Volltext Seite (XML)
Nr. «VS. Donnerstag, den 2S Dezember LV04. 8. Jahrgang. Sächsische UolkMitun ! ü»»ddli»-«-er r sgedisn Ni» W-Mel». kecdi«.f»eldeit^ «IDMMAMßWK Uvabbänglger r sgedlsn M lval>»delt. Necdi «f»eldeit. Inserate werden die «gelpaliene Petiizeile oder deren Raum 15 Pf. dercitmet. bei Wiedeikoluiijr bedeutender Rabatt Buckidruiteret, Redaktion und t«estt,as«df»rlle: Trelde», Pillniver Strakre 4». — Fernsprecher «ml I Rr 18»«. Neues von unserem Kolonialelend. Auch das Weihnachtsfest hat keine frohe Botschaft aus den siidweftafrikanischen Kolonie gebracht; immer noch he»»fcht kein Friede. Langsam sind die Fortschritte, welä>e unsere Truppen machen. Ter Haupträdelsführer Samuel Moherero, hinter dem unsere Soldaten seit Wochen h«» find, ist nun doch noch entkommen. Er trat in die bri tische Kapkolonie über und suchte um Erlaubnis zum Ver bleiben daselbst nach. Die englisckfen Behörden scheinen nun endlich ein Ver hakten anzunehmen, das von Anfang an hätte beobachtet »eiben müssen. Man will nämlich die flüchtigen Rebellen möglichst vom Ucbertritt nach der Kavkolonie abhalten und. «o sich das nicht tun läßt, sie sofort entlvaffnen und an be» Rückkehr nach Tentsch-Südwestasrika und an der weite re» Teilnahme am Aufstande hindern. Noch mehr: man wiN den deutschen Behörden Gelegenheit geben, den in die Kapkolonie übergetretenen Eingeborenen das von diesen geraubte Vieh wieder abzunehmen. Jetzt fragt es sich nur, ob die britischen Grenzbehörden diesen Anordnungen alle samt Folge leisten. Aber damit kann sich Deutschland noch nicht begnügen. Di« Auslieferung der Mörder ist mit aller Entschiedenheit zu fordern. Tie Hereros sind nicht politische Flüchtlinge, de»en man allenfalls eine Freistatt bieten könnte, nein, sie find gemeine Mörder, die ausgeliefert werden müssen. In hinterlistigster Weise haben sie die deutschen Farmen über fallen und Frauen und Kinder niedergeschlagen. Das bringt nicht der Krieg mit sich, das ist Mord! Man darf zu den, Reichskanzler das Zutrauen haben, das; er mit vier Energie gegenüber England diesen Standpunkt ver tritt. Hier liegen gemeinsame europäische Interessen vor. Nie leicht kann auch England im Kapgebiet einen Auf stand erleben! Dann würde Deutschland mit demselben Maße ausniesscn, mit dem ihm jetzt England zumißt. Immer mehr zeigt es sich, das der Aufstand von An fang an als ein allgemeiner geplant wa>; die Beweise hier für werden jetzt erst bekannt. Schon im Frühjahr dieses Jahres zogen allein über Gibeon zwei Großleute der Here ros nach dem Süden, ferner sollen Witboisgroßleute län gere Zeit im Hererolande geweilt, und zwischen den Gochas- Hottentotten Simon Coppers und den Hereros sollen Ver handlungen gepflogen worden sein. Eine eigentümliche .Haltung scheint auch Hendrik Witboi selbst am Anfänge des ersten Bondelzwartaufstandes eingenommen zu haben. Als man seine Leute nach Süden schickte, äußerte er, er müsse doch erst sehen, ob die Bondels Unrecht hätten. Ter stell vertretende Kapitän von Gibeon sagte einmal, er könne die Leute nicht mehr halten, sie würden ihn bald selbst tot schlagen. Inzwischen wurde die Familie Jäger in Zaris ermordet, Farmen wurden geplündert, auf Mattahöhe kam es zu einem Putsch, in Stampried wurden Buren ermor det usw. Die Täter waren immer Witbois. „Alles wurde gemeldet, alles unterdrückt!" In Gochas attackierte der eingeborene Polizeisoldat den deutschen Stationsunteroffi- zrer. Simon Coppers verweigerte die Herausgabe des Flüchtlings. Als Hauptmann von Koppy später nach Windhuk meldete, er lmbe sichere Botscklaft, daß Gochas ! mit den Hereros Verbindung habe, bestritt von Burgsdorsf ! das kategorisch. Schon im Februar trat die Bevölkerung ^ ^ Gideons mit der Bitte um mindestens 500 Mann Besatzung > an von Burgsdorff heran. Dieser erwiderte: „Ich stehe ! für die Witbois, für die Hottentotten ein." Von ihm soll ^ auch das Wort stammen: „Ein Witboi stiehlt nicht, ein Wit boi lügt nicht." Inzwischen kam das Verhängnis näher und näher. Tie Verwaltungsbehörden in der Kapkolonie zeigten i sich entschieden zu wenig orientiert über die eigentliche j Stimmung im Lande. Diese Anklage kann man gegen ! den Oberst Lentwein erbeben. Ob aber ein anderer Gou- l vernenr es besser gemacht hätte? Er hätte die Eingebore nen rechtlos machen, ihnen ihre Waffen wegnehmcn müssen, ^ dann durfte er hoffen, daß ein Aufstand, wenn er ausbrach, rasch niedergeschlagen werden würde. Oberst Leutwein ^ hoffte die Eingeborenen durch Milde zu ruhigen Ein wohnern zu machen. Ta sich nnn diese Arbeit als nutzlos erwiesen bat, wird sein Spstem verurteilt. Nock; ist er nicht ans deutschem Boden angelangt, als schon von allen Seiten die heftigsten Anklagen gegen ihn erhoben werden. Die Fabel von dein sterbenden Löwen wiederholt sich. So lange in Südwcstasrika alles glatt ging, war Lentwein der Abgott aller unserer Kolonial schwärmer-, nnn es schief gebt, sendet man ihn als Sünden bock in die Wüste. Wir wollen gerechter urteilen. Lent- j wein bat seine großen Vorzüge dahin entwickelt, daß er die ! Wilden nicht schonungslos habgierigen Ansiedlern nno ! Händlern auslieferte. Sein Hauptfehler war. daß er in- i folgedessen an den Schwarzen „einen Narren gefressen" hatte; er wurde zu vertrauensselig und achtete die Gefahr nicht, die langsam, aber immer höl>er anschwoll. Aber er stand hiermit nicht allein: Bezirksamtmann von Burgsdorsf büßte denselben Fehler mit dem Tode! Gegen Lentwein ist bereits ein ehrengerichtliches Verfahren eingeleitet worden, er soll den in Südwestafrika gefallenen Leutnant Jobst öffentlich verunglimpft haben. Hart bestraft ist er bereits - dadurch, daß ihm General Trotha nicht einmal ein Kom mando mehr gab. Viel jüngere Majors wurden ihm vor gezogen, so Deimling, der gegen Morenga kämpft. Deim ling macht seine Sache ja recht gut, aber er hat mit den Witbois genug zu tun, und es batte zweifelsohne nichts ge schadet, wenn man die Paralleloperation gegen Morenga dem als Truppennihrcr erprobten Lentwein übertragen hätte. Dadurch hätte man ihm die Gelegenheit gegeben, mit seiner zugleich umsichtigen und schneidigen Kriegfüh rung gegen die Schwarzen die Folgen der Fehler zu mil dern, die er als Verwaltungschef begangen batte. Aber Lentwein ist in Berlin an höchster Stelle in Ungnade ge fallen, und dies verschärft sich bekanntlich immer mehr nach unten bin. Während Hauptmann Franke, der im Kriege sich ungemein tapfer benahm, gegenwärtig in Berlin sehr gefeiert wird, muß Lentwein sich auf eine andere Aufnahme ^ gefaßt machen. Das Anklagen nutzt uns nichts, es muß gebandelt wer- ! den. Im Reichstage sprach man zu Beginn des Aufstandes, daß es nur ein „Nasenstüber" für uns sei; es lvar der Ab geordnete Graf Arnim, der diesen Ausdruck gebrauchte. Eine eigenartige Fügung wollte es, daß gerade sein Sohn einer jener Offiziere war. die einige Monate später den Kugeln der Hereros zum Opfer fielen. Wir sehen in den Kosten von über 200 Millionen Mark schon mehr einen Aderlaß, der uns zur Besinnung bringen muß. ob wir diese Politik so fortsehen können und dürfen. Jedenfalls muß die vom Reichskanzler angekündigte Reform in der .tkolo- nialvernxlltung tunlichst rasch durchgesührt nx'rden. Der Liberalismus bat uns in den Zeiten seiner Herrschaft in die Kolonien hineingeführt, jetzt