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Der Lbonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. LS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergasse 2SIs. 11 1««s. Sonntag, den 13. Januar Witterungsansstchteu sür den 13. Januar: Ziemlich trübes und nebliges Wetter bei wenig veränderter Temperatur. Barometerstand am 12. Januar, nachmittags 3 Uhr: 751 mm. Gefallen. *Waldcuburg, 12. Januar 1889. Fürst Bismarck ist aus Friedrichsruhe wieder in Berlin eingetroffen. Die Rückkunft des Reichskanzlers aus seinem stillen Landsitz, in welchem er über ein halbes Jahr sich aufgehalten, gilt augenscheinlich der Theilnahme an den parlamentarischen Arbeiten. Fast ein Jahr ist es her, daß der Kanzler seine letzte große Rede im Reichstage hielt. Es war am 6. Februar 1888, vier Wochen vor dem plötzlichen Hinscheiden Kaiser Wilhelms I., als die Wehrvorlage zur zweiten, entscheidenden Lesung stand. Fürst Bismarck besprach damals das ganze weite Gebiet der auswärtigen Po litik; es geschah das in einem Moment, in welchem weite Kreise der Bevölkerung von einer lebhaften Be unruhigung aus Anlaß der russischen Truppenbewe gungen befallen waren. Fürst Bismarcks Rede athmete einen sehr friedlichen und versöhnlichen Ton und wurde deshalb mit dem lautesten Beifall begrüßt. Seitdem hat das Jahr seinen Namen geändert, zwei Kaiser gingen unverhofft schnell zur ewigen Ruhe ein, aber die internationalen Verhältnisse haben sich nicht ver schärft, sie sind vielmehr friedlicher und friedlicher ge worden, und heute ist cs in der auswärtigen Politik, was in der letzten Zeit nur sehr selten der Fall ge wesen, geradezu windstill. Aeußere Beziehungen haben also das Erscheinen Fürst Bismarcks in der Reichs- Hauptstadt schwerlich veranlaßt; selbst wenn er darauf ; im Reichstage eingehen wollte, könnte er in vielen ; Worten doch nichts Anderes sagen, als: „Meine Herren, s es steht so gut wie möglich!" Wir können also mit i vollem Recht annehmen, daß der leitende deutsche Staats- - mann jetzt von dem Wunsche beseelt ist, sich über Fra- § gen der inneren Politik auszusprechen. Und es ist ja viel seit der vorigen Reichstagssession geschehen, über welches der Reichskanzler sich zu äußern das lebhafte Verlangen tragen mag. Wir werden somit sicher eine oder mehrere große, hochbedcutsame Reichstagssitzungen , erleben. - Fürst Bismarck ist ein erfahrener Mann, der es > nicht liebt, unnütze Kraftanstrengungen zu machen, wenn gewöhnliche Mittel genügen. Deshalb führt er nur , selten hoch politische Erörterungen herbei, die viel > Staub aufzuwirbeln geeignet sind. Nur wenn eine Klarlegung zu erfolgen hat, ein bündiges Aussprechen von Vortheil ist, erscheint er an seinem Platze am Bundesrathstische. Eine solche Klärung erscheint nun jetzt angemessen im Hinblick auf die Colonial- und Sklavenfrage. Als es sich um den Beginn unserer Colonialpolitik handelte, erklärte Fürst Bismarck vor versammeltem Reichstage: „Meine Herren! Wir ge denken keine überseeischen Eroberungen vorzunehmen. Wir werden unseren Kaufleuten folgen und unsere Flagge nur da hissen, wo der deutsche Handel unseres Schutzes bedarf!" Dieses Programm erhielt die Zu stimmung des Reichstages, und von einer Bestimmung des Letzteren machte der Kanzler auch eine Programm änderung abhängig. Nun sind in Ostafrika Verhält nisse eingetreten, welche zu besonderen Maßnahmen zwingen, weitergehende Schritte nöthig machen, wenn Deutsch-Ostafrika