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gebaut. Die engen und winkeligen Straßen werden durchbrochen und luftige Straßenzüge angelegt. Der Grund und Boden, dessen Einwohner auf Nimmer wiedersehen verschwunden sind, wird Schwarzen zuge- wiesen, welche auf die deutsche Seite übergetreten sind. Der ganze Ort ist mit einer Bcfestigungslinie um geben, verschiedene kleine Forts sind errichtet. Man befürchtet, daß Buschiri jetzt die französischen und eng lischen Missionen im Innern angreifen werde, die bis her verschont blieben. Hauptmann Wißmann hat ver schiedene Banden Aufständischer in der letzten Zeit total aufgerieben, Buschiri selbst aber noch nicht erwischt. In Deutsch-Südwest-Afrika sind bisher an etwa 20 verschiedenen Stellen goldhaltige Erze entdeckt worden. Freilich ist die Goldmenge noch nicht so groß, daß der Abbau besonders lohnend ist. Große Hoff- nungen scheint man auf das noch ganz unerforschte im nördlichen Theile des Schutzgebietes gelegene Kakaofeld zu setzen. Zur Gewinnung desselben würde aber eine Verstärkung der bisher nur kleinen Schutztruppe nöthig sein. Oen erreich-Ungar». Der Schah von Persien, welcher am Montag Abend in Pest mit großem Pomp empfangen worden ist, stattete am Dienstag den Ministern Besuche ab und besichtigte die Sehenswürdigkeiten der Stadt und Umgebung. Heute Mittwoch erfolgt die Weiterreise. In Krakau hielt der Feld-Zeugmeister Herzog von Württemberg bei einem Jubiläumsfeste des Regiments Koburg eine bemerkenswerthe Rede, in weicherer auch auf das Bündniß mit Deutschland zu sprechen kam. Er sagte: „Eine brüderliche, unerschütterliche Allianz hat Oesterreich mit Deutschland geschlossen. Geeint stehen sie heute bereit, jeden Schlag abzuwehren, und zwar mit Erfolg, denn diesen verbürgt das mäch tige Bündniß." Der böhmische akademische Leseverein in Prag ist wegen des Verhaltens seiner Mitglieder auf dem Pariser Studentencongreß polizeilich aufgelöst worden. Der „Lemberger Kurjer Lwowsky" meldet die Flucht eines österreichischen Offiziers. Ladislaus Ozim- kiewicz, welcher wichtige militärische Documente mit genommen haben soll, um sie an Rußland zu ver- rathen. ^rankreire. Der Rath der Ehrenlegion in Paris hat entschieden, daß Boulanger und Dillon aller Rechte und Ehren ihres Grades als Mitglieder des genannten Ordens enthoben sind. In Fontainebleau fand unter Präsident Carnot ein Ministerrath statt. Es wurde beschlossen, die allge meinen Wahlen am 22. September stattfinden zu lassen. Die Ausstellung soll bei günstigem Wetter erst am 15. November geschlossen werden. Boulanger theilt in einem phrasenreichen Mani fest den Parisern seine Kammercandidaten mit. In dem Schriftstück findet sich nicht das geringste Neue, lediglich die bekannten Schimpfereien. Daß es mit Boulangers Ansehen wirklich stark bergab geht, zeigt die Haltung derjenigen Blätter, welche ihn einst über alle Maßen herausstrichen. Man sagt ja nicht geradezu, daß es total mit Boulanger vorbei sei, aber man nörgelt und kritisirt so viel an dem Auftreten des armen Generals herum, daß recht wohl zu merken ist, wie tief die Hoffnungen auf ein Wiederemporkommen gesunken sind. Boulanger hat dann nur starke Aussicht, sein früheres Renommee wieder zu gewinnen, wenn sich die Republikaner von Neuem in die Haare gerathen. Dies zu verhüten, I bemühen sich zahlreiche Personen, denn die Zänkereien I in den Zeitungen sind schon wieder recht flott im f Gange; die Zukunft wird zeigen, wie groß die Erfolge