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die Thätigkeit des Or. Henrici im Togogebiet abfällig j geäußert. Letzterer hat nun Richter aufgefordert, mit ihm nach Afrika zu reisen, um zu sehen, wie die Dinge s in Togo stehen. Aus Rheinland und Westfalen wird von höheren Bergbeamten Klage geführt, daß seit dem großen Streik im letzten Frühjahr die Disciplin sich bei den Bergleuten erheblich gelockert hat und daß hier auf mehrfache Unglücksfälle im Betriebe zurückzusühren sind. Das wären jedenfalls sehr unliebsame Erschei nungen, für welche ein Wechsel sehr zu wünschen ist. Die Stanley entgegengesandte deutsche Kolonne unter Freiherr v. Gravenreuth ist mit der Stan- ley'schen bereits zusammengetroffen. Bei der großen Menschenzahl der Truppe wird der Weitermarsch nach Bagamoyo sich nun etwas verlangsammen, doch ist die Ankunft von Stanley und Emin an der Küste in der ersten Hälfte nächster Woche zu erwarten. Jüngst wurde ein Brief des deutschen Missionars Schynse verbreitet, der jetzt mit Emin Pascha heim kehrt, in welchem es hieß, in dem großen centralasri- kanischen Negerreiche Uganda herrsche volle Ruhe. Hiermit stand aber die Abreise der Missionare in Widerspruch, und soeben eingegangene neuere Meldun gen klären diesen auf. Darnach ist in Uganda eine neue schwere Revolution ausgebrochen, in Folge deren die Christen flüchten mußten. Kilemi, der neue König, hat alle seine Brüder und Schwestern verbren nen lassen, weil er befürchtete, seine, bereits in großer Zahl zum Christenthum gekehrten Unterthanen würden ihn absetzen und einen anderen Prinzen zum König wählen. Der gestürzte König Mwanga hat sich auf einer Insel verschanzt und wartet die Gelegenheit ab, Kilemi wieder zu beseitigen. Die Deutschen in Samoa haben in der Hauptstadt Apia eine Schule gegründet, sür welche die Mittel durch freiwillige Sammlungen von ihnen selbst aufge- gebracht worden sind. Die Anstalt wird von 26 Schülern besucht. Brasilianische Agenten versuchen wiederum in Deutsch land Auswanderer für die neueste Republik Brasilien zu gewinnen. Ganz abgesehen von der Staatsum- : Wälzung sind bekanntlich die Verhältnisse sür einen i mittellosen Landwirth in Brasilien ganz außerordent- i lich ungünstig und wer Geld hat, kommt in der Heimat erst recht weiter als in Amerika. QesrcrrclM-Ungaci». Aus Linz verlautet, daß Johann Orth, früher j Erzherzog Johann von Oesterreich, sein bei Gmunden gelegenes Schloß Orth an den Exkaiser Dom Pedro von Brasilien vermiethet habe, der dort seinen stän digen Aufenthalt nehmen will. Brasilianische Zeitun gen, die bis zum 10. November reichen und jetzt in Europa eingetroffcn sind, melden, daß noch am 9. l November bei dem Ministerpräsidenten in Rio de Ja- z neiro ein großer Ball stattgefunden hat, welchem die gesammte kaiserliche Familie und alle Staatswürden träger beiwohnten. Der Ball nahm einen sehr glän zenden Verlauf: Niemand scheint geahnt zu haben, daß man auf einem Vulkan tanzte, der 6 Ta^e später die Monarchie begrub. Die Baronin Vetsera hat eine kleine Schrift über die Tragödie von Maierling veröffentlicht, die aber nur in 50 Exemplaren abgezogen ist. Es wird darin in überzeugender Weise versichert, daß -die Baronin nichts von dem Liebeshandel ihrer Tochter wußte und erst davon erfuhr, als sich die Baronesse Marie mit dem Kronprinzen nach Maierling begeben hatte. Sie eilte sofort zu hochstehenden Staatsbeamten, um durch deren Vermittlung zum Kaiser zu gelangen, man ver weigerte aber überall die Einmischung. Bei rechtzei tiger Benachrichtigung des Kaisers hätte der ganze Vorfall verhindert werden können. Schweiz. Der Schweizer