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die Unruhen an der Küste die Zollverwaltung gestört und nur Bagamoyo und Dar-es-Salam werden von der Gesellschaft verwaltet. Einen ganz enormen Ver lust erleidet er auch dadurch, daß fast alle seine Pferde sterben. Aber trotzdem scheint die Geldklemme doch nicht so arg zu sein. Seine Flotte aus zehn, meist großen Dampfern, kostet sehr viel Geld, und dennoch werden die Gehälter sehr regelmäßig bezahlt, was sonst eine schwache Seite der morgenländischen Fürsten ist. Die letzten brieflichen Nachrichten aus Samoa vor der Katastrophe, welche jetzt in Deutschland eingegan gen sind, sagen, daß die von den Anhängern Mataafa's angerichteten Verwüstungen sehr bedeutende sind. Mancher Kolonist dürfte dadurch total ruinirt sein. Am schwersten ist begreiflicherweise die deutsche Han dels- und Plantagengesellschaft betroffen worden, deren Verluste durch Dirbereien allein sich auf 400,000 (?) beziffern sollen. Von den 350 schwarzen Arbeitern, die sonst auf der Vailele-Plantage beschäftigt waren, sind heute noch etwa zwanzig vorhanden. Die übrigen sind geflohen oder zu Mataafa übergegan^en. Was diese plötzliche Arbeitseinstellung besagen will, läßt sich am besten daraus erkennen, daß allein in Vailele über tausend Aecker mit Baumwolle bepflanzt sind, die, zum Pflücken reif, jetzt zu Grunde geht. In Abgeordnetenkreisen verbreitete man am Mon tag, das Entlaffungsgesuch des Kriegsministers Bron- sart von Schellendorf sei angenommen. General Verdy du Vernois werde dessen Nachfolger. Im preußischen Abgeordnetenhaus wurde am Montag der Gesetzentwurf betr. die Uebertragung po lizeilicher Befugnisse in den Kreisen Teltow und Nieder- barnim, sowie im Stadtkreise Charlottenburg an den Polizeipräsidenten von Berlin in 3. Lesung unverändert nach den Beschlüssen der 2. Berathung angenommen. Ebenfalls in 3. Lesung genehmigt wurde das Gesetz betr. die Heranziehung der Fabriken u. s. w. zu Präzipualleistungen für den Wegebau in der Rhein provinz und das Gesetz betr. die Errichtung eines Amtsgerichtes in Kontopp. Es folgen Petitionen. Der Nassauische Bauern-Verein hat eine Petition ein gereicht betr. den Ausschank von Wein durch Wein- produzenten. Die Petition wurde der Regierung zur Erwägung überwiesen. Die übrigen Petitionen betref- sen ausschließlich lokale Angelegenheiten und wurden gemäß den Commissionsvorschlägen erledigt. Nächste Sitzung: Dienstag 12 Uhr. (Commissionsberichte.) Die Osterferien des Abgeordnetenhauses werden am Mittwoch beginnen. Oesterreich-Ungarn. Das Wiener Oberhaus hat am Montag die neue Wehrvorlage angenommen. Die Debatte darüber ergab nichts Neues von Belang. Frarrtrer^. Präsident Carnot sagte bei der Besichtigung des neuen Bahnhofes Saint Lazare in Paris, die Regie rung werde die bestehenden Einrichtungen gegen alle Angriffe zu vertheidigen wissen. Das ist aber auch sehr nöthig, denn die Boulangisten arbeiten jetzt mit kolossalem Hochdruck und von einem Rückgänge der Bewegung ist nichts zu bemerken. In verschiede nen Pariser Concertlocalen hat es Schlägereien gegeben, weil die Boulanger-Lieder ausgepfiffen wurden. Die Boulangisten-Blätter stellten die alberne Behauptung auf, die Regierung habe Deutschlands Vermittlung an gerufen, um