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An der Fertigstellung von Patronen mit rauch losem Pulver wird mit verstärkten Kräften gearbeitet. Im kommenden März soll der gesammte Kriegsbedarf bereit liegen. Frankreich. Die am Freitag vom Senat ausgesprochene Be willigung von 58 Millionen für die Marine wird zum Bau von drei Panzerschiffen, vier ToipsLo-Aviso's, zehn Hochseetorpedo's und dreißig Hafentorpedos dienen. England. Ein neuer Bericht Stanley's ist beim Londoner Emin-Comits eingegangen. Im April 1888 hatte Stanley mit Emin vereinbart, daß der Letztere mit solchen Anhängern, die ihm folgen wollten, Wakelai verlassen und in Kavallis am Südufer des Albert- Myanza-Seees die Ankunft der Stanley-Expedition erwarten sollte. Inzwischen brach eine Meuterei un ter den Offizieren Emin's aus in Folge des albernen Gerüchtes, daß Stanley und Emin einen Plan abge kartet hätten, das Volk Emin's in die Sklaverei der Engländer zu führen. Emin wurde abgesetzt, zum Gefangenen gemacht und verdankte es nur seiner Be liebtheit beim Volke, daß er nicht sein Leben einbüßte. Die rebellischen Offiziere planten gleichzeitig die Ver nichtung der Expedition von Stanley. Mittlerweile ficken die Mahdisten ins Land, und Emin wurde in Freiheit gesetzt, nachdem seine schlimmsten Feinde im Kampfe gegen die Mahdisten gefallen waren. Er kehrte nach Wadelai zurück, aber es gelang ihm nicht, die alte Autorität wieder zu erlangen. Infolge dessen beschloß er nach langem Zaudern, mit seinen Getreuen die Aequatorial-Provinz zu verlassen. Am 13. Februar erhielt Stanley die ersehnte Kunde, daß Emin mit zwei Dampfern unweit Stanley's Lager angekommen sei, um sich ihm anzuschließcn. Ehe Stanley am 6. August den Rückmarsch antrat, war er 28 Tage sterbenskrank. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 26. November. Morgen Mitt woch Abend wird die Theatergesellschaft der Herren : Gebr. Ochernal aus Meerane das Luther-Festspiel: ! „Or. Martin Luther oder die Weihe der Kraft" zur s Aufführung bringen. Das Festspiel ist vom k. k. Hof- j thcaterdircctor Förster in Wien für die Bühne be- ! arbeitet und bereits in allen größeren Theatern ! mit durchschlagendem Erfolge gegeben worden. Wer ! nicht Gelegenheit hatte, die Lutherfestspiele in Zwickau i und Altenburg sehen zu können, sollte diese Vorstel- z lung, welche eins der größten geschichtlichen Ereignisse : der deutschen Vergangenheit vor Augen führt, nicht j versäumen. Die beiden für Sonntag angekündigten f Vorstellungen konnten infolge behördlichen Verbots nicht statlfinden. *— Bei der letzten Kirmes in Garbisdorf setzte ein dortiger Gutsbesitzer seinen Gästen Heidelbeerkuchen vor, zu dem die Heidelbeeren erst kurz vorher im Freien gepflückt worden waren. Wohl noch nicht da gewesen. Feuilleton. Durch Sturm und Wetter. Original-Roman von C. Meerfeld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Den Wachtposten unter Lydia's Fenster hatte man auf eine sehr einfache Weise dadurch unschädlich ge macht, daß man eine halb mit Branntwein gefüllte Flasche, in die man überdies ein tüchtiges Quantum eines sicher wirkenden Betäubungsmittels gemischt, so in sein kleines Wetterhäuschen gelegt hatte, daß sie seiner Aufmerksamkeit unmöglich hatte entgehen können. In der Meinung, daß das feurige Getränk von seinem eben abgelösten Kameraden zurückgelassen worden sei, batte sich der wackere Vaterlandsvertheidiger unver züglich darüber hergemacht und der beabsichtigte Effect war denn auch in