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afrika die Expedition nicht, das Comitee und Peters beschlossen aber, daran festzuhalten, und Peters reiste zum Anfang des Jahres nach Ostafrika. Nach vielen Mühen bildete er eine Truppe und drang, da er nur über schwache Mittel verfügte, langsam vorwärts, bis ihn nun, wo seine Rückberufung schon beschlossen war, der Tod ereilte. Peters war ein unerschrockener Mann, aber nicht ruhig und vorsichtig genug und seine Waghalsigkeit, der Wille, um jeden Preis zum Ziele zu kommen, haben seinen Untergang herbeigeführt. Or. Peters war geboren 1856 als Sohn eines Pfar rers in Neuhaus a. Elbe. Er studirtc Geschichte, Nationalökonomie und Jus, und erhielt 1878 in Berlin die goldene Medaille für eine geschichtliche Ar beit. Nach mehrjährigem Aufenthalt in London ging er 1884 mit anderen Gleichgesinnten nach Afrika, erwarb dort Landgebiet, trat an die Spitze der von ihm errichteten ostafrikanischen Gesellschaft, bis er nun den Eminzug unternahm. Peters hat in sei ner Energie sicher immer das Beste gewollt: Mangel an Erfahrung auf dem Kolonialgebiet und ein zu heftiges Wesen schadeten ihm viel, aber er hat seine Ueberzeugung als ganzer Mann mit seinen Tode be siegelt, wie sein Freund Zühlke. Mag er in Frieden ruhen. Im bayerischen Abgeordnctenhause gab es am Mittwoch eine Kulturkampf Debatte. Von Seiten der Centrumspartei waren Anträge zu Gunsten der Erweiterung der Rechte der Kirche gestellt, die Mi nisterpräsident von Lutz aber abwies mit der Erklä rung, daß cs bei den jetzigen Verhältnissen und bei der Wahrung der Rechte der Krone sein Bewenden haben müsse. An eine Berücksichtigung der Anträge ist also vor der Hand nicht zu denken. Oefkerxeiry-LLugsr«. Im ungarischen Reichstag wurde über den radikalen Antrag am Mittwoch verhandelt, durch welchen der Honved-Minister wegen der bekannten Fahnenaffaire in Anklagezustand versetzt werden soll. Nachdem Tisza Len Antrag sehr derb abgeferligt, wurde der selbe mit der großen Mehrheit von 163 Stimmen verworfen. Frankreich. Das Pariser Journal des Dubais bespricht die Nichttheilnahme des französischen Ministerresidenten in Kairo am Empfange des Prinzen von Wales bei dessen Ankunft auf dem dortigen Bahnhofe, kommt dabei auf die Verpflichtung Englands zur Räumung Egyptens zurück und betont, die französische Regierung werde streng darauf halten, daß die egyptische Frage gelöst werde. Es sei zu hoffen, daß daraus keine weiteren Störungen erwüchsen, wünschenswerth sei aber immer hin eine baldige Regulirung. Die Gesandtschaft des Sultans von Zanzibar wurde von Carnot und den obersten französischen Staats behörden empfangen. Die politische Windstille in Paris dauert un unterbrochen an, aber das Publikum beschäftigt sich doch sehr eifrig mit den Berichten über die glänzende Feuilleton. Durch Sturm und Wetter. Original-Roman von C. Mserfeld. Nachdruck »erboten. (Fortsetzung.) Einige rasche Worte, welche Leo nicht verstand, wur den zwischen seinem Begleiter und diesem jungen Manne gewechselt, dann traten sie über die Schwelle und die schwere Hausthüre fiel wieder hinter ihnen in's Schloß. Leo hatte wenig Zeit, seine Umgebung einer näheren Musterung zu unterziehen, denn Petrowitsch zog ihn hastig vorwärts und die Treppen hinauf; er sah nur, daß er sich in einem nichts weniger als vornehmen Hause befand, denn die Wände waren roh getüncht und die Stiege ausgetreten und morsch, so daß sie unter jedem seiner Schritte bedenklich ächzte und knarrte. Der junge Mann, welcher geöffnet hatte, ging ihnen jetzt voran, wie