dürfen wir die Supt'e ausessen! Die Neichsnot. Ter Reichstag in den Weihnachtsferien; am lO. Jon. wird er seine Sitzungen wieder anfnehinen. Aber nur wenig erfreuliche Arbeit harret seiner; die Handelsverträge werden sicherlich der größte Lichtpunkt sein, falls sie gut für die Landwirtschaft aussallen. Doch dann folgt nur eine sehr unangenehme, aber ebenso notwendige Arbeit: der Neichsfinanznot muß ein Ende bereitet werden. Einen großen Erfolg hat die Generaldebatte zum Etat bereits gehabt; mit einer Offenheit und Uebereinstimmung. die man sonst selten findet, haben Bundesrat und Reichs tag anerkannt, daß eine Aenderung geboten ist und daß eine solckx? nur durch neue Steuern erreicht werden kann. Selbst die äußerste Linke bat sich nicht gegen neue Steuern ausgesprochen. Aber auch ein weiterer Erfolg trat hervor, eine Erriingensclxüt, die in erster Linie dem Zentrum zu danken ist. . Staatssekretär Freiherr von Stengel schloß seine Darlegungen mit dem Satze, daß bei der Finanzresorm die schwachen Schultern geschont werden müßten. Diesen Grundiatz hat zuerst das Zentrum im Reichstage prokla miert; schon sein großer Führer Windtborst hat 1887 den selben ausgesprochen. Als dann die Flotteuvorlage des Jahres 1808 und 1000 kam, ist es bereits dem Zentrum gelungen, denselben Gedanken in das Gesetz aufziinelmieii. Die verbündeten Negierungen nahmen nur widerwillig diesen Artikel an, aber sic wußten auch, daß ohne diesen die Flotteuvorlage nicht zu stände kommen werde. Nun mehr haben sich die verbündeten Negierungen diesem Stand punkt des Zentrums angeschlossen und ilm auch zu dem ihrigen gemacht. Dadurch ist ein gewaltiges Hindernis einer durchgreifenden Finanzresorm beseitigt. Dr. Spahn hat deshalb mit Recht diesen Satz sofort unterstrichen und ihm eine notwendige Ergänzung zu teil werden lassen, daß er zu dielen schwachen Schultern auch den gemmten Mittel stand rechne. Tie Verhandlungen über das Militärpen- sionsgeietz haben erkennen lassen, daß das Zentrum fest ent schlossen ist. den in der Etatsdebatte vertretenen Stand punkt durchzusübren. Das Reichsschatzamt hat nun die Ferienaufgabe erhalten, seine Steuerpläue bis zum Januar auszuarbeiten. Diese nicht geringe Arbeit wird ihm insofern etwas erschwert, als die tüchtigste Arbeitskraft in diesem Ressort, llutcrstaatssckretär von Fisclrcr, durch einen Unfall arbeitsunfähig wurde; doch hofft man, bis zur Wiederauf- Prolog. Lur Einweihung des Kinderheims des VinzenliuL-vercins am 27. Dezember 1904 zu Dresden. Gedichtet von Konsislorialrat Landrichter Tr. de LajaIle. gesprochen von Frau Direkcvr Eiselt. Nun hast du deine Tore aufgctem, Dll stattlich HauS. Halt gastlich ausgenommen, Die arm. verwaist von fern und nah gekommen Und die voni Glanz des Lebens wenig sahn. Gar manchem, der noch heimatlos auf Erden. Sollst du zum stillen Glück der Heimat werden. Vergang ne Zeiten treten vor die Seele, Eä nah n und flieh'n die wechselnden Gestalten. Die mir im Geist manch buntes Bild entfalten, Bald Freud, bald Leid. Gesang aus frischer Kehle! Was ich erschaut beim Rück- und Vorwärtsblicken. Kann ich nicht einsam in der Brust ersticken. Im Winter war's vor 80 Jahren. Ich sah ein Haus in schlichter Neuheit steh'n. Wert weg von hier, und bunte Fahnen weh'n. Und draußen harren frohe Kindericharen; Erst leises Flüstern. Jauchzen ward vernommen Und dann der Ruf: Sie kommen dort, sie kommen. Sie kamen um ein neues Haus zu weih'n. Ein greiser Priester, weiter könnt ich schauen Vom Königshaus zwei fürstlich hohe Frauen. Und bmterber der Kinder lange Reih'n. Lobpreisend dann von ihren schwachen Zungen Ist lauter Lobgesang