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2. BersorgungSberechtigt mit Brotmarken find nicht 1. die Gelbstversorger. Al» solche find mit anzusehen diejenigen Betriebe, die zwar von der Umlage befreit, aber außer ihrem Saatgutbedarf ihren Bedarf an Telbstversorger- gktreide (144 lcZ pro Kopf) erbaut haben. 2. die Persone«, bei bene« nach ihren eigenen oder nach den Einkommen-Verhältnissen dessen, der ihnen Unterhalt im gemeinsamen Haushalt zu gewähren hat, ei« Ve-Lrfnis Brot im Wege der Sffe«tliche« versorg««- z« er halte«, «icht a«erka««t werde« kann. Besondere Bestimmungen zu 2 bleiben Vorbehalten. S. Die bisherigen Bestimmungen de« ablaufenden Wirtschafts jähre« über die wSchentliche Gebäckmenge, die Belieferung der Brotmarken, die Entwertung der Brotmarken, die Lieferung von Brot nach auswärts, die Mehlverteilung, die Backoorschriften, die Backaul beute und die Strafbestimmungen bleiben unverändert weiter in Geltung. 4. Infolge der eingetretenen Erhöhung der Getreidepreise werden die Mehl- «nd Brotpreise ab Mittwoch, den 1S. August, wie folgt festgesetzt: 1. Mehrpreise. ») Großhandelspreis: d) Kleinhandelspreis: für 1 llr 8ü°/o Brotmehl frei 1 Pfd. W.-Mehl -- 10.— Mk. Bäcker -- 150« Mk. VL xr „ I.VOMk. für 1 ckr 8»°/o Weizenmehl 11S xr „ --- »20 Mk. frei Bicker --- 1S60 Mk. L. «ebäckpreise. 1 Pfd. Schwarzbrot -- 8 Mk. — Pf. 1S00 xr „ -- ,0 , 40 . Pfd. Weizengebtck (1 Doppelbrötchen) 2 Mk. KO Psg. ISO §r „ , Mk. - Psg. Vorstehende Preise find Höchstpreise im Sinne de» Gesetzes, betr. Höchstpreise vom 4. August 1014, Ueberschreitung dieser Höchstpreise werden nach genanntem Gesetz bestraft. IV. vesta«dSerheb«ng. Am Lie«»tag, de« 15. August, Abend find alle Be stände auszunehmrn und in unten abgedruckte» Formblatt ein- zutragen. Letzteres ist bis 18. 8. an die Ortsbehörd« abzu- geben. vorhandene Vorräte erfahren gemäß tz SS stt. G. v eine Nachberechnung de« Unterschied« zwischen de« alten und höheren Preise. Gewissenhafte Türfüllung wird zur Pflicht gemacht. Nachprüfung der Angaben bleibt Vorbehalten. Die Ort«behörd«n wollen die Formblätter bis 20. 8 mit Zu sammenstellung hierher einreichen. Nr. 44 äk/rss Tetr. ve»trtrverba«d Glauchau, den 12. August 1922. S Borhanderre Bestände am 15. August 1S22 Abend. vorhandene» Mehl vorhandene Backwaren I« Mehl umgerechnet vorhandene Marken in Mehl umgerechnet unbelieferte Bezugsscheine über Ztr. Summe Spalten 1—7 Ztr. Pfd. vrotmehl Ztr. Pfd. Weizenmehl Ztr. Pfd. (I Pfd. Schwarzbrot S60 Rosge««ehl) Ztr. Pfd ('/. Pfd. WeißgebSck ----- db gr Weizenmehl) Ztr. Pfd. (204 Marken je 1 Pfd. -- 1S» Pfd. Roggeumehl) (1SS Pfd. Weizengebäck ----- 1S0 Pfd. Weize««ehl) 1. 2. 3. 4. b. 6 7. 8. Deutschland erhält nur ein kurzfristiges Moratorium. Auf de« Platze vor de« Tcha«spielha«se i« verli» fand a« Freitag eine Nachfeier des verfass»«gStageS statt. Aus Anlatz des verfaffnugStageS erfolgte zwischen de« PrSfidente« der vereinigte» Staate» »nd de« ReichS- priisident Ebert ei« Depeschenwechsel. Devtschlaud protestiert gege» die Masit«anSweisu«gr» a«S Glsatz Lothringeu. De» Dollar notierte a« Sonnabend 781 Mark. Die Scheidemann-Attentäter haben ei» Geständnis av- Stlegt. In der Pfalz ist die Getreideernte schlecht ««»gefallen. Die französische Regierung will weitere SOO Dentsche ans Elsatz'Lolyringe« ausweise«. Die