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chönburger Tageblatt ArsHzmt täglich mit Lu-nahme der Tage nach Donn- und Festtsgrn. von Inseraten für die nächster- iSetnende Nurnnrr«, nachmittags 2 Uhr. »er SlSonnementspreiS beträgt vierteljähr lich 1 Mk. L5 Pf. Mstrate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. «Spedition: Waldenburg, Odergasss SSls. —— ar»d MmbUrger Anzeiger. AÄMM M den Mdtrsth i» DMtÄ»z. Filialen: in Alistastwaldenburg bei Hnr« Kaufmann Otto FSrster; in Penig bei Herrn Kaufmann Ziob, Härtia, Mandelgaffe; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Lunzenau bei Hrn. Buchhändler G° Tnstze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. —i!'.— Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, S««ze«a«, Lichteusteru-Calluberg Md in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Mstsdt-Waldenburg, BräunSdorf, Callenberg, St. Sgidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen« KM-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräsenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remfe, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolksnöurg und Ziegelheim. Freitag, den 12. Juli 1889. WMermtgsarrsfichten für den 12. Juli: Ziemlich heiteres und fortdauernd warmes Wetter mit Neigung zu Gewitterbildung. Barometerstand am 11. Juli, nachmittags 3 Uhr: 761 mm. Gestiegen. 'Waldenburg, 11. Juli 1888. Eine wenig erfreuliche Mittheilung ist jüngst auf dem Kaufmannsverbaodstag in Chemnitz gemacht worden. Es ist als Thatsache hingestellt, daß drei Viertel der gejammten jungen deutschen Kaufleute fast nur 1200 Mk. jährliches Gehalt und darunter beziehen. Diese Thatsache ist um interessanter im gegenwärtigen Mo ment, als bekanntlich verschiedene Arbeitercategorieen, an der Spitze die Berliner Maurer, nicht einmal mit einem erheblich höheren Einkommen zufrieden sind. Und was die Arbeitszeit anbetrifft, so sind gleichfalls die jungen Kaufleute oft schlechter gestellt, als industrielle Arbeiter, die sich als bedrückt und zu sehr in Anspruch genommen hinstellen. Die Salair- und Arbeitszeit- Verhältnisse im Kaufmannsstande entspringen zum nicht geringen Theile nun allerdings dem Charakter des Geschäfts. Die Concurrenz ist in einzelnen Consum- artikeln so groß, die Preise sind dermaßen herabge drückt, daß nur von einem winzigen Gewinn noch die Rede ist. In anderen Fächern stellen sich die Ber- dienstverhältnisse freilich wieder besser und gleichen so die Einnahmen etwas aus. Immerhin hat aber der Zug der Zeit, welcher eine „Carriere" für junge Leute wünscht, gewaltig zu der Ueberproduction von jungen Kaufleuten, zu einem Massenangebot von Arbeitskräf ten b.igetragen, welchem die Nachfrage in keiner Weise entspricht. Unter solchen Verhältnissen ist das Ein kommen naturgemäß ein niedrigeres, wie es eigentlich sein sollte. In großen Städten giebt es manchen tüchtigen Kaufmann, der mehrere Sprachen beherrscht und doch mit einem bescheidenen Posten zufrieden ist, weil ihm ein anderer nicht offen steht. Welchen Eindruck macht es aber, zu hören, daß ein Maurer mit elf Thalern : pro Woche noch nicht zufrieden ist, während ein Mann, l der Englisch und Französisch spricht und schreibt, sich umfangreiche Kenntnisse erworben hat, vielleicht mit tausend Mark pro Jahr zufrieden sein muß? Es ist sehr bedauerlich, daß viele Arbeiter gar nicht einsehen wollen, wie weit sie anderen Berufen voraus sind. Es ist ja nicht der Kaufmann allein, auch der Lehrer, der Privatbeamte und Andere haben häufig nicht so viel Einkommen, wie ein industrieller Arbeiter und sie fügen sich den zwingenden Umständen. Wenn nun mancher junge Kaufmann unter dem knappen Salair leidet, so ist doch nicht zu vergessen, daß oft auch die Leistungen