der jetzigen Bemühungen waren. Die Großfürsten Georg Alexandrowitsch und ' Alexander Michajlowitsch sind incognito in Paris eingetroffen und haben im Hotel Vendome Wohnung genommen. Am Dienstag empfingen sie die Besuche mehrerer Minister. Italien. König Humbert ist mit seiner Begleitung wieder in Rom eingetrosfen. Heute wird derselbe die abes- synischeGesandtschaftin großer Audienz empfangen. Angeblich überbringt dieselbe einen Vertrag, welcher Italien bedeutende Vorrechte beim Handel mit Abessy- ! nien zusichert. In Turin und anderen italienischen Städten ist ein ; fataler Bankkrach ausgebrochen, eine Folge der schon lange in Italien herrschenden Geschäftsflaue. Bon Pariser Blättern wird die Katastrophe als ein Riesen krach hingestellt, doch steht es keineswegs so schlimm. Unangenehm ist die Krisis für die Regierung aber in jedem Fall, da dem Parlament neue Miliiärforderun- gen unterbreitet werden sollen. Die „Tribuna" theilt mit, daß beim kleinen Mont i Cenis wiederholt ganze französische Bataillone i die italienische Grenze überschreiten und sich ; den italienischen Befestigungen nähern. Das Blatt verlangt Maßregeln gegen diese Uebergriffe. England. Gladstone publicirt in einem Londoner Blatt eine lange Liste türkischer Ausschreitungen in Arme- ; nien, die er sür wahrheitsgemäß erklärt. Er fügt hinzu: England wäre vertragsmäßig befugt, vom Sul- f tan die Unterdrückung der Ausschreitungen und die j Bestrafung der Uebelthäter zu verlangen. Er hoffe, ' die britische Regierung werde die Angelegenheit gründ- § lich prüfen, und wenn der Thatbestand klar festgestellt ist, die nölhigen Schritte thun, die Wiederkehr solcher Vorkommnisse zu verhindern. Die englische Regierung hat der Betschuana- Colonialgesellschaft einen Schutzbrief ertheilt, deren An sprüche auf Betschuana-Land also anerkannt. Auf dies Gebiet erheben aber auch die Boern aus der Trans vaal-Republik Ansprüche und es fragt sich nun, wer der erste von Beiden auf dem Platze sein wird. An dem Streik der Dockarbeiter und verwandten Gewerbe in London nehmen bereits ziemlich 100,000 Arbeiter Theil. Die Massen beginnen gewältthätig und ' unruhig zu Werden. 300 Dampfet liegen hilflos in der Themse. Es herrscht großer Kohlen mangel, die Fleischzufuhr hat völlig aufgehört. Bisher bleiben die Ausständigen standhaft bei ihren Forderungen. Die Verwaltungen haben am Dienstag etwas nachgegeben, man erhofft darauf eine Einigung. Es herrschte zunächst eine wirkliche Noth lage, da in Folge Kohlenmangels viele Fabriken die Arbeit einstellten. Auch an Mehl und Brod war großer Mangel, ganze Schiffsladungen Obst und Fische verfaulen. Aus dem Muldenthale. *Walde«burg, 28. August. Der „kritische" Tag am vergangenen Montag, der von Professor Falb vor ausgesagt worden war, ist insofern gekennzeichnet, daß am selben Tage in Griechenland ausgrbreitete Erdbeben stattfanden. Falb hat also diesmal wieder Recht be halten. *—- Im Monat Juli d. I. betrug im Hauptmarkt orte Glauchau der Durchschnittspreis für 50 Kilo Ha fer 8 Mk. 40 Pf., für 50 Kilo Heu 5 Mk. 78 Pfg., für 50 Kilo Stroh 3 Mk. 99 Pf. — In Würze« besteht zwischen dem Fabrikbesitzer Herrn Schütz und seinem Personal ein sehr schönes Verhältniß, was jetzt wieder durch eine anerkennens- werthe Einrichtung bewiesen worden ist. Schütz hat für alle diejenigen, welche in seiner Maschinenfabrik am 1. Juli d. I. 5 Jahre lang ununterbrochen thätig waren, je5Proc., für alle anderen Arbeiter je Z Proc. eines Jahreslohnes