österreichische Regierung will ihre Macht der Entente Überlasse«. Ja Jtalie« trete» zahlreiche Tozialiste« z« de« Ka- schifte« über. Lloyd George schlägt ei» Moratorium für Deutschland bi» zum Jahresende vor. Die Verhandlungen über die Kontrolle der dentsche« Bergwerke «nd Forste« sind a«f einem toten Pnnkt an gelangt. Amerika fordert von Frankreich eine« Pla» z»r Zurück zahlung seiner Schnld. *Walde«b«r-, 14 August 1922. DaS Ziel der Politik PoincarLs ist offensichtlich die Zer trümmerung und Vernichtung der deutschen Einheit. Er sucht den Schutz des eignen Landes ausschließlich in der Schwächung des deutschen Nachbarn und in der Anglie derung des linken RhsinuferS an das französische Macht gebiet. ES kann deshalb in seinem Vorgehen von einem Widersinn nicht die Rede sein. Dringt diese französische Politik in London durch, so wird uns keine Anstrengung und kein Entgegenkommen davor retten, für Hahrzehnte in wirtschaftlicher und politischer Not zu versinken. Die anstelle der von Wilson verheißeckßn Gerechtigkeit und Ver söhnlichkeit betriebene Gewaltpolitik und die uns auserlegten Kriegsentschädigungen, die mindestens das Dreifache des wirklichen Sachschaden» betragen, haben den wohlklingen den Ramen „Reparationen* erhalten Offenkundiger Rechts- bruch und Vergewaltigungen, wie die Besetzung der drei rheinischen Kohlenhäfen Düsseldorf, Duisburg und Ruhr ort und die Abtrennung des besetzten Gebietes vom übrigen Reich durch eine Zollinie wurde mit dem milden Wort ,Sanktionen* bezeichnet. Wen« wir bisher der Ansicht gewesen sei» sollten, daß die am 7. März 1921 verhängten Londoner Sanktionen auf das alleinige Konto des damaligen französischen Minister präsidenten Briand zu setzen -find, so hat uns Lloyd George in sein:r Rede vom 7. d. auf der Londoner Konferenz eines anderen belehrt. Er erklärte, er erinnere sich nicht, jemals französische Wünsche bezüglich zu verhängender Sanktionen unerfüllt gelassen zu haben, es sei denn, daß sich alle Alliierten einschließlich Frankreichs über die Un zweckmäßigkeit der ins Auge gefaßten Sanktionen einig gewesen wären. Wenn Poincarö hierin nicht eine Er mutigung zur Fortsetzung seiner SanktionSpolttik erblickt, so müßte er inzwischen seinen Charakter von Grund auf geändert haben Die von Frankreich am 5. d. verhängten neuen Gewalt taten haben zur Abwechselung wieder einmal einen neuen Namen erhalte«; sie heißen „Retorsionen*. Alle Richt franzosen, ja sogar alle nicht zur unmittelbaren Gefolg- schüft Potucarö'S und Tardieu'S gehörende«, müssen mit dem deutschen Volke darin übereinstimineu, daß die ein seitige Abänderung eines Vertrage» ein grober Rechts- bruch ist. Trotzdem gibt man sich i« England den An schein, als freue man sich darüber, daß Powcari diesmal „so milde* verfahren sei. Unter diesen Umständen ist e» unwahrscheinlich, daß die Londoner Konferenz mit de» Politik der falschen Reparationen, der Sanktionen und der Retorsionen ein für alle mal Schluß mache. In der ersten Plenarsitzung der Londoner Konferenz hat der italienische Hauptdelegierte, der Außenminister Gchanzer, den „Widersinn* betont, der darin liege» würde, daß man einerseits Deutschland einen Zahlungsaufschub gewähre, anderseits aber wirtschaftliche Pfänder nähme, die einen finanzielle« Ausfall für das Reich zur Folge haben müßten. Lloyd George, der