Boulanger aus Belgien zu entfernen. Die republikanischen Blätter in Paris behaupten, Boulan ger habe wiederholt mit dem ebenfalls in Brüssel an- ! wesenden Prinzen Victor Napoleon Zusammenkünfte > gehabt. Von der anderen Seite wird das wieder be- , stritten; Thatsache ist jedenfalls, daß sehr viele bona- partistische Parteiführer in Brüssel anwesend sind. Zuzutrauen ist Boulanger ja Alles. j Im Senat ist eine Commission ernannt, welche die Anklagesache gegen Boulanger und Genossen un tersuchen soll. Viel Werth wird der Anklageschrift , nicht beigemessen. Biele glauben nicht an eine schwere Verurtheilung. Die Patriotenliga fährt in ungenir- tester Weise fort, die Freisprechung ihrer Leiter zu feiern. Die Constituirunz des Senates als Staats- ' gerichtshof erfolgte auf Grund eines Decretes Präsi dent Carnots. Bei einem am Sonntag stattgehabten Bankett von Elsaß-Lothringern in Saint Maude sagte Antoine, er sei nach Frankreich gekommen, um die Wiederaus söhnung aller Parteien anzuempfehlen. Eine derartige Politik sei schon in den verschiedenen Städten, die er > besucht, beifällig ausgenommen worden. Er beabsich tige, noch andere Städte zu besuchen, insbesondere Marseille, Lyon, Samte Etienne und Nantes. Anläßlich der Anwesenheit der boulangistischen Füh rer in Rouen fand dort am Sonntag eine große Straßenprügelei statt. Das Militär mußte ein- schreiten. Der Pöbel brach in das Redactionslokal des „Petit Rouenais" ein, mißhandelte die Drucker und warf einen Wagen des Blattes in die Seine. England. Das englische Unterhaus hat die Flottenverstär- kungsbill in erster Lesung angenommen. Italien. Die italienische Regierung hat definitiv beschlossen, vor der Hand keine weiteren Schritte bei Mas- sauah zu thun, sondern die Entwicklung des abessyni- schen Thronstreites abzuwarlen. Rußland. Die russische Regierung hat, wie aus Petersburg gemeldet wird, die Verstaatlichung der Transkauka- kasischen Eisenbahn beschlossen. Serbien. ! Nach der „Köln. Ztg." gilt es für gewiß, daß die ! Königin Natalie bei der serbischen Synode die Zu- ' rücknahme des Scheidungsspruches beantragen wird. l König Alexander von Serbien wird die erste > Zusammenkunft mit seiner Mutter schon zum grie chischen Osterfest haben. Dieselbe wird in Sabac statt finden, der Regent Ristics wird derselben beiwohnen. Rumänien. ; König Karl von Rumänien hat das Demi ssions- s gesuch des Ministeriums Rosetti angenommen. ; Der Führer der conservativen Partei, Catargi, wird > das neue Kabinet bilden. Afrika. Bei Khartum wird eine Entscheidungsschlacht zwi- ! schen dem siegreichen Scheikh Senussi und den Truppen j des Mahdi erwartet. Asien» ; Die chinesische Regierung hat die Entlassung al- ler Amerikaner beschlossen, welche noch chinesische Aemter inne haben. Das ist die Revanche für die ! Chinesenbill. Amerika. Am 30. d. feiern die Vereinigten Staaten von Nordamerika den hundertsten Jahrestag der Einfüh rung ihres ersten Präsidenten George Washington. Der jetzige Präsident Harrison hat eine Kundgebung erlassen, in welcher er dem Volke empfiehlt, sich an diesen Tagen in den Kirchen zu versammeln, um Gott für die Segnungen der Freiheit, des Friedens und der Arbeit zu danken. Aus dem Muldeuthale. "Waldenburg, 9. April. Morgen Mittwoch