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ZchöiibuiM Tageblatt -EK» -sMe-' Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster« scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf„ Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergasse 291U. —— KÄMM kr tzss MMth M WEeRhW. Filialen: in Altsiadlwaidenburq bei Derrn Kaufmann Otto Förster; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgasss ; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wallenburg b.'i Herrn Emil Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Zugleich wett verbreitet in den Städten PLAlig-, L«»zeNÄ«, LichtsM-eiA-GaMherg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: MLsteckL-Wkldenburg, BräunSdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langon- Krcka-Riederhain, Langenleuba-Oberham, Niedersiers, Obergräferchain, Oberwiera, OöerMinkel, Oelsnitz i. S., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rüßdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, WEenburg und Ziegelheim. 26«. Donnerstag, den 14. November MM WiLtsrungssnssichterr siir Len 14. November: Fortdauern- heiteres und ruhiges Wetter bet ein wenig wärmerer Temperatur. Barometerstand am 13. November, nachmittags 3 Uhr: 772 mm. Unverändert. Nächsten Sonnabend, den 16. dieses Monats, können wegen Reinigung der Expeditionsräume bei dem unterzeichneten Stadtrathe nur ganz dring liche Angelegenheiten erledigt werden. Waldenburg, am 13. November 1889. Der Stadtrat h. - - Kretschmer, B. Rchtr. "WalLenvurg, 13. November 18»9. Die Magyaren und die Czechen haben in den letz- § ten Wochen wieder außerordentlich viel von sich f reden gemacht und damit bewiesen, daß diesen beiden j Nationen des Deutschland so eng verbündeten Kaiser- j staales zum nicht geringen Theile die politische Reife noch abgeht. Die Magyaren leben in dem Wahne, s sie seien es, welche Oesterreich-Ungarn die nölhige i Festigkeit geben, welche es befähigte, eine große Rolle ! zu spielen, als Großmacht würdig aufzutreten. Bon . diesem Jrrthume sind selbst gemäßigtere ungarische - Politiker befangen, während in Wahrheit die Dinge gerade umgekehrt liegen: Ungarn hat den Glanz, Oesterreich die Lasten. Die Kriegstüchtigkeit der unga-- rischen Armee ist ja anerkanntermaßen eine hohe, aber ohne Mitwirkung der österreichischen Truppen würden die ungarischen in einem allgemeinen Kriege nur wenig in Betracht kommen und jedenfalls nicht berufen sein, den Ausschlag zu geben. Man glaubt in Pest, weil im großen Aufstande von 1848 die Ungarn Hervor ragendes leisteten, gebühre ibnen auch die erste Rolle in der Doppelmonarchie. Diesem stolzen Bewußtsein ist auch die bekannte Forderung entsprungen, die Armee solle fortan nicht mehr „kaiserlich-königliche", sondern , „kaiserliche und königliche" genannt werden. Wir zu- cken über diesen geringen Unterschied, der im Grunde genommen nicht einmal einer ist, die Achseln, aber in ! Pest sind ganze Liter Tinte darüber verschrieben. Die Frage kam bald zum Austrag. Ministerpräsident Tisza nahm sich des Wunsches seiner Landsleute, über den er heimlich gelächelt haben mag, an, und Kaiser i Franz Joseph sagte bereitwillig ja. Für die Heißsporne in Pest ist die Armeefrage mit dieser Namensänderung aber noch lange nicht gelöst. Sie fordern nach wie vor die Errichtung einer rein ungarischen Armee, mit ungarischen Ossizieren, unga rischer Commandosprache u. s. w. und sie vergessen ganz, daß von den Bewohnern des Königreiches Ungarn noch nicht einmal die Hälfte magyarisch spricht. Die militärische Bedeutung dieser Armeefrage wird vor der politischen ganz und gar