seinem ganzen Umfange eingetreten. Sein Schlaf war bald ein so todesähnlich fester gewesen, daß Lydia das durch den Justizbcamten ein geschmuggelte Seil unbemerkt an einem der Eisenstäbe vor dem Fenster ihrer Zelle hatte befestigen können, und daß ein in der Nähe befindlicher Bundesgenosse auf das verabredete Zeichen unbehelligt an demselben emporgeklettert war, um in verzweifelter Arbeit mit Hilfe ausgezeichneter Instrumente die Eisenstangen zum Theil zu durchseilen und abzubrechen, so daß Lydia bei ihrer katzenartigen Behendigkeit, welche sie der Schule Manussis zu verdanken hatte, schon nach Ab lauf einer Stunde, also noch vor der Zeit, die man für die Ausführung der Flucht in's Auge gefaßt, im Stande gewesen war, ihren schlanken Leib durch die entstandene Oeffnung zu zwängen. Daß es bei dieser Arbeit keineswegs ohne ein recht vernehmliches Geräusch abgegangen, war selbstverständlich, und wenn der Zu fall eigens einen Beamten, der nicht im Complot war, unten vorübergeführt hätte, so wäre an einer Entdeckung des tollkühnen Beginnens kaum zu zweifeln gewesen. *— Die Nachricht von dem Brande im benach barten Bräunsdorf bestätigt sich glücklicherweise nicht. Offenbar bezieht sich die Mittheilung auf ein anderes Bräunsdorf. *— Wenn die Aufhebung der Schlachtsteuer vom Landtage beschlossen werden sollte, jso werden sich an erster Stelle die Fleischer darüber freuen; sie sind es auch, die bisher wiederholt und angelegentlich um Be seitigung dieser Abgabe petitionirt haben. Die Fleisch preise werden vom Wegfall der Steuer schwerlich be rührt werden. Selbst den nach allen Erfahrungen ganz unwahrscheinlichen Fall angenommen, daß die Fleischer den ganzen Betrag der Steuer ihren Kunden zugute gehen ließen, so würde das Pfund Rindfleisch immer nur auf einen oder bis allerdöchstens zwei Pfennige billiger kommen. Also große Hoffnungen woken wir an die Aufhebung dieser Steuer nicht knüpfen. Im benachbarten Callenberg hat sich vor Kur zem auf Veranlassung des Herrn Gastwirth Stolle aus Gesau, der vor cs. 3 Wochen in Callenberg eine Versammlung abgehalten halte, ein Wahloerein für volksthümliche Wahlen gebildet, dem bereits eine große Anzahl dortiger Wähler beigetreten sein soll. Be- merkenswerth ist hierbei, daß auch solche Personen, die bisher durchaus nicht socialistjschen Principien huldigten, sich diesem Wahlverein angeschlossen haben, und zwar aus dem Grunde, um ihrer Unzufriedenheit über eine zu hohe Einschätzung zur Einkommensteuer Ausdruck zu geben. *— Die Maul- und Klauenseuche in dem Gehöfte des Gutsbesitzers Herrn Gottlieb Veit in Callenberg ist erloschen, dagegen in dem Gehöfte des Gutsbesitzers Herrn August Medicke in Niederlungwitz ausgebrochen. — In dem gestrigen zweiten Abonnemenlconcert in Glauchau lag, wie meist, der Schwerpunkt der Dar bietungen in den Orchestersätzen. Die Lsäur-Sinfvnie von Mozart wurde mit Sorgfalt, mit Wärme und Schwung wiedergegeben. Nach einem so überaus kostbaren Werke halten die beiden andern: „Abends" von Raff und Ouvertüre zu „Semiramis" von Rossini einen schweren Stand. Auch sie wurden trefflich exe- cutirt und verfehlten daher ihren Eindruck nicht. Für die sollstischen Leistungen des Abends halte der Con- certverein Frau Rosa Papier erworben, die weitge rühmte k. k. Kammersängerin aus Wien. Dieselbe sang die bekannte schlichte Arie aus „Rinaldo" von Händel und der Lieder neun; unter diesen manch er quickende Gabe, z. B. „Mußt nicht allein" von Franz, Wiegenlied von Grieg, Frühlingslied