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bis vier Centimcter hält. Dieser eigentliche Stab ist mit dunkelblauem Sammet überzogen, welcher von oben bis unten abwechselnd mit goldenen Reichsadlern und Königskronen besetzt ist. Am oberen und unteren Ende umsäumen den Stab abwechselnd Ringe von Perlen, Diamanten und Rubinen, sowie die Widmung des Kaisers: „Kaiser Wilhelm II. dem Feldmarschall Gra fen Moltke zum 9O.'.Geburlstage"; dazwischen ist eine Guirlande mit Lorbeer und Eichenlaub in Gold ein gelegt. Den oberen Deckel der Röhre bildet ein Adler mit Kaiserkrone von Diamanten auf weißem Emaille grunde, umgeben von einem Kranz von Rubinen, wäh rend den unteren Schluß eine weiße Emailleplatte bildet, welche das verschlungene L, und Krone, ebenfalls in Diamanten und Edclsteinumrahmung ent hält; auf dieser unteren Platte sind besonders die Rosen von Saphiren mit besonderer Kunst ausgeführt und von seltenem Farbenglanz. Die ganze den Marschall stab bildende Röhre ist zur Aufnahme eine Dokumentes bestimmt, in welchem dem Jubilar die besondere Gunst des Monarchen auSgedrückl wird. Moltke's Geburtstag wird auch in den reichsländi- schen Schulen festlich begangen werden. Nach Anord nung des Oberschulraihes in Straßburg ist nächsten Sonnabend in allen Schulen des Reichslandes eine Feier zu Ehren des Grafen Moltke zu veranstalten, wobei neben Gesangvorträgen und Dcclamationen in einer Festrede auf die Verdienste des Marschalls um das Vaterland hingewiesen werden soll. Die Glückwunsch-Adresse der deutschen Städte an Graf Moltke hat folgenden Wortlaut: „Ew. Excellenz nahen sich die Vertreter der Städte des Ba- terlaades, um Ihnen, ohne Unterschied der Staaten und der Stämme, den Dank der deutschen Bürgerschaften insgemein an Ihrem 90. Geburtstage auszusprechen. Nächst dem großen Herrscher, der Sie zu finden und Ihnen die rechte Stelle anzuweiscn gewußt hat, und dessen Sie wie wir Alle heute in dankbarer Verehrung gedenken, sind Sie es gewesen, der den lieben Frieden unseres Hords, das thätige Schaffen der fleißigen Arbeit, daß stille Glück der Bürgerhäuser geschirmt und gefestet hat. Geschirmt, indem Sie das gewaltigste Werkzeug der Nation stählten, richteten und lenkten. Gefestigt, indem Sie diesem Werkzeug einen Zug und einen Geist einhauchten, der den Schöpfer überdauern wird. Deutschlands Bürger sind auch Deutschlands Soldaten. Wir kommen, Ihnen zu danken, wir Alle, die wir unter Ihrer Führung zum Kriege auszogen und zur Siegesfeier heimgekehrt sind, und für die, welche nicht heimgekehrt sind, danken Ihnen die Väter und die Brüder. Friedensglück und Mannesehre ist jeden Opfers werth. Auf den Wegen, die Sie uns führten, sind unsere Todten nicht umsonst gestorben, und Ihr Name bleibt im freudigen Gedächtniß der Lebenden und wird bleiben in dem ihrer Kinder und Kindeskinder. Wir segnen den Tag, der dem deutschen Volke seinen Moltke gab, und nicht minder den Tag, an welchem nach 90 Jahren es diesem Volke vergönnt ist, seinem Feldherrn seinen Dank zu sagen." (Felgen die Unterschriften.) In Berlin wird die Verlobung des Prinzen Maxi milian Alexander von Baden, Enkels des Großher zogs, mit der Prinzessin Victoria Luise von Schles wig Holstein als bevorstehend angekündigt. Da die Ehe des seit sechs Jahren vermählten Erbgroßherzogs von Baden kinderlos ist, wird der Prinz Maximilian möglicherweise badischer Thronfolger. Fürst Bismarck kommt nach Berlin. Im preu ßischen Herrenhause wird als bestimmt angenommen, Fürst Bismarck werde an den Verhandlungen des Hauses über die neuen Reformgesetze theilnehmen. Dieselben kommen allerdings erst im nächsten Jahre an das Herrenhaus. Die Einberufung des Reichstages ist vertagt. Nach der „Kreuzztg." darf als feststehend betrachtet werden, daß angesichts des Zusammentritts des preu ßischen Landtages der Reichstag erst vierzehn Tage nach dem ursprünglich in Aussicht genommenen Termin (18. November) vom Präsidenten, dem die Befugniß der Einberufung übertragen ist, zusammenberufen Wer der wird. Aus Altmünsterol, die Grenzstation auf deutscher Seite, wird gemeldet, daß zu dem Begräbniß des dor tigen deutschen Eisenbahnvorstehers Berthold die fran zösischen Bahnvorsteher aus den dortigen Grenzstationen mit etwa zwanzig Angestellten der französischen Ostbahn in voller Uniform erschienen waren. Sie wurden von den deutschen Beamten selbstredend sehr höflich empfan gen. Es wird hinzugefügt, daß man aus diesem Um stande ersehen kann, wie sich die Grenzverhältnisse sin letzter Zeit doch etwas gebessert haben. Der Bundesrath in Berlin hielt am Donnerstag eine Plenarsitzung ab. Der bayerische Antrag auf Zulassung der Vieheinfuhr aus Oesterreich - Ungarn wurde einer Commission zur Vorberathung überwiesen. Officiell werden folgende Bestimmungen über die Gratulation beim Grafen Moltke bekannt gegeben: „Se. Majestät der Kaiser wird seinem ältesten Gene- , ral Feldmarschall eine hohe Ehre, wie sie in der Ge schichte der Armee bisher noch niemals verzeichnet ist, erweisen: Die Ehren eines obersten Kriegsherrn, königliche Ehren, die Fahnen und Standarten der preu ßische: Garde werden für diesen Tag aus dem Ber liner Schlosse in die Wohnung des Gefeierten im Ge neralstabsgebäude am Königsplatz gebracht, und zwar in Gegenwart des Kaisers und Königs, und dort bis zum folgenden Tag verbleiben. (Der Kaiser stellt sich also für diesen Tag officiell unter den Grafen Molmke.) Im großen Saale der Wohnung des Generalfild- marschalls werden sich zu diesem hohen Acte gegen 12 Uhr die sämmtlichen deutschen General-Feldmarschälle und Armee-Jnspecteure, der General Oberst von Paps, Oberst Commandirender in den Marken, sowie die commandirenden Generale aller deutschen Corps, die Generalinspecteure der Militär-Bildungs Institute, der Reichskanzler und der Kriegsminister versammeln und daselbst vom Chef des Großen Generalstabes Grafen von Waldersee empfangen werden. Um dieselbe Stunde ist die 1. Compagnie des 2. Garde-Regimentes z. F. mit den Fahnen und die 1. Schwadron des Garde- Kürassier-Regimentes mit den Standarten, nach Ab holung der Feldzeichen vom Schlosse, auf dem Königs platze vor der Siegessäule aufmarschirt. Auch die j Fahnen des Kolberg'schen Grenadier Regimentes Graf i Gneisenau, dessen Chef der greise Feldmarfchall ist, i befinden sich dabei, auf Befehl des obersten Kriegs- i Herrn von einer Abordnung des Truppenthriles nach ! Berlin gebracht. Sobald Se. Majestät der Kaiser . durch die Siegesallec bei den Fahnen- und Standar- ten-Compagnieen vorbei zum Generalstabsgebäude ge- ! fahren ist, marschiren diese ebenfalls dorthin und bei i bei dem sie am Portal erwartenden Kaiser vorbei im ; geschlossenen Zuge hinauf vor die Wohnung des Ge- s ncralfcldmarschalls, dort Stellung nehmend. Nunmehr i begieb! sich Kaiser Wilhelm II. bei den Fahnen und f Standarten vorbei nach dem großen Saale der Moltke- ; scheu Wohnung, um an die dort versammelten hohen > Offiziere eine Ansprache zu halten. Hierauf werden i die Fahnen und Standarten in den Saal gebracht. Alsbald begeben sich die General-Adjutanten Grafen Waldersee und von Wittich zu dem Grafen Moltke, um diesen als Ehrendienst zu dem Kaiser und Kö nige zu geleiten. Se. Majestät wird hierauf dem ge feierten Helden seine und der Armee Glückwünsche aus sprechen. Sobald Se. Majestät sich entfernt hat, wer den fämmlliche in Berlin anwesende Prinzen dem Gra fen Moltke ihre Glückwünsche