bekanntlich wenigstens taktisch LernuftS- gründe ins Feld zu führen pflegt, hat dem italienischen Minister zugestimmt. Poincarö läßt sich indessen durch Einwendungen der gesunde« Menschenverstandes «nd der Logik in seiner Politik nicht irre machen. Obwohl auch der japanische Vertreter auf der Londoner Konferenz und, wenn auch etwas verklausuliert, des belgische Ministerprä- dent TheuniS der Kritik SchanzerS und Lloyd Georges zustimmte«, besteht nur wenig Hoffnung, daß auf den Widersinn verzichtet wird. Im weiteren Verlauf der Londoner Konferenz soll sich bei den nichtfranzösischen Delegierten immer deutlicher die Ueberzeugung festgesetzt haben, daß Poincarö die Dinge absichtlich aus die Spitze treibe, um einen Abbruch der Verhandlungen herbeizuführen und die so ersehnte „freie Hand* zu gewinnen E» verlautet, Poincars würde nach ergebnislosem Abbruch der Konferenz sofort die fra«zöstsche Kammer einberufen, und sich da» Mandat zum eigenmäch tigen Vorgehen Frankreichs in der ReparationSsrage gebe« lassen. Wer die Lage unvoreingenommen prüft, kann nicht umhin einzugestehen, daß keiner der Alliierten einer fran zösischen Gewaltpolitik entschlossen in die Arme fallen würde. Frankreich besitzt die berühmte „Aktionsfreiheit* faktisch bereits. Die deutsche Oeffentlichkeit hat die Reparatio«Spolitik der Verbandmächte bisher vorwiegend von dem Stand punkt aus betrachtet, daß möglichst hohe und gleichmäßige Leistungen au» Deutschland herausgeholt werden sollen. SchanzerS oben zitiertem Wort über den Widersinn der von Frankreich betriebenen Reparationspolitik liegt der gleiche Gedanke zu Grunde. Obwohl es mit Rücksicht anf die öffentliche Meinung de« Welt bisher stets von den französischen Machthabern «nd sogar von der chauvinistischen Opposition geleugnet wurde, daß Frankreich Deutschland gegenüber Vernichtungsabfichten hege, ist ein anderer Schlüssel zu dem Verhalten PoincaröS in London nicht zu finden. Man würde den französischen Politiker« eine geradezu abgrundtiefe Torheit zutrauen, wenn man an nehmen wollte, daß sie die bisher in der Reparations politik befolgte Taktik für de« besten Weg halte, den Ein gang möglichst hoher deutscher Zahlungen zu sicher«. Die Reparation»-, Sanktion»- uad RetorfionSpolitik trägt dazu bei, die Zahlungsfähigkeit Deutschlands zu schwächen und Verhältnisse herbejzuführen, die e» ermöglichen, die oben erwähnte» wirklichen Absichten Frankreichs durchzuführe«. Politische Rundschau. Deutsche» «eich. ' Al« Abschluß der BerfassungSfeier sand in Berlin am Freitag Abend im staatlichen Schauspielhau« eine künstlerische Feier statt, bestehend au« Rezitationen und Orchestermufik Nm Schlüsse derselben zogen die dem republikanischen Kartell angtschlofftnen Vereine und Verbände mit Fackeln vom Lust garten auf den Platz vor dem Schauspielhause. Nach un zähligen Hochrufen auf die Republik hielt nach einem Prolog ve« Schauspieler« Georgi Reichspräsident Ebert eine An spracht, in der er die freiheitlich« republikanisch gestunte Jugend begrüßte und zur Einigkeit mahnte. Er schloß mit einem Hoch auf die deutsche Republik, da« deutsche Vaterland und da« deutsche Boll. Dann sprach Reichtkanzler vr. Wirth, welcher betonte, daß die Regierung die soziale Gerechtigkeit und die Freiheit sür da« ganze Volk anstrebe. Auch er schloß mit einem Hochruf auf da« ganze republikanische Deutsch land. Daran schloß sich der Gesang de« Liede«: „Deutsch land, Deutschland über alle«.