von Schumann, und Wiegenlied von Mozart. Die Einfachheit und Herzlichkeit des letzteren erweckte bei der Zuhörerschaft sichtlich eine besonders innige Antheilnahme. Frau Rosa Papier wurde mehrfach hervorgerufen. — In Peuig hat sich am Sonnabend Abend ein Wahlverein gebildet, der bei communalen und politischen Wahlen seine Thätigkeit zu entwickeln gedenkt. Aus dem Sachsenlunde. — Die 2. Kammer überwies am Montag den Rechenschaftsbericht über die Verwaltung der Landes- ' brandversicherungsanstalt nach kurzer Debatte, worin i Abg. Opitz die Abänderung der Bestimmungen über : die Maschinenversicherung wegen ihrer großen Gefahr ; für die Landesanstalt anregte, Abg. Stolle-Gelau einen ; Antrag auf Verstaatlichung der Mobiliarversicherung ! ankündigte und der RegierungScommissar Schwedler erklärte, der Gefahr der Maschinenversicherung für die ; Landesanstalt würde durch Rückversicherung vorgebeugt ; werden, an die Rechenschaftsdeputation, ebenso ohne Debatte das Decret über den Stand der Altersrenten- i bank. Der Antrag des Abg. Starke auf Errichtung ! einer Landesversicherungsanstalt gegen Wasserschäden ging, nachdem Abg. Georgi und Minister von Nostitz- ! Wallwitz schwere Bedenken dagegen ausgesprochen hatten, j an die Petitionsdeputation. Der Antrag Les Abg. Philipp auf Aufhebung der Schlachtsteuer wurde nach ! Begründung durch den Antragsteller an die Finanz deputation verwiesen. Schließlich wurde beschlossen, die Petition Hauke-Gablenz auf sich beruhen zu lassen, i — Aus einer dem Landtage soeben vorgelegten ver- , gleichenden Zusammenstellung der bei den in- und aus- l ländischen Privat-Feuerversicherungsgesellschaften in den f Jahren 1875 bis mit 1888 im Königreiche Sachsen i bestandenen Versicherungen, sowie der Einnahmen an > Prämien und der Ausgaben für Brand-Entschädigun- j gen ist zu ersehen, daß diese Privatgesellschaften in ; der genannten Zeit nicht weniger als rund 61 Mill. Mark aus Sachsen vereinnahmt, aber nicht mehr als ! rund 28 Mill. Mark herausgezahlt haben, wobei nicht i bloß ihre Ausgaben für Brand- und Räumungsschä den, sondern auch ihre Beiträge zu den Ortsfeuer- f löschkaffen milgerechnet sind. Es sind diesen Privat- ? gesellschaften also rund 33 Mill. Mark zu Gute ge- : gangen. Eine schöne Summe! — Die Sächsischen Fachschulen erfordern nach dem z Staatshaushaltsplan für 1890/91 folgende Jahres- i Zuschüsse: Polytechnikum zu Dresden 331,339 Mk. ; (mehr 44,308 Mk.), Bergakademie zu Freiberg 86,340 ; Mk. (mehr 2070 Mk ), Forstakademie zu Tharandt l 57,573 Mk. (mehr 1343 Mk.), Akademie der bildenden ; Künste 166,780 Mk. (mehr 71,360 Mk.), Kunst- s akademie und Kunstgewerbeschule zu Leipzig 62,700 i Mk. (weniger 165,800 Mk.), Kunstgewerbeschule und f Kunstgewerbemuseum zu Dresden 127,100 Mk. (we- i nigcr 5000 Mk.), Technische Lehranstalt zu Chemnitz ' 181,000 Mk. (mehr 24,150 Mk.), Baugewerkenschule ; Dresden 20,400 Mk. (mehr 400 Mk.), Baugewerken- j schule Leipzig 25,800 Mk. (mehr 500 Mk.), Bauge werkenschule Plauen 18,200 Mk. (mehr 400 Mk.), Baugewerkenschule Zittau 17,700 Mk. (mehr 500 Mk.), Industrieschule Plauen 40,600 Mk. (weniger 202,980 Mk.), sonstige gewerbliche Fachschulen 152,800 Mk., Landwirthschastliche Schulen 55,000 Mk. (mehr 5000 Mk.), Handelsschulen 14,000 Mk., Unterstützung von Fachlehrern 4000 Mk., Unterstützung für das Dres- Aber für diesen Fall lauerten unten in emem sicheren Versteck drei entschlossene Jünglinge, die bereit waren, sich unbedenklich auf den Störenfried