Volltext Seite (XML)
den durch die Inflation ihrer Existenz beraubten Rentnern einen klagbaren Rechtsanspruch auf eine dem verlorenen Vermögen entsprechend gestaffelte Rente sichert. Oesterreich. In Wien sind wieder zahlreiche Personen verhafet worden, die überwiesen sind, an der Zerstörung der .Reichspost' mltgewirkt zu haben. Auch werden immer neue Personen sestgenommen, in deren Lesitz Waffen gefunden wurden, die von Plünderungen herrühren. Frankreich. Die französische Rechtspresse fordert die Abberufung des .russophilen' Botschafters Herbette in Moskau und den Abbruch der Beziehungen zwischeu Paris und Moskau. Die Botschafterkonferenz wird vorläufig keine General quittung über die Erfüllung der Abrüstungsklauseln des Versailler Vertrages ausstellen, da infolge der Parlaments ferien in Deutschland dir Vorlage über das Pol'zeistatut noch nicht angenommen werden konnte. England. Im irischen Parlament kam es bei der Beratung der Regierungsvorlage für die öffentliche Sicherheit zu Sturmszenen. Der Kultusminister O'Sullivan warf der Arbeiterpartei vor, daß sie aus der Ministerermordung Kapital zu schlagen suche. Von der Linken wurde darauf stürmisch die Rücknahme dieser Beschuldigung verlangt, was von Regierungsselte abgelehnt wurde. Die Arbei terpartei verlieh darauf das Parlament. Die Regierungs vorlage wurde mit 48 gegen 18 Stimmen angenommen. Rußland. Wie aus Ruhland gemeldet wird, hat das Sowjetgericht tn T'flis fünf politische Sowjstkommissare und Abteilungs leiter zum Tode verurteilt. Das Urteil ist bereits voll streckt Der Mllitärkommissar der Sowjetrepublik soll gelegent lich der letzten Moskauer Unruhen in einer Rede bekannt- gegeben hoben, daß die Flugzeuge der Roten Armee mit Giftgasen ausgerüstet seien, die viel entsetzlichere Wir kungen hätten als all? bisher verwendeten. Das Geheim nls dieses neuen Explosiogases, Berso! genannt, be findet sich im Besitz einer chemischen Fabrik Norddeutsch lands. Diese Firma habe vor drei Jahren im Gouver nement Samara eine Fabrik errichtet, um das Gas dort herzustellen. Deutsche Chemiker leiteten die Fabrik und überwachten die Produktion. Rumänien. Nach einer Meldung des „Matin" aus lest hat der Vorstand der Volkspartei seinem Präsi denten General Averescu wegen seiner Erklärung in Senat, in der er sich den Ansichten Bratianus anschloh nahegelegt, vom Vorsitz zurückzutreten, da diese Erklä rung ohne Wissen der Partei abgegeben worden sei. General Averescu hat sich Bedenkzeit erbeten. Man spricht auch von einer Verschmelzung der Volkspartei mit der Nationalen Bauernpartei und rechnet damit daß General Averescu sich aus dein politischen Leben .zurückzieht. — Die Zeitung „Paris Matinal" hebt auffallend vor, daß die Königin-Witwe von Rumänien an den offiziellen Trauerfeierlichkeiten in Bukarest nur sehr entfernt teilgenommen habe. Das Blatt führt da- auf ein Zerwürfnis mit Bratianu zurück. Am Todes tage des Königs habe der Streit einen solchen Umfanc angenommen, daß die Königin-Witwe Bratianu damit gedroht habe, sie werde sofort das Land verlassen, um das Schicksal ihres Sohnes Carol zu teilen. Asien. Wie aus Tokio berichtet wird, hat d'.e Kaiserin von Japan den Heiligen Gürtel angelegt, den sie bis zum Eintreten des freudigen Ereignisses, das in etwa vier Wochen erwartet wird, tragen wird. Die aus diesem Anlaß üblichen Festlichkeiten fanden wegen der Hoftrauer nicht statt, dagegen wurden die rein religiö sen Zeremonien beobachtet. Die Tatsache, daß ein Kranich mehrere Male über dem kaiserlichen Palast kreiste, wird von der Bevölkerung als ein glückliches Omen für die Geburt eines Sohnes gedeutet. An» dem Mutdentale 'Waldenburg» 29. Juli 1927. Spenden für die Unwettergkschädigten im Erz gebirge an den Postschaltern. Bet der Reichsgeschäfte. stAle der Deutschen Nolhtlfe tn Berlin IV 8, Wilhelm- straße 62, gehen erfreulicherweise täglich zahlreiche Spen den für die Unwettergeschädiglen im Erzgebirge ein. Um auch zur