Bundesrath unterbreitete den eid genössischen Räthen den folgenden Ergänzungs-Artikel zur Bundesverfassung: „Der Bund ist befugt, die obli gatorische Unfallversicherung einzurichten. Er ist im Weiteren befugt, über die Krankenversicherung gesetzliche Bestimmungen zu treffen und für alle Lohn arbeiter den Beitritt zu einem Krankenkassenverband als verbindlich zu erklären." Deutschland findet Nach folger. England. Der amerikanische Afrikareiscnde Chandler ist soeben aus Zanzibar in London angekommen. Derselbe er klärte, vr. Peters sei zweifellos todt und von So malis erschlagen worden. Gladstone hat eine Wahlflugschrift veröffentlicht, in welcher er bestimmt auf einen Sieg seiner Partei bei den nächsten Wahlen rechnet. Wer falsch rechnet, rechnet zweimal. Serbien. Wie aus Belgrad berichtet wird, verhält sich die Königin Natalie jetzt durchaus ruhig, läßt aber ihrer Neigung zum Vergnügen vollen Lauf. Eine Gesell schaft folgt der anderen. Die Kaffe der Königin muß in jedem Falle hübsch gefüllt sein. An der türkisch ¬ serbischen Grenze sind einige Schlägereien vorgekommen. Die Sache hat aber nichts weiter auf sich. Rumänien. Die Russenpartei des früheren Ministeriums Latargi in Bukarest hat vollständig abgewirth- schäftet und die friedliche Politik des neuen Ministe riums Carp hat in den Kammern volle Billigung gefunden. Mit großer Mehrheit sind die Candidaten der Regierung bei der Präsidentenwahl der Volks vertretung gewählt. Die panslawistischen Agitatoren werden sich nun überzeugt haben, daß für sie schwer lich jemals Weizen in Rumänien blühen wird. Amerika. Aus Brasilien melden Pariser Blätter, die Regie rung habe die Schließung aller jesuitischen Ör- denshäuser befohlen. Dom Pedro soll krank sein. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 30. November. Die Ergänzungs wahlen zum Stadtverordnetencollegium stehen bevor. Wir haben schon neulich auf die Pflicht der Bürger und Steuerzahler hingewiesen, von ihrem Wahlrechte Gebrauch zu machen, damit Jeder an der Förderung des Wohles unseres Gemeinwesens nach seinen Kräften theilnehme. Hierauf sei nochmals heute hingewiesen mit dem Bemerken, daß die Wahl eine geheime und damit völlig freie ist, daß ein vorgedruckter Name ausgestrichen und der gewünschte deutlich darüber ge schrieben werden kann. *— Herr Emil Bonitz in Grumbach bittet uns als Einberufer der Versammlung in Callenberg behufs Gründung eines Wahlvereins für volksthümliche Wah len, unsere kürzliche diesbezügliche Notiz dahin zu be richtigen, daß die fragliche Versammlung nicht auf Veranlassung des Herrn Stolle, sondern auf Veran lassung der Arbeiter von Callenberg stattgefunden hat. Geschieht hiermit. * — Am nächsten Mittwoch hält von nachmittags 3 Uhr ab im Saale der Herberge zur Heimat in Glauchau der Ephoralverein für kirchliche Musik in der Ephorie Glauchau seine 3. Versammlung ab. Die Tagesordnung weist nach Erledigung einiger geschäft- ' licher Angelegenheiten einen Vortrag des Herrn Ober pfarrer Thomas von hier über Luthers Einwirkung auf die Kirchenmusik, sowie den Bericht der Commission, welche die Parallelmelodieen des Landeschoralbuchs für den gottesdienstlichen Gebrauch zu sichern hatte, auf. In Wickersdorf soll, wie uns versichert wird, dieser Tage in zwei Gehöften ebenfalls die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen sein. * — Nach Fertigstellung der Bachbrücke am Wege von Osrtelshain nach Reinholdshain wird der Ver kehr über dieselbe wieder freigegeben. * — Gestern Abend trat hier stärkerer Schneefall ein, so daß sich heute früh Feld und Flur im winter lichen Gewände zeigte. Aus dem Sachfenlande. — Se. Maj. der