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Der Kaiser hat bei seiner Anwesenheit in Hannover dem Regierungs-Präsidenten Grafen Wilhelm von Bismarck, jüngsten Sohn des Reichskanzlers, den Rothen Adlerorden zweiter Klasse verliehen. Das Reichskanzleramt hat auch für Gleiwitz die Einfuhr galizischer Schweine zugesagt. Der deutsche Reichstag wird am Dienstag, den 22. October, im Weißen Saale des königlichen Schlosses in Berlin eröffnet werden, und zwar wahrscheinlich durch den Staatssekretär von Bötticher, da für diese Zeit die griechische Reise des Kaiserpaares geplant ist. Der Vater des regierenden Fürsten von Schwarz burg-Sondershausen, Fürst Günther, ist Sonn tag Abend nach längerer Krankheit im 88. Lebensjahre gestorben. Der Verewigte, am 24. September 1801 geboren und am 19. August 1835 zur Regierung gelangt, hat auf die Regierung am 17. Juli 1880 zu Gunsten seines Sohnes, Fürsten Karl Günther, verzichtet. Er war Chef des 3. Thüringischen Infan terie-Regiments Nr. 71 und preußischer General der Infanterie. Zum Kaiserbesuch in Mecklenburg melden Schweriner Blätter, es sei feststehend, daß die Kaise rin ihren Gemahl begleiten werde. Aus dieser Ver anlassung wird eine zweite Ehrenpforte vor dem Schweriner Ralhhause errichtet werden, bei welcher die Kaiserin von Ehrenjungfrauen begrüßt werden soll. Aus Kamerun berichtet ein deutscher Schiffsarzt, daß die Plantagenwirthschaft noch in den ersten Anfängen begriffen ist, aber guten Erfolg verspricht. Die Kaufleute klagen etwas, errichteten aber doch neue Fackoreien am Lande. Der Gouverneur von Soden hat um sein Gebäude Pflanzen-Anlazen hergestellt, die bereits jetzt einen herrlichen Anblick bieten. Der Arzt meint, es lasse sich im Ganzen ein Fortschritt deutlich erkennen. Geklagt wird nur darüber, daß die Gerech tigkeit nicht ganz streng gehandhabt wird. Ein ganz unschuldiger Krujunge wurde auf den Verdacht des Diebstahls hin dermaßen geprügelt, daß er zehn Tage arbeitsunfähig war. Der Schiffsarzt meint, das sei denn doch gar zu rücksichtslos. Zufolge einer Bekanntmachung des Staatssekretärs des Reichspostamtes werden am 1. October 1889 im Reichspostgebiet neue Postwerthzeichen eingeführt. Die neuen Marken unterscheiden sich von den jetzt gil- tigen im Wesentlichen dadurch, daß der ihnen aufge druckte Reichsadler und die Reichskrone der durch Er laß vom 6. December 1888 festgestellten Formen ent sprechend abgeändert worden sind. Was die Farbe der neuen Werthzeichen betrifft, so werden die Mar ken zu 3 in braun, zu 5 in grün, zu 25 in orange und zu 50 in rothbraun hergestellt, wäh rend bei den 10 und 20 Marken die Farbe un verändert bleibt. Durch die Einführung der neuen Werthzeichen wird auch eine Neuausgabe der gestem pelten Briefumschläge und Streifbänder, sowie der ge stempelten Formulare zu Postkarten, Postanweisungen u. s. w. bedingt. Entsprechend den veränderten Far ben der neuen Marken zu 3 und 5 erhalten die Streifbänder einen Aufdruck in brauner, die Postkar ten für den inneren Verkehr einen Aufdruck in grüner Farbe. Außerdem kommt bei dem Aufdruck der be zeichneten Postkarten die deutsche anstatt der lateini schen Schrift in Anwendung. Mit der Ausgabe der neuen Marken bezw. einer Gattung derselben dürfen die Postanstalten erst dann beginnen, wenn die vor handenen Bestände an Marken derselben Gattung ver kauft sein werden. Die Bestimmung des Zeitpunktes, von welchem ab die jetzigen Freimarken ihre Giltigkeit verlieren, wird später