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E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Freitag, den 22. November 1889. ^L273. WitterungsauSstchte« für den 22. November: Meist wolkiges oder nebliges, zeitweise heiteres Wetter bei fortdauernd kühler Temperatur. Barometerstand am 21. November, nachmittags 3 Uhr: 776 wm. Gefallen. "Watöenvurg, 21. November 1883. Eine „deutsche" Weltausstellung wird jetzt, wo die Pariser zum Abschluß gekommen ist, von verschiedenen Seiten angeregt, und zwar, was besonders bemerkcns- werth ist, nicht etwa aus Berliner Kreisen, sondern aus der Mitte der deutschen Jndustriebezirke. In Berlin selbst ist man nach der bekannten Ablehnung der für die Reichshauptstadt geplanten National Aus stellung vorsichtig geworden und wartet ruhig ab, wie die Dinge sich entwickeln werden. Die deutsche In dustrie ist es also, welche, zum erheblichen Theil min destens, das Zustandekommen einer Weltausstellung im deutschen Reiche wünscht, und zwar auf Grund der Erfahrung, die man in Paris gemacht hat. Daß die Franzosen einen guten Erfolg damit gehabt haben, ist außer allem Zweifel. Der Erfolg für die fran zösische Industrie würde ober noch größer geworden sein, wenn man der Ausstellung nicht gar zu sehr den Charakter eines Vergnügungsetablissements ausgeprägt hätte, vor welchem die industrielle Leistung zurücktrat. Aber wenn auch der Nutzen, welchen die Industrie un seres Nachbarlandes aus der Weltausstellung gezogen hat, nicht so horrend ist, wie hier und da wohl be hauptet wird, befriedigend war er in jedem Falle, und für die Zukunft wird, das darf nicht vergessen werden, die Ausstellung immer noch eine mächtige Reclame bleiben. j Die deutsche Industrie hat die AusstellungSproducte ! in Paris sehr genau conlrollirt, und das mußte sein, ! denn die französische Concurrenz auf dem Weltmärkte ist eine recht erhebliche. Wir haben viel Terrain den Franzosen wohl abgewonnen, aber gewonnener Boden kann nur durch stetes Kämpfen behauptet werden. Darum ist es ganz richtig, wenn namentlich die rhei- niiche Industrie darauf hinweist, man werde sich jetzt besondere Mühe geben müssen, um nicht von den Fran- j zchen überrumpelt zu werden, und wenn aus immer - weiteren Kreisen der Wunsch nach einer großen deut- schen Ausstellung laut wird, die als Zugstück für die Industrie dienen kann. Die Ausstellungen waren ja ' sehr im Credit gesunken, aber der Verlauf der Pari- j ser zeigt, daß ein gutes Arrangement sich immer noch s lohnt. Eitles Gerede der Franzosen ist es, wenn sie sagen, ihre Ausstellung könne nicht erreicht werden. Was Frankreich kann, kann auch Deutschland, zumal eine Ueberstürzung nicht noth thut. Die französische Ausstellung ist die erste Ausstellung, welche einen erheblichen Ueberschuß abwirft; damit ist also der Zweifel gelöst, ob solche Riesenausstellungen sich rentiren. Vorausbedingung ist nun allerdings, daß so und so viele Millionen von vornherein geop fert werden. Sollte es aber in Deutschland unmög lich sein, soviel Geld freiwillig aufzubringen, wie es in Paris geschehen ist? Wir glauben nicht, wenn es auch eine bekannte Thatsache ist, daß den Franzosen der Kostenpunkt absolut gleichgiltig ist, sobald es sich um die Verherrlichung seiner selbst handelt. Bei uns liegt die Sache nun insofern anders, als Deutschland ein Bundesstaat, aber kein Einheitsstaat wie Frank reich ist, in welchem die thurmhohe Bevorzugung