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E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Sonntag, den v. October 1NW. Wittcrangsausfichten für den 6. October: Meist heiteres und trockenes Wetter. Temperatur wenig verändert. Barometerstand am 5. October, nachmittags 3 Uhr: 759 mm. Gefallen. 'Waldenburg, 5. October 1889. Die Auslassung des deutschen Reichsanzeigers gegen die Kreuzzeitung und deren Hintermänner hat die politische Situation in ganz hervorragender Weise ge klärt. Der Versuch der Hochconservativen, den Mon archen für ihre Gedanken zu gewinnen, ist rundweg abgewiesen, und dieser Partei wohl ein für alle Male bedeutet worden, daß sie auf einen maßgebenden Ein fluß, auf welchen sie speculirt, nicht zu rechnen hat. Die Kreuzzeitungspartei ist nicht groß, aber sie ist mächtig und besitzt Eingang in Kreise, welche dem Throne sehr nahe stehen. Wäre die Stellung dieser Partei wirklich eine unbedeutende, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" gelegentlich bemerkte, so würde nicht so schweres Geschütz dagegen aufgeführt, eine persönliche Willensäußerung des Kaisers vorgeführt worden sein. Die hochconservative Partei hat unter Kaiser Wilhelm I. schon dem Reichskanzler das Leben sauer zu machen verstanden; die Schwierigkeiten, welche den Fürsten Bismarck zur wiederholten Eingabe seines Rücktrittsgesuches veranlaßten, sind von jener Seite geschaffen, und erst durch das „Niemals!" des greisen Kaisers wurden diese Zustände definitiv beseitigt. Man hat damals Namen genannt von sehr hochstehenden Personen, welche als die Protectoren der Kreuzzeitungs partei galten; die Inhaber dieser Namen leben heute zum Theil nicht mehr, aber an ihre Stelle sind Andere getreten, und die wiederholten Anstrengungen, welche ihr Organ machte, ließen keinen Zweifel darüber, wohin ihre Wünsche zielten. Die Kreuzzeitung griff das Kartell auf das Heftigste an, ihre Sprache war eine so erregte, wie sie bei dem Blatte Wunder nehmen muß. Kaiser Wilhelm II. sollte gegen das Kartell eingenommen und für eine Politik gewonnen werden, welche die strengconservative Partei zur herrschenden machte. Wäre der Kaiser hierauf eingegangen, so wäre er gleich in directen Gegensatz zum Reichskanzler ge treten, er hätte die parlamentarische Mehrheit, auf welche Fürst Bismarck sich stützt, verworfen, und dem Letzteren wäre nichts übrig weiter geblieben, als von der politischen Bühne abzutreten. Wir sehen eine neue Periode in den wider den Reichskanzler gerichteten Umtrieben, und diesmal sind letztere mit einer so rück- sichtsloscn Schärfe abgewiesen worden, daß kein Zweifel darüber mehr bestehen kann, daß der Kaiser nicht gegen den Fürsten Bismarck einzunehmen ist. In der answärtigen Politik hat der Kaiser die Ge danken des Reichskanzlers längst und von vornherein im vollsten Umfange acceptirt. Alle seine Reisen gehen dahin, den Friedensbund, das große Werk Fürst Bis marcks, immer fester auszubauen, die Friedensfeinde total zu isoliren. Nunmehr zeigt sich, daß auch in der inneren Politik dieselbe prinzipielle Gedankengleichheit vorhanden ist. Darum brauchen der Kaiser und der Kanzler noch nicht in den allerspeciellsten Dingen ganz genau derselben Ansicht zu sein, aber es sind in jedem Falle nicht solche Differenzen vorhanden, welche auch nur den leisesten Conflict Hervorrufen könnten. Welchen Zweck und welchen Nutzen hatten nun eigent lich die sensationell erscheinenden