König begiebt sich im Januar nach Berlin, um an den dortigen kaiserlichen Jagden theilzunehmen. — In der 2. Kammer wurden am Freitag zu Mitgliedern des städtischen Ausschusses sür das Plenum der Brandversicherungskammer durch Zuruf die Abgg. Grahl, Kirbach und von Seydewitz, zu deren Stell vertretern die Abgg. Opitz, Uhle und Horst gewählt. Ferner beschloß die Kammer, eine Petition um Er richtung einer Apotheke in Schlettau auf sich beruhen zu lassen. Nächste Sitzung Montag 5 Uhr. (Allge meine Vorberathung des Kgl. Decrets, die Erbauung mehrerer Eisenbahnen betr.) — Sachsen hat auffallend wenig hochbetagte Leute. Die meisten Alten finden sich da, wo die ackerbau treibende Bevölkerung stark überwiegt. Ungünstiger als Sachsen steht in Europa nur noch England da; noch niedrige Ziffern haben die englischen Kolonien und die Vereinigten Staaten (auf 1000 Bewohner kommen über 40 Jahre alt in Frankreich 350, in Sachsen 243, in England 241, in den Vereinigten Staaten 210, in den englischen Kolonien 203). Je höher die Altersklasse, desto stärker wird dieser Gegen satz. Vom 70. Jahre ab ist selbst die englische Ziffer günstiger als die sächsische, vom 80. Jahre ab tritt die sächsische Zahl auch noch hinter diejenige der vor genannten außereuropäischen Staaten zurück und wird damit die ungünstigste der Welt. Frankreich hat Be wohner, die über 80 bis 90 Jahre alt sind, fast vier mal mehr, Bewohner, die über 90 Jahre alt sind, fast zehnmal mehr als Sachsen, selbstverständlich relativ, denn cs standen unter 1000 Bewohnern im Alter von 80—90 Jahren in Frankreich 9,«, in Sachsen 3,«, im Alter von mehr als 90 Jahren aber in Frankreich 0,7, in Sachsen dagegen nur 0,°s! — Dem Eröffnungsdecret nach zu urtheilen, dürfte die altenburgische Regierung auf dem Gebiete des VolksschulwesmS dem Vorgänge Preußens folgen und durch staatliche Zuschüsse an die Gemeinden die Be seitigung des Schulgeldes anstreben. Doch ist über diese Angelegenheit .noch nichts in die Oeffentlichkeit gedrungen. — Der Bezirksverein „Königreich Sachsen" im deutschen Fleischerverbande hat vor einigen Tagen eine Petition um Aufhebung der Schlachtsteuer an den Land tag gerichtet. — Die Betriebs-Einnahmen der Sächsischen Staats eisenbahnen haben bis zum Monat September gegen die gleiche Zeit des Vorjahres ein Mehr von 3,938,965 Mk. ergeben. — Augenblicklich befindet sich in der Klinik des Herrn Or. Cred« zu Dresden ein junges Mädchen aus guter Familie, welcher Herr Or. Crcd« vor acht Tagen einen kindskopfgroßen Blasenwurm, vul^o Hundewurm, aus der Leber entfernt hat, der über 500 junge Würmer enthielt. Die Kranke ist bereits außer Gefahr und befindet sich im besten Wohlsein. Immer wieder muß die Warnung, sich von Hunden nicht lecken zu lassen, ausgesprochen werden. — Bei der am 22. d. M. in Eutritzsch stattge fundenen Zählung hat sich eine Zahl von 2030 Haus haltungen und 10,186 Bewohnern ergeben. — An der Straße von Apolda nach Jena wurden mehrere altgermanische Gräber aufgedeckt und in den selben 20 Skelette, darunter 2 ohne Köpfe aufgefunden. Deutscher Reichstag. 26. Sitzung vom 29. November. 