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Schönburger Tageblatt rmö Nr. 194 Smmabcnd, den 2V. August 1927 50. Jahrgang. Ein Ultimatum Tschangtsolins an die Diese» Blatt enthält die amtliche« Bekanntmachungen des Amtsgericht» und des Stadtrats zu Waldenburg. Ferner veröffentlichen zahlreiche andere staatliche, städtische «. Gemeinde-Behörden ihr» Bekanntmachungen im Schönburger Tageblatt. Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg Sachsen. l>1 Sächsische» UN» de, Deutschen Zeltung«verleger-Dereln, (cr. B.) — V-rl-ig«ort Waldenburg T-chsm. G-erid-d«, lM». Fernsprecher Nr. ». Postschließfach Nr. S. ««mcheckkento vmt L«lp,ia Nr. 14SS. Bankkonto: veretnibank N» »oidls, Wi-le «aldenbura. «tadtglrokonto Waldenburg Sa Uabatte gellen nur bei pünktlicher Zahlung, bei »wanggweise» Eintreibung »er NechnungsbeteLg, wirb jeter Nachlaß hinfLlltg. Anzeigen bi» vorm. V Ahr am AuSgaberag er»^ Ausgabe nachmittag» >Z Ahr in dir TeschLstSsield» in Waldenburg Sa., Obergaffe 38. Erfüllung», ort Waldenburg. Filialen in Altstadt Waldenbur» bei Lerrn Otto Förster' in Callenberg bei Lerr» Friedr. Lermann Richter; in LangenchurSdorf bet Lerrn Lerman» Esche; in Wolkenburg bei Lerr» LinuS Friedemann; in Penig bei Firma Wilhelm, Dahler; in Ziegelheim bei Lerrn Eduard Kirsten. Im Falle höherer Gemalt, Krieg, Streik, vuSsperruna, Maschine»» bruch, Störungen im Betrieb der Druckerei oder unserer Liefere», bat der Bezieher keinen Anspruch auf Erhalt der Zeitung ödes- Rückzahluna deS Bezugspreises. Für Richtigkeit der durch Fern»- sprecher ausgegebenen Anzeigen übernehmen wir keine Gewübs Augleich weit verbreitet in den Ortschaften der StandeSamtsbezirke Altstadt Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba" Riederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim» Erscheint werktSal. Rach«. Bezugspreis monat- HUMUM Valsenburger Anzeiger Und Offertengebühr 0,20 R--Mark, Rabatt nach Dartf. Schwieriger Sah (Tabellen) mit Aufschlag. In der Rheinschiffahrt ist ein Streik ausgcbrochen. Rotzbach ist ans seine Beschwerde hin aus -er Haft entlassen worden. Der Flieger Ndet rüstet zum Oreanfluge. Frankreich hat in Loudon eine Rote überreichen lassen. Der deutsche Botschafter in Paris von Hösch stattete PoincarS einen Besuch ab. Englische Truppen haben durch Zerstörung und Be setzung der Eisenbahnlinien bei Schanghai der flüchtenden Nanktngarmee den Rückzug nach dem Süden abgeschnitten. In Dublin wurde eiu Bombenattentat verübt. Bon den Honolnlnfliegern werden zwei vermitzt. In Washington ist mau beunruhigt über Japans Eingreifen in Shina, 'Waldenburg, 19. August 1927. Nach äußerst langwierigen und schwierigen Ver handlungen ist nunmehr in Paris das neue deut sch- französische Handelsabkommen unterzeich net worden. Es unterscheidet sich wesentlich von den bisherigen Handesprovisorien, einmal durch seine Dauer es ist für ein Jahr abgeschlossen — und sodann durch den Umfang seiner Bestimmungen. Man kann dieses Abkommen tatsächlich einen Handelsver trag nennen, wenn auch dieser Vertrag nur einen vorläufigen Charakter trägt. Viele der deutschen Wünsche sind in dem neuen Abkommen berücksich tigt worden; es bringt insbesondere unseren großen Exportindustrien unleugbare Vorteile. Allerdings Hal die Sache auch eine Kehrseite: Die Zugeständnissc an die deutsche Industrie sind auf Kosten der deutschen Landwirtschaft und insbesondere des deutschen Wein baus erfolgt, der ohnehin schon schwer zu kämpfen bat. In der innerdeutschen Politik herrscht jetzt Fe rienstimmung. Die