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rat« wurde er al« besonderer Wirtschaftrkcnner geschätzt. Amtlich war er zeitweise im preußischen Handelsministerium tätig. Er solle jetzt nach Genua al» deutscher Sachverstän- diger entsandt werden, doch hinderte ihn da« Leiden, da« ihn nun dahin gerafft hat, an der Teilnahme der Konferenz. Frankreich. Bor einigen Tagen hat der regierende Fürst von Tunis dem französischen Generalgouverneur eine Rote überreicht, in der er die Aufgabe de« französischen Protektorat«, sowie volle Selbständigkeit und Unabhängigkeit in der Berwal > tung de« Lande« verlangt. In Pari» hat die Note sehr überrascht, da für die nächsten Tage rin Besuch Millerand», beim Bei von Tnni» vorgesehen war. Ob dieser Besuch noch stattfindet, ist jetzt zweifelhaft, obwohl dir Französin gewaltige Truppenmassen nach Tunis transportieren, wa» daraus schließen läßt, daß Millerand unter dem Schutze dieser Trvppenbarri- kade doch noch den Besuch in Tunis auSsühren will. In zwischen verlautet auch, daß der Generalgouverneur von Tunis zurückgerufen werden soll, weil er so schlecht über die Brwegung oricntiert war. Allgemein verheimlichen jedoch die französischen Blätter den Ernst der Lage und sprechen von einem „freundschaftlichen" Akt de» mit Frankreich „sehr befreundeten" Bei«. Jtalie«. Wie englischen Blättern aus Genua berichtet wird, soll zwischen Italien und der russischen Sowjetdelegation ein Abkommen zustande kommen. Danach erhält Italien in Georgien wie im Donez Gebiet wertvolle Bergwerke und Waldkonzesstonen. DiL Neutralen in Genua mit Dänemark an der Spitze haben beschlossen, einer französisch englischen Aktion zweck» Ausschließung Deutschlands festen Widerstand zu leisten. Am Mittwoch setzten in Genua die Unterkommissionen ihre Arbeit fort. Die politische Kommission bleibt vorläufig vertagt. Der italienische Finanzminister Peana erklärte, daß die Konferenz vorau»sichtlich bis Ende April dauern wird. Rußland. Auf dem 11. Kongreß der russischen kommunistischen Partei machte der stellvertretende FInanzkommiflar Sokolnikow Mit Ölungen über die Finanzpolitik der Sowjetregierung. Er machte dabei Angaben über da» Anschwellen der Papier- gelbau»gäbe, die seit August 1921 eingetreten ist. Im August wurden 703 Milliarden Papierrubel ausgegeben, im September 1000 Milliarden, im Oktober 2800, iw November 33LS und im Dezember 7700 Milliarden. In den letzten 4 Monaten des Jahre« 1S21 sind also 1400 Milliarden Popierrubel in den Verkehr gebracht worden. Im Januar 1922 wurden 12,36» Milliarden Papierrubel gedruckt, im Februar 18,800 und im März 23 -24 000 Milliarden. Sokolnikow glaubt den völligen Zusammenbruch de» Sowjet- rubel« infolge de» zu erwartenden Boykott» de» Papiergelde» durch die Bevölkerung prophezeien zu müssen. Die trostlose Lage der russischen StaatSfinanzen hat den Rat der roten Balkskommissarr bewogen, die sofortige Ein führung einer allgemeinen Kopfsteuer anzuordnen, deren Höhe für verschiedene Volksschichten verschieden ist. Die ge ringste Steuer beträgt 300,000 Sowjetrubel, die höchste 3 Millionen Sowjelrubel jährlich. Eine Kopfsteuer bestand in Rußland bereit», sie wurde jedoch gleichzeitig mit der Leibeigenschaft aufgehoben. Amerika. In Washington ist in einer Sitzung, an der der Schatz kanzler Mellon und sämtliche Mitglieder der Schuldenk»»- misfion teilnahmen, die Kommisston für die Fundierung der alliierten Schulden gebildet worden. Sir wird künftig von Zeit zu Zeit zusammentreten und sich zuerst mit der englischen, dann mit der Schuld der anderen Länder in einer noch zu bestimmenden Reihenfolge beschäftigen. Die Kommission zeige keinerlei Neigung, die Dinge zu überstürzen. Einer Reuter Meldung au» Neutzork zufolge schreibt „New Dort Herald" zu dem deutsch russischen Vertrag, da Rußland aus den Nationen au-gestoßen sei und da Deutschland durch die Bestimmungen de» Versailler Vertrage» gefesselt sei, da da« deutsche Gebiet von drohenden