* Au« der Menge herau« wurde alsdann die Internationale angestimmt. Im Schau spielhaus« vrreinigte der Reichspräsident am Schluffe die Teilnehmer zu einem Bierabend. Reichskanzler l)r. Wirth sprach sich einem Vertreter der „Köln. Bolksztg.* gegenüber für die Untrennbarkeit der Reichtlande vom Reiche aus. „Rie und nimmer werden wir die Interessen de« Rheinlande« im Stich lassen*, bemerkte der Reichskanzler. Der Präsident der Bereinigten Staaten von Amerika hat anläßlich dr« BerfassungStage« an den Reichspräsidenten folgende» Telegramm gerichtet: „Präsident Ebert, Berlin. Zur Wiederkehr de» Tage», an dem Deutschland die republi kanische Staatsform angenommen hat, bin ich glücklich,(Mnen meine aufrichtigen guten Wünsche und meine Hoffnung autzu- drücken, daß die große deutsche Republik stetig vorwärt« chreitet auf den Wegen de« Frieden«, die zu einer Berstän- »igung, zu Gedeihen und Glück führen, (gez.) Warren E. Harding." Der Reichspräsident hat folgender erwidert: Präsident Harding, Washington. Aufrichtig erfreut durch Ihr freundlicher Gedenken unserer Brrsaffungltage«, bitte ich mit herzliche» Tank weine Wünsche entgegrnzunehmen für >ar Wohlergehen der Vereinigten Staaten. Deutschland hofft, >aß die gleichen Grundsätze und Ideale unserer gemeinsamen republikanischen Staatrforw zu einer guten Verständigung und glücklichen Zukunft unserer Völker führen werden. Ebert. Reichspräsident Ebert ist in Breslau eingetroffen, um den Gerhardt Hauptmann-Festspielen beizuwohnen. Die beiden Attentäter auf Oberbürgermeister Scheidemann Haden ein umfassende« Geständnis abgelegt. Die Vereinbarungen zwischen der Reich«regierung und Bayern bestimmen, daß Bayern seine Schutzverordnung aushebt, die Reichsregierung dagegen in der Ausführung der Schutzgesetze zu Zugeständnissen bereit ist. Nach französischen Blättermeldungen hat die Retzaration«- kommisfion die neuerliche Einberufung de» Bankierau«- schusse» beschlossen. Seit Sonnabend erscheint in Berlin ein neue» republika nische» Abendblatt unter dem Titel „Die Welt am Abend". Die in München erscheinende Zeitschrift „Deutschland» Er Neuerung* ist für da« preußisch« Staatsgebiet aus sech« Monate verboten worden. Der Reichsfinanzminister hat gegen die neue, von der Bürgerschaft Hamburg am 1. Juli genehmigte Beamte nord- nung auf Grund de» Sperrgtsttzek Einspruch erhoben. Die „Münchener Reuest. Nachrichten" lassen sich au« Berlin melden. Auf der einen Seite find in dem Abkommen die von der Regierung befürchteten Beeinträchtigungen der Reichreinheit beseitigt worden, auf der anderen Seit« ist Vorsorge getroffen, daß die HoheitSrrchtr der Länder so- wohl im Hinblick auf die Zukunft gewahrt und die Befürch tungen wegen einer weiteren Schädigung de« Föderalismu« befeitigt wrrden. Man darf daher die Hoffnung autdrücken, daß die au» dem Konflikt entstandene« Schäden nunmehr beseitigt sein werden. Amtlich wird mitgeteilt: Der ReichSregierung ist am Frei tag Nachmittag die Nachricht zugegangen, daß in Pari» eine Verbalnote der französischen Regierung übergebe« wurde (offenbar dem deutschen Botschafter), die den Inhalt der be- r«it» in der Press« v«rbreit«ten Mtldungen über die Au«- »«isung drutscher Staat«angehörig«r bestätigt.