erfolgen. Oenerreiry-llLngarn. In Prag haben die deutschen Abgeordneten Böh mens eine Versammlung abgehalten und beschlossen, auch in Zukunft bei ihren verfassungsrechtlichen Forderungen stehen zu bleiben. In Brünner Arbeiterversammlungen ist laut ver kündet, im Mai 1890 würde ein europäischer Streik zur Herbeiführung des achtstündigen Arbeitstages ausbrechen. Welchen Eindruck eine solche Ankündigung auf unreife Menschen machen muß, kann man sich vorstellen. Italien. Der Reichskanzler Fürst Bismarck hat an den kranken Ministerpräsidenten Crispi ein Telegramm gesandt, in welchem er seine Glückwünsche zu dem ver eitelten Attentat, sowie zugleich den Wunsch ausspricht, daß der Minister bald wieder hergestellt und die Vor sehung ihn künftig vor ähnlichen Attentaten bewahren möge. Crispi dankte telegraphisch und fügte hinzu: Ich habe der Vorsehung mein Leben zu verdanken, ich werde fortfahren, dasselbe meinem Könige, meinem Vaterlande und dem Frieden Europa's zu widmen. Die Voruntersuchung gegen den Attentäter Caporali wird fortgesetzt. Er gesteht ein, daß er Republikaner sei und aus politischer Feindschaft den Angriff auf Crispi- gemacht habe. Es geht daraus hervor, daß Caporali den Angriff mit Vorbedacht ausgeführt hat; es hat sich ferner herausgestellt, daß er sich eines spitzen ? Steines bedient hat, um Crispi womöglich zu tödten. Das Befinden ist fortwährend befriedigend, Fieber fehlt, die Schmerzen sind leicht. Die Vernarbung er folgt normal. Im ganzen Lande erfolgen Kundgebungen der Ent rüstung über das Attentat und der Freude über die Rettung Crispi's. : Obschon die radikalen Blätter jede, auch die indirekte Verantwortlichkeit für das At tentat entrüstet zurückweisen, hält dennoch die große Mehrheit der Presse an der Ueberzeugung fest, daß das Attentat dar Resultat der planmäßigen Crispi- Hetze ist, die Crispi tagtäglich als den verworfensten und unheilvollsten Menschen Italiens darstellen. Der Attentäter bleibt dabei, er sei Republikaner und wollte den ihm nicht persönlich, wohl aber politisch verhaßten Crispi beseitigen. Die Aerzte erklären die Rettung Crispi's für ein Wunder. Nur durch eine zufällige Wendung des Wagens, in welchem Crispi saß, verfehlte die 15 Centimeter lange Mordwaffe ihr Ziel, nämlich den Hals. Crispi schrieb an den Priester Massari, der sich zuerst auf den Attentäter stürzte, einen herz lichen Dankbrief. Frankreich. Den Republikanern in Paris ist es am Sonntag endlich gelungen, eine große Wahlversammlung für Floquet abzuhalten, in welcher dieser sein Programm entwickelt. Der Boulangist Nicot entging mit knapper Noth einer tüchtigen Tracht Prügel. Die Wahlaus sichten sind allerdings nicht gerade rosig für die Re gierung, doch bleibt die sichere Hoffnung auf eine republikanische Kammermehrheil bestehen. Boulanger ist thatsächlich noch in England. Die in Arles verhafteten beiden Deutschen sind immer noch dort. Gegen Caution von 12,000 Mk. sind sie zwar aus der Haft entlassen, dürfen aber nicht abreisen, bevor ihre Sache geregelt ist. 24 Tage haben sie zusammen mit allerlei Strolchen im Ge- fängniß sitzen müssen. Der Fürst von Monaco soll auf Vorstellungen sich bereit erklärt haben, den Spielbetrieb einzustellen, wenn Monaco neutralisirt und ihm durch Grundsteuer und Zoll 2 Millionen Civilliste gesichert würden. Holland. Die seit einigen Tagen im Zustand des Königs von Holland eingetretene Verschlimmerung hält an. Der König ist matt und müde, die Eßlust sehr ge ring. Belgien. Die Zahl der