aufpeitschenden Heeren besetzt sei und da Deutschland mit der Spitze de» Bijonett» gezwungen werde, Abkommen zu unterzeichnen, in denen e» sich verpflichte, unmögliche Reparationen zu leisten, sei da» Zusammenrücken Deutschlands und Rußland» unver meidlich gewesen. M«» de« Mul-extale. *Walde»bnrg, 20 April. Die Niederschlagsmenge betrug im zweiten Drittel de« Monat» April nach den auf hiesiger Wetterwarte vorgenommenen Messungen 42,r mm. *— Gestern sand die Aufnahme der Schüler der untersten Klasse der neue» Aufbauschule im hiesigen Seminar statt. Mit dem Eintritt dieser Neulinge beginnt die bedeutsame Wandlung de» 1844 durch den weitblickenden und wohltä tigen Fürsten Otto Viktor l. von Schönburg begründeten Lehrerseminar» Waldenburg zur deutschen Aufbauschule. Da» altehrwürdige Seminar wird Ostern 1928 zum letzten Mal« Lehrerkandidaten in den Volklschuldienst entsenden und zu gleich die Schüler der ersten Oberprima der Aufbauschule mit dem Zeugnis der Reise für das llniverfität»fludium ausge rüstet haben. Sein Interesse sür die Bedeutung des Auf- nahmetagrs bekundete Se. Durchlaucht Fürst Günther durch Teilnahme an der Feier. Herr Obcrstudiendirektor Doktor Klötzer wies die 20 Neulinge, die aus den verschiedensten Gegenden Sachsens zusammengekommen sind, ein, indem er ihnen ihre Pflichten an der Hand des Dichterwörtcs darlegt«; Kasse da« Leben mit kräftigen Käuften, Entgegen wachs« dem Tag. Trlrt in den Morgen als Kämpfer And streit« den Mittag hernieder, Daß dir der Abend den Kranz - Lege um festliche Stirn. Choral- und Chorgesang umrahmten die Feierlichkeit. Möge die neue Schule eine Quelle des Segens werden sür unser Volk und Vaterland. *— In die hiesige Kollektion der Sächsischen LandeSlotteri« Bernhard Opitz Nachf. fiel auf die Nummer 11,173 rin Ge winn von 2000 Mk. *— Die positive volkskirchliche Bereinigung hat folgende Eingabe an die Regierung, den Landtag und die Fraktionen gelangen lassen: „Die positive volMirchliche Bereinigung erhebt schärfsten Einspruch dagegen, daß dem evangelischen Sächsenvolke durch Beschluß der Landtagsmehrheit der Schutz sür den Bußtag und das Erscheinungssrst genommen ist und war Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, hatte aber al» Präsident der Schutzpolizei, da er mit der Mehrzahl seiner Beamten auf Duzfuß stand und sich infolgedessen nicht die notwendige Autorität zu verschaffen wußte. Während der Haushalt des Reichstages 1921/22 die Summe von 29 Millionen Mark erforderte, sieht der neue Etat 1922/23 dir Kosten von 70 Millionen Mark sür da» deutsche Parlament vor. Das find täglich 170,000 Mark, die da« Reich für den Reichstag ausbringen muß. Diese Summe setzt sich aus über 28 Millionen Mark Diäten für di« Abgeordneten und 11 Millionen für Beamte des Reichs tages, über 15 Millionen sür die Freifahrten der Parla mentarier, und zahlreichen Millionen für Ausschüsse und säch liche Ausgaben zusammen. Der Präsident des Reichstages erhält außer seinen Diäten (monatlich 5000 Mk.) und freier Dienstwohnung 60,000 Mk. Aufwandsentschädigung. In Oberschlesien find drei neue Deutschenmorde vorgekommen. Wie die Blätter au» Bre»lau melden, wurde am Dienstag Abend der Chauffeur der „Oberschlefischen Bolksstimme", Sparwaffer, aus der Coseler Straße, wo er friedlich auf einer Bank saß, erschossen. Der Autosührer der Bobreker Kraftwerke, Twareryna, der aus Gefälligkeit einige interalliierte Offiziere fuhr, wurde, al» er sich um einen An ruf der Hohenlinden« Gemeindewache nicht kümmerte, von der Wache erschossen. Die interalliierten Offiziere blieben unverletzt. Der Bergmann Dziuk wurde auf dem Wege von Hindenburg nach dem Balentinschacht durch Schüsse getötet In Kattowitz wurde in der Nacht zum Mittwoch die Gattin de» Justiz Oberinspektor» Bennek in Großstrehlitz von einer französischen Patrouille in dem Augenblick erschossen, al« sie da» Fenster öffnete, um noch ihrem au» dem D'enst heimkehrenden Gatten auszuschauen. Der Kreit