meisten Minister haben Berlin nach dem Verfassungstage wieder verlassen, und auch der Reichspräsident weilt fern von Berlin in den bayerischen Bergen. Je stiller es in der Politik ist, umso größeres Interesse brachte man dem Ozean- fluge entgegen, der leider durch die Ungunst der Witterung einstweilen mißlungen ist. Aber man hat aus diesem ersten Versuch mancherlei gelernt, vor allem auch das eine, daß die Wettervoraussagen un serer Wetterwarten vollkommen wertlos sind. Unsere Wetterkundigen haben sich alle als falsche Propheten erwiesen. Das ist an sich nichts Neues. Wir haben es alle schon bei verregneten Ausflügen am eigenen Lerbe gespurt, daß man sich auf Wettervoraussagen nicht Verlassen darf. Bei einem Ozeanflug handelt es sich aber um ungleich mehr als bei einem Sonntags- ausflug, es steht dabei mehr auf dem Spiel als ein neuer Hut. Die Wetterkunde ist daher eine wichtige Hilfswissenschaft für den Flugverkehr, und die Er kenntnis, daß man sich auf diese Wissenschaft auch dann nicht verlassen kann, wenn im Einzelfalle die Wetteraussichten mit besonderer Sorgfalt und Gründ lichkeit geprüft worden sind, ist äußerst schmerzlich, aber auch nützlich für die Zukunft. Auch in dieser stillen Spätsommerzeit hat cs nicht an Regierungskrisen gefehlt. Man konnte in den letzten Tagen deren drei verzeichnen: in Ir land, in Griechenland und in Danzig. In Irland ist es der Negierung Cosgrave noch einmal gelungen, sich mit der knappen Mehrheit von einer Stimme gegen die Koalition zu behaupten, die sich nach Ein tritt der Anhänger de Valeras in das Parlament gebildet hat. In Griechenland hat der bisherige Ministerpräsident Zaimis ein neues Kabinett gebil det. Es ist ein Kabinett der großen Koalition, dem alle Parteien mit Ausnahme der Volkspartei angehö ren. Die durch die Amtsniederlegung der beiden li beralen Senatoren in Danzig entstandene Regie rungskrise wird jedenfalls bis zu den im November stattfindenden Neuwahlen vertagt werden. In Portugal gab es sogar wieder einmal einen der dort so beliebten Militärputsche. Es blieb allerdings diesmal beim Versuch. Die Regierung konnte sich behaupten, worüber vielleicht niemand wehr erstaunt ist, als sie selbst. Der Putsch scheint allerdings auch in primitivster Weise unternommen worden zu sein. Das portugiesische' Volk Pflegt ja ohnehin den so häufig wiederkehrenden Militärput schen völlig interesselos gegenüberzustehen und sie als eine Art Manöverübung der Armee zu betrachten. Diesmal wollte aber auch das Heer nicht mittun. In China hat sich wieder einmal das Bild voll kommen verschoben. Der Führer der Nanking-Trup- kpen, Tschangkaischek, ist vom politisch-militärischen Schauplatz abgetreten, nachdem er sowohl politisch Vie militärisch nach seinen anfänglichen Erfolgen große Rückschläge erlitten hatte. Die Wiedervereini gung zwischen Hankau und Nanking scheint nunmehr unmittelbar bevorzustehen. Dabei tritt wieder Feng- yushiang mehr in den Vordergrund. Sin „wirMaflliches Locarno"? Pariser Stimmen zum deutsch-französischen Haudels- abkommen. Zum Abschluß des deutsch-französischen Handels abkommens hat der französische Handelsminister Bo- kanowski vor seiner Abreise nach Amerika gegen über einem Vertreter des „Exzelsior" erklärt: Im Laufe der Verhandlungen haben wir schwierige Tage und angstvolle Stunden verleben müssen. Man muß anerkennen, daß das Ergebnis befriedigend ist. Das Abkommen beweist von beiden Seiten einen erfreu lichen Geist der Versöhnlichkeit. Das ist bester Lo carnogeist, denn er begibt sich auf den Weg