von Paris nur ganz selbstverständlich ist. Eine große deutsche Ausstellung kann nur in Berlin stattfinden. Die Weltstadt lockt an und für sich schon, und deshalb kann nur dort ein wirklich bedeutender Erfolg erzielt werden. Nun liegt es aber in der Natur der Sache, daß die Ausstellungsstadt auch den besten klingenden Bortheil hat, der sich indirect auf Millionen beziffert und nicht überall in Deutschland wird man geneigt sein, Berlin diesen Löwenantheil zu lassen. Die Ver hältnisse liegen bei uns eben anders, wie in Frankreich. Darum müßte schon eine so erhebliche Summe für die Ausstellung gezeichnet werden, daß der deutschen Industrie die Theilnahme daran möglichst leicht ge macht wird. Dann wird sich Niemand beklagen können. Gut Ding' will aber auch hier gute Weile haben; ein Anlaß, dis Ausstellungsfrage übers Knie zu brechen, liegt nicht vor und schon über die Vorfrage, ob natio nale oder Weltausstellung, wird eingehend debattirt werden müssen. Eine Weltausstellung braucht sehr lange Zeit zur Vorbereitung, aber wir hätten auch ein prächtiges Jahr für eine solche, das Jahr 1897, an welchem Kaiser Wilhelm I. vor hundert Jahren ge boren wurde. Zur Kaiser-Wilhelm Säkularfeier kann es ein würdigeres Monument kaum geben, als eine Weltausstellung auf deutschem Boden. Der Kosten punkt kann nicht ausschlaggebend sein: Frankreich hat etwa 40—50 Millionen für seine Ausstellung aufge wendet und der directe und indirecte Nutzen wird von sehr besonnenen Beurtheilern auf mindestens 800 Mil lionen veranschlagt. Zahlen sprechen! Politische Rundschau. Deutsches Reich. Unser Kaiser erledigte am Mittwoch Vormittag zunächst Regierungsangelegenheiten und begab sich dann mit dem Prinzen Leopold und dem Herzog Günther von Holstein zur Fasanenjagd, von welcher am Nach mittage die Rückkehr ins Neue Palais erfolgte. Heute Donnerstag Abend reist der Kaiser zur Hosjagd nach Letzlingen in der Altmark, die bis Sonnabend Lauern wird. Der Monarch ist auf dieser Reise von großem Jagdgcfolge begleitet. Gustav Freytag will demnächst auf die zahlreichen abfälligen Kritiken, die seine Schrift über Kaiser Friedrich gefunden hat, in einer längeren Entgegnung antworten. Dieselbe soll in einer Wochenschrift ver öffentlicht werden. In der Budgetcommission des Reichstages wurde am Mittwoch an den Kriegsminister die Frage ge richtet, ob eine Bestimmung existire, nach welcher jü dische Militärpersonen nicht in den Offizierstand ge langen sollen. Der Minister erwiderte, eine solche Ordre existire nicht. Zu Reserveoffizieren würden vom Offiziercorps selbstverständlich nur solche Perso nen gewählt, welche in die Kreise paßten. Die Disci- plin in der Armee erfordere im Uebrigen den Aus schluß solcher Personen vom Osfizierstande, welche sich zur Regierung in Opposition stellen. Hieran knüpfte sich eine ziemlich gereizte Erörterung, der Minister blieb bei seinen Mittheilungen stehen. Eine Reihe laufender Forderungen wird bewilligt. Die Budget commission hat eine Subcommission gebildet, welche die vertraulichen Erklärungen des Kriegsministers über die neuen Mililärforderungen entgegen nehmen soll. Die Stadtvervrdnctenwahlen der dritten Abtheilung in Berlin, die vollständig den Charakter von politischen Wahlen angenommen haben, werfen ein grelles Licht auf die unaufhaltsame Verstärkung der Social demokratie in der Reichshauptstadt. Die Social demokraten haben nicht nur ihre beiden zur Wahl