geringe sind. Es ist lei der Thatsache, daß wir ein kaufmännisches Proletariat haben, wie wir ein wissenschaftliches zu bekommen an fangen. Mindestens Kaufmann muß ihr Sohn wer den, sagen die Eltern. Der Junge hat keine Lust oder Fähigkeiten, tüchtige Kenntnisse zu erringen, aber min destens Kaufmann muß er doch werden. Es wird Möglicherweise sogar noch eine kurze Lehrzeit bean sprucht. Und da kann es nicht überraschen, daß schließ lich ein Kaufmann fertig wird, dessen Hauptbeschäf tigung das Stellensuchen ist. Nicht selten verbindet sich mit den geringen Fähigkeiten auch noch Eitelkeit und es werden Stellen abgelehnt, in denen, wenn auch bei geringerem Einkommen, noch etwas Tüchtiges ge lernt werden kann. So ergeben sich denn bedauerliche Zu stände, deren Abschluß oft ein Ende mit Schrecken ist. Der Sammelpunkt der stellenlosen Kaufleute sind die Großstädte, ganz besonders Berlin, und Mancher schwingt dort die Serviette des Kellners oder trägt die Mappe des Kolporteurs, dem es nicht an der Wiege gesungen ist und der von dem Begriff „Car- riöre" eme ganz andere Auffassung hatte. Besser wird es nicht werden, bevor sich nicht die Eltern entschließen, von dem Grundsatz „mindestens Kaufmann" abzukommen. Die kaufmännische Carriöre ist lohnend nur bei tüchtigen Kenntnissen; Selbststän digkeit, und was die Hauptsache ist, lohnende Selbst ständigkeit, ist nur mit Kenntnissen und nur mit Ka pital zu erzielen. Nur um des Namens „Kaufmann" willen einen Sohn sein ganzes Leben hindurch Com mis sein zu lassen, hat keinen Zweck, die Chancen für ein angenehmes Dasein sind zu gering. Die Hand werker klagen, daß es so schwer möglich sei, kenntniß- reiche Lehrlinge zu erhalten; das Rechenexempel, wo ein junger Mann ohne größeres Vermögen schließlich sein besseres Auskommen findet, ist aber doch nicht schwierig: Dem fähigen Haüdwerker eröffnen sich Aus sichten, die über ein Jahreseinkommen von 1200 Mk. denn doch hinausgebe». Und ist der heutige Hand werker nicht auch Kaufmann im gewissen Sinne? Ohne allen Zweifel; die praktischen Kenntnisse werden ergänzt und vervollkommnet durch die kaufmännische Auffassung vom Geschäftsbetriebe. Die in Chemnitz constatirte Thatsache zeigt abermals die Nothwendig keit, bei der Berufswahl weniger auf den Namen zu geben, damit herrschende ungesunde Zustände verschwinden. PEtische Mmrvschau. Deutsches Reich. Der Kaiser ist von Bergen, wo bei der Abfahrt die dort vor Anker liegenden Schiffe Salutschüsse ab gaben, während die Musikkapellen das „Heil Dir im Siegerkranz" spielten, in Voßwangen angekommen. Das Wetter ist jetzt wieder schön. Wie bereits früher mitgetheilt, wird der Kaiser am 30. Juli in Wilhelms haven die feierliche Nagelung der dem zweiten See bataillon verliehenen Fahne vornehmen. Es wird daran erinnert, daß auch das jetzige erste Seebataillon erst seit kürzerer Zeit sich im Besitze einer Fahne, welche demselben am 6. März 1883 verliehen worden ist, befindet. Die Kaiserin Augusta Viktoria wird am 17. d. M. mit ihren vier ältesten Söhnen auf Schloß Wil helmshöhe bei Kassel eintreffen, wo die Prinzen mehrere Wochen verbleiben werden. JnKissingen wurden aus Anlaß des Jahrestages des 1866 dort stattgebabten Gefechts die Gräber der gefallenen Bayern und Preu ßen durch die Stadtgemeinde würdig bekränzt. Es steht fest, daß der Kaiser mit seiner Gemahlin an den Hochzeitsfeierlichkeiten des Kronprinzen von Griechenland in Athen theilnehmen wird. Es ist nicht ausgeschlossen, wenn auch vielleicht wenig wahr scheinlich, daß an den Besuch von Athen sich ein solcher von Konstantinopel anschließt. Die Prinzessin Sophie von Preußen hat als Mit gift zwei Millionen Mark erhalten. Man erinnert sich, so schreibt die „Post", daß, als vor einiger Zeit der