kostenfreien Einzahlung kleiner Beträge Ge tegenheit zu geben, sind die Postschalter im Bereich sämt licher sächsischen und preußischen Oberpostdirektionen ange wiesen worden, Geldspenden entgegenzunehmen. Postscheck Konto der Deutschen Nolhtlfe: Berltn Nr. 160,000. '— Souderbeihilfe für Kleinrentner im Landkreis Altenburg. In den nächsten Tagen wird von den Ge meinde- und Stadtvorständen an die Kleinrentner eine Reichssonderbeihilfe zur Auszahlung kommen. Die näheren Bestimmungen über die Auszahlung der Sonder beihilfe ist den Gemeinde» und Stadtvorständen bereits zugegangen; sie können dort von den in Frage kommen den Kleinrentnern eingesehen werden. Dammbrüche von Teich- und Grabenanlagen können, wie erst kürzlich der Reichenberger Dammbruch bewiesen hat, leicht elntreten, wo der Bekämpfung der Bisamratte nicht fortlaufend die notwendige Aufmerksam keit gewidmet wird. Einmal an einem Gewässer seßhaft geworden, vermehrt sich dte Bisamratte sehr rasch und nur allzubald durchsetzen ihre weiten Wühlgänge dann auch das User dort, wo es dem stärksten Wasserdruck ausgesetzt ist. Ausstrudelung der Gänge durch nachdrückendes Wasser führt dann notgedrungen zu Dammbrüchen mit ihren schlimmen Folgen. Es wird daher erneut darauf hinge wiesen, daß die Besitzer, Pächter und Nutznießer zur Ver tilgung der Bisamratten in Teichanlagen, Mühlgräben und Gewässern aller Art gesetzlich verpflichtet sind und kostenfreie Auskunft über bewährte Bekämpfungsmaß- nahmen von der Staatlichen Hauptstelle für Pflanzenschutz, Dresden, Stübellallee 2, Fernruf 33220, jederzeit erhalten können. Deutschland und die Lausanner Weltkonserenz. Vom 3. bis 21. August lagt bekanntlich in Lausanne die Weltkonferenz für Glaube und Kirchenoerfassung, die sich eine Annäherung der christlichen Kirchen in den Fragen der Glaubenslehre und der Kirchenverfassung zum Ziele gesetzt hat. Der Kirchenbund der deutschen Landeskirchen wird diese Konferenz nicht beschicken, da die zurVerhand- lung stehenden Fragen außerhalb der verfassungsmäßigen Zuständigkeit des Bundes liegen. Da es jedoch wünschens wert schien, daß der deutsche Protestantismus in Lausanne nicht unvertreten sei, hat sich für die Beschickung der Kon ferenz von deutscher Seite auf Wunsch der Konferenzlei tung ein freier Ausschuß unter dem Vorsitz von Dompredi- ger Prof. vr. Lang, Halle, gebildet. Die deutsche Teil- nehmeriiste zählt 35 Namen. Wohlfahrtsarbeit als Beruf. Unter Vorsitz des Geh. Reg -Rats Or. Weißwange fand in Dresden kürzlich die staatliche Prüfung des Lehrganges 1925/27 der Wohl- fohrtspflegerinnen der Sozialen Frauenschule des Landes verbandes für christlichen Frauendienst statt. Von den 24 Prüflingen, unter denen sich diesmal auch zwei junge Männer befanden, bestanden 23; eine trat während des Examens zurück Die Geprüften wenden sich nunmehr praktischer Wohlfahrtsarbeit zu. *— Lutherischer Kirchenkongreh in Marburg. Nachdem kürzlich in Leipzig unter Vorsitz des Präsidenten, Londesbischof l). Jhmels, Dresden, der Arbeitsausschuß des Lutherischen Elntgungswerkes getagt hat, ist nunmehr die nächste Haupttagung für die Woche nach dem 18 September in Marburg a. d. Lahn festgeiegt worden. Die öffentlichen Verhandlungen dieses Kongresses, die für die sächsische Landeskirche als größte eoang.-luth. Kirche der Welt besondere Bedeutung haben, finden vom 20.—23. September statt. Wie bereits auf dem ersten lutherischen Ktrchenkongreß, der 1925 in Oslo staltfand, eine zahlreiche Teilnahme des Auslandes festgestellt wurde, ist auch dies mal mit der Teilnahme von 300 lutherischen Amerikanern zu rechnen. Aus de« Saehsenlande. — Leipzig. Unter dem Motto: .Die Frau in Staat und Wirtschaft' stand die am 17. Juli im vollbesetzten Saale des Bundeshauses Leipzig veranstaltete Frauen Arbeitstagung des Gewerkschaftsbundes der Angestellten, Gau „Freistaat Sachsen'. Fräulein Sigusch Berlin be handelte in klaren und gutdurchdachien Ausführungen die Stellung der