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chimbllrger Tageblatt Filiale«: in Altfiadtwaldenbur- bei Herr« Erscheint »glich mit Au-nabm» der Tatze Kaufmann Otto Förster; in Langenchurs- dors bei Herrn H. Stiegler; in Psmg bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgasse; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Emil Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. — nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- schoinends Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk S5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Ps„ Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergasse 2S1L. Zugleich wett verbreitet di den Städten Kenig, 8»«zena«, NchLenA'em-CsNrrherg und in den Ortschaftm der nachstehenden Standesamtsbezirke: MtUkdr-Waldenburg, BräunSdorf, TaLenberg, St. Egidien, Ghrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurs)srf, Langen» lmLs-Mederhain, Langenleuba-Oberhain, Medenoiera, Obergrafenhain, Oberwiera, Oberwinlel, OelSnitz i. S., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rüßdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Äolkenburg und Ziegelheim. 268 Sonnabend, den 16. November 1889 Witterungsanssichten für Len 16. November: Ein wenig wärmeres, fortdauernd heiteres und trockenes Wetter. Barometerstand am 15. November, nachmittags 3 Uhr: 773 mm. Gestiegen. 'WaUreubvrg, 15. November 1888. Der Kaiser und die Kaiserin sind von ihrer Orient- reife über Italien und nach kurzer Begrüßung mit dem Kaiser Franz Joseph von Oesterreich in Inns bruck, der Hauptstadt von Tirol, in Potsdam wieder eingetroffen, von wo dieselben in wenigen Tagen in das Berliner Schloß zum Winteraufenthalt übersiedeln werden. Neue Länder und fremde Völker haben sich den Blicken der kaiserlichen Majestäten auf der langen und weiten Reise gezeigt, von ollen ist ihnen der freu digste Willkommengruß entgegen gerufen worden. In Athen, wie in Stambul hat man sich bemüht, den deutschen Herrschaften ihren Aufenthalt zu einem mög lichst angenehmen zu gestalten, und der Kaiser hat die Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, sich selbst über Land und Leute zu informircn. Bringt Kaiser Wil helm II. auch keine neu verbrieften und besiegelten Verträge von der Reise mit heimwärts, dem deutschen Namen sind im fernen Morgenlande neue Freunds gewonnen, dem deutschen Handel erweiterte Absatzge biete eröffnet. Die Besuche, welche der Monarch zum Schluffe den verbündeten Herrschern Italiens und Oesterreichs abstattete, beweisen die unverändert gute Fortdauer des großen Friedensbundes. In tiefem Frieden kehrt der Kaiser zurück. Die Verhältnisse in Europa sind außerordentlich zufriedenstellend, von allen Seiten kommen Stimmen hierfür. Nach dem Besuche des Grafen Kalnoky in Friedrichsruhe ist von der österreichischen Regierung offen erklärt, daß die bisher bestandene Spannung gegenüber Rußland wesentlich nachgelassen habe, daß der Czar von den Friedensbe strebungen Deutschlands und Oesterreichs überzeugt sei und sich selbst als Freund des Friedens bekannt habe. Zu gleicher Zeit hat der englische Minister präsident Lord Salisbury in einer großen Rede aus gesprochen, daß die Aussichten auf die Erhaltung des Friedens die besten seien, daß Europa mehr und mehr sich beruhige. Sehr erfreulich klingen diese Kundgebungen den Völkern, um so energischer werden sich mithin alle unter den Wohlthaten des Friedens der Friedens arbeit widmen können. Im deutschen Reichstage herrschte in den letzten Sitzungen fortgesetzt ein recht spärlicher Besuch, so daß sogar eine Sitzung wegen Beschlußunfähigkeit ab gebrochen werden mußte. Nachdem das Socialisten- gesetz und das Bankgesetz einer Commission überwiesen waren, hat sich der Reichstag der zweiten Berathung des Etats zugewendet. Es