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abend, den 3. August, von Amsterdam kommend, wo er die Königin-Regentin der Niederlande besucht, auf seiner Dacht „Hohenzollern" in Cowes an, verbringt dort auf seiner Dacht eine Woche und reist am folgenden Sonn abend darauf mit Sonderzug nach Penrith zu Lord Lonsdale auf Schloß Lowther. Dort verweilt er meh rere Tage, nimmt an der Haselhuhnjagd theil, die am 12. August beginnt, und begiebt sich darauf nach Schott land zum Herzog von Fife, der ihn nach New Mar Lodge zur Hirschjagd im berühmten Mar-Walde eingeladen hat. Am Abend des 14. August trifft der Kaiser in Aberdeen ein und fährt auf seiner Dacht nach Wilhelmshaven ab. Der Prinz von Wales wird den Kaiser, seinen Neffen, weder nach Schloß Lowther, noch nach Schottland begleiten. Prinz-Regent Luitpold von Bayern hat auf die Eingabe eines Bauernvereins bezüglich der Lage der Land- wirthe geantwortet, daß ihm die Fürsorge für die Land- wirthschaft, welche unleugbar schwer zu kämpfen habe, ihm warm am Herzen liege. Die Regierung werde immer im Sinne des Regenten handeln, wenn sie er füllbaren Wünschen auf diesem Gebiete ihre ernste Be- dachtnahme zuwende. Zur Eröffnung des Nordostseekanals werden vier spanische Schiffe eintreffen. Der Czar, der wie der Kaiser von Oesterreich und der König von Italien zur Theilnahme eingeladen ist, soll sein Erscheinen bereits zugesagt haben. An der Eröffnungsfeier nehmen 5 öster reichische Kriegsschiffe unter Erzherzog Karl Stephan theil. Der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Freiherr von Scheie, hat, wie die „N.-Z." erfährt, in einer Audienz beim Kaiser seine Entlassung wiederholt; eine Entschei dung ist noch nicht getroffen. Herr v. Schele beanspruchte auf Grund seines militärischen Ranges eine Stellung nicht unter der Colonialabtheilung, sondern unter dem Reichskanzler, und er wurde s. Z. von dem Grafen Caprivi hierin unterstützt; die Politik der nutzlosen Kriegszüge wurde dadurch gefördert. Seit dem Kanzler wechsel ist bekanntlich eine einheitlichere Gestaltung der Berliner Leitung der Colonialangelegenheiten angeordnet worden. Das Interesse der wirthschaftlichen Nutzbar machung Deutsch-Ostafrikas erfordert jedenfalls, daß an dieser festgehalten wird; militärische Rangansprüche, welche im Gegensatz dazu stehen, könnten nur zum Schaden der Colonialpolitik Berücksichtigung finden. Der deutsche Handelstag, die Vertretung der deut schen Handelskammern, kaufmännischen Corporationen und Vereinigungen, welcher in Berlin versammelt ist, hat mit allen gegen eine Stimme sich gegen eine Aenderung der Währung erklärt. Das neue Branntweinsteuergesetz wird jetzt in kürzester Frist dem Bundesrathe zugehen. Auch diese Vorlage bildet ein Glied in der Kette der Maßnahmen, welche wesentlich im Interesse der Landwirthschaft in den östlichen Provinzen mit ihrem schwächeren Boden in Aus sicht genommen sind. In Socialisten-Blättern wird die Aeußerung eines freiconservativen Abgeordneten verbreitet, nach welchen, diesem ein bekannter Centrumsführer gesagt, das Centrum werde schließlich Mann für Mann für die Umsturz vorlage stimmen. Darnach sieht es allerdings mehr und mehr aus. Die Budgetcommission des Reichstags berieth am Frei tag bei Fortsetzung der Berathung des Marineetats über die neuen Schiffsforderungen. Zum Bau des Panzer schiffs „Ersatz Preußen" wird die zweite Rate von 2,500,000 Mk. gefordert. Es entsteht eine längere Er örterung über das Material. Staatssekretär Hollmann führt aus, daß von den Krupp'schen Werken neue Ver suche mit Panzerplatten angestellt werden, und zwar mit Erfolg. Es sei ein Härtungsverfahren entdeckt worden, welches ganz außergewöhnliche Resultate geliefert