kontrolleur in Großstrehlitz erklärte dem Vorsitzenden des deutschen Ausschusses in Grroßstrehlitz, der wegen dieses Vor salle» bei ihm vorstellig wurde, daß kurz vor der veffnung de» Fenster« Schüsse gefallen seien. In der Annahme, daß au« diesem Fenster geschossen worden sei, hätte der franzö sische Soldat hineingrschoflen. Er werde wegen fahrlässiger Tötung zur Verantwortung gezogen werden. D« Reichstag«- und Landtagsabgeordnete Huk ist im Essener Städtischen Krankenhaus« an Lungenentzündung ge- starken Einer der bekanntesten soziaidemekratischen Arbeiter führer ist mit Oito Huk von der politischen Bühne abgetreten. Am 2. November 1868 im w«stsälischen Hörde al« Sohn eine« armen Hüttenarbeiter« geboren, wurde er schon in früher Jugend mit der Arbeiterbewegung vertraut. Al- Schlosser zog er wandernd durch Deutschland und wurde erst Mitglied eine» evangelischen Jüngling»verein«, schloß sich dann aber den freien Gewerkschaften an. Im Verband der Berg- und Hüttenarbeiter wurde er 1894 Redakteur der „Berg- und Hüttenarbeiterzeilung". Seine gewerkschaftliche und politisch« Tätigkeit drehte sich in erster Linie uw Berg- arbeiterfragen und in seinen Fraktionen (er wurde bald in den ReiL»- und Landtag gewählt) war er der besondere Bergbau-Sachverständige. Zahlreiche Bücher und Schriften Über Bergbaufragen und eine reiche internationale Betätigung für die Bergarbeiterbrwegung machten Huü zu einem der markantesten deutschen Arbeiterführer. Politisch gehörte er der S P. D. an, die ihn zu den eitrigsten Mitgliedern zählte. I« Reichswirtschastsrat und im Vorstand de» Reichrkohlen- Tann von^Scköllenback.UN *Ein Börsenroman von Barr-Run kelHss 4*) (Fortsetzung.) ' Beim zweiten Frühstück wur. e Tann Keller's lange? Telegramm überreicht, und nachdem er es gelesen hatte, lächelte er bei dem Gedanken, daß das Eintreffen der Botschaft fast mit des Herrn Schwarz Besuch zusaminen- fiet, und daß vieler Herr wohl eine ganz -hüvsche Summe dafür bezahlen würde, das Telegramm lesen -u dürfen, wenn er überhaupt von dessen Existenz ge wußt hätte. Der junge Graf nahm an, daß der Vörsen- fürst anfangs unruhig zu werden, weil der,Rafah' noch nicht in Lissabon angekammen war, wo seine Send lings zweifellos warteten. Trotzdem Tann angeblich die telephonische Meldung nicht hatte verstehen können, hatte er doch ganz deutlich gehört, daß Schwarz so eben erfahren hatte, der Gras sei jetzt Eigentümer des ,Rajah'. Er wünsche, den langsamen aber sicheren Dampfer zu chartern Aber der junge Mann konnte sich das Vergnügen nicht orsagen, den schlauen Gegner einem Kreuzverhör zu unterwerfen. Er hatte schon feit mehreren Tagen eine Annäherung des geriebenen Fuchses ermattet, und jetzt kam sie fast zu spät, denn Tann hatte einen« Diener bereits Auftrag gegeben, ihm für den Nachtschnelizug nach Swinemünde einen Platz zu belegen. Der junge Edelinann empfing den ältlichen Geld mann nicht unten in seinem Arbeitszimmer, wie es vielleicht ain passendsten gewesen wäre, sondern be grüßte ihn in seinem geräumigen vornehmen Salon im ersten Stock, wo Tann, der es als Junggeselle nicht so genau nahm, gemütlich seine Zigarre rauchte. Er eröffnete die Unterhaltung damit, daß er seinem Besuch gleichfalls eine Importe oubot, die jedoch ab gelehnt wurde. Herr Schwarz rauchte offenbar über haupt nicht. Der feige alte Herr war augenscheinlich sehr nervös und fühlte sich sehr unbehaglich. Er saß auf der äußersten Kante des eleganten Stuhles und schien nickt recht zu wissen, was er mit seinen Händen an- fangen sollte. Die Benachrichtigung, die ihm zuteil geworden war, daß nämlich Graf Tann der neue Eigentümer des,Rajah' sei, hatte Schwarz sehr in Un ruhe versetzt. Sein Benehmen verriet dies deutlich dem nonchalanten jungen Mann, der tief in einen Sessel zurückgelehnt den Besucher mit unendlicher Ruhe und einem Gesichte betrachtete, das geradezu engel hafte Unschuld ausdrückte. „Es tut mir wirklich leid, daß Sie nicht rauchen," bemerkte