unter deutscher Verwaltung bleiben soll. Hinzu kommt noch die Küstenblockade gegen die Sklavenhändler. Nach den früheren Warten des Reichs kanzlers ist es erklärlich, wenn Graf Herbert Bismarck das Parlament um Aeußerungen darüber ersuchte, wie weit man mit den neuen Maßnahmen in Ostafrika gehen solle, und wenn nun Fürst Bismarck selbst er scheint. Eine gründliche Klarlegung der Verhältnisse wird gewiß auch die Ergreifung der richtigen Mittel zur Folge haben. Wir glauben nicht, daß Fürst Bismarck Freund einer strammen überseeischen Politik ist; er will schwerlich mehr als das Nöthige, was praktisch erforderlich ist. Die bekannten Schriftstücke über Ostafrika atbmen ja direct einen sehr nüchternen und lediglich mit der Sache sich befassenden Geist. Seit dem hat der Reichskanzler seine Ansichten schwerlich geändert. Vielleicht wi.rd auch Fürst Bismarck Anlaß nehmen, unseren gcsammten innerlichen Verhältnissen einige klärende Worte zu widmen. Seit dem Tode Kaiser Wilhelm's I. herrschte ein fortwährendes Hin- und Herwogen, die leidenschaftlichsten Erörterungen fanden statt, manches Wort wurde ausgesprochen, ohne recht auf seinen Inhalt geprüft worden zu sein. Der Reichs kanzler hat in diesen Streit, in den seine Person oft verflochten wurde, sich niemals eingemischt, er beobach tete ein ruhiges Schweigen. Wahrscheinlich erachtet er jetzt den Zeitpunkt gekommen, seine bisherige Hal tung aufzugcden und sich eingehend und entscheidend über Dinge zu äußern, die bisher in schwankendem Lichte dastanden. Um eine Rechlfertigung der Reichs politik dem Kaiser und den verbündeten Regierungen gegenüber handelt es sich dabe: nicht; der Neujahrs glückwunsch Kaiser Wilhelm's II. nach Friedrichsruhe ist zu deutlich, giebt einen so außerordentlichen Beweis des Vertrauens des Monarchen für seinen ersten Rathgeber, daß die Frage eines Bleibens oder Rück trittes Fürst Bismarcks als absolut überwunden an gesehen werden muß, oder, genau gesagt, der Gedanke daran hat seit dem Regierungsantritt Kaiser Wil helm's II. überhaupt nicht bestanden. Der Reichs kanzler ist als ein Freund großer Offenheit bekannt. Vornehmlich in seinen Parlamentsreden ist er mit der Aussprache stets so weit gegangen, als es nur irgend möglich. Wenn er nun, was ziemlich allgemein an genommen wird, unsere inneren Zustände zum Gegen stände seiner Ausführungen macht, können wir sicher hochinteressante Eröffnungen erwarten, deren Wichtig keit noch dadurch steigt, daß sie sicher im Namen und im Sinne auch Kaiser Wilhelm's II. abgegeben wer den. Insofern können wir wünschen, daß die jetzige Ankündigung recht bald zur vollendeten Thatsuche wird. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser befahl am Donnerstag Abend eine Allarmirung des Gardefüssilier-Negimentes in Berlin, nachdem er ohne jede Meldung in der Kaserne erschie nen war. Er ließ selbst durch einen auf dem Cor- ridor angetroffenen Spielmann das Allarmsignal ge ben. Nach kaum 10 Minuten stand das Regiment fix und fertig da. Hieran schloß sich ein Parademarsch in Compagniefront, welcher zur vollen Zufriedenheit des Kaisers ansfiel. Den Abend verblieb der Monarch im Offizier-Casino. Freitag Mittag wohnte der Kai ser einer Generalprobe von Wagners „Rheingold" im Opernhause bei und empfing später den Reichskanzler Fürsten Bismarck. Abends fand bei den kaiserlichen Majestäten im Schlosse eine m ffikalische Abendunter haltung statt. Zum Geburtstage