habe. Anfangs hatten wir Compoundplatten, später Platten aus Nickelflußeisen. An letzteren Platten ist nun eine Schicht noch derart gehärtet, daß die Geschosse nicht durch drangen, sondern zerschellten. Der Preis der Platten habe sich allerdings dadurch gesteigert, aber die Wider standsfähigkeit der Platten sei auch erheblich größer als srüher. Die Marineverwaltung befinde sich jetzt bei der Vergebung von Bauten in günstiger Lage, da die Werke uns um Arbeit fast bestürmen und von vornherein er klären, keinen erheblichen Verdienst zu beanspruchen. Auch Krupp stellte die günstigsten Bedingungen. Die Forde rung wird bewilligt und die weitere Debatte bis Sonn abend vertagt. Im Reichstag haben die Socialdemokraten eine Resolution eingebracht, die verbündeten Regierungen zu ersuchen: Dem, Reichstage einen Gesetzentwurf vorzu legen, durch welchen die Erziehung der Jugend zur Wahr haftigkeit und die Umwandlung der jetzigen Heeresorga nisation in eine Miliz-Wehrordnung angebahnt wird. Die Umsturzcommission des Reichstags hat mit 17 gegen 10 Stimmen zu Z 129«, folgenden Antrag des Centrums angenommen: „Haben Mehrere sich zur fortgesetzten Begehung mehrerer, wenn auch im Einzelnen noch nicht bestimmter Verbrechen verbunden, so werden sie, auch ohne daß der verbrecherische Entschluß durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung ent halten, bethätigt worden ist, mit Gefängniß bis zu 3 Jahren bestraft. Der Thäter bleibt straflos, wenn er von der Verbindung zu einer Zeit freiwillig zurücktritt, zu welcher seine Theilnahme an derselben noch nicht ent deckt war." Abgelehnt wurde 8 131 mit allen gegen 2 Stimmen: „Wer erdichtete oder entstellte Thatsachen, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß sie erdichtet oder entstellt sind, öffentlich be hauptet oder verbreitet, um dadurch Staatseinrichtungen oder Anordnungen der Obrigkeit verächtlich zu machen, wird mit Geldstrafe bis zu 600 Mk. oder Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft." Hierauf brachte das Centrum den Antrag ein, im Strafgesetzbuch den (im Kulturkampf eingeführten) Z 130g,, welcher Geistliche, die in Aus übung ihres Berufs staatliche Angelegenheiten in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise erörtern, mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bedroht, zu streichen, Nächste Sitzung: Mittwoch. Im preußischen Abgeordnetenhause wurde am Freitag die zweite Berathung des Kultusetats begonnen. Beim Ministergehalt erhebt Abg. Danzenberg (Ctr.) aus führliche Klagen über eine angebliche Zurücksetzung der Katholiken in Preußen, verlangt die Beseitigung der noch bestehenden Kulturkampfbestimmungen und bemängelte die staatliche Schulaufsicht. Kultusminister Or. Bosse er widert, der kirchliche Friede sei hergestellt, die Regierung wache sorgsam darüber, daß kein neuer Streit entstehe. Alle katholischen Angelegenheiten würden sorgsam erledigt, von einer Zurücksetzung der Katholiken sei keine Rede. Der Minister vertheidigt entschieden die staatliche Schul aufsicht. Abg. Haacke (natlib.) tritt den Ausführungen Danzenberg's ebenfalls entgegen. Abg. v. Heeremann (Ctr.) verlangt gesetzliche Regelung der letzten Kultur kampfbestimmungen. Minister l)r. Bosse antwortet, es sei jetzt nicht angebracht, diesen Fragen wieder näher zu treten. Abg. v. Jazdzewski (Pole) bringt Beschwerden über Verkürzungen des polnischen Unterrichts vor, die vom Minister zurückgewiesen werden. Abg. Knörcke (freis.) protestirt gegen die Angriffe der Centrums-Redner auf die staatliche Schulaufsicht. Der Titel „Minister gehalt" wird bewilligt und die Weiterberathung dann bis Sonnabend vertagt. Arsokrerch. In Paris ist eine schlimme Colonialpost eingegangen. Der französische