Artikel und Brochüren, welche allerlei geheimnißvolle Vorgänge am Kaiserhofe andeutelen? Nichts, gar nichts hat sich geändert, und geschehen ist nur, was Jedermann weiß. Daß Be strebungen gegen den Einfluß des Fürsten Bismarck sich geltend gemacht haben, ist außer Frage; aber der Kaiser hat auch nicht einen Moment geschwankt. Daß er den Rath des Grafen Waldersee hört in militäri schen Dingen, ist ganz selbstverständlich; Fürst Bis marck ist kein General, sondern ein Staatsmann. Beide Männer haben einen so hochbedeutsamen und umfangreichen Wirkungskreis, daß ihre Wege nicht sich zu kreuzen brauchen. Graf Waldersee ist zweifellos ein hervorragender Officier; denn das Zutrauen können wir wohl zu unserem alten Moltke haben, daß er zu seinem Nachfolger sich einen Mann wählte, welcher ihn zu ersetzen versteht, und daß er erst dann sein Amt als Generalslabschef niederlegt, nachdem er sich von den Fähigkeiten Waldersee's hinreichend überzeugt hatte. Die Frictionen am Kaiserhofe sind darnach vorüber, wenn sie ernstlich überhaupt bestanden, die Politik des Kaisers ist für alle Parteien klargelegt. Der Kaiser hat, wie er das stets thut, sich ungemein offen geäußert, Jedermann weiß, was er von dem Oberhaupt des Reiches zu halten hat. Der Wahlkampf wird zweifel los unter dem Einfluß dieser Kundgebung durchge fochten werden, an heftigen Zusammenstößen wird es in ihm nicht fehlen. Schon jetzt geht ein scharfer Zug durchs Reich, und hüben und drüben beginnen sich die Wähler zu sammeln. Ein sehr werthvolles Votum ist cs, welches das deutsche Volk bald abzugeben berufen sein wird. MoMijHe Munsscharr. Deutsches Reich. Der Kaiser und die Kaiserin sind am Freitag Abend aus Mecklenburg wieder im Neuen Palais bei Potsdam eingetrosien, wo dieselben bis zum Antritt ihrer Reise nach Griechenland und Italien verbleiben werden. Der Kaiser ist sehr befriedigt von dem Auf enthalt in Mecklenburg, dessen wildreiche Reviere ihm ein besonderes Jagdvergnügen verschafften. In Lud wigslust verabschiedeten sich die kaiserlichen Majestäten von dem Großherzoge und der Großherzogin von Schwerin und fuhren dann, unter lebhaften Ovationen, nach Potsdam zurück. Soll der Besuch des russischen Kaisers noch erfolgen, so muß es also in der kom menden Woche sein, denn in der übernächsten wird be reits die Reise nach Monza und Athen angetreten, an welche sich dann der Besuch von Konstantinopel schlie ßen wird. Der Prinz Heinrich von Preußen ist am Freitag mit der Korvette „Irene" in Specia ange kommen. Der Urheber der Kundgebung im deutschen Reichs anzeiger ist Kaiser Wilhelm II. persönlich ge wesen. Die „Nat.-Ztg." schreibt nämlich Folgendes: „Gegenüber Ausstreuungen, wonach Fürst Bismarck die Erklärung im Reichsanzeiger veranlaßt haben soll, hören wir von zuverlässiger Seile, daß sie aus der persönlichen Initiative des Kaisers entsprungen ist." Die Kreuzzeitung wüthet gegen die Norddeut sche. Die heftigen Ausfälle, welche das Kanzlerblatt gegen die Kreuzzeitung gerichtet hat, haben die letztere außerordentlich erbittert und sie greift nunmehr auf die Zeitung der Walderseeversammlung zurück, gegen welche die Norddeutsche damals einen Artikel gebracht hatte, indem sie schreibt: „Als die Angriffe gegen die Versammlung vom 28. November und ihre Theilneh mer bis zur schmachvollsten Niedertracht gesteigert waren, da erschien Graf Herbert Bismarck beim Prin zen Wilhelm, unserem heutigen Kaiser, um die