stehenden Mandate behauptet, sondern noch vier dazu gewonnen. Zweimal kommen sie mit den Freisinnigen und ebenso oft mit den Kartellparleien zur Stichwahl und hat in allen Fällen gute Aussicht auf Erfolg. Die Kartellparteien waren mit vier Mandaten bei der Wahl bctheiligt und haben drei davon verloren. Die Freisinnigen waren mit zehn Mandaten betheiligt, haben davon 6 behauptet, 2 verloren und stehen mit zweien zur Stichwahl. Wenn die Ordnungsparteien in Berlin sich nicht bald besinnen, dann erleben wir bei den nächsten Reichstagswahlen, daß die Socialdemokraten die meisten Stimmen in Berlin gewinnen. Die Aus sichten sind darnach, wie die Stadlverordnetenwahlen beweisen. Der bekannte Prediger Thümmel aus Remscheid, als erbitterter Gegner der katholischen Kirche bekannt, hielt am Mittwoch Abend in Berlin einen Vortrag. In der Versammlung waren auch zahlreiche Katholiken anwesend, obwohl dieselbe nur für Protestanten be stimmt war. Es kam zu Streit, als die Katholiken aufgefordert wurden, den Saal zu verlassen und endlich zu Schlägereien. Mühsam wurde die Ruhe wieder bergestellt. Unter zahlreichen Zwischenrufen hielt Thümmel dann seinen Bortrag, der in dem Wunsche gipfelte, Deutschland möge bald eine einzige evangelische Kirche erhalten. Zum Schluß fanden abermals un liebsame Scenen statt. Auf beiden Seiten scheint „kalt Blut" gefehlt zu haben und das ist zu bedauern. Derartige Versammlungen sind nur ein Vergnügen für Radaubrüder. Reichscommissar Wißmann sendet am 25. d. M. eine große Karawane mit Lebensmitteln für Stanley und Emin nach Mpwapwa. Die die Colonne be gleitenden Truppen führt der Frhr. von Gravenreuth. Gebrüder Hennig melden aus Zanzibar, daß nach neueren Nachrichten aus Lamu die Nachricht vom Tode Or. Peters unbegründet ist. Frankreich. Kriegsminister Freycinet theilte im Ministerrath mit, daß die Gewehrfabriken jetzt täglich die beabsichtigte höchste Zahl von Lebel-Gewehren fertig stellen, da mit die Ausrüstung der Armee mit der neuen Waffe so bald wie nur möglich beendet werden kann. Das französische Ministerium hat in der neuen Kammer den ersten Ansturm sehr leicht über wunden, und wenn nicht etwas ganz Besonderes passirt, dürfte es noch manchen Tag in derselben erleben. Seine ruhige und gemäßigte Erklärung, die in den Vordergrund eine Friedens- und Versöhnungspolitik stellt, wurde von allen Parteien beifällig ausgenommen, nur nicht von den extremen Radikalen und den Bou« langisten. Von radikaler Seite wurde sofort ein dringen der Antrag auf Revision der Verfassung eingebracht, derselbe aber mit sehr großer Mehrheit verworfen. Die Politik des Ministeriums Constans-Tirard ist die höchst vernünftige, jetzt alle Zänkereien unter den Re publikanern zu verhindern, die nur den Boulangisten Nutzen bringen würden. Auch die Monarchisten haben seit dem letzten Wahltage eingesehen, daß man nicht gar zu grob mit der Keule dreinschlagen Lark, wenn man Erfolge erzielen will. Sie haben sich deshalb von den Boulangisten getrennt und nehmen der repu blikanischen Regierung gegenüber eine wohlwollendere Haltung ein. Die gemäßigten Blätter sind mit diesen Zuständen äußerst zufrieden, während Radikale und Boulangisten nicht schlecht raisonniren. Italien. Italien hat mit seiner neusten Finanzoperation viel Glück gehabt: Die Eisenbahnobligationen sind erheblich überzeichnet worden, und zu diesem Erfolge haben vor Allem das deutsche und holländische Kapital