Tann in schleppendem Ton. »Ihre Enthalt samkeit beraubt Sie eines großen Lebensgenusses i" „Ichivhabe mir das Rauchen niemals angewöhnt, Herr Graf, und daher mag es wohl kommen, daß ich den Genuß nicht sehr entbehre. Ich führe ein sehr arbeitsames Leben, und seitdem die Zeiten an der Börse so schlecht geworden sind, manchmal ein sehr aufregen des, und deshalb habe ich bisher sehr wenig Gelegen heit gefunden, mich den, ich möchte fast sagen — jedoch ohne anzüglich oder beleidigend werden zu wollen —- kleineren Lastern des Lebens hinzuaeben." „Ach, da höre ich den großen Geschäftsmann, mit Kleinigkeiten geben Sie sich nicht ab, sondern es muß immer etwas Großes sein, sei es nun ein Geldgeschäft oder ein Laster!" »Ich hoffe, Herr Graf, ich kann mich ohne Eitel keit rühmen, daß Ich es verstanden habe, da» Laster zu meiden, groß oder klein!" „Glücklicher Mann! Ich wollte, ich könnte da» auch von mir behaupten. Also die Zeiten sm- eben schlecht an der Börse?" „Jawohl, sogar sehr schlecht!" „Na, warum geben Sie dann die Börse nicht ein fach auf und ziehen sich ganz nackt Ihrem Wannse« zurück, wo es sich so angenehm leben lassen soll?" „Ein reicher Mann kann leben, wo es ihm gerade gefällt; aber ich bin all mein Leben lang ein Mann der harten Arbeit gewesen." „Arm, aber ehrlich! was? — Aber im Ernst, Herr Schwarz! Werin üb mir die Sache richtig überlege, dann glaube ich, daß ihr Leute der harten Arbeit mehr Genuß von euerem Geld, namentlich beim Er werben habt, als wir Faulenzer, die wir nie den Manoel kennen gelernt haben Vielleicht haben Sie die Güte, mich davon zu unterrichten, womit ich Ihnen zu Diensten s in kann!" „Zn der Zeit, r ls ich noch beabsichtigte, gewisse Goldfelder auszudenten — eine Sache, von der Sie ja Kenntnis haben, Herr Graf, hatte ich einen Dampfer, den Rajah gechartert." „Ach, den Rajah!" unterbrach Graf Tann und richtete sich auf. während ein Ausdruck des Begreifen» plötzlich seine Züge zu überfliegen schien. „Den Rajah'l Das war es also, was Sie mir sagen wollten! Ach dachte, Sie hätten etwas vom Radsport geredet, ß» wenigsten» glaubte ich zu verstehen Also der ,R— jah! Jetzt begreife ich! Sprechen Sie nur weiter, Herr Schwarz »Ich wollte Ihnen Mitteilen, Herr Graf, daß ich den ,Rajah' seinerzeit von einer Reederfirma in Hamburg gechartert hatte in der Absicht, ihn bei der Ausbeutung der Golddlstrikte in Westafrika zu verwenden. Da dieses Minenunternehmni jedoch inzwischen aus meinem und meiner Gesellschafter Veliz in den Ihrigen über gegangen ist, so entschloß ich mich, den .Rajah in deni süd- amerikanijchen Viehhandel u vei wenden. Wir besitzen nämlich sehr ausgedehnte Ländereien in Argentinien, die wir nutzbringend zu machen versuchen wollen im Hinblick auf die schließliche Gründung einer Aktien» gesel. schäft." „So, also der .Rajah' ist nach der argentinifchM Republik gegangen! Wirklich?" fragte Tann „Jawohl h" „Mit seiner ganzen Ladung von Dynamit und Berg werksmaschinen ? Für einen Viehzüchter jedenfalls eine recht merkwürdige Schiffsladung, nicht, Herr Schwarz?" „Na ja, sehen Sie, Herr Gral, Dynamit und Maschinen hatten wir nun doch einmal, und da es auch in Südamerika recht viele Bergwerke gibt, so dachten wir, wir könnten das Ganze drüben besser und vorteilhafter los werden als hier!" „Natürlich hege ich nicht den leisesten Zweifel daran» daß Sie ausgedehnte Weidegründe in Süd amerika besitzen, Herr Schwarz, dagegen aber hege ich einen starken Verdacht —" Er unterbrach sich, öffnete plötzlich die Augen etwa» weiter und betrachtete sein Gegenüber mit einem forschenden Blick. Sie hegen einen starken Verdacht, Herr Graf? In welcher Art?" stotterte schwarz. „Ich argwöhne, daß Sie in Südamerika eine Mine besitzen, von der Sie möglichst wenig in die Oeffent» lichkeit dringen lassen wollen!" „Ja, Herr Graf," entgegnete Schwarz mit offen barer Zurückhaltung, „es ist wohl kaum klug, über der artig« Sachen zu früh zu sprechen!" (Fortsetzung folgt.)