Er klärung abzugeben, daß sowohl sein Vater, wie er selbst von diesen Vorgängen nur durch die Zeitungen erfahren und Niemand inspirirt hätten. Die Nordd. Allg. Ztg. aber hat bis auf den heutigen Tag die schamlosen, durch jene Artikel hervorgerufenen Angriffe gegen die Person eines königlichen Prinzen und seiner erlauchten Gemahlin niemals von ihren Rockschößen abgeschüttclt. Hat ein Blatt mit dieser Vergangenheit wirklich das Recht, die Aechtheit der altbewährten, unerschütterlichen Königstreue der Kreuzzeitung in Zweifel zu ziehen?" Das ministerielle Wiener Fremdenblatt bringt in sehr ernstem Tone die Meldung, dem deutschen Reichs tage werde eine Militärforderung im Betrage von 270 Millionen etwa zugehen. Die Nachricht, dies Geld solle für neue Geschütze gefordert werden, war schon zu Anfang der Woche in Berlin verbreitet, fand aber nicht so rechten Glauben. Als ein Beweis für die Frechheit, mit welcher die Sklavenhändler in Ostafrika ihr Handwerk betrei ben, dient folgender Vorfall. Als am 4. v. M. das britische Kanonenboot Ranger in Aden, einem britischen Hafen, vor Anker lag, fuhr eine aus der See kom mende schnelle Dhau ganz in der Nähe vorbei. Dem scharfen Auge eines eingeborenen Dolmetschers erschien das Fahrzeug verdächtig und ein abgeschickles Boot fand in der That fünf Sklaven an Bord. Dieselben wurden befreit und die Dhau beschlagnahmt. Dieselbe wurde nicht, wie es sonst üblich ist, zerstört, sondern da sie sich als sehr brauchbar erwies, als Kreuzer aus gerüstet, mit einer Revolverkanone bewaffnet und mit zehn Matrosen unter dem Befehl eines Feuerwerkers besetzt. Im Namen des Kaisers wird Staats-Sekrstär Or. v. Bötticher am 22. October die Session des deut schen Reichstages im Weißen Saale des königlichen Schlosses in Berlin eröffnen. Durch den preußischen Minister für Landwirthschaft Or. v. Lucius, sind vor längerer Zeit Versuche bei Rindern angeordnet worden, um die Frage zur Ent scheidung zu bringen, ob durch die Impfung ein Schutz gegen Lie Lungenseuche herbeigeführl wer- den könne oder nicht. Durch diese Versuche ist mit Sicherheit erwiesen, daß Rinder, welche mit frischer, warmer Lymphe geimpft werden, gegen die Lungen seuche geschützt sind. Das Reichsgericht hat sich mit dem Revisionsgesuch der wegen Bestechung verurtyeilien Armeelieferanten Hagemann und Wollank beschäftigt und dasselbe ver worfen, indem es sich der Annahme des Landgerichtes anschloß, daß Zahlmeister als Beamte im Sinne des Gesetzes anzusehcn seien. Der Sultan von Zanzibar hatte gegen das vom deutschen Geschwadercommandanten in Ostafrika erlassene Verbot der Waffeneinfuhr in das deutsche Schutzge biet protestirt. Dieser Protest ist höflich, aber be stimmt abzswiesen und der Sultan aufgefordert, nach Berlin sich zu wenden. Der Reichsanzeiger puolicirt bereits die Entschei dung der Reichscommission für die Errichtung eines Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm I. in Berlin. Das Preisgericht hat den Entwürfen mit dem Kernwort „Kaiser und Reich" und „Für Kaiser und Reich" je einen ersten Preis; den Entwürfen mit dem Kernwort „Vivos voco!", „Friede", „Vom Fels zum Meer", „Deutsch" je einen zweiten Preis zuer kannt. Die mit diesen Kernwörtern versehenen Brief umschläge nennen die Namen folgender Künstler: 1) Architekten Wilhelm Rettig und Paul Pfann zu Berlin (Kernwort: Kaiser und Reich), 2) Architect Bruno Schmitz zu Berlin (Kernwort: Für Kaiser und Reich),