es schien, um den späten Besuch bei Lydia anzumelden. Er war gut gekleidet und feine Haltung wie seine Bewegungen ließen erkennen, daß er jedenfalls den besseren Ständen angehöre; um so befremdlicher war es, daß er statt eines dienenden Geistes hier Pförtnerdienste versah, und Leo fing nun doch an zu fürchten, daß es mit dem Orte, an wel chem sich Leo befand, eine besondere Bewandtniß ha ben müsse. Im zweiten Stockwerks blieben sie vor einer der häßlichen braun gestrichenen Thüren stehen, und ihr Führer klopfte an dieselbe in der Art Jemandes, der mit den Bewohnern der betreffenden Behausung sehr nahe bekannt ist; auch wartete er nicht erst eine Ant wort oder eine Aufforderung, einzutreten, ab, sondern öffnete, nachdem er sein Klopfen wiederholt hatte, die Thür, um die beiden Männer eintreten zu lassen, wäh rend er selbst draußen zurückblieb. Eine Minute spä ter stand Leo einer hochgewachsenen, jungen Dime ge genüber, welche ja keine andere als Lydia sein konnte, Aufnahme, welche das Kaiserpaar im Orient gefunden . hat, und besonders sind die Schilderungen aus Athen ! mit Gefühlen nicht geringer Bitterkeit gelesen worden, i Der französische Geist kann nun einmal die Vorstellung z nickst los werden, daß alle Welt die selbstverständliche Pflicht hat, jede Liebe und jeden Haß des französischen s Volkes zu «heilen. Der Franzose begreift nicht, daß i z. B. die Magyaren, die doch Frankreich zu lieben vorgeben, Rußland hassen, obschon die Franzosen den > Russen zugethan sind, und es empört ihn, daß die j Griechen, die doch ebenfalls zu den „sympathischen" l - Völkern gehören, den deutschen Kaiser, deutsche Prinzcu ! und Prinzessinnen mit Begeisterung empfangen. Das i scheint ihm geradezu Verrath. Es fehlt nicht viel, > so stellt er das Griechenland des Herren Trikupis mit > dem Italien des Herrn Crispi >.n eine Reihe und klagt die Hellenen an, Navarino vergessen zu haben, j wie die Italiener Magenta und Solfermo. Ein Pariser Blatt giebt eine interessante Tabelle über die Zahl der Kinder in den französischen ! Familien. Darnach gab cs 1885 in Frankreich: i 248,188 Familien mit 7 und mehr Kindern, 313,400 Familien mit 6 Kindern, 549,693 Familien mit 5 Kindern, 936,853 Familien mit 4 Kindern, 1,512,054 Familien mit 3 Kindern, 2,265,317 Familien mit 2 Kindern, 2,512,611 Familien mit einem Kinde, wäh- i rend 2.073,205 Familien keine Kinder hallen. Dem- ! nach hat fast die Hälfte aller Familien Frankreichs i entweder ein oder gar kein Kind. Für das Verständ- i niß der nervösen und unberechenbaren Stimmung des französischen Volkes, dem zur Hälfte die Sorge um die Erhaltung einer Familie fast gänzlich fremd ist, können diese Zahlen mehr als Hunderte von staats- i philosophischen Abhandlungen beilragen. England. s In der Südsce hat das britische Kriegsschiff „Royalist" l eine Strafexpedition ausgeführt: Dasselbe hat s s mehrere Dörfer der Salomonsinsel, wo unlängst von j i Eingeborenen ein Engländer Namens Nelson, ermordet s ! und mit drei eingeboren.n Knaben verzehrt wurde, j bombardirt und zerstört. Die Dorfbewohner flüchteten ' ins Gebirge. f Holland. Mit dem Könige Wilhelm von Holland soll es ' wieder recht ungünstig stehen. Der König soll in Folge starken Fiebers so schwach sein, daß er nicht f einmal wichtige Dokumente zu unterzeichnen vermag, s Der luxemburgische Minister Eyschen, welcher dem f j Kranken die Thronrede zur Eröffnung der luxemburger ! Kammer unterbreitete, konnte nicht die königliche Sank- : tion hierfür erhalten. Die Eröffnung der Kammer ! mußte deshalb ohne Thronrede