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«-Nag- zu Nr 39 HMUM TllgtlllM UNÜ Wal-eNbMgtt Frankreichs Absage an Coolidge. Der diplomatisch« Mitarbeiter der Agentur Havas Klaubt in der Lage zu sein, den Inhalt der Note, die die französische Regierung an Präsident Coolidge in der Frage der Seeabrüstungen übermitteln wird, wie folgt darstellen zu können: Frankreich ist bereit, sich jeder Initiative anzu schließen, die die Abrüstung und die Aufrechterhaltung des Friedens bezweckt. Aber eine Konferenz wie die jenige, die Präsident Coolidge vorschlägt, und die nur die Vertreter der fünf großen Seemächte, Vereinigte Staaten, England, Japan, Frankreich und Italien, ver einigen würde, würde einen doppelten Mangel aus weisen. Einerseits würde sie 2 Kategorien von Mächten schaffen, die eine, die der Seeabrüstung unterworfen wäre, die andere, die ihr vollkommen entginge. Um beispielsweise nur die Mittelmeermächte anzuführen, so würden allein Frankreich und Italien aufgeforderi »crdcn, die Zahl ihrer Kriegsschiffe herabzusetzen, wäh rend Spanien, Griechenland, die Türkei und Sowjet rußland vollkommene Freiheit für das Bauen von Schiffen behalten würden. Man sieht an diesem Bei- spiel, zu welchen Ungerechtigkeiten der amerikanische Vorschlag führen könnte. Andererseits würde die ame rikanische Initiative, die sich ausdrücklich auf Herab setzung der Seerüstungen erstreckt, gegen den fundamen talen Grundsatz verstoßen, der auf Anregung der fran zösischen Delegation in der vorbereitenden Kommission des Völkerbundes für die Abrüstungskonferenz maß gebend gewesen ist, nämlich der der Verbundenheit der Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft, so wie der industriellen und bevölkerungspolitischen Ele mente. In der öffentlichen Meinung Frankreichs wirk der Standpunkt vertreten, daß hie bewaffnete Macht eines Landes auf all ihren Gebieten kontrolliert wer den müsse und nicht nur in gewissen Teilen, und das man, um wirksame und dauernde Arbeit in der Abrü stungsfrage zu leisten, weder den Gegenstand noch di« Zahl der der Abrüstung unterworfenen Elemente be grenzen dürfe. Im übrigen werden ja die Fragen der Abrüstung in ihrer Gesamtheit in Genf bereits stu diert, und es ist unmöglich, die Frage der Seeabrüstung davon zu trennen. Nach einer „Times"-Meldung aus Washington würde eine Stellungnahme Frankreichs, wie sie hier Havas ankündigt, in den amtlichen amerikanischen «reisen tiefes Bedauern, allerdings nicht äußerst« Ueberraschung Hervorrufen. Man frage sich, ob der Vorschlag Coolidges nur ein erster Schritt sei, der schließlich auf ein beschränkteres Ziel hinauslaufe, näm lich auf die Zustimmung der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Japans zu dem Verhältnis 5:5:3 für alle Klassen von Kriegsschiffen oder auf einen besonderen Vertrag mit Bezug auf Frankreich und Italien. Oder solle der Vorschlag Coolidges nur als eine Schaustellung angesehen werden, um aus in nerpolitischem Gebiet Kapital daraus zu schlagen? Der Korrespondent hält es für sehr wahrscheinlich, daß ein Dreimächteabkommen dos wirkliche Ziel Coolidges sei. Er bemerkt, daß eine Verpflichtung dieser Art, von der die zwei Mittclmeermächte infolge ihres eigenen Anspruchs auf Aktionsfreiheit ausgeschlossen würden, für Großbritannien ein sehr schwieriges und etwas gefährliches Problem darstelle. . Daily Chronicle sagt in einem Leitartikel, ein Abkommen, das nicht die Flottenmüchte Europas eln- schlietze, würde für Großbritannien unmöglich sein Die Mitwirkung Frankreichs sei Mr England wesentlich. Die Aussichten für Coolidges Abrüstungsvorschlag erscheinen hiernach recht trübe: Eine Macht verkriecht sich immer