der Prak-' tischen Leistung. Ministerialdirektor Serruhs erklärte: Alles in allem haben die liberalen Grundsätze, die bei der Gen fer Wirtschaftskonferenz vorherrschten, in dem Ab kommen gesiegt. Ich habe die feste Ueberzeugung, daß das neue Abkommen dadurch, daß es den Wirt schaftsaustausch zwischen Frankreich und Deutschland fördert und regelmäßig gestaltet, viel zu der er wünschten Annäherung zwischen den beiden Ländern beitragen wird. Die Pariser Presse hat den Abschluß des Abkom mens mit wenigen Ausnahmen günstig ausgenommen. „Ere Nouvelle" erklärt: Man darf den aktiven auten Willen des Ministerialdirektors Posse, der es verstanden hat, die Instruktionen aus Berlin den Erfordernissen der schwierigen Lage anzupassen, nicht mit Stillschweigen über gehen. Man hat von einem wirtschaftlichen Lo carno gesprochen. Tie Formel ist verführerisch, aber nicht durchaus richtig. Es ist richtiger, zu erklären, daß das Abkommen im Geiste von Locarno abgefaßt ist. Zum ersten Male bei einem Vertrage, der nur materielle Inter essen in Frage stellt, wagt man es, sich auf die ideale Auf fassung zu berufen, der der Völkerbund seine Existenz ver dankt. Tas Abkommen bedeutet den Beweis eines neuen Geistes in den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Völkern. Ein neues Hindernis auf dem Wege zum Frieden ist niedergelegt worden. „Paris Matinal" schreibt: Gestern hat man geschrie ben, daß man vor einem wirtschaftlichen Locarno stehe. Tie Formel ist richtig. Man kann sogar sagen, daß Frank reich und Teutschland durch dies Abkommen Locarno reali siert, konkret gestaltet und materialisiert haben. Tie Bande, die die beiden Länder vereinen, sollen enger geknüpft werden. Ein schlechter Friede ist besser als ein guter Krieg; ein schlechtes Abkommen ist besser als ein guter Wortstreit. Tas Abkommen ist nicht sehr gut, es hat sehr viel mangelhafte Punkte; aber es ist vorhanden. „Figaro" meint: Tie Deutschen ziehen sicher aus dem glücklichen Ausgang der langwierigen Verhandlungen einen moralischen und politischen Nutzen. Handelt es sich doch um einen deutsch-französischen, unabhängig vom Siege abge schlossenen Vertrag. Man kann nicht mit Begeisterung da von sprechen, aber man hätte den Abbruch und seine Rück wirkungen beklagt. Hoffen wir, daß das Abkommen den Austausch mit unseren Nachbarn begünstigt und dadurch unsere politischen Beziehungen entspannt und ihre „kriege rischen Tendenzen beruhigen" wird; möge es aber vor allen Dingen nicht das Schicksal der Locarnoverträge haben. „Gaulvis" schreibt: Ter Hauptanteil des neuen Re gimes ist vor allem politischer Art. Es beschwört die immer ernsten Gefahren eines Tarifkrieges zwischen den beiden Ländern, es öffnet den Weg zu normalen wirtschaftlichen Beziehungen, die fruchtbar werden können. Loyal ange wendet kann das Abkommen dazu beitragen, jenen Geist friedlicher Zusammenarbeit ins Werk zu setzen, der der Geist von Locarno und Genf sein sollte, und zwar nicht nur in den Grundsätzen, sondern in der lebendigen Wirklichkeit. „Petit Parisien" nennt das Abkommen einen wirk- lsLen Akt wirtschaftlicher Pazifizierung. Es sei eine vrak- Nankingregierung. tische und weitgehende Realisierung des'Geis.es von Locarno, und der wesentlichen Grundsätze von Genf. „Oeuvre" schreibt: Tie Wichtigkeit liegt darin, daß man zur Unterzeichnung gekommen ist. Es wäre tief bedauer lich gewesen, wenn die normalen Beziehungen zwischen beiden Ländern unterbrochen worden wären. Bokanowski hat gesagt, daß er ein wirtschaftliches Locarno vorbereitet habe. Einige seiner Freunde würden ihm ohne Zweifel erklären, daß das für sie kein Kompliment sei; wir möchten! ihm sagen, daß der Vergleich vielleicht ambitiös ist: trotz dem muß man seftstellen, daß Bokanowski nützliche Arbeit: geleistet hat. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die nächste Sitzung des Reichskabinetis findet nicht vor dem 27. August statt. An dieser Sitzung, die sich mit der Genfer Tagung befassen wird, sollen auf Wunsch des Reichskanzlers und des Außenministers auch diejenigen- Minister teilnehmen, die in der letzten Kabinettssitzung sich, noch in den Ferien oder aus Dienstreisen befanden. Heute Freitag finden auf Veranlassung des Reichepost ministeriums im Fernsprechamt in Hamburg Fernsprech' versuche mit Buenos Aires statt Noch dem Wortlaut des dem Reichstage zugegangenen' Auslieferungsgesehentwurss Ist die Auslieferung nur wegen einer Tat zulässig, die noch deutschem Recht ein Verbrechen oder Vergehen ist. Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn die Tat nach deutschem Recht nur nach den Milstärstrafgesehen strafbar ist oder nur mit einer Der- Mögensstrafe geahndet wird, die nicht in eine Freiheits strafe umgewandelt weiden kann Die Auslieferung ist ferner nicht zulässig, wenn die Tot, die die Auslieferung veranlassen soll, eine politische ist oder mit einer politischen Tat derart im Zusammenhangs steht, das sie diese vorbe» reiten, sichern, decken oder abwehren sollten. Verurteilung eines Werbers für die Fremden legion. Das Schöffengericht in Ludwigshafen ver urteilte den Arbeiter Ernst Noak aus Colmar (El saß) wegen Versuchs der Anwerbung junger Deutscher zur französischen Fremdenlegion zu zwei Jahren und einem Monat Gefängnis. Dem Angeklagten konnte je ein Fall in Heidelberg und Ludwigshafen nachge wiesen werden, wo er mit Hilfe von Alkohol zwei junge Leute zum Uebertritt in die Fremdenlegion überreden wollte. Haftentlassung Roßbachs. Wie das „Mecklen burger Tageblatt" erfährt, hat die Haftbeschwerde, die in der Strafsache gegen Roßbach und Genossen durch dessen Verteidiger, Rechtsanwalt Schröder-Wismar, eingelegt worden ist, den Erfolg gehabt, daß die Haftbefehle gegen sämtliche Angeschuldigten aufgeho ben sind. Die Verhafteten, Roßbach, Meincke, Bender und Linsemeier sind sofort aus der Haft entlassen worden. Botschafter v. Hoesch beim französischen Mini sterpräsidenten. Der deutsche Botschafter v. Hoesch hatte eine Unterredung mit dem Ministerpräsidenten Poincare, die anderthalb Stunden währte. Anlaß zu der Besprechung gab der Wunsch des Botschafters, dem Ministerpräsidenten persönlich zu danken für die Anteilnahme, die die französische Regierung und ins besondere auch Herr Poincare ihm während seiner langen Krankheit bezeigt hätten. Im Laufe der Un terredung wurde der gegenwärtige Stand der deutsch- französischen Beziehungen im allgemeinen erörtert^ wobei der jetzt erfolgte Abschluß des deutsch-fran zösischen Handelsvertrages in seiner Bedeutung einer besonderen Würdigung unterzogen wurde. Italien. „Agenzia Stefani" veröffentlicht über die Ver urteilung der fünf Priester in Udine, die nach langer Duldung durch die dortige Polizei verhaftet worderr seien, eine Mitteilung, in der es heißt, daß die Ver hafteten politische Dilettanten feien, deren Feind seligkeit gegen das faschistische Regime bekannt feix einer von ihnen habe im Oktober 1917 Oesterreicher bei sich ausgenommen. In der Mitteilung wird weiter hervorgehoben, daß die fünf Priester nicht ins Ge- fänanis aebrackt worder» seien, sondern im Kolles