von früh '/r9 Uhr an findet im Rathhaussaale hierselbst Fortsetzung der Musterung der gestellungspflichtigen Mannschaften, u. z. aus denjenigen Ortschaften des Amts gerichtsbezirks Waldenburg, welche in unserer gestrigen diesbezüglichen Notiz nicht genannt worden waren, und der Stadt Waldenburg statt. * — Am 16. April d. I. wird in dem Nachbarorte Oberwiera eine Postagentur eröffnet, deren Landbestell- i bezirk aus den Orten Forsthäuser, Gähsnitz, Gösdorf, ! Harthau, Neukirchen, Niederwiera und Wickersdorf besteht. * — Vergangenen Sonntag hat sich der frühere Mühlenbesitzer Pf. durch Erhängen im Langenchursdorfer Pfarrwalde entleibt. * — Die Papierfabrik der Herren Mahla L Gräser : in Remse begeht am 11. d. den Jahrestag ihres 50- ! jährigen Bestehens in festlicher Weise. Bereits jetzt werden hierzu umfangreiche Vorbereitungen getroffen. Grumbach, 7. April. Am heutigen Tage erhielt unser Gotteshaus ein schönes Geschenk, da unser Orts pfarrer, ?. Herbrig, bei Gelegenheit des Gottesdienstes 2 prächtig gearbeitete, aus der Stuhlbauerei von Ernst < Wolf in Großölsa bei Rabenau hervorgegangene Stühle zum Gebrauche bei Trauungen der Kirchgemeinde übergab. Dieselben, ein dankenswerthes Geschenk des Herrn Kirchschullehrer Munke und dessen Gattin, wer den eine Zierde unsrer Kirche sein. — In Glauchau brach am Montag früh imKnei- sel'schen Wohnhause auf dem Mühlberg Feuer aus und brannte das Haus bis auf die Umfassungsmauern nieder. Man vermuthet, daß das Feuer durch den Schornstein entstanden ist. Feuilleton. Die Geheimnisse eines Irrenhauses. Roman nach dem Amerikanischen von August Leo. (Fortsetzung.) „Jack hätte eben so viel haben können," fuhr San som fort, „doch der Narr kann keinen Spaß vertra gen. Er ist ein Dickkcpf und Du mußt mir helfen, ihn zu verhindern, ein Unglück anzurichten. Hier, ich weiß nicht, ich glaube, ich thue besser, Dir die anderen hundert auch noch zu geben. Er soll keinen Pfennig davon erhalten," sagte der Doctor mit einem anschei nenden Ueberwallen des Edelmuthes, da sich ihm ein teuflischer Gedanke aufdrängte, und er dachte, daß er Rads Mithilfe bei einer verzweifelten Handlung brau chen könnte, ehe die Gerichtsverhandlung begann. Rad war ganz überwältigt von solcher überraschen den Freigebigkeit und griff hastig nach dem Gelde, während er seinem Wohlthäter in überschwänglicher und verwirrter Weise dankte und sich dachte: wie thöricht Jack doch sei, sich mit einem so guten Herrn zu zanken. „Sprich nicht davon, mein Junge," sagte Sansom, Rad wohlwollend mit der Hand winkend. Es wurde an die Thür geklopft. „Wer kann das sein zu so unpassender Stunde?" fragte Sansom flüsternd und fügte dann hinzu: „Ich werde selbst die Thür öffnen." Das Klopfen wurde in ungeduldiger Weise wieder holt, Sansom ging zur Thür und fand dort zu sei nem großen Erstaunen und Vergnügen den ehren- werthen Benjamin Brindle, vom Kopf bis zu den Füßen mit Koth bespritzt. „Ah, Mr. Brindle, ich bin entzückt, Sie zu sehen," rief Sansom, ihm beide Hände reichend. „Sie sind wohl froh, daß es kein Anderer ist? Nun also, ich bringe gute Nachrichten. Doch halt! Wir sind nicht allein. Wer ist denn das Banditengesicht?" „Ein ganz ausgezeichneter Bursche, ein jüngst enga- girter Wärter." „Ist er