in den Hintergrund gedrängt, man will nicht einsehen, daß die Macht eines Groß- staales heute gerade in der einheitlich geschulten und geleiteten Armee besteht. Oesterreich-Ungarn mit zwei Armeen wäre keine Großmacht mehr und die Kosacken würden über die ganze Armeefrage bald zur Tages ordnung übergehen. Die Extremen in Pest fordern aber auch auf ande rem Gebiete Eonc.ssionen für sich. Kaiser Franz Jo seph soll mindestens sechs Monate im Jahre in Pest residiren. Zunächst ist eS etwas viel verlangt, daß der Monarch nicht die Bewegungsfreiheit haben soll, die der geringste seiner Unterthanen besitzt. Der Kaiser kann wohnen, wo er will, er ist sehr oft und sehr gern im Jahre in Pest und macht aus seiner großen Vorliebe für Ungarn kein Hehl. Damit könnte man > es billig genug sein lassen. Auf Wien brauchen die - Pester in der That nicht neidisch zu sein, mit der Kai« ! serstadt an der Donau geht es wirtschaftlich nicht vorwärts, sondern rückwärts. Die Klagen hierüber sind allgemein bekannt. Noch weit exaltirter als die Magyaren gebehrden sich die Jungczechen, deren Ideal ein eigenes König reich Böhmen ist mit czechischem Ministerium, czechi- scher Volksvertretung, von welchen die Deutschen im Lande, die auch Steuern zahlen müssen und Rechte ha ben, so recht mürbe gemacht werden können. Der Czeche ist der geborene Deutschenfeind. Eine hervor ragende deutsche Strömung wollen die Ungarn in ih rem Lande auch nicht, die Siebenbürger Sachsen wis sen von magyarischer Rücksichtslosigkeit zu erzählen, aber sie sind doch mit Leib und Leben für das poli tische Bündniß mit Deutschland, schon aus Haß und unbezwingbarer Abneigung gegen die Russen. Anders die Jungczechen, die aus ihrer Freundschaft für die russischen Panslawisten gar kein Hehl machen und am liebsten mit diesen Arm in Arm gingen und das deutsche Reich in Grund und Boden schlügen. Glücklicherweise ist dafür gesorgt, daß in Prag die Bäume nicht in den Himmel wachsen, aber angenehmen Eindruck kann dieses verbissene Auftreten wahrlich nicht machen, in Wien genau ebensowenig, wie an der Spree. Ratio- nalstolz ist ein äußerst edles Gefühl, das sorgfältig gehegt und gepflegt werden muß, ein Volk ohne echten Nationalstolz geht zu Grunde; aber bei einzelnen Na tionalitäten in Oesterreich Ungarn macht sich ein Na tionalitätendünkel geltend, der als giftiges Unkraut kraftvoll ausgerottet werden muß. Die österreichische Regierung wird nicht mehr auf Jahre hinaus diesem Treiben mit gekreuzten Armen gleichgiltig gegenüber stehen können, bas Drama von Mayerling hat die inneren Verhältnisse im Lande denn ooch ganz gewaltig geändert. Kaiser Franz Joseph nähert sich langsam dem Greisenaller, er ist heute 59 Jahre alt, und wenn er auch noch manches Jahr kraft voller Rüstigkeit vor sich hat, die Frage der Nachfol gerschaft ist und bleibt eine heikle. Die Neffen des Kaisers, welche schließlich zur Thronfolge berufen sind, sind nicht als geistig besonders hervorragende Männer bekannt, und wenn auch ein energischer Ministerpräsi dent die beste Stütze der Krone ist, immer muß eine feste Grundlage vorhanden sein. Kaiser Franz Joseph ist sehr populär und genießt unbedingte Autorität, Kronprinz Rudolf würde sich desselben Ansehens er freut haben, wie sein Vater, aber wer sprach bisher vom Erzherzog Franz Ferdinand d'Este? Was heute noch als geringe Schwierigkeit erscheint, kann in Zu kunft noch ein ganz anderes Aussehen gewinnen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Das deutsche Kaiserpaar ist am Dienstag in der alten Lagunenstadt Venedig angekommen und von der Bevölkerung glänzend empfangen