hinter der anderen, um jede Abrüstung zu hintertreiben. Mann Heinrich Pestalozzi. Der unvergeßliche Freund und Förderer der Jugend. Z« feinem 109. Todestag am 17. Februar 1927. Nicht nur in der Schweiz, seinem Vaterland«, son dern vielleicht mehr noch in Deutschland und weit über seine Grenzen hinaus nach Norden und Westen wird man in diesen Tagen des berühmten Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi gedenken, dessen Grund prinzip die Liebe zu den Menschen war. Wie so oft das Leben großer und guter Menschen ein stetes Ringen und Kämpfen ist um die Erreichung hoher Ziele, und vielfach sogar um die nackte Exi stenz oder um die eigene Gesundheit, die dabei aufs Spiel gesetzt wurde, so gestaltete sich auch der Lebensweg Pestalozzis schon frühzeitig zum Lebenskämpfe. Mehr als einmal ging es auch bei ihm um Sein und Nichtsein seiner ganzen Ideen, obendrein auch feiner Existenz, so recht nach dem Bibelwort über das menschliche Leben: „Und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen." Wie Pestalozzis Vater, ein Züricher Arzt, sich mit der körperlich leidenden Menschheit befaßte, so wandte sich der Sohn den geistig Leidenden, namentlich aber solchen aus der Jugend der ärmeren Volksklassen zu, denen er in Wahrheit ein väterlicher Freund und Erzieher wurde Geboren am 12. Januar 1746 in Zürich, ver lor der kleine Johann Heinrich seinen Vater bereits km 6. Lebensjahre. Seine Erziehung durch die Mutter bestätigte wieder einmal den alten Satz, daß so man cher bedeutende Mann das, was er wurde, zumeist der Mutter zu danken habe. Zu gleicher Zeit aber hat sie auch den Beweis geliefert, daß ein männliches Ele ment in der Erziehung neben dem weiblichen unent behrlich ist. Dies hat auch Pestalozzi nachher zum eigenen Schmerze selbst erfahren. Als Jüngling hatte er das Glück, zu Füßen von Lehrern zu sitzen, die sich dem neuen Geiste nicht verschlossen, der sich im 18. Jahr hundert zu verbreiten begann. Bereits als Achtzehn- säkriger genoß Ne^alo^i den Unterricht eines Bodmer Mittwoch, d. 16. Februar 1927 und Breitinger im Züricher Collegium hu nauitatis. Noch in seinem „Schwanengesange" äußerte er sich über diese Periode wie folgt: „Ich verglich die Erziehuna die ich im Winkel meiner mütterlichen Wohnstube und auch in der Schulstube genoß, mit dem, was in Rous seaus Emil über Erziehung gesagt wurde. Die Hau^ erziehung, wie auch die öffentliche aller Stände, er schien mir unbedingt als eine verkrüppelte Gestalt-' Obwohl Pestalozzi merkwürdigerweise nie ortho graphisch richtig schreiben gelernt hat, — er selbst nennt sich den ungewandtesten und unbehilflichsten un ter allen seinen Mitschülern — so wird doch sein „Llen hard und Gertrud" auch von strengen Kunstrichtern als „die erste, noch unübertroffene Dorfgeschichte'^ bezeich net. Und von seiner „Abendstunde eines Einsiedlers^ heißt es: „Hätte Pestalozzi auch weiter nichts ge schrieben als dieses, so müßte er um dessen willen scbon unter die ersten pädagogischen Schriftsteller ge zählt werden." Auf Neuhof im Aargau, wo er zuerst Landwirt werden und Krapp anbauen wollte, hatte Pestalozzi bereits „den Becher des Elends" gründlich geleert. Hier führte er auch seine damalige Braut, Anna Schult- Heß, heim, die um acht Jahre ältere Tochter eines ver mögenden Züricher Kaufmanns, der anfangs von die ser Verbindung nichts wissen wollte. Auch die Mutter der Braut hatte ihrer Tochter schon vorhergesagt: „Du wirst mit Wasser und Brot zufrieden sein müs sen!" Für so wenig geeignet hielten ihn beide in Dingen des praktischen Lebens und im Ringen um die Existenz einer Familie. Und doch haben Pestalozzi wie auch seine Gattin getreulich zusammen