Wähler?" „Nun, ich denke wohl! Und er hat eine riesige Zahl von Bekannten." „Stellen Sie mir den Ehrenmann vor." Doctor Sansom that es. Benjamin Brindle ver beugte sich tief und schüttelte Rad herzlich die Hand, während dieser sagte: „Ich freue mich sehr, einen Herrn zu sehen, der unsere Gesetze macht." „Ich hoffe, ich werde von jetzt an öfter das Ver gnügen haben, Ihnen zu begegnen," antwortete Mr. Brindle. „Das soll mir lieb sein," entgegnete Rad. „Sie werden mich immer hier finden." „Solche Menschen brauchen wir," bemerkte Brindle. „Doch jetzt, wenn Sie so freundlich sein wollen, ich möchte einige Worte mit dem Herrn Director allein sprechen." Rad entfernte sich, und als dies geschehen war, klopfte Brindle Sansom heftig auf die Schulter und rief: „Gratuliren Sie mir, alter Junge! Ich habe die Geschworenen ausgesucht, wie wir sie brauchen." Sansom drückte seinem Wohlthäter entzückt die Hand und sagte: „Mein bester Freund! Wie kann ich Ihnen je Ihre große Güte lohnen?" „Das war meine Schuldigkeit; ja, ich werde wahr scheinlich selbst Geschworener werden. Doctor, alter Junge, wenn ich das Glück habe, bei Ihrer Sache Geschworener zu sein, dann können Sie versichert sein, daß Sie nicht als Brandstifter verurtheilt werden. Ich glaube, ich habe diesem miserablen Redacteur end lich Schach geboten, und wenn ich nur wieder in die Legislatur gewählt würde, wäre ich der glücklichste der Menschen." „Was macht die Sache für Fortschritte?" „Prächtige, alter Junge — prächtige! Meine Majorität wird die größte sein, die ich noch je hatte. Doch halt! Ich vergesse, daß Sie mein Vertrauter sind und das Recht haben die Wahrheit zu hören. Vor den Leuten sage ich: „Prächtig!" Das macht Effekt! — Doch unter uns gesagt, ich fürchte ausge stochen zu werden, wenn ich nicht mehr Kapital auf wenden kann. Fünf Deputationen waren heute bei mir, alle enthusiastisch in meinem Interesse, doch jede einzelne gab mir zu verstehen, daß die kleine Summe von hundert Dollars bei ihnen gut angelegt sein würde, wenn auch nur als Vertrauensgarantie. Ich glaube, daß das Geld uns Beiden gute Früchte tragen würde." „Wieso uns Beiden, Mr. Brindle?" „Nun, Doctor, ich glaube, daß bei der nächsten Sitzung der Legislatur noch eine Commission in das Samaritaner-Irrenhaus abgeschickt werden wird, und daß es doch gut für Sie wäre, mich dabei zu haben." „Das ist wohl wahr, Mr. Brindle," entgegnete der Doctor. „Doch ich habe in letzter Zeit sehr viel Geld verbraucht, indessen kann ich Ihnen ein Darlehn von fünfhundert Dollars nicht verweigern." „Gut! Der Staat ist gerettet! Sansom, ich werde ihre Güte nie vergessen. Sie sind ein Philantrop im wahren Sinne des Wortes!" Der Staatsmann schüttelte dem Director so herz lich die Hand, als ob eine Hand die andere waschen wollte und sie verbrachten noch einige Stunden bei der Flasche, die ihrer gegenseitigen Bewunderung noch mehr Feuer verlieh. 26. Kapitel. Tiefer Schatten. Constanze war eben im Begriffe, wieder unterzu sinken, als Ernst sie erfaßte und festhielt. Er mußte schwer mit der Strömung kämpfen, doch er vermochte es, seine kostbare Last auf der Oberfläche zu er halten, bis Dick das Boot an ihre Seite brachte und Constanze hineingelegt wurde. Ernst folgte ihr. (Fortsetzung folgt.)