worden. Der erste Willkommen von Seiten der Behörden, sowie zahlreicher Vereine wurde im Hafen von Malamacco den Majestäten dorgebracht, die sich mit zehn Dampfern dorthin begeben hatten. Auf der Weiterfahrt nach Venedig wurden die Kaiserschiffe von zahlreichen Gon- dein und Barken umschwärmt, von den großen Dampfern ertönte Musik, während zahlreiche Evviva-Rufe darge bracht wurden. Die deutsche Kolonie begrüßte die Majestäten mit brausenden Hochs. Die vor dem Arsenal ankernden italienischen Kriegsschiffe gaben Salut schüsse ab. Der Kaiser und die Kaiserin grüßten un unterbrochen die snthusiasmirte Menge, während die Fahrzeuge langsam dem Ankerplatz zustrebten. Alle umliegenden Häuser und Fahrzeuge waren festlich ge schmückt. Darauf erfolgte die offizielle Begrüßung durch die italienischen Behörden und die erschienenen deutschen Vertreter. Der Kaiser und die Kaiserin ge denken zusammen den Dogenpalast und die Kirche von San Marco zu besuchen, am Abend soll eine festliche Illumination des Markusplatzes und des Canale Grande stattfinden, worauf der Kaiser über Verona nach Monza reist, wo heute Mittwoch eine Jagd abgehal ten werden wird. Abends treffen der Kaiser und die Kaiserin wieder in Verona zusammen und fahren da-m gemeinsam zur Begrüßung mit dem Kaiser Franz Joseph nach Innsbruck, der seine Gäste wahrscheinlich bis nach Rosenheim in Bayern begleiten wird. Reichscommissar Wißmann hat Slreifcorps seiner Schutztruppe in die Küstenlandschaften Usaguha und Usambara entsandt, dieselben haben ein befestigtes Lager der aufständischen Araber erstürmt und die feindlichen Banden zersprengt. Die Beruhigung der Küstcnland- schaiten nimmt einen günstigen Verlauf. Bei der im Wahlkreise Ottweiler-Trier stattgehab ten Ersatzwahl für das preußische Abgeordnetenhaus wurde Eisenbahnminister von Maybach einstimmig gewählt. Der englische Landwirthschaftsminister Chaplin hat alle Wünsche um Wiederzulassung des schleswig- holsteinischen Viehes zum englischen Markt defini tiv abgelehnt. Damit ist unserer Viehau-fuhr ein erheblicher Schlag versetzt, den man in der meeres umschlungenen Provinz bitter empfindet. Frankreich. Die Eröffnung Ler beiden Kammern des franzö sischen Parlamentes in Paris hat am Dienstag stattgefunden. Das Ministerium war anwesend. In beiden Kammern hielten die Alters Präsidenten kurze Ansprachen, in welchen sie auf die Bedeutsamkeit der stattgehabten Wahlen hinwiesen und ein einiges Vor gehen aller Republikaner als nothwendig bezeichneten. Boulangisten und Monarchisten beschränkten sich auf höhnische Bemerkungen, wollen aber demnächst einen scharfen Protest gegen die Kassation von Boulangers Wahl einbringen. Die Wahl des früheren Minister präsidenten Floquet zum Kammerpräsidenten, welches Amt er früher schon Jahre lang hindurch inne gehabt hatte, ist sicher. Um allen Demonstrationen des bou- langistischen Pöbels auf dem nahe der Kammer, am anderen Ufer der Seine gelegenen Eintrachtsplatze vor zubeugen, war der ganze weite Platz schon von Vor mittag an polizeilich stark besetzt, in der Nähe wurden größere Kavallerie- und Jnfanterie-Abtheilungen bereit gehalten, der Befehl bei lhatkräftigem Widerstande mit blanker Waffe einzuschreiten, war allenthalben ertheilt worden. So weit bisher die Berichte vorliegen, ist keine Ruhestörung im größeren Umfange vorgekommen, sondern nur eine Zahl von kleinen Rempeleien, wie sie zwischen politischen Gegnern in Paris alle Tage passiren. Der Pöbel heulte und schrie beim Erblicken von ihm nicht genehmen Personen, das war seine Haupt leistung, und diese kennzeichnet sich am besten dadurch»