1'/4 Uhr. Das Haus ist mäßig besetzt. Am Bundesrathstische: von Bötticher, Frhr. von Maltzahn, von Dechend. Auf der Tagesordnung steht: Zweite Berathung der neuen Bankvorlage. Es liegen fol gende Anträge vor: 1) vom Grafen zu Stolberg- Wernigerode, der die Ablehnung der Regierungsvor lage verlangt und den Reichskanzler um Vorlage eines neuen Gesetzentwurfes ersucht, durch welchem die Reichs bank in den Besitz des Reiches übergeführt wird; 2) vom Abg. Frhr. von Hüne (Centrum). Nach der Vorlage soll der Reingewinn der Bank, nach Abzug einer Dividende von 3'/r Procent des Grundkapitals und einer Quote von 20 Procent zum Reservefond, zur Hälfte je an die Reichskasse und an die Antheils eigner fallen; an die letzteren jedoch nur insoweit, als deren Gesammt-Dividende nicht sechs Prozent über steigt. Der Antrag Hüne will nun statt dieser sechs Procent setzen fünf Prozent. Endlich liegt vor der Antrag Mooren (CentrunO: Der Reichstag wolle erklären, daß es nicht seinen Absichten entsprich:, wenn die Reichsbank sich für ihre Zweigniederlassungen von den betheilizten Gemeinden Steuerbefreiungen oder andere Zuschüsse bewilligen läßt. Abg. Graf Stolberg-Wernigerode (cons) bekämpft die Vorlage vom wirthschaftlichen und finanziellen Ge sichtspunkte. Der letztere ist der hauptsächliche. Wenn wir das Grundkapital für die Reichsbank durch 3'/-pro- centige Consols schaffen, so wird sie 3V- Millionen Mark Reingewinn abwerfen, werden 3procentige Console für die Beschaffung des Grundkapitals verwendet, so erhöht sich der Reingewinn auf 4 Millionen. Dieser Gewinn ist so bedeutend, daß darauf wohl Rücksicht genommen werden kann. Warum soll die Reichsbank nach der Ver staatlichung nicht ebenso kaufmännisch geleitet werden können, wie gegenwärtig? Mir ist es beim besten Willen unklar, weshalb die Reichsbank so bleiben muß. Abg- von Benda (natlib-): Ich werde für die Vor lage stimmen, da die Reichsbank im vollen Umfange ihre Schuldigkeit gethan hat. Mehr Entgegenkommen gegen über der Landwirthschast, das noch gewünscht worden ist, kann keine Bank beweisen, als es hier von dem Herrn Bankpräsidenten bei der ersten Berathung der Vorlage in Aussicht gestellt worden ist. Reichsbankpräsident von Dechend: Es ist sehr un richtig zu behaupten, daß die Reichsbank nicht genug für die Landwirthschast gethan hat- Wir haben Alles gethan, was wir konnten. Spiritus und Zucker sind belieben, so bald sie sich unter Steuerverschluß befanden, land- wirthschaftliche Produkte sind überhaupt heute mit 12—15 Millionen beliehen. Auch aus dem Giro-Conto, dem Comtoir für Werthpapiere und allen anderen Einrichtun gen der Äcichsbank hat die Landwirthschast Nutzen- Lei der aber haben es die Gutsbesitzer bisher unterlassen, sich genossenschaftlich zu organischen. Geschähe das, so wür den sie auch Wechselkredit bei der Bank genießen. Die Antheilscheine der Reichsbank sind durchaus nicht alle in den Händen von Millionären, im Gegentheil zum erheb lichen Theil im Besitze kleiner Leute. Abg. von Hüne (Ctr.) behält sich vor, später einmal zur Verstaatlichung Stellung zu nehmen. Zur Zeit scheint mir die Verstaatlichung nicht geratben, und cs besser zu sein, den bisherigen Zustand aufrecht zu erhalten. Red ner befürwortet dann seinen Antrag. Des einen Procent Zinsen weniger, wird wohl kein Antheileigner seinen An theil verkaufen. Uebcrhaupt eignen sich die Reichsbankan theilscheine nicht zur Kapitalanlage für kleine Leute. Staatssekretär von Bötticher ist nicht prinzipiell gegen die Verstaatlichung der Reichsbank, aber beute sei nicht der geeignete Moment dafür. Redner bittet um unver änderte Annahme der Vorlage. Abg- von Kardorff (sreicons.) wünscht eine Verstaat lichung der Äcichsbank und eine Vermehrung des Grund kapitals. . . Reichsbankpräsident von Dechend bezeichnet die Ver mehrung des Grundkapitals als überflüssig. Es seien in jeder Weise genügende Mittel vorhanden, es sei nichts zu besorgen. Abg. Meyer-Halle erklärt, daß die freisinnige Partei für unveränderte Annahme der Regierungsvorlage stim men wird, da die Reichsbank sich gut bewährt habe. Abg-Gras Mirbach (cons) wünscht die Verstaatlichung