handelt sich zunächst um die alljährlich regelmäßig wiederkehrenden Forderungen und die Debatte verläuft hierbei glatt, die Summen werden anstandslos bewilligt. Eine schärfere Tonart machte sich bei der Berathung mehrerer Anträge der freisinnigen Partei geltend und besonders um das Er suchen an die verbündeten Regierungen, den Beamten eine genauere Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Wahlagitation einzuschärfen, kam es zu lebhaften Hin- und Widerreden. Daß solche Verstöße von Sei ten einer Anzahl von Beamten vorgekommen sind, wurde allgemein anerkannt, aber, während Freisinnige und Socialdemokraten behaupten, diese Fälle seien nicht gerügt worden, meinten die Redner der Kartellparteien, die erhobenen Klagen seien stets berücksichtigt worden. Ueber diese Meinungsverschiedenheit gab es sehr gereizte Worte, bis zum Schluß der Antrag in etwas ge milderter Form abgelehnt wurde. Die Annahme des neuen Socialistcngesetzes ist in der betreffenden Com mission schon entschieden, welche die grundlegenden Be stimmungen genehmigt hat. Die Berathung der Vor lage im Plenum des Reichstages wird also sehr lange Zeit kaum beanspruchen. Ob der Reichstag zu Weih nachten bereits geschlossen werden kann, läßt sich aber immer noch nicht klar übersehen. Militär- und Marine- Etat werden »och viele Schwierigkeiten verursachen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm und die Kaiserin Augusta Vic toria sind Donnerstag Vormittag aus Italien mit einem Extrazuge in Innsbruck angekommen und dort von dem kurz zuvor eingetroffenen Kaiser von Oester reich begrüßt worden. Kaiser Franz Joseph in Ti roler Kaiser-Jäger-Uniform erwartete dis deutschen Herrschaften am Perron. Als der Zug einfuhr, stand Kaiser Wilhelm in der Uniform der Potsdamer Hu saren am Waggonfenster und grüßte herzlich. Kaiser Franz Joseph sprang die Stufen des Waggons hin auf und umarmte und küßte den deutschen Kaiser wie- oerholt. Hierauf küßte er der Kaiserin die Hand und begab sich in lebhaftem Gespräche mit dem Herrscher paare in das Innere des Waggons. Nach einiger Zeit zog sich die Kaiserin zurück und die beiden Kai ser blieben allein im langen, eifrigen Gespräch. Spä ter nahm man zusammen das Frühstück ein, worauf nach sehr innigem Abschiede die Reise fortgesetzt wurde. Kaiser Franz Joseph begleitete die Majestäten noch eine Strecke bis nach Rosenheim in Bayern. Beider , Ankunft und Abfahrt des Zuges brach das zahlreich versammelte Publikum in laute Hochrufe aus. Auch bei der Abreise aus Italien sind Lem Kaiserpaare be geisterte Ovationen dargebracht. Heute Freitag Vor mittag erfolgt die Ankunft in Potsdam. In Mün chen findet noch eine kurze Begrüßung mit dem Regen ten Luitpold statt. Die Kaiserin Friedrich hat in Athen alle klassischen Alterthümer besichtigt und zahlreiche Skizzen angefer tigt, besonders vom Parthenon. Auf der Reise nach Italien wird die Kaiserin die österreichische Kaiserin in Korfu besuchen. Die Kaiserin Augusta empfing in Koblenz den Bischof von Trier. Die „Times" meldet, Fürst Bismarck habe dem Grafen Kalnoky in Friedrichsruhe gesagt, die Gunst, welche Oesterreich dem Fürsten Ferdinand erweise, mißfalle dem Czaren sehr und müsse gemäßigt werden. Kalnoky habe eine kühlere Haltung zugesagt und ver sprochen, eine Anerkennung des Coburgers nie auszu sprechen. So recht glaubwürdig klingt es nicht, daß Fürst Bismarck seinem österreichischen Collegen die Leviten gelesen haben soll. Neuerdings ist man zu der Erkenntniß gelangt, daß ohne eine genauere Untersuchung derjenigen Fac- toren, aus deren Zusammenwirken das Verbrechen ent steht, eine erfolgreiche Bekämpfung desselben nicht er reicht werden kann. Eine solche Untersuchung wird nun am zweckmäßigsten zunächst für kleinere Gebiete angestellt werden. Es ist deshalb ein verdienstliches