Frau >m öff°ntltchen Leben im 20. Jahr hundert. Tie äußere Stellung der Frau hat in den letzten 10 Jahren eine umfassende Änderung erfahren. Es muß aber auch eine innere Umstellung der Frau eintreten und ebenso bedarf es einer Umwandlung in der Einstellung de» Mannes gegenüber der berufstätigen Frau Die im Laufe der Tagung gegebenen Berichte der Vertreterinnen und das sich diesen anschließende Referat über .Geleistete und noch zu leistende Arbeit', gehalten von der Leiterin der Frauen gruppen im Gau Freistaat Sechsen, Ä. Wübold, gaben Zeugnis über eine tatkräftige und verständnisvolle Zu sammenarbeit der beiden Geschlechter. — Leipzig Die Petershof AG. hat einen großen Grundstückskomplex im Messezentrum Leipzigs, Peters- straße, Burgstroße, Sporergäßchen, Thomasklrchhof, erworben, läßt zehn Häuser abbrechen und wird an der Petersstroße nach Niederlegung des Mebhauses .Reichs kanzler' sofort mit dem Neubau eines neuen Mebpalastes, des .Petershof', beginnen. — Leipzig. Bei einem schweren Gewitter, das am Mittwoch Nachmittag über dem Feldberg in Freiburg i B. sich entlud, wurde der 24 Jahre alte Student Derbes aus Leipzig, wohnhaft in Freiburg, vom Blitz getroffen und sofort getötet. Die Kleider waren dem Unglücklichen vollständig vom Leibe gerissen. Ein ihn begleitender Student wurde vom Schlage betäubt, erholte sich aber bald wieder. Zwei junge Damen kamen mit dem Schrecken davon. — Mühlau. Am Mittwoch Abend gegen '/«S Uhr ereignete sich auf der Staatsstraße Mühlau-Penig ein schwerer Verkehrsunfoll. Ein Radfahrer, ein Ziegeleiar beiter aus dem Dorfe Mühlau, wurde aus der genannten Straße an der Kreuzung Niederfrohna—Mühlau-Kessel von einem Kraftwagen angefahren und zu Boden gerissen. Bei dem Unfall trug der Radfahrer derart schwere Ver letzungen davon, daß er sofort in das Mühlauer Kranken haus übergeführt werden mußte, wo er noch immer be sinnungslos darniederltegt. — Gersdorf. Dieser Tage wurde mit dem Bau einer großen vier Stock hohen Fabrik, den die Strumpsfirma Louis Bahner in Oberlungwitz ausführen läßt, begonnen. Die Baukosten betragen ziemlich drei Millionen RM. — Oelsnitz. Mittwoch Abend brach in der Scheune des Ritterguts Dreihöf ein Großfeuer aus, das so schnell um sich griff, daß auch die Stallungen des Gutes einge- äschert wurden. Das Feuer wütete die ganze Nacht hin durch. Der Schaden ist sehr bedeutend. Die Entstehungs ursache ist noch unbekannt ! — Scharsenstein. Am Mittwoch Nachmittag stürzte die der Firma Weisbach in Zschopau gehörige Zugmaschine mit Anhänger bei der Holzschleiferei Grießbach den etwa 20 Meter hohen Abhang hinunter in die Zschopau. Der Führer konnte abspringen, der Beifahrer rutschte mit ab, kennte sich aber auch retten. Der Beiwagen war mit Lebensmitteln beladen. — Sebnitz. Dem Mühlenbesiher Otto Schmidt in Schönbach gelang es, in Rugiswalde einen alten Stein marder mit 6 Jungen zu erschlagen. Der alte Marder sprang seinem Angreifer einige Male bis Brusthöhe an, ehe er zur Strecke gebracht werden konnte. — Gottleuba Der Stadtrat zu Gottleuba teilt mit: Da die Aufräumungsarbelten nahezu beendet sind, werden wieder Kurgäste ausgenommen. Im Interesse der Ein wohner von Gottleuba wird gebeten, unsere Badestndt aufzusuchen. — Wie der Siadtrat zu Gottleuba weiter schreibt, gelangen an ihn jetzt zahlreiche Schreiben von Privatpersonen, die sich bereit erklären, Kinder vorüber gehend an Kindesstatt aufzunehmen. Es wird deshalb ' mitgeteilt, daß ein Bedarf für Abtransport von Kindern aus Gottleuba und für anderweite Unterbringung augen blicklich nicht mehr besteht. Soweit uns bekannt ist, trifft das gleiche auch für die Stadt Berggießhübel zu Es wird deshalb gebeten, von weiteren Mitteilungen über Bereitwilligkeit zur Ausnahme von Kindern zunächst bis auf weiteres abzusehen. — Dörgenhausen (Kr. Hoyerswerda). In nicht gerin gen Schrecken geriet eine Bauerngutsbesitzerswitwe, als sie dieser Tage an der Tür der Räucherkammer plötzlich