einmal i» den Urwald begleiten?" Frau Kora streckte abwehrend die Hände aus. „Um Gottes willen — ich hab« keine Lust, mich von wild r Neern aufsressen zu lassen!" Vater und Tochter lachten herzlich über ihr Entsetzen. „Aber Kora — so schlimm ist das doch gar nicht. Wilde Tiere d?« den Menschen gefährlich w-rden können, gibt es da oben nicht so viel«. Ls kämen höchstens Bären und Wölfe in Betracht. Die dösse «ommsn messt nur in W'nternnctt-n ganz nahe an das Waldhaus heran, und Bären sind leider schon sehr selten gewor den und meiden dir Näbe menschlicher Wohnungen. Deshalb könntest du ruhig mitgehen." „Nein, nein — ich muß danken — ich bleibe lieber in Mont- ceal" „Wirst du dich nicht zu sehr langweilen ohne uns, Tantchen?" Diese schüttelte energisch den Kopf. „Dafür laß mich nur sorgen. Ich werde die Zeit enrer Ab wesenheit benutzen, nm einen gründlichen Hausputz zu veranstalten Man glaubt es nicht, trotz der vielen Dienstboten gibt es überall staubige Ecken. Vom Bode» bis zum Keller wird jeder Winkel uachgeschen und gesäubert, das habe ich mir schon längst vor genommen." Bei diesen Worten sah Tante Kora ganz kriegerisch aus. „Mache mir nur meine Leute nicht aufsässig, Kora. Du bist hier nicht in Deutschland. Hier sind die Dienstboten eine andere Behandlung gewöhnt." „Nun, und ich bin gewöhnt, daß Dienstboten ihre Pflicht tun Es schadet nichts, wenn sie für ihren hohen Lohn auch wirkUS einmal ernstlich arbeiten. Sei ganz ruhig — zu viel tun sie schon nicht, auch wenn ich sie energisch dazu auffordere. Ich werde sie durch mein Beispiel beschämen. Wenn sic sehen, daß ich selbst ohm- Zagen zugreife, werden sie sich auch bequemen. Also jedenfalls veranstalte ich eine gründliche Staubjagd, solange ihr fort seid." „Ucberanstrsnge dicht nur nicht, Tantchen, damit du nicht krank wirst." „Nein, nein, Winnt, w.enn ich so recht schaffen und arbeiten kann, ist mir am wohlsten. Das ist ein Jungbrunnen für mich." Man besprach noch allerlei häusliche Angelegenheiten. Und .ls das Mahl beendet war, ging man hinaus auf die Terrasse. Dort ließ Tante Kora den Mokka servieren. Peter Hartau ruuckte eine Zigarette und lehnte sich behaglich in seinen Sessel zurück, winnifred saß neben ihm ans der Terrassenbrüstung und blickte mch der Drahtseilbahn hinüber, die auf den Mont Noual hirmus- führte. Sie plauderte von allem, was ihr durch den Kopf ging Iber lange stillsitzen war nicht nach ihrem. Geschmack. Als sie jctz' hre beiden russischen Windhunde im Gart » sah, sprang sie mit -incm eleganten Satz über die Brüstung in den Garten nud tollte hort jubelnd und lacb»nd mit den Hunden herum. Tante Kora sah ihr entsetzt nach. „Unglaublich! Ich bitte dich, Peter, sprich doch mal »in M"ssl -vort. Das geht doch nickt, daß eine junge Dame in d ss " kuabeii haften Art über alle Hindernisse hinweyinringt." Peter Hartau hatte mit stolzem Woblaefallen "achter nachgesehen. Nun wandte er sich langsam nach seiner ier um „Hat es nicht prachtvoll ausgesehen, wie sie sich über die Brü- stung schwang? Mit eüuor Satz war st« drüben. Es ist doch «in« ssreude, daß sie ihren Körper so in der Gewalt hat. Sie kann es ich schon erlauben, solche Hindernisse zu nehmen, denn sie tut es mit Grazie. Und Grazie ist doch ein weibliches Attribut. Oder nicht?" Frau Kora seuszte. „Ja doch, Peter, prachtvoll hat cs ausgesehsn, wie ihr junger, geschmeidiger Körper da hinüberschnellte — aber doch nicht damen haft. Das geht doch nicht." Peter Hartau lachte. „Ich fand, es ging famos.' , „Aber Peter!" Er sah sie gutmütig spöttisch cm. „Laß gut sein, Kora — Winni kannst du nicht in eine Scha blone pressen. Dazu ist sie zu widerspenstiges Material — wie ihr Vater auch war." Sie sah sich wie ängstlich um. „Ach, Peter — sprich doch nicht von früher." Es zuckte seltsam in seinem Gesicht. „Arme Kora, du kannst noch immer nicht verwinden, daß dein Ncuder einmal landesflüchtig mar und sozusagen vor die Hunde ging. Nun — sei beruhigt. Dein Bruder hat, denke ich, gezeigt, daß er auch außerhalb des preußischen Drills noch zu etwas nütze war. Und Winni w^d eines Tages ganz von selbst nicht mehr "ber die Brüstung springen. Gottlob ist sie Noch keine von des Gedankens Blässe angekränkelte Modedame." „Aber sie ist h in die Gesellschaft eingeführt und wird von >llen Seite» als Dame hofiert." „Ja — leider! Mir wäre cs lieber, man umschwärmte sie nicht io sehr. Ich weiß, daß meine Tochter liebenswert ist — besser, als sonst ein Mensch. Aber die jungen und älteren Herren, die sie -leich bei ihrem ersten Erscheinen in der Gesellschaft umdrängtrn, denken doch in erster L'nie daran, daß sie Peter Hartaus Tochter und Erbin ist. Und ich möchte doch, daß sie mal einen Man» fin- >t, der sic liebt »nd dem ihr goldenes Herz mehr gibt als die 'ollars ihres Vaters " Tante Kera nickte. „Ja, ja, Peter, das wünsche ich auch. Aber gerade darum ucß sich WH befleißigen, ihr jungenhaftes Wesen abzuleoen." Seine Stirn risset» sich. . „Sag' kcch lieber gleich, ihr unweibliches Benehmen. Ach, ebe Kora, was schleppst du Zeit de'nes Lebens für einen Wust u kleinstädtischen Engherzigkeiten mit dir herum. Du armes il> bsst eben von Kind aus schon im Drill erstickt. Ein Wunder, ß ich noch die Kraft hatte, mich von diesem Drill freizumachen." Wieder sah sich Frau Kora ängstlich um. „Sprich doch davon nicht! Und — du willst doch nicht sagen, daß es nicht unweiblich ist, wenn Winni wie ein Jung« über all« HinderniL« springt." (Fortsetzung folgt.)