bekannte Chemiker ^Professor Scheibler, obwohl er kein Staatsamt bekleidet, zum Geheimen Ober-Regierungsrath ernannt worden war, die Presse dies mit seinen Verdiensten um die Er mittelung und Prüfung eines verbesserten Pul vers für unsere Artillerie in Zusammenhang ge bracht hat. Man hat es damals auffällig gefunden, daß nicht gleichzeitig an Militärpersonen, welche bei jenem wichtigen Anlaß mitzuwirken berufen waren, Anerkennungen erfolgt sind. Man erfährt nun, daß im vorliegenden Falle der betreffenden Militär-Person eine namhafte Dotation als Staatsbelohnung zu Theil geworden ist. Das Emin-Pascha-Comitee beabsichtigt wegen der Beschlagnahme der für die Expedition bestimmten Waffen und des Dampfers „Neera" durch den eng lischen Admiral beim Auswärtigen Amte vorstellig zu werden und durch eins ihrer Mitgieder eine aktenmäßige Darstellung der bisherigen Vorgänge und der Schwierig keiten zu geben, mit welchen die Emin-Pascha-Expedition bisher zu kämpfen hatte. Dem Auswärtigen Amt scheint nicht viel an der Affaire zu liegen, sonst hätte es dieselbe zweifellos längst freiwillig in die Hand ge nommen. Der im Saargebiet in Folge der Entlassung mehrerer Arbeitervertreter neu ausgebrochene Bergmannsstreik wird keine weitere Ausdehnung gewinnen. Die Masse der Arbeiter ist zu besonnen, um ohne Weiteres einen zweiten Streik zu beginnen. Ebenso denken die rheinisch-westfälischen Grubenarbeiter, obwohl sie über einzelne Vorkommnisse lebhafte Klagen führen. In den letzten Versammlungen haben sie deutlich zu ver stehen gegeben, daß sie einen nochmaligen Streik jetzt s für verfehlt halten. Daß die öffentliche Meinung ! nicht auf Seiten der Arbeiter stehen würde, wenn sie, i ohne das Ergebniß der staatlich geordneten Untersuchung ! abzuwarten, einen zudem wirklich aussichtslosen neuen Ausstand herbeiführten, darüber werden die Arbeiter selbst nicht im Unklaren sein. Ueber die Einnahme von Pangani durch den Reichscommissar Wißmann am Montag, die in Lon» k don schon am Dienstag bekannt war, über welche der : deutsche Telegraph aber erst 24 Stunden später Nach- ! richten brachte, wird noch Folgendes bekannt: Das deutsche Kanonenboot „Pfeil" kam Dienstag früh von j Pangani in Zanzibar an und meldete, dieser Ort sei Tags zuvor von fünf deutschen Kriegsschiffen bombar» dirt worden. Die vier Schiffe der Wißmann'schen Expedition lagen ebenfalls vor der Stadt. Nach dem Bombardement, durch welche die Stadt sehr stark be schädigt wurde, landeten 1000 Mann der Kolonial truppe und 400 deutsche Matrosen, wobei in der Brandung zwei Boote verloren gingen. Die Auf ständischen hatten sich schon vor der Landung zurückge zogen und wurde Pangani ohne Verlust besetzt. Bu» schiri war nicht in der Stadt. Die flüchtenden Auf ständischen werden durch Streifcorps energisch verfolgt. Mitglieder des deutschen Bundesrathes haben, so schreibt die „Nat.-Ztg.", auf Anfrage den Beginn der nächsten Reichstagssession für Ende October als wahrscheinlich bezeichnet. Der Bundesrath wird bereits Ende September wüder zusammenkommen, um als dann sofort in die Berathung der Frage des Ersatzes für das Socialistengesetz cinzutrcten. Die Streikbewegung in Berlin zieht immer weitere Kreise. Nunmehr steht auch ein allgemeiner Bäckerstreik bevor. Die Gesellen fordern nicht nur kürzere Arbeitszeit und höheren Lohn, sondern stellen u. A. auch folgende Forderungen: Kost und Logis beim Meister wird abgeschafft; jeder Meister soll nur einen Lehrling halten. Die Verbands-Arbeitsbücher sollen abgeschafft werden. Die Meister haben diese Zumutbungen abgelehnt und rüsten sich bereits auf die Durchkämpfung des Streiks. Die Schlosser und Maschinenbauer wollten sür die neunstündige Arbeits zeit austreten. Da aber eine erste Versammlung von