Oberstlieutenant Monteuil, der im Su dan gegen den Eingeborenen-Häuptling Samory Krieg führt, soll eine empfindliche Schlappe erlitten, 300 Mann verloren haben und mit dem Rest seiner Truppen von der Rückzugslinie abgeschnitten sein. Der wegen der bekannten Spionageaffaire verurtheilte Artilleriekapitän Dreyfus ist jetzt erst an Bord des überseeischen Dampfers gebracht, das ihn nach Guyana schaffen soll, wo er seine Strafe verbüßt. Aus den Kam mern liegt nichts von Belang vor. Die Franzosen haben ihren Aerger wieder in Tonkin, wo die schon so oft total besiegten berüchtigten Seeräu berbanden immer von Neuem zum Angriff übergehen. Auch die französischen Truppen haben in den immer wiederkehrenden Scharmützeln namhafte Verluste gemacht. Die Madagassen, gegen welche jetzt ein französisches Expeditionscorps ausgesandt wird, sollen mit franzö sischen Jnfanteriegewehren bewaffnet sein. Die Sache soll so Zusammenhängen, daß ein belgischer Expor teur die durch Einführung der Lebelgewehre überflüssig gewordenen früheren Jnfanteriegewehre aufkauft und sie nach Madagaskar schickt, wo sie von den Eingeborenen gegen ihre französischen Feinde verwendet werden. Italien Ein Alliirter der Italiener in Afrika, der Häuptling Tafari, hat den Abessyniern unter Ras Mangascha, die in das italienische Colonialgebiet eingedrungen waren, nochmals eine tüchtige Niederlage beigebracht. Ras Mangascha behielt kaum 2000 Mann. In Kassala ist Alles ruhig. Bulgarien. Die Agitation der oppositionellen Parteien wird immer heftiger, sodaß die Regierung sich bereits mit der Absicht trägt, den Belagerungszustand zu verhängen. Die Regierung befürchtet, daß Stambulow oder Radoslawow mit Hilfe eines Theils der Armee einen Putsch aus führen könnten. Sämmtliche Präfecten wurden telegra phisch angewiesen, ganz energische Maßregeln gegen die Opposition zu ergreifen. Asien. Die chinesische Regierung hat den Forderungen Ja- pan's wegen des Ortes der Friedensverhandlungcn nach gegeben; der Vizekönig Lihungtschang wird nach Ja pan reisen und dort die Verhandlungen einleiten. An geblich soll in Peking ein großer Geheimbund entdeckt sein, welche den Sturz der gegenwärtigen, in der Be völkerung sehr verhaßten Dynastie bezweckte. Amerika. Der Aufstand in Peru und in Argentinien in Süd-Amerika gewinnt an Ausdehnung. Es werden ernste Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Revolutions partei erwartet. Aus dsm MrrWimLhale. ^Waldenburg, 23. Februar. Se. Majestät der König hat geruht, dem Premier-Lieutenant L In 8uits der Armee Prinz Hermann von Schönburg-Waldenburg, Durch laucht, die Erlaubniß zur Anlegung des demselben von Sr. König!. Hoheit dem Großherzog von Luxemburg ver liehenen Commandeurkreuzes des Ordens der Eichenkrone zu ertheilen. * —- Am Dienstag wurden von einem Streckenarbeiter auf dem Bahnhof in Remse 3 Fasanen-Hennen aufge funden, welche total erschöpft und unfähig, sich zu be wegen, im Schnee saßen. Die Thiere waren entsetzlich abgemagert, doch erholten sie sich, in die Bahnhofs- Arbeiterstube gebracht unter dem Einflüsse der Wärme und des dargereichten Futters sehr bald wieder. Herr Fabrikbesitzer Theyson in Remse, ein namhafter Ge flügelfreund und Züchter, nahm die Thiere im Einver- ständniß mit der fürstlich Schönburgischen Forstverwaltung vorläufig in Pflkge. * — Der Landesverein für innere Mission der ev.