Werk, daß der königlich württembergische Strafanstalts director E. Siechart die persönlichen Verhältnisse der Sträflinge untersucht hat, welche in den Jahren 1877 bis einschließlich 1888 der von ihm geleiteten, der Vollstreckung der Zuchthausstrafe an Männer dienen den Anstalt zugeführt sind. Die Zahl der nach die ser Richtung hin geprüften Personen beträgt 3181. Herr Siechart bezeichnet nächst dem Müßiggänge die Trunksucht als eine der ergiebigsten Quellen der Ver brechen und meint, daß einzelne Arten von Vergehen durch übermäßigen Genuß geistiger Getränke in noch höherem Grade, als durch das Laster der Arbeitsscheu, begünstigt und gefördert würden. Als solche bezeichnet er Vergehen gegen die Sittlichkeit, Meineid und Brand stiftung. Die das Verbrechen erzeugende Wirkung der Trunksucht erfolgt nach der Anschauung des Verfassers in der Weise, daß Ausschreitungen im Genuß von Al kohol die niederen Eigenschaften im Menschen steigern und entfesseln, dabei den vernünftigen Willen gefangen nehmen und die Selbstbeherrschung beschränken oder gänzlich aufheben. Diese Folge kann nun eine directe in dem Sinne sein, daß das Verbrechen unter dem Einfluß einer bestimmten alkoholischen Ausschrei tung begangen wird, oder daß die Trunksucht durch ihre wirihschaftlichen und moralischen Folgen mittel bar zum Verbrechen treibt. So hat denn Herr Sie chart in seiner Statistik keineswegs nur die Straffälle berücksichtigt, welche von Trunkenen verübt wurden, sondern gezeigt, wie viele der Insassen des Zuchthau ses dem Gewohnheitstrinken ergeben und durch dieses Laster allein oder in Verbindung mit anderen Facto- ren auf die Verbrecherlaufbahn gerathen sind. Die deutsche ostasrikanische Gesellschaft hat eine De pesche erhalten, welche die Reutermeldung betreffs der Aufgabe der Magazine im Zollhaus in Zanzibar dementirt. Der conservative Reichstagsabgeordnete von Lüde ritz ist plötzlich gestorben. Hermann von Lüderitz, Gutsbesitzer auf Lüderitz bei Stendal, war am 1. Januar 1814 zu Opersdorf in der Altmark geboren. Der Bundesrath hielt am Donnerstag eine Ple narsitzung ab und überwies in derselben die Nachtrags« forderungen für die Expedition Wißmann den zustän digen Ausschüssen zur Specialberathung. Der Kame runer Land- und Plantagen Gesellschaft wurden die Rechte einer Colonialgesellschaft verliehen und sonst noch mehrere Verwaltungssachen erledigt. Ueber die Geschenke des Sultans an das deutsche Kaiserpaar wird der „Voss. Ztg." Folgendes mitge- theilt, da über diesen Punkt die verschiedensten Gerüchte im Umlauf waren: „Der Gesammtwerth beträgt 400,000 Pfund oder 1 Million Franken. In 24 gewaltigen Kisten gepackt, wurden die Geschenke von der ottomanischen Hafenbehörde an Bord der „Dan zig, gebracht; drei hohe türkische Polizeibeamte über wachten den Transport. Abgesehen von dem kostba ren Ehrensäbel und der wundervollen Agraffe für die Kaiserin bestehen die Geschenke vorzugsweise aus präch tigen Schalen, Seidenwebereien und Teppichen, welche sämmtlich eigens zu diesem Zwecke hergestellt wurden. In den Kreisen der rheinisch - westfälischen Bergleute scheint sich ein Umschwung zu vollziehen. Der Köln. Ztg. wird Folgendes mitgetheilt: „Die Führer der Bergleute, die Herren Schröder, Bunte, Siegel haben es bis jetzt vermieden, ihre Zugehörig keit zu einer bestimmten Partei zu bekennen, weil ihnen solches bei ihrem Eintreten für den ins Leben zu ru fenden Bergarbeiter-Verband geschadet haben würde. Nachdem der letztere nun unter Dach und Fach ge bracht ist, scheint man die Zurückhaltung nicht mehr für nöthig zu errachtcn, da die von den drei Herren vertriebene Deutsche Bergarbeiter-Zeitung, das in Zwi ckau erscheinende „Glück auf" nunmehr warm für die Wahl des in Dortmund von den Socialdemokratcn aufgestellten Herrn Tölcke eintritl.