erfolgen. Aus dem Muldenthale. *WalÄeuburg, 7. November. De: heutige Tag ' ist nach Falb ein kritischer Tag dritter Güte; bei dem hohen Barometerstand und Lem recht angenehmen j Wetter ist hier freilich nicht viel davon zu bemerken. - Dagegen haben vor einigen Tagen, wo keine Krisis obwohl er das kleine hagere Mädchen, welches ihn vor einer Reihe von Jahren verlassen hatte, in dieser schö nen, stolzen, gebieterischen Erscheinung gewiß nicht wie dererkannt haben würde. Ihre Gesichtszüge sreilich hatten sich nicht eben gar zu auffallend verändert, na mentlich ihre großen, dunklen Augen waren dieselben geblieben, nur daß über dem ganzen Antlitz etwas Frem des, Seltsames lag, das Leo auf demselben früher nie mals wahrgenommen hatte, und daß ein herber, fast unschöner Zug um den feinen Mund von traurigen äußern Schicksalen und von harten Seelenkämpfen zu zeugen schien, denen sie inzwischen ausgesetzt worden war. Ihre Figur war stolz und üppig geworden, und sie sah im Ganzen immerhin um einige Jahre älter aus, als sie wirklich zählen konnte. Unzweifelhaft war Lydia bereits auf Leo's Besuch vorbereitet worden, denn in ihrer Miene prägte sich weder Ueberraschung, noch eine ungewöhnlich freudige Erregung aus, als sie ihm ihre edelgeformte Hand zum Willkommen entgegenstreckte. Leo hatte sich allerdings ein Wiedersehen mit der Freundin seiner Jugend un gleich wärmer und herzlicher vorgestellt, als es sich hier vollzog; aber er wußte ja, daß Lydia schon als Kind nicht im Stande gewesen war, ihren oft sehr leiden schaftlichen Empfindungen und Gefühlen vollen Ausdruck zu geben, und er glaubte darum gern, daß auch jetzt jungfräuliche Scham und Zurückhaltung die einzigen Ur sachen seines verhältnißmäßig kühlen Empfanges seien. Er selbst, der bis dahin diesem Augenblicke mit sehr geringer Erregung entgegen gesehen halte, war nun doch von tiefer Bewegung ergriffen; denn alle jene halb ver gessenen Leiden und Freuden seiner bewegten Jugend, alle jene traurigen Ereignisse, die sich seit dem Todes tage seines Vaters in seinem Leben vollzogen hatten, mußten urplötzlich wieder lebendig werden bei dem An- blicke Derjenigen, welche alle jene Schicksale mit ihm getheilt hatte und ihm getreulich behilflich gewesen war, sie zu ertragen. vorhanden, die Zeitungen von Erdbeben, Stürmen rc. berichtet. Man sieht hiernach, daß die kritischen Tage nicht immer so bösartig sind, wie vielfach angenommen wird. *— Ueber den Lebenslauf des Morgen Freitag im ersten diesjährigen Abonnementconcert der hiesigen Stadtkapelle auftrelenden jugendlichen Künstlers, des Violinvirtuosen Alfred Krasselt, sei Folgendes erwähnt: Alfred Krasselt wurde 1872 in Glauchau geboren und zeigte schon als Knabs im zartesten Alter große Zu neigung zur Musik. Eine Kindergsige war ihm mehr als bloßes Spielzeug. Fortwährend bemühte er sich, derselben Töne und Melodien zu entlocken, und nicht gar lange dauerte es, so war er im Stande, Volks lieder zu spielen. Das bei dieser strebsamen und er folgreichen Beschäftigung mit dem immerhin schwieri gen Instrumente zu Tage tretenden Musiktalent ver anlaßte den Vater, welcher seiner Zeit Mitglied der Glauchauer Stadtkapelle war und später nach Baden- Baden als Concertmeister ging, woselbst er jetzt noch in derselben Eigenschaft thätig ist, dem Kleinen syste matischen Unterricht zu erlheilen, bez. ertheilen zu lassen. Dadurch wurde die reiche musikalische Bean lagung Krasselts derart gefördert, daß er bereits im Jahre 1878 als Solist auftreten konnte. Nachdem er dann die erforderlichen Schulkcnntnisse