durchgehal ten und all das Schwere, was ihnen noch beschie- den war, gemeinsam getragen, so daß er von seiner Frau einmal sagte: „Sie war eine der reinsten, edel sten Seelen, die ich je auf Erden gesehen!" Bei ihrem Tode im Jahre 1815 führte Pestalozzi am Sarge ein« ergreifende Zwiesprache mit ihr und sagte, indem er ihr eine Bibel in die Hand legte: „Was gab dir und mir in jenen Tagen, in denen uns alle flohen und ver spotteten, als Krankheit und Armut uns niederbeugte' und wir unser Brot mit Tränen aßen, die Kraft, auS zuharren? Aus dieser Quelle allein schöpften wir Mut, Stärke und Frieden." Auch das einzige Kind dieser Eh«, der kleine Jakob, kränkelte und starb in jungw Jahren. Erst in seinem 52. Jahre konnte Pestalozzi mit der eigentlichen Tätigkeit seiner Mission beginnen. EHL dann, unter der neuen Regierungsgewalt der Schweiz,, fand er für seine Pläne Unterstützung bei dem Direktor Legrand und dem Minister Stapfer, die keine Opfer scheuten, wenn es sich um Bildung und Erziehung des Volkes handelte. „Und wenn ich auch von meinem Posten abtrete, so geschieht es nicht eher als bis du deine eigentliche Laufbahn angetreteiil' so sagte Legrand, und er Hai Wort gehalten. Noch bis zum Jahre 1825 konnte Pestalozzi in Stanz und Metzt in Jferten außerordentlich segensreich wirken. Kurz und knapp und doch so vielsagend steht dies ver zeichnet in der Denkmals-Inschrift auf seinem Grabe zu Birr im Aargau: „Dem Vater Pestalozzi, dem Retter der Armen, dem Prediger des Volkes und Er zieher der Waisen. Mensch, Christ und Bürger, alles für andere, für sich nichts! Segen seinem Namen! Der dankbare Aaargau." A. I. Die drei Brüder von Korff. Roman von O. von Hanstet n. ^opvrigtu 1925 bx Karl Köhler L Co., Berlin-Zrhlendors. «Nachdruck verboten.) "EA" vernünftig." äuße"n" also Erich bitten, zuerst seine Meinung zu Er zitterte vor innerer Erregung und hatte wenigsten in der Gewalt. Auf seinen Wangen Uinltlickes ""d unwillkürlich nahm er, so gut es ihm koi der gestattete, militärische Haltung an und suchte Äen unter einem fast dienstlich dir für deinen selbstverständlich gut verlauft sich nicht und verachtet eine Frau, di? sich einen Mann kaufen will." Er war immer schärfer geworden. „Junge!" . Jawohl, ich verachte eine ^rau, die sich einen Mann, den fie kaum kennt, der ihr "uturllch gleichgültig ist und noch dazu ein Krüppel, wenn wir bei dem Wort bleiben wollen, kaufen will, um Frau Baronin zu werden. Frau Barvmn von Korff wird diese Dame nicht — bitte, laß mich ausceden. Es ist selbstverständlich, daß ich weder dir, noch Mutter oder den Brudern zur Last falle. Du hattest recht. Die jetzige Zeit mvelliert, aber das fasse ich an- bers auf. Ich werde morgen nach Berlin reisen und mir einen Unterschlupf suchen und, meine Hände und mein Kopf sind gesund. Als Buchhalter ober sonst in irgendeiner kaufmännischen Posst-on, in die ich mich schon einarbeiten werde — Onkel Viktor lachte höhnisch. . , „Das hältst du für standesgemäßer — — ein Narr bist du! Denkst an sentimentale Dinge, die es nicht gibt. Glaubst du, ich wäre sinnlos in meine Frau verliebt gewesen? I wo. Verzeih, Edith! Im Gegenteil, ich hatte auch so eine Neme Liebe wo an ders, aber — — na, ich denke, wir sirü> doch recht glücklich gewor ¬ den. Geld bindet. Und Herr von Korff als Buchhalter oder Kommis —" „Ist jedenfalls sehr, sehr viel ehrenwerter und standesge mäßer als Herr von Korff als Mitgiftjäger und Herrgott ja, als Valutaspekulant und Verräter des Vaterlandes." Sein krankhafter Zustand ließ ihn die Beherrschung verlie ren. Baron Viktor war innerlich wütend. „Ich halte deiner Krankheit viel zugute —" „Verzeih, Onkel, ich wiederhole, daß