darbringen. Es folgen dann die Generalimt und die Deputationen. Die Fah nen und Standarten verbleiben bis zum anderen Tag i in der Wohnung des Generalfeldmarschalls. Vordem s Eingänge zu seinen Gemächern wird ein Doppelposten ! des Infanterie-Regimentes Graf Gneisenau stehen und ! unten am Hauptportal des Generalstabsgebäudes ein > Doppelposten der Berliner Garnison, beide in Parade- Uniform. Am Sonntag Abend 7 Uhr findet zu Ehren ! des Feldmarschalls im Neuen Palais bei Potsdam f festliche Tafel statt. Beim Eintreffen des Grafen Moltke in Potsdam werden demselben fürstliche Ehren durch Ausstellung von Ehrenwachen und Geleit einer Lavallerie-Eskorte erwiesen. Kaiser Alexander von Rußland wird, wie verlautet, dem Feldmarschall Grafen Moltke zur Feier seines 90. Geburtstages sein Bild übersenden. Der Kaiser von Oesterreich übersendet eine Deputation des den Namen des Feldmarschalls tragenden österreichischen Infanterie-Regimentes Nr. 71 zur Gratulation nach Berlin. Auch aus Italien wird eine Offiziers-Depu tation zur Beglückwünschung erscheinen. Der Reichscommissar von Wißmann, der sich jetzt zum Besuche des Fürsten Bismarck nach Varzin be geben hat, ist vom Kaiser und der Kaiserin im Neuen Palais bei Potsdam huldreich empfangen worden. Es entspricht auch den Wünschen des Kaisers, daß Herr von Wißmann nach dem Ablaufe des Reichscommissa- riats dem Colonialdienste des Reiches erhalten bleibe und dann als militärischer oder anderweitiger Com- missar seine Thäligkeit im Innern und nach den Seen zu fortsetzen soll. Im Innern des deutschen Schutz gebietes bleibt ja für die Förderung von Handel und Wandel, Kultur und Gesittung mehr als genug zu thun. Für die Theilnehmer am Moltke-Fackelzug waren bis Donnerstag Abend in Berlin rund 20,000 Kar ten vergriffen. 10,000 Theilnehmer werden noch er wartet. Da nun noch zwei große Sänger-Gesellschaf ten auf den Platz rücken, so wird der Zug eine Riesen ausdehnung erhalten. Für den Kostümanzug findet ' heute Freitag die Generalprobe statt. Die dargeliehenen i Kostüme sind von außerordentlicher Pracht. So reprä- f sentirt allein der Anzug des führenden Heroldes einen Werth von 8000 Mark. Am Generalstabsgebäude werden die Künstler dem Grafen Moltke eine besondere Kundgebung bereiten. Eine junge Dame wird ein von Ernst von Wildenbruch verfaßtes Gedicht sprechen, und die auf dem Huldigungswagen thronende Victoria wird dem Jubilar einen Lorbeer überreichen. Am Sonntag H Abend wird eine sehr umfangreiche Illumination statt- s finden. s Der Reichsanzeiger giebt eine Uebersicht der Maß- s nahmen, weiche die preußische Stautsbahnverwaltung - getroffen hat, um den Arbeitern den Verkehr zwi schen ihren Wohnstätten und den großen Verkehrscentren zu erleichtern. Kür alle größeren Städte ist ein derartiger Arbeitervcrkehr eingerichtet, so, um nur einige zu erwähnen, für Berlin, Breslau, Frankfurt a. M., Hannover, Bremen, Hamburg, Barmen, Elberfeld, Köln-Deutz, Düsseldorf, Krefeld, Danzig, Stettin, Kietz Halle, Leipzig, die größeren industriellen Plätze des rheinisch-westfälischen und des Saarbrücker, sowie des oberschlesischen und des Waldenburger Kohlen-Reviers, Im Jahre 1889 sind auf Arbeiterkarten fast 12 Mil lionen Fahrkarten — etwa 6tz'r Procent aller auf den Staatsbahnen überhaupt zurückgelegten Fahrten — ausgeführt, von welchen auf Berlin allein 7'/» Mil lionen entfallen. Für fast zehn Millionen dieser Fahr ten wurde ein Einheitspreis von 1 Pfennig für das Kilometer und weniger erhoben, im Berliner Vorort verkehr bis herunter auf einen halben Pfennig. Der Staatsanzeiger schließt: „Die preußische Staatsbahn verwaltung wird sonach auf diesem Gebiete den Ver gleich mit anderen Ländern nicht zu scheuen