erlangt und die nölhige musikalische Vorbildung genossen batte, trat er im October 1885 in das König!. Conserva- torium der Musik zu Leipzig als Schüler ein. Hier zeichnete er sich bald durch großen Fleiß und bedeutende Fortschritte unter seinen Mitschülern aus und lenkte das Interesse seiner vehrer (A. Brodsky, Hermann, Hans Sitt) auf sich. Die Unterstützungen eines warm herzigen reichen Kunstfreundes und die Gewährung eines Stipendiums erleichterten ihm die Fortsetzung seines Studiums. In diesem Jahre erhielt der streb same Jüngling das Schumann-Stipendium und die Prämie der Helbig-Stiftung. Wie verlautet, verläßt der bescheidene, nun zum Künstler gewordene Jüngling zu Ostern das Conservatorium, um eine geplante Concertreise nach England anzutreten. — In Glauchau hat sich am Dienstag Abend gegen 10 Uhr ein 73jähriger Einwohner M. in sei ner Wohnung erhängt. Motiv: Schwermuth infolge längerer Krankheit. — Der in Zwickau unter Vorsitz der Frau Kreis hauptmann Frenn von Hausen stehende, 189 Mit glieder zählende Albcrtzweigverein gewährte im abge laufenen Bereinsjahr in seiner Poliklinik, in der 3 Aerzte unentgeltlig wirkten, mit 392 Mk. 21 Pf. Auf wand 1954 Personen, darunter 1229 Kinder, in 316 Berathungen freie Behandlung. In der Armen pflege wurden 116 Kranke, bez. Familien verpflegt. Ein Kranker erforderte allein 113 Mark 40 Pf. Aufwand, ferner wurden 6 Kranke an 233 Verpfleg tagen mit 315 Mk. Aufwand (Zinsen der Carolastif tung) im Zwickauer Stadtkrankenhaus verpflegt. — Am 30. v. M. fand vor dem Schöffengericht in Zwickau noch ein Nachspiel des verflossenen Streiks Ihrer Aufforderung folgend, ließ Leo sich an ihrer Seite auf dem einfachen Sopha nieder, welches das einzige Luxusmöbel in dem mit klösterlicher Schlicht heit ausgestatteten kleinen Gemach bildete. Als er sich nach Petrowitsch umsah, mußte er zu seiner Ueber raschung die Wahrnehmung machen, daß sich derselbe leise entfernt hatte und daß er mit Lydia allein war. Er wollte eine Frage nach ihren jetzigen Lebensverhält nissen an sie richten, denn es war ihm nach Allem, was er bisher von ihrer Umgebung wahrgenommen hatte, als könnten dieselben keineswegs glückliche sein und als würde sie gerne die freudig dargebotene Hand eines treuen, uneigennützigen Freundes ergreifen, wel cher sie in eine bessere Lebcnssphäre emporzuhcben ver möchte. Aber sie kam seinen Erkundigungen zuvor, iudem sie mit jener ruhigen klaren Bestimmtheit, welche ihr schon in ihrer Kindheit eigen gewesen war, sagte: „Es hat mir viel Kummer gemacht, Leo, daß wir einst ohne Abschied auseinander gehen mußten, aber ich weiß längst, daß Du schuldlos daran bist, denn Dimitri Petrowitsch hat mir gestanden, daß mein Brief auf sein Geheiß von Firulkin unterschlagen wurde. Viel leicht geschah es zu meinem, wie zu Deinem Glück, denn ich hörte bereits, daß Dein Schicksal eine wunder sam erfreuliche Wendung genommen hat." „Aber Du, Lydia," fiel ihr Leo ins Wort, „Du siehst nicht aus, als wenn Du glücklich wärst; wäre jener Brief rechtzeitig in meinen Besitz gekommen, ich würde Dich entweder begleitet oder Dich an der Reise mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln verhindert haben." Ein seltsames halb wehmüthiges, halb mitleidiges Lächeln glitt für einen Moment über das ernste Gesicht des jungen Mädchens, sie ergriff die Hand des Jugend freundes, aus dessen Worten wieder die alte warme Zuneigung ihr entgegengeklungen war, und behielt die selbe in der ihrigen, deren eisige Kälte Leo freilich un willkürlich erschauern ließ. (Fortsetzung folgt.)