du es jedenfalls gut ge meint hast und danke dir." Er nahm auf eine Minute straffe Haltung an, dann setzte er sich. Die beiden Brüder waren vollkommen stumm geblieben. Vik tor zuckle die Achseln. „Bist eben noch grüner, als ich dachte. Zwingen will ich nie mand zu seinem Glück, aber komm mir später dann nicht —" Erich wollte wieder auffahren, aber er riß sich zusammen und antwortete nicht, dafür nahm Werner das Wort. „Lieber Onkel, ich schalte vollkommen aus, denn ich habe be reits über meine Zukunft disponiert. Ich fühle in mir nicht die ge- ringste Befähigung zum Kaufmann und habe auch nicht die ge ringste Absicht, zu meinem Schwiegervater, besten geschäftlichen Unternehmungen ich vollkommen fern stehe und immer fern stehen werde, in irgendein Abhängigkeitsverhäitnis zu treten. Ich habe bereits in Berlin mit dem Oberbergamt Fühlung genommen und werde Bruder Erich morgen dorthin begleiten, weil ich erwartet werde. Die technischen Kenntnisse, die ich mir auf den U-Booten erworben, befähigen mich, mein? Kraft den sanitären Einrichtun gen des Bergwesens zu widmen." Er lächelte etwas. „War ich bisher unter Master, so werde ich es jetzt unter der Erde versuchen." Baron Viktor beherrschte sich kaum noch. „Und deine Braut?" Werner sah ihn mit seinem männlich klaren Blick an. „Marianne liebt mich und wird meine Ansichten teilen, im übrigen steht auch sie den Geschäften ihres Vaters vollkommen fern, zumal ich durchaus auf keine Mitgift rechne." „Ihr -" „Ich bitte dich, Onkel, laß dich zu keinen unbedachten Worten hinreißen. Auch ich drücke dir meine Ueberzeugung aus, daß du es gut gemeint hast." Viktor lachte grimmig. „Wenigstens etwas, August, da sind wir also allein." August sah aus. Er war sehr ruhig und sagte langsam: „Ich tat recht daran, daß ich zuletzt sprach, denn es hatte den Anschein haben können, daß ich sie beeinflußen wollte. Es war selbstverständlich, daß sie nicht anders antworteten, und dir, lieber Erich, danke ich. Ich möchte dich in dieser Stunde bitten, nie PL vergeßen, daß ich deine Worte vollkommen billige." „August!" , „Bitte, lieber Schwiegervater, laß mich reden. Auch ich kam mit einem festen Plan. Wir sind üdrigens vollkommen einver standen — wenigstens in bezug auf das Gut. Dasselbe muß un verzüglich und in großzügiger Weise wieder bewirtschaftet werden. Die Erzeugung von landwirtschaftlichen Produften, sowie dde Viehzucht sind eine Notwendigkeit." Baron Viktor wurde ruhiger und August fuhr fort: „Erlaube zunächst eine Frage. Mit wieviel Familien bewirt schaftest du dein Gut?" „Ich habe zurzeit fünfundzwanzig Instmannsfamilien." „Ich werde morgen ebenfalls nach Berlin fahren und t» einigen Tagen mit fünfzig Instleuten, zum Teil Familien, zum TeL Junggesellen in Schwechau eintreffen." Baron Viktor sah ihn staunend an. > P „Die die hast du engagiert?" August lächelte. „Schon lange." , >>. „Aber aber das ist zuviel —" - „Dann geht es rascher." „Wo soll ich die denn unterbringen." „Sie werden natürlich in Schwechau wohnen?" „Da steht doch kein Haus." . * „Die werden wir bauen." .: . „Das kostet Milliarden." ü? „Keineswegs, die bauen die Leute selbst. Auch die Ziegel werden wir brennen." „Und die Gehälter? Das Deputat?" „Bekommen sie beides nicht. Arbeiten vollkommen umsonst." „Aber —" August behielt sein Lächeln. „Du hast vielleicht davon gehört, daß es mir gelungen isth. mit fünfzig Tapferen aus den Wäldem des Kilimandscharo nach Deutschland zu kommen. Diese fünfzig Männer und soweit sl» Familien haben, diese meine ich." Baron Viktor verstand nicht. „Die wollen umsonst für dich arbeiten." F „Nein. Nicht für mich, sondern für sich." „Was heißt das?" (Fortsetzung folgt.)