in Antwerpen verschwundenen Perso nen wächst noch immer, die Polizei sucht nach 36 Personen, die wahrscheinlich ins Wasser geschleudert sind. Aus dem Hafen sind am Sonnabend drei Säcke füllende Leichentheile herausgezogen und >ofort bestattet. Auch kommen jetzt schon die Leichen in Folge von Zer setzung an die Oberfläche. England. Nachdem am Sonntag Nachmittag in einer großen Versammlung der Dockarbeiter feierlich das Ende des Riesenstreiks proclamirt ist, haben am Montag alle Arbeiter ihre Thätigkeit wieder ausgenommen. Der Arbeitsbeginn vollzog sich in ruhiger Weise. > Aus Ostafrika berichtet die Times, daß vr. Peters mit der Emin-Expedition seinen Weg fortsetzt. Die Dockarbeiter haben zum Theil die Arbeit bereits wieder eingestellt. Sie erklärten, sie seien nicht verpflichtet, mit Arbeitern zu arbeiten, die am Streik nicht theilgenommen hätten. Die Docksdirectoren zeig ten dem Lordmayor am Montag nachmittags an, daß und unter welchem Vorwande die Arbeiter den Be stimmungen des Ausgleichs zuwider die Arbeit wieder verlassen hätten. Bulgarien. Der Präsident der bulgarischen Nationalversamm lung, Herr Stojanow, ist in Paris, wo er sich be suchsweise aufhielt, plötzlich gestorben. Aus dem MuwenthaLr. * W«lde«burg, 17. September. Der hiesige Obst- bauverein hielt gestern Abend in Schlimpers Restau ration hierselbst nach längerem Zeitraum wieder eine leider nur schwach besuchte Sitzung ab, in welcher nach erfolgter Neuwahl des Vorstandes über Neubeschaffung von Obstbäumen an Stelle der vom Hagelwetter am 12. Juli ruinirten Bäume berathen wurde. Es wurde beschlossen, an sämmtliche Mitglieder eine Liste herum gehen zu lassen, in welche dieselben ihren Bedarf an Obstbäumen einzeichnen sollen, um sodann die Be stellungen bei der Freiherr!, von Friesen'schen Garten- direction in Rötha, welche besondere Vergünstigungen gewährt hat, zu machen. Weiterhin wurde beschlossen, aus den vorhandenen Vereinsmitteln einen Betrag zu diesen Neubeschaffungen zu verwenden, so daß der Er satz des geschädigten Obstbaummaterials den Mit gliedern so weit als möglich erleichtert ist. Auch Nicht mitgliedern ist es frei gestellt, ihren Bedarf in Ge meinsamkeit mit dem Obstbauverein zu decken und von den von der genannten Gartendirection gewährten Vergünstigungen Gebrauch zu machen; eine diesbezüg liche öffentliche Aufforderung hierzu wird in den näch sten Tagen erfolgen. * — Der neue Winterfahrplan der kgl. sächsischen Staatseisenbahnen ist erschienen. Für die Station Waldenburg ist in demselben eine Aenderung nicht eingetrelen. * — Gegenwärtig ist die Zeit, in welcher unsere Hausfrauen Kürbisse einlegen. Wir bitten sie im In teresse unserer heimischen Vogelwelt, die Kerne dersel ben nicht wegzuwerfen, sondern zu trocknen, da sie von den Meisen im Winter gern verzehrt werden, beson ders wenn sie bei hohem Schnee und grimmiger Kälte Hunger leiden müssen. * — Diejenigen nichtübungspflichtigen Ersatz-Reser visten, welche im Jahre 1884 der Ersatz-Reserve über wiesen worden sind, haben zum 1. October d. I. ihre Ersatz Reservepässe beim Bezirksfeldwebel behufs Uebersührung zum Landsturm 1. Aufgebots abzugeben. So lange der Uebertrittsvermerk zum Landsturm 1. Aufgebots im Passe nicht vermerkt ist, gehört der Mann zur Ersatz-Reserve. * — Gelegentlich der Obsternte verdienen folgende Bestimmungen Beobachtung: Auf das Grundstück des Nachbars überhängende Früchte gehören dem Eigen thümer des Stammes, welcher jedoch zum Behufe ihrer Abbringung das Grundstück des Nachbars nicht wider dessen Willen betreten darf. Uebergefallene Früchte sind Eigenthum dessen, welchem der Grund und Boden gehört, auf den sie gefallen sind. — Die Tagesordnung für die Mittwoch, den 18. September nachmittags 3 Uhr im Verhandlungslocale der Königlichen Amtshauptmannschaft zu Glaucha« stattfindende 7. diesjährige öffentliche Bezirksausschuß sitzung ist folgende: 1. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Die Bezirksanstalt betr., a. der Quellenvertrag mit p. Zscherpe in Lichtenstein, d. Kündigung des Auf sehers Richter, e. Dispensation der HauSbcamten von Bestimmungen des Beköstigungs-Regulativs. 3. Dis pensationsgesuche in Dismembrations-Sachen, u. der verw. Klitzsch in Rödlitz, b. des p. Schubert und Genossen in Mülsen St. Jacob, o. des p. Schwalbe und Genossen in Hohndorf, ä. des p. Seifert in St. Egidien, 6. des p. Pohlers und Genossen in Grum bach. 4. des p. Pöhlmann in Oberlungwitz Recurs gegen Abweisung seiner Reclamation wider die An- lagen-Abschätzung. 5. des p. Wimmler in Dittrich Gesuch um Verlegung der Tanztage. 6. des p. Münch in Mülsen St. Niklas Gesuch um Erlaubniß zur Ab haltung von Singspielen rc. 7. des p. Hergert in Voigtlaide Schlächtereianlage. 8. des p. Falken in Mülsen St. Micheln Schlächtereianlage. 9. des p. Störr in Ernstthal Schlächtereianlage. 10. des p. Nötzold in Callnberg Schlächtereianlage. 11. Beschluß des Gemeinderathes in Mülsen St. Micheln wegen veränderter Veröffentlichung der Bekanntmachungen. 12. des p. Dölling in Glauchau Schank-Erlaubniß-Gesuch — für Rothenbach. 13. des p. Hauck in Hohndorf Schank-Erlaubniß-Gesuch. 14. des p. Heyder in Mülsen St. Niklas Gesuch um Gestattung von Sing spiel rc. 15. des p. Tröger in Heinrichsort Gesuch um Gestattung von Singspiel rc. 16. des p. Türke in Ernstthal Gesuch um Erlaubniß zum Kleinhandel mit Spirituosen. — Die durch die Unwetter s. Z. auf der Strecke Glauchau-Zwicka« verursachten Beschädigungen sind in den jüngsten Tagen wieder vollständig behoben wor den und verkehren die Züge nunmehr ohne irgend welche Störung auf beiden Gleisen. Die Zerstörungen an der Linie Dresden-Elsterwerda sind dagegen noch nicht behoben worden, es wird aber an der Reparatur an gestrengtest gearbeitet. — Die kgl. Amtshauptmannschaft zu Zwickau hat beschlossen, für jede ausgewachsene Kreuzotter, welche in ihrem Bezirke getödtet und ^eingebracht wird, 75 Pf. zu gewähren. — In der Zeit vom 28. September bis 1. Octo ber d. I. findet in Luuzeuau eine landwirthschaft- liche Ausstellung statt, zu welcher die vorbereitenden Arbeiten ihren geschäftsmäßigen Fortgang nehmen. Die Anmeldungen sind so zahlreich eingegangen, daß die Ausstellung ein ziemlich vollständiges Bild der Landwirthschaft bezüglich ihrer Hilfsmittel und Pro dukte bieten wird. Dem Ausschuß sind bedeutende Ehrenpreise zur Prämiirung bewilligt worden. — Das Wurzeuer Kriegerdenkmal ist der Gegen stand roher Zerstörungslust geworden. Unbekannte Thäter haben ein großes Stück von der Sandstein einfriedigung abgeschlagen und die angebrachten Sand steinkugeln herausgerissen. Aus dem Sachsenlande. — Se. Maj. König Albert hat nachstehenden Armee befehl erlassen: Besondere Befriedigung gewährt es Mir, allen Officieren, Unterofficieren und Mannschaften Meiner Truppen, welche an den heute beendeten großen Herbstübungen Theil genommen haben, für die von ihnen auch bei dieser Gelegenheit bewiesene Ausdauer, Findigkeit und fleißige, ergebnißreiche Friedensarbeit