haben." In Sachen der angeblichen, den Sklavenhandel in Deutschostafrika gestattenden Proclamation sind weitere Berichte eingegangen, aus denen zu entnehmen ist: Als der Araber Soliman Ben Nasr nach seiner Rückkehr aus Europa Bagamoyo besuchte, klagten ihm die dortigen Araber, sie wären in der Sklavenfrage viel schlechter gestellt als ihre Landsleute in Zanzibar und infolge dessen kaum in der Lage, die im Aufstande verwüsteten Landgüter wieder in Cultur zu nehmen. Das Decret des Sultans werde in Zanzibar von Nie mandem beachtet, während in Bagamoyo, wo es nicht gelte, thatsächlich alle Veräußerungen von Sklaven ver hindert würden. Soliman Ben Nasr sagte Verwen dung beim Stationschef zu und legte diesem den Ent wurf einer Proclamation vor, die der Slationschef einfach zu den Akten nahm, ohne auf die Sache weiter einzugehen und cs ist bis heute noch nicht aufgeklärt, wie eine Kopie des Entwurfes ins Publikum hat drin gen können. In Zanzibar hatte das Decret des Sul tans tiefe Mißstimmung hervorgerufeu und viele Araber zu der Aeußerung veranlaßt, in das deutsche Gebiet überzusiedeln. Denen, welche ein Interesse daran hatten, dies zu verhindern, mußte daran liegen, daß die Publi- cation des DecreteS des Sultans auch im deutschen Perwaltungsgcbiet erfolge. Dies erhoffte man dadurch zu erzwingen, daß man das Reichscommissariat öffent lich dem Vorwurse des Begünstigung des Sklavenhan dels aussetzle. Hierzu sollte der Entwurf zu der Proclamation dienen, die angeblich vom Stationschef von Bagamoyo gezeichnet und öffentlich angeschlagen sein sollte. Die Urheber dieser verleumderischen An gaben konnten bisher nicht ermittelt werden, da der englische Generalconsul auf das Ersuchen des deutschen Generalconsuls, ihm seine Gewährsmänner zu nennen, ablehnend erwidert hat. Der Besuch der socialdemokratischen Ver sammlungen Berlins bleibt auch nach dem Halle'- schen Parteicongrcß ein mäßiger; der Grund liegt wohl mit darin, daß plötzlich eine recht ungemüthliche Kälte eingetreten ist, die nicht blos Arbeiter, sondern auch andere Hausväter veranlaßt, an Anderes, als an Ver sammlungen zu denken. Am dichtesten schaaren sich noch die Anhänger der „Opposition" um ihre Führer, und diese, die in Halle mundtodt gemacht waren, reden nun wieder nach Herzenslust. Mil einer Ausnahme ist von neuen Streikoersuchen nicht die Rede. In die sem Falle handelt es sich um die bekannte Ludwig Löwe'sche Gewehrfabrik, in der schon lange von den Arbeitern über allzu große, an Härte grenzende Strenge geklagt wird. Die Verwaltung stellt hingegen jede Härte in Abrede und behauptet, daß einzelne unzu friedene Elemente die Leute aufzuwiegeln versuchten. Vorläufig wird eine Einigung über die Differenz-Punkte durch Verhandlungen herbeizusühren gesucht. Von verschiedenen großen Firmen in Berlin, welche mit den Bereinigten Staaten von Nordamerika in Verbindung stehen, ist von zuständiger Seite Aufschluß darüber verlangt worden, welche Waaren aus den Ver einigten Staaten von den betreffenden Firmen bezogen werden, und ob solche auch aus anderen Ländern ein geführt werden können, ohne die Leistungsfähigkeit und den Mitbewerb der befragten Firmen zu schädigen. Man bringt dies mit den neuen amerikanischen Zollchikanen in Verbindung. Die deutschen Webereien, welche nach Amerika exportiren, werden übrigens durch die Zollerhöhungen keinen besonderen Schaden haben. Man ist drüben außer Stande, zu dem Preise, wie in Deutschland, Waaren dieser Industrie herzustellen. Frankreich. Verschiedene Pariser Zeitungen behaupten, der Papst habe neulich zu einem französischen Kardinal geäußert, das Papstthum könne sich nur noch auf Frankreich verlassen. Auf Deutschland und Oesterreich-Ungarn