zu stürzen und ihm mit wohlgezielten Dolchstößen den Mund zu schließen. Sie waren zum Glück nicht gezwungen worden, ein neues Verbrechen zu begehen; denn selbst der Kanonen donner von Waterloo würde den Schlummer des bie deren Wachtpostens nicht gestört haben, und auch der Gefängnißwärter draußen auf dem Gange, dem das verdächtige Geräusch unmöglich entgangen sein konnte, schien heute mit völliger Taubheit geschlagen zu sein. Lydia gelangte also glücklich ins Freie, flüsterte ihren versteckten Freunden zu, sich davon zu machen, da die eigentliche Gefahr überwunden sei, und schlüpfte im Schutze der Dunkelheit längs der Mauer dahin nach der anderen Seite des Gefängnisses, wo sich zehn Mi nuten darauf auch Leo in der planmäßigen Weise zu befreien gewußt hatte. „Nun sind wir frei," fügte sie ihrer hastigen Er zählung mit einer gewissen Ungeduld hinzu. „Aber es wäre eine Thorheit, zu behaupten, daß wir auch in Sicherheit seien. Man hat Wanja Jchmanew und vielleicht auch mich viel zu lange gesucht, um jetzt nicht Himmel und Erde in Bewegung zu setzen, unserer wieder habhaft zu werden. Der Wunsch, unsere Com- plicen unter den Gefängnißbeamten zu entdecken, wird das Seinige dazu beitragen, den Eifer unserer Feinde anzuspornen, und da mein Tod für die Sache augen blicklich ohne jeden Nutzen wäre, werden wir unseren ganzen Scharfsinn aufbieten, um innerhalb weniger Tage die Grenze des Landes zwischen uns und unsere Verfolger zu bringen." „Nein, Lydia, das werden wir nicht!" fiel ihr Leo mit großer Entschiedenheit in's Wort. „Ich muß Dich dringend bitten, meine Person bei Deinen wei teren Plänen nicht mehr in Betracht zu ziehen, denn ich werde mich morgen einer ordentlichen Behörde stellen und meine Strafe auf mich nehmen, um dann unge hindert in mein Vaterland zurückkehren zu können!" Sie starrte ihn mit entsetztem Antlitze und mit un heimlich geöffneten Augen an, als wollte sie ihren eige nen Sinnen nicht trauen hinsichtlich dessen, was sie da vernommen hatte. „Sprichst Du in Ernst, Leo?" fragte sie mit müh sam unterdrückter Leidenschaftlichkeit. „Habe ich mich dennoch in Dir getäuscht? Könntest Du feige genug sein, mich jetzt, wo ich mein Schicksal ganz in Deine Hände gelegt, elend im Stiche zu lassen?" Leo war sehr bleich geworden. Den Vorwurf der Feigheit glaubte er gerade aus ihrem Munde am we nigsten verdient zu haben, und er antwortete ihr darum mit nachdrücklichem Ernste: „Du forderst Un mögliches von mir, Lydia! Ich sehe Dich hier mitten in einer Schaar von Freunden, die bereit sind, Gut und Blut für Dich einzusetzen, und dennoch berufst Du Dich immer wieder darauf, daß ich allein im Stande sei, Dich zu retten. Gerade ich vermag dies sicherlich am allerwenigsten, und ich will Dir kein Hehl daraus machen, daß ich die Gesellschaft, in welche Du Dich begeben hast, und die Handlungen, welche von dieser Gesellschaft verübt worden sind, aus tief stem Herzensgründe verabscheue und hasse! Wahrhaf tig, so sehr ich mich darnach sehnte, Dich wieder zu sehen, ich würde doch niemals einen Fuß in jenes un glückselige Haus gesetzt haben, wenn ich eine Ahnung davon gehabt hätte, welcher Art die Geister seien, die drinnen ihr Wesen trieben." Lydia hatte das Haupt , gesenkt, und er fühlte, wie ein leichtes Zittern über ihren Körper lief. In sei ner aufrichtigen brüderlichen Zuneigung fühlte er schon wieder Mitleid mit ihr und bereute fast, ihr seine Meinung so hart und unumwunden ausgesprochen zu haben. (Fortsetzung folgt.)