des Kaisers (am 27. Januar) wird ein größerer Act von Gnadenbeweisen erwartet. Prinz Friedrich Leopold von Preußen (der ein zige Sohn des verstorbenen Feldmarschalls Prinzen Friedrich Karl von Preußen) hat sich mit der Prin zessin Louise von Schleswig-Holstein, Schwester der deutschen Kaiserin, verlobt. Prinz Friedrich Leopold, Rittmeister und Commandeur der Leibescadron des Garde du Corps, ist am 14. November 1865, die Prinzessin Louise von Schleswig-Holstein am 8. April 1866 geboren. Als sicher gilt ferner, daß Kaiser Wilhelm unter gewissen Bedingungen seine Einwilligung zur Verlobung seiner Schwester Victoria mit dem Prinzen Alexander Battenberg nach Ablauf des Trauer jahres für Kaiser Friedrich gegeben hat. lieber die Ankunft des Reichskanzlers in Ber lin wird noch berichtet: Der Fürst und seine Ge mahlin trasen am Donnerstag Abend in der zehnten Stunde mit dem fahrplanmäßigen Zuge in Berlin ein. Auf dem Bahnhofe halten sich Graf Herbert Bismarck und Professor I)r. Schwenninger zur Begrüßung ein gefunden. Vor dem Bahnhof waren zahlreiche Schutz leute zu Fuß und zu Pferde, ebenso waren auf dem : Perron des Bahnhofs Fußschutzleute und Kriminalbe- ' amte in größerer Zahl aufgestellt, um das Publikum ! zurückznhallen. Als der Zug in den Bahnhof einge- i fahren und der Salonwagen geöffnet war, entstieg dem selben Fürst Bismarck, welcher Civilkleider trug, auf dem Haupte die Reisemütze und in der Hand einen Stock, auf welchen sich derselbe stützte. Das Publi kum begrüßte den Reichskanzler, wofür derselbe freund lich dankte. Von verschiedenen Seiten wird mit großer Bestimmt heit mitgetheilt, Fürst Bismarck werde sich im Reichs tage sehr eingehend über die Geffcken-Angelegen heit und die damit verbundenen Jntriguen äußern. Wenn das wirklich geschieyt, wird jedes Reichstagsmit glied dem Kanzler für seine rückhaltlose Darlegung der Verhältnisse dankbar sein. Aus Straßburg wird berichtet, daß der Kaiser den Statthalter Fürsten Hohenlohe ermächtigt hat, einen Gesetzentwurf betr. die Erbschaftssteuer dem Bun- desrath zur Beschlußfassung zu unterbreiten. Das Landgericht in Straßburg verurtheilte den Steuerbe amten Holtermann, welcher 1871 aus dem französi schen Dienst übernommen war, wegen Majestätsbelei digung zu 3 Monaten Gefängmß. . Im Herzogthume Braunschweig cursiren Gerüchte, es schwebten Verhandlungen mit dem Herzoge von Cumberland wegen Besteigung des Braunschwei ger Thrones, da der Kaiser die Heimkehr des Re genten Prinzen Albrecht nach Berlin wünsche, um den selben schon der Repräsentation wegen an seiner Seite zu haben. Die Nachricht klingt wenig glaubhaft. Uebcr das Befinden des greisen Feldmarschalls Grafen Moltke, welcher im März sein siebzigjähriges Dienstjubiläum feiert, waren letzter Tage nicht günstige Nachrichten verbreitet. Der Gesundheitszustand des Marschalls ist indessen durchaus befriedigend. Das Resultat der württembergischen Landtags wahlen ist: Deutsche Partei und Landespartei, die beiden Regierungsparteien, 49 Abgeordnete, die Linke 16 Abgeordnete. Die halbamtliche „Darmstädter Zeitung" tritt den jüngsten Meldungen der Berliner „Post", daß die Beziehungen des Großherzogs von Hessen zum deutschen Kaiserhause getrübt gewesen seien, entge gen. Dasselbe Blatt erklärt die Nachricht von einer beabsichtigten Verlobung der Prinzessin Alix mit dem Großfürsten - Thronfolger von Rußland für unbe gründet. In Deutsch-Avricourt hat ein unbekannt geblie