in die dortige Sparkasse gezahlt. Jedes Jahr wird die Einzahlung fortgesetzt und wie der nach 5 Jahren, also 1894, hat jeder das Recht, die auf seinen Namen eingezahlten Summen sammt Zinsen als Eigenthum zu erheben. Krankheit oder Aushebungen werden als beschäftigte Zeit angesehen. Auch bei Todesfällen wird den Hinterbliebenen des Verstorbenen ihr Sparkapital ausgezahlt. Aus dem Sachseulande. — Wohl selten war die Beerenernte im Vogtlande so reichlich wie in diesem Jahre nnd niemals sind die Preißeibeeren so früh versandt worden wie Heuer. Sonst durften die Beerenpflücker vor dem 1. Septem ber nicht in die Staatswaldungen, aber jetzt ist die Hauptpflücke schon beendigt. Die Bahnen haben mit der Versendung der Beerkörbe so viel zu thun,. daß sie besondere Vorkehrungen dafür getroffen haben. Die Heidelbeeren werden meist zur Färbung des Rothweins in den weinbauenden Gegenden Frankreichs versandt, während die Preißelbeeren größtentheils zu Compot eingefolten werden. Der Preis der Beeren ist ver- hälknißmäßig hoch, wenigstens waren die Beeren in den Jahren, wo sie selten waren, auch nicht viel theu- rer, als Heuer. Vom oberen Vogtlande aus dürften Heuer wohl über 250,000 kK Beeren zum Versandt kommen. — Eine auf Anregung des konservativen Vereins für Freiberg und Umgegend am Sonnabend stattgrhable Feuilleton. Durch Sturm und Wetter. Original-Roman von C. Meer selb. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Als ihn der Wächter verlassen hatte und als ihn eine tiefe, undurchdringliche Finsterniß umgab, bedurfte es nur eines Zeitraums von wenigen Sekunden, um ihn den ersehnten Schlummer finden zu lassen und um ihn auf den Flügeln barmherziger Träume wenigstens für eine kurze Spanne Zeit hinwegzutragen aus jener rauhen, grausamen Wirklichkeit, welche gerade jetzt eine so bedrohliche Gestalt für ihn angenommen hatte. Und doch währte sein erquickender Schlaf nicht so lange, als er selbst es gehofft und erwartet hatte. War es der kühle Wind des grauenden Morgens, welcher durch die Ritzen in den Wänden und durch die offenstehenden Luken Einlaß gefunden hatte, war es jener eigenthümliche scharfe, beizende Geruch, der sich ihm plötzlich auf Brust und Augen legte und ihn zum Husten nöthigte — der ihn jäh emporfahren ließ? Er selbst konnte sich nicht Rechenschaft darüber geben, aber als er einmal wach war, empfand er Bei des in der unangenehmsten Weise. Es war noch kei neswegs Heller Tag, aber die Finsterniß der Nacht war doch im Entweichen begriffen, und er vermochte wie in einem Nebel die schattenhaften Umrisse der Ge genstände zu erkennen, welche ihn umgaben. Seine Müdigkeit war verschwunden, aber als er sich aufrich ten wollte, fühlte er, daß seine Glieder, die fast er starrt und bleischwer waren, seinem Willen kaum noch gehorchten. Es kostete ihm gewaltige Anstrengung, sich vollständig zu erheben, aber er zwang sich dazu, denn der beizende, schwelende Geruch, den er schon beim Er wachen beklemmend empfunden hatte, nahm mit jeder weiteren Minute so sehr zu, daß er kaum zu athmen vermochte. Es mußte irgendwo in der unmittelbaren Nähe des Schuppens etwas brennen, ohne daß die Be- ! wohner des Dorfes darauf aufmerksam geworden wa- ren, denn draußen blieb Alles todtenstill. Er bemühte sich, zu einer der Luken emporzuklimmen, um einen Blick Hinausthun zu können, und nach verschiedenen vergeblichen Versuchen war es ihm denn auch gelun gen. Er sah, daß ihn seine Vermuthung nicht betro gen hatte, denn