ein heftiges Picken hörte. Als sie die Tür öffnete, kam ihr ein junger Storch entgegen, der sich auf den Schornstein gesetzt hatte, dabei ausgerutscht und in die Räucherkammer gefallen war. Dos Tier mußte leider infolge der erlittenen Brandwunden gelötet werden. Aus veu Nachbarstaaten. — Mühlhausen (Thür ) Ein schweres Unwetter ging am gestrigen Mittwoch Nachmittag über der Mühlhausener Mulde und dem oberen Unstrut-Tal nieder. Storker, zeitweise wolkenbrucharliger Regen und Hagelschauer richte- telen auf den Feldern und tn den Gärten ungeheuren Schaden an. Die Hagelkörner erreichten teilweise eine Größe von Taubeneiern. Nach Schlotheim hin wurde auf zahlreichen Feldern das Getreide völlig niedergelegt. Reiseeindrücke aus Sowjet-Rußland. Dem Organ des Christlichen Volksdienstes, Nürnberg, „Der Volksdienst', Nr 21, vom 21. 5. 1927, entnehmen wir nachstehenden Aussatz, der sich vollständig mit dem Inhalt des im Oktober v. I im „Weißen Kreuz' er schienenen Artikels „Das Grausen' deck» Die Holländerin Frau E. Wirtz Block erzählt über die Erziehung des Kindes in Rußland folgendes: Mit einem beklemmenden und ängstlichen Befühl ver ließ ich Rußland. An Rußlands künftiges Geschlecht dachte ich. Zwei grundlegende Dinge haben die Bolsche wisten der Jugend genommen, den Glauben und die Ehrfurcht der Kinder ihren Estern gegenüber In einem Büchlein, dessen Umschlag rot wie Ochsenblut ist und das den Titel „Das Abc des Bolschewismus' führt, ist die Stellung des Kindes den Ellern gegenüber festgelegt Wie unglaublich es auch klingen mag: der Staat hat den Eltern die Macht über das Kind genommen; bis zum Alter von 18 Jahren haben die Eltern nicht mehr das Recht, die Erziehung des Kindes in die Hand zu nehmen Mit 18 Jahren erhält das Kind die Erlaubnis, zu wählen, weicher Glaubensgemeinschaft es sich anzuschließen wünscht- Wenn man bedenk», daß das Kind keinen Religions unterricht genießt und daß in den Schulen die Gottes leugnung verkündet wird, dann liegt es auf der Hand, daß mindestens 90 Prozent der Jugend nicht mehr sich einer Glaubensgemeinschaft anschließt. Von bolschewistischer Seite wird dafür gesorgt, daß nur die Lehrer und Lehrerinnen in den Schulen unterrichten, die ihre Ge danken übernommen haben. Die meisten dieser Leute haben es um des Brotes willen tun müssen. Jemand äußerte sich einst voller Bewunderung darüber, daß Trotzki in solch kurzer Zeit ein rotes Heer aus dem Boden zu stampfen verstanden habe. Das ist wirklich eine Kunst I In einem Lande, wo jeder Hunger litt, war es nicht schwer, junge Leute zu bekommen, die ins Heer eintraten, weil sie wußten, daß sie nur dort zu essen be kamen; dasselbe war der Fall mit den Beamten, den Lehrern und Lehrerinnen. In dem Lande des Spionage systems fühlte sich niemand sicher, und es ist also sehr begreiflich, daß kein Lehrer oder keine Lehrerin es wagt, der Jugend irgend welchen Religionsunterricht zu geben. Die kleinen Kinder müssen bereits einige Stunden wöchent lich Unterricht über die Grundlagen des Bolschewismus erhalten, und von dem Pult des Lehrers aus wird ver kündigt, daß es unwahr ist, daß ein Gott bestehe. Die Leiter der Bolschewisten haben bemerkt, daß sie die Jugend besser in die Hand bekommen, wenn sie diese der elterlichen Gewalt entziehen; denn vieles von dem, was sie den Kindern in der Schule beibrachten, ging natürlich verloren durch das Wahre und Gute, was ihnen daheim durch ihre Eltern vorgehalten wurde. Ein neues Schulgesetz wurde verkündigt: Alle Kinder, die höheren Unterricht genießen wollen, können aus eigenem Willen ohne Zustimmung der Estern sich in Internate aufnehmen lassen, wo sie aus Staatskosten freien Unterricht, freie Kost, Wohnung und Kleider erhalten. Die russische Jugend schien es anziehend zu finden, einmal ganz frei, ohne elterliche Aufsicht leben zu können, und die Zahl der Kinder, die in die großen Städte strömten, wurde so groß, daß das Unterrichtsministerium nicht wußte, wo es alle