-luth. Kirche im Königreich Sachsen hat zum 1. Bußtag 1895 ein Flugblatt herausgegeben. Dieser Bußtag fällt be kanntlich auf den 13. März. In dem Blatte werden die Gemeinden der Landeskirche gebeten, die Werke der Barmherzigkeit auch fernerhin durch Liebesgaben zu unter stützen. „Opfert auch diesmal reichlich und mit fröh lichem Herzen!" heißt es im Schlußwort. * — Das Thauwetter, welches seit einigen Tagen herrschte, dürfte voraussichtlich demnächst wieder durch Frost abgelöst werden. Im Norden Europas ist erneut strenge Kälte eingetretcn; Haparanda meldete gestern 30, Archangelsk 36 Grad unter Null. * — Die 32. Wanderausstellung des Vogtländisch- Erzgebirgischen Jndustrievereins in Glauchau ist am Donnerstag Abend von einer Anzahl Mitglieder deS hiesigen Gewerbevereins besucht worden; die Gediegenheit und Farbenpracht der ausgestellten Sammlungen wurde allgemein anerkannt. Die Ausstellung ist gestern Freitag Abend geschlossen worden. Die 33. Wander-Ausstellung beginnt nächsten Dienstag in Meerane und währt eben falls acht Tage. — Als am Donnerstag Vormittag in Glauchau ein Mädchen seiner Arbeit nachgehcn wollte, glitt dasselbe in der Thalstraße aus, kam zu Fall und erlitt hierbei einen sehr complicirten Bruch des Oberschenkels, so daß es in die Wohnung getragen werden mußte. — Um die Glauchauer Cantoren- und Organistenstelle, die durch den Uebertritt des Herrn Cantor Finsterbusch in den Ruhestand Ostern 1895 frei wird, haben sich 3i Herren beworben. In der Rathssitzung ist beschlossen worden, folgende Herren für diese Stelle vorzuschlagen: Ernst Hientzsch, geb. aus Wittgendorf bei Zeitz, 31 Jahre alt, Organist, Pianist und Lehrer in Gera, Ewald Franz, geb. aus Langenburkersdorf, 25 Jahre alt, Musiklehrer- Vikar am Lehrerseminar >. zu Grimma, und Otto Hörnig, geb. aus Löbau i. S., 27 Jahre alt, Lehrer am Frei- herrlich von Fletscherschen Seminar in Dresden. — In Zwickau versuchte ein ca. 40 Jahre alter unbekannter Mann am Donnerstag Mittag eine Wittwe um 100 Mark zu beschwindeln, indem derselbe vorgab, er wolle ihr 1000 Mark täuschend nachgeahmtes Papier geld verschaffen. Die Frau ist auf den Betrug nicht eingegangen und hat der Betrüger dort kein Geschäft gemacht. Da in letzterer Zeit wiederholt ähnliche Be trügereien vorgekommen sind, wollen wir das Publikum vor derartigen Leuten warnen. — In Grimma ist man sehr erfreut über den vom Reichstage genehmigten Bau eines Garnisonslazareths. Man hofft, daß dadurch die Gewähr gegeben sei, daß Grimma für immer die Garnison behält, für deren Ver bleib trotz des kostspieligen Karsernenbaues eine Bürg schaft nicht gegeben war. Mus dem SuMeulmtde. — Um das Andenken des verstorbenen Erzherzogs Albrecht zu ehren, bestimmte der König, daß das Offi zier-Corps des Infanterie-Regiments Nr. 103 in Bautzen auf 8 Tage Trauerflor um den linken Unterarm tragen und daß eine Deputation des genannten Regiments der Beisetzung beiwohnen soll. — Auch die Stadt Meerane hat den Fürsten Bis marck zum Ehrenbürger ernannt. Bürgermeister Or. Ebeling erklärte hierbei, daß er sich persönlich und auf eigene Kosten an der zur Ueberreichung der Ehrenbürger briefe gewählten Deputation betheiligen würde. — Die städtische Sparkasse in Meerane hat im letzten Geschäftsjahre einen Reingewinn von 68,000 Mk. abgeworfen. — Am Freitag Morgen in der zweiten Stunde er scholl in Gersdorf Feuerlärm. Es brannte beim Gar tenguts- und Fuhrwerksbesitzer Roßner an der Lichten- steinerstraße. Scheune, Stallungen und das vom Bruder des Besitzers bewohnte Seitengebäude wurden dem Ele mente zum Opfer. Dank der erschienenen Wehren mit ihren Spritzen, von denen die Ortsspritze zuerst am Platze war, wurde wenigstens das Wohnhaus gerettet; leider fanden auch 2 Pferde in den Flammen ihren Tod. — Vom Schöffengericht in Elsterberg wurde der Fortbildungsschüler Franz Bauer wegen Sachbeschädigung zu acht Tagen Gefängniß verurtheilt. Der Bursche hatte vor einiger Zeit die Thüre des Karzers, in welchen er wegen Flegeleien in der Klasse abgeführt worden war, gewaltsam aufgebrochen und war entflohen.