aus den Dachluken eines kaum fünfzig Schritt von dem Schuppen entfernten Hauses, das zu den stattlichsten des ganzen Dorfes zu gehören schien,, wälzte sich ein dicker Qualm, der von dem Minde gerade hierher getrieben wurde. In dem Hause und um dasselbe regte sich nichts; die Bewohner hatten also keine Ahnung von der Gefahr über ihren Häuptern. ! Leo hatte das Mißliche seiner eigenen Lage sofort ! vergessen und er dachte nur noch an das unabsehbare Unglück, welches sich ereignen konnte, wenn es nicht ? bald gelang, hilfsbereite Menschen zu alarmiren. So begann er denn aus Leibeskräften um Hilfe zu rufen, wie unbequem auch seine halbschwebenoe Stellung an der Fensterluke war. Aber der Wind, welcher an Hef- j tigkeit seit dem gestrigen Abend noch beträchtlich zuge- ! nommen hatte, stand ihm entgegen und trug den Klang seiner ohnedies nicht mächtigen Stimme nach der ent gegengesetzten Richtung, so daß ihn nur ein zufällig Vorübergehender hätte hören können. Außerdem machte ihn der beißende Qualm, welchen er beständig ein- athmen mußte, sehr bald so heiser, daß er wohl er kannte, er werde auf diese Weise niemals zu seinem Ziel gelangen. Er kletterte von seinem unbequemen Standorte herab und überlegte. Hätte es sich nur um ihn selbst gehandelt, so würde ihm der Gedanke an eine Flucht aus seinem provisorischen Gefängnisse sicherlich niemals gekommen sein, denn er hatte ja ein reines Gewissen und brauchte sich vor dem, was die Obrigkeit über ihn verhängen könnte, wahrlich nicht zu fürchten. Jetzt aber, wo das Eigenthum und viel leicht sogar das Leben Anderer auf dem Spiele stand, ! war er sofort entschlossen, alle nur erdenklichen Mittel zu feiner Befreiung ins Werk zu setzen. Wohl war die Thür sehr gut verwahrt und spottete seinem ohn mächtigen Rütteln und Stoßen, aber als er bei zu nehmender Helligkeit Umschau hielt nach einem Werk zeug, welches ihm etwa von Nutzen sein könnte, ent deckte er wirklich einen jener schweren Hammer, wie sie zum Zerkleinern der Chausseesteine benützt werden, ' und die wuchtigen Schläge, welche er mit dissem In strument gegen die Thorflügel führte, blieben nicht ohne Erfolg. Eine Viertelstunde später stander schweiß triefend und mit dunkelrothem Gesicht im Freien, und : statt an eine schleunige Fortsetzung seiner Flucht zu ! denken, lief er, so schnell ihn nur seine Füße tragen ! wollten, in das Dorf hinein, um die ahnungslosen j Bewohner desselben aus dem Schlafe zu erwecken. i Das erste lebende Wesen, dessen er ansichtig wurde, war der Schmied, welcher zwar bei seiner Festnahme einen sehr hohen Grad von Wachsamkeit, Geistesgegen- s wart und Muth bewiesen hatte, welcher sich aber spä- i terhin die Mühseligkeiten seines Wächteramtes in einer ! Weise versüßt zu haben schien, die sür die Sicherheit der Leute am Leben keineswegs vortheilhaft war. Er lag nämlich, in seinen mächtigen Schafpelz gehüllt, schlafend und schnarchend hinter einem schützenden Vorbau der Schmiede, während die leere Brannt- weinflasche an seiner Seite deutlich genug anzeigte, durch welche Mittel sich der Wächter den nöthigen Vorrath an innerlicher Wärme zugeführt hatte. Leo mußte ihn ziemlich unsanft rütteln und schütteln, ehe sich der von Schlaf und Spirituosen gleichmäßig Trunkene völlig ermuntert hatte, und der Schmied starrte den Jüngling dann eine geraume Weile mit so maßlos verwunderten, stieren Blicken an, daß die ser fast daran zweifelte, ihm den Sachverhalt klar zu machen. (Fortsetzung folgt.)