zu Gott gedrungen. Und wie im Schwung das Rad der Zeit gerollt. Sch finsteres Ge wölk, den Boden zittern Hör ich von Kampf und Streit und Ungewittern. Und wie der Donner der Geschütze grollt. Der Brand verglimmt, wirft seinen letzten Schein! Ein anderes Bild nimmt die Erinnerung ein. Im Sommer war'S vor 35 Jahren. Das alte HauS erscholl von Freudenrufen Und'harrend wieder steh'n aa seinen Stufen, Festlich geschmückte frohe Kinderscharen. Erst leiß's Flüstern, Jauchzen ward vernommen Und dann der Ruf: Sie kommen dort, sie kommen. Es zogen ein drei schwarze Ordenssranen; Sie kamen her um Liebe z» verkünden. Ein Feld voll Müh und Arbeit war zu finden. Ans das sie wollten ihren tarnen hau'». Was alles war zu schlichten und zu sichten — Hier ist nicht Zeit, es lange zu berichten. Sie kämpften hart nrit den empörten Wogen, In stiller Sehnsucht nach den bessern Zeiten Ten Blick gerichtet ans die Ewigkeiten Und bessere Tage kamen ungezogen. Die Macht der Liebe waren ihre Wauen, lim Achtung überall sich zu verschaffen. Was dann ich schantc? „Arbeit viel und Plage, Bald Glück, bald Not hielt's kleine Hans umfangen. Hier Lachen, Tränen dort auf heißen Wangen, Der Freud' und Leiden wechselreiche Tage. Was kaum iin Herzen liebend ward gewonnen. Ist wie ein Traum zerstoben und zerronnen. Und wieder rüstet sich zum Kampf die Zeit, Zur Hellen Flamme wird der stille Funken! Ein morscher Thron in Trümmer ist gesunken. Da kam ein and rer unglücksel'ger Streit. Es tat die Zeit die innern Kämpfe schlichten. Und neu erstrahlt, was kühn sie wollt' verrückten. Wohl Hunderte, wohl Tausend sah ick kommen. Es wächst das Haus, es debueu sich die Räume. Und dann erstrahlen frohe ZukunftStränme Und neue Pläne werden ausgenommen. Lock was schon nahe schien im Glanz der Sterne. Verliert sich wieder in der Nebelfernc. Ans raschem Fittich ist die Zeit entschwunden. Unwiderrniflich — nur Erinnerung lebt! Und wie sie mir im Geist vorübersckwrbt, Hab' ich das Bild der Gegenwart gesunden. Ans Fleiß und Arbeit wundersam gemacht Jst's wie ein Jr«um geworden über Nacht. Nun hast du deine Tore ausgetan, Du stattlich Hans! Hast gastlich ausgenommen Tic arm, verwaist, von fern und nah gekommen Und die vom Glanz des Lebens wenig sah'n. Gar manchem, der nock heimatlos auf Erden, Willst du zum stillen Glück der Heimat werden! Du stattlich Hans! Rings seb' ich frohe Gäste Den Gruß dir bieten, frohe Wünsche weih'n! Auch meine eig nen Wünsche, sie sind dein, Sei mir gegrüßt zu deinem Wiegenfeste, Hier soll die Liebe and die Unschuld tagen, Und was ihr fern steht, nie herein sich wagen. Wo Liebe sich mit regem Fleiß int einen. Da ist des Lebens höchstes Ziel erfüllt. Ein Hort der Liebe sollst du stets er scheinen. Wo Balsam ui zernsi'ne Herzen anillt. Die „Macht der Liebe" wohn' in deinen Räumen, Sic ist das Land, wo dnft'ge Blüten keimen. Du stattlich HauS! Sollst zarte Herzen pflegen. Das junge Herz soll hier zum Höchsten streben, Du sollst als traute Heimat eS umgeben Und treuer Arbeit folgen Gottes Segen! Ich sehe überall mir frohes Honen, Welch reiches Feld der Arbeit liegt nun offen! Tu stattlich HauS! Fern bleib' der fiüscke Wahn. Daß Frömmelei hier, stnmp'eS Brüten wohne. Und daß Gebet ohn' Arbeit sich belohne. Mit Gott sei rege Arbeit hier getan! Mög' jeder, der dick kennt, von dir auch sagen: Die Arbeit hat hier reiche Frucht getragen. Mög' Schönes sich mit Edlem hier verbinden. Daß Müh' und Arbeit um Erfolg nie trauern Und Blumen blühen, die um deine Mauern AIS Immortellen schöne .Kränze winden. — Frisch auf zur Fahrt! — Das Ruder fest zur Haud! Ins Meer der Zukunft! Nach dem fernen Land!