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kommen und glänzend empfangen. Prinz Heinrich von Preußen ist mit der Korvette „Irene" in Korfu angekommen. Frankreich. Der Zwiespalt zwischen dem Ministerium und der Kammer, welcher daraus entstanden war, daß die Kam mer die freie Fabrikation der Zündhölzer forderte, während die Regierung an dem Zündhölzer-Monopol festhielt, ist jetzt ausgeglichen. Die Kammer hat, um einer Krisis vorzubeugen, nachgegeben. Immerhin hat der Zwischenfall arg verstimmt, weil er beweist, daß auf die jetzige Volksvertretung doch kein fester Verlaß ist. Pariser Boulangistenblätter schreiben, Boulanger werde seinen dauernden Aufenthalt in Spanien nehmen. Der Senat hat 58 Millionen Francs zum Bau von Kriegsschiffen bewilligt. England. Die brasilianische Umwälzung hat den tiefsten Ein druck in Kanada gemacht. Die dortigen Blätter schreiben, daß jetzt die beste Zeit sei, sich von der eng lischen Krone loszusagen und eine Republik Kanada auszurufen. Die Londoner Gerichte wird jetzt eine unglaublich schmutzige Skandal-Asfaire, deren Einzelheiten sich der Wiedergabe entziehen, beschäftigen. In dieselbe war auch Lord Euston, Herzog von Graston's ältester Sohn, verwickelt, der die Blättermeldungen als Verleumdung bezeichnet und nun gerichtlich vorgehen wird. Belgien. Die Antisklaverei-Conferenz in Brüssel hat am Sonnabend einstimmig beschlossen, daß Territorial- Fragen außerhalb der Competenz des Congresses lägen. Es wurde eine aus den Delegirten Deutschland's, Bel giens, Frankreichs, Englands, Italiens, Persiens, Por tugals, Rußlands und der Türkei bestehende Commis sion zur Prüfung des Sklavenhandels auf dem Meere ernannt. Rußland. Der Großfürst-Thronfolger Nikolaus ist wieder in Petersburg angekommen. Die dortigen Blätter nehmen nun ebenfalls von der Mittheilung Notiz, der Großfürst habe sich in Athen mit der Prinzessin Mar garethe von Preußen verlobt. Eine authentische Be stätigung fehlt indess n. Aus Kiew wird gemeldet, daß die Nachr'cht des Londoner Standard, wonach die russische Grenzarmee zwischen Galizien und der Bukowina um 8 Regimen ter Cavallerie und 6 Regimenter Infanterie verstärkt worden ist, jeglicher Begründung entbehrt. Türkei. Amtlichen Nachrichten zufolge hat die Türkei für Kreta eine umfassende Amnestie erlassen, von welcher nur gemeine Verbrecher ausgeschlossen sind. Zwischen Rußland und der Türkei sollen geheime Verhandlungen wegen Abtretung eines Theils von Armenien an Rußland schweben. Rußland würde als Entschädigung der Türkei die Kriegskosten erlassen und gewisse Garantien für die Unverletzlichkeit der Türkei geben. In Konstantinopel hat man aber wenig Feuilleton. Durch Sturm und Wetter. Original-Roman von C. Meerseld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Er schlug wohl einmal für einen flüchtigen Moment die Augen auf, um mit blödem Blicke um sich zu schauen, aber auf alle an ihn gerichteten Fragen hatte er als Antwort nur ein unverständliches Lallen oder ein höchst subordinationswidriges Lachen, so daß man sich schließlick genöthigt sah, den anscheinend sehr schwer Berauschten, nachdem man ihn entwaffnet, in eine der Gefängnißzellen zu werfen und seine Vernehmung auf den folgenden Morgen zu verschieben. Nach und nach kehrten auch die Patrouillen, welche die nächste Umgebung des Gefängnisses durchsucht hat ten, zurück, wie sich erwarten ließ, sämmtlich unver richteter Sache. Und auch von den einzelnen Polizei- stalionen der Riesenstadt, welche sofort auf telegraphi schem Wege von dem Vorgefallenen in Kenntniß ge setzt worden waren und die auf der Stelle alle ihnen zur Verfügung stehenden Hilfsmittel aufgeboten hatten, lief während der Nacht keine Nachricht von einer etwaigen Verhaftung der entsprungenen Untersuchungs- Gefangenen ein. — — Das war nun auch freilich ganz unmöglich, denn dieselben saßen während der nämlichen Zeit, in welcher Hunderte von Personen all' ihren Scharfsinn anstreng ten, ihnen auf die Spur zu kommen, in einer dem Gcfängniß unmittelbar benachbarten Straße in dem Zimmer eines Bundesgenossen, der es bisher noch verstanden hatte, der argwöhnischen Polizei unverdäch tig zu bleiben, obwohl er zu den eifrigsten Anhängern des Nihilismus zählte und an der Bewerkstelligung von Leo's und Lydia's Flucht einen hervorragenden Antheil genommen hatte. Lust, dem mächtigen Nachbar Erzerum, worauf von Rußland hauptsächlich spekulirt wird, zu überlassen. Amerika. Kaiser Dom Pedro von Brasilien hat eine Villa in Cannes in Südfrankreich gemiethet. Die proviso rische Regierung in Rio de Janeiro verfügte die Ein führung des allgemeinen Stimmrechtes. Privatdepeschen aus Brasilien stellen übrigens die Situation keines wegs so rosig dar, wie die offiziellen Meldungen. Die Regierung träfe darnach auf ernstlichen Wider stand in den Provinzen, wo die Anhänger der Mon archie noch zahlreich seien. Einzelne Zusammenstöße hätten stattgefunden. Der Kaiser habe das Land nur in der Erwartung der Wiederherstellung des Kaiser- thumeS so willig verlassen. Eine Depesche der Nationalbank von Brasilien aus Rio de Janeiro besagt, daß sich alle Provinzen ohne Widerstand und ohne Protest der republikanischen Regierung unterworfen hätten; provisorische Re gierungen in den Provinzen seien schnell organisirt wor den, der Erzbischof habe der republikanischen Regierung seinen Segen gegeben. Die neuen Kammern würden einberufen, sobald über die hauptsächlichsten Reformen Beschluß gefaßt sei. Der Oberbefehl über die Marine wurde dem Baron Corumbcr, bisherigem Geschwader chef, übertragen. Die neue Regierung versprach, den Eheoertraz der Kronprinzessin Isabella zu achten und die von dem Kaiser gewährten Ruhegehälter fortzuzah len. Das neue Staatsbanner erhielt die Inschrift: „Ordnung und Fortschritt!" Wie verlautet, hat die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika die Republik Brasilien bereits anerkannt. Ans dem Muldenthale. "Waldenburg, 25. November. Montag, den 2. December, findet die diesjährige Ergänzungswahl zum Stadtverordnetencollegium statt. In erster Linie liegt die Vertretung unserer städtischen Interessen, die Be- rathung über Wohl und Wehe unseres Gemeinwesens der städtischen Vertretung ob und ist es deshalb nicht nur ein Recht, sondern vor allen Dingen auch eine Pflicht eines jeden Bürgers, zur Wahlurne zu gehen und nach bestem Wissen und Gewissen seine Stimme abzu geben. Hochwichtige Entscheidungen, die für eine ge deihliche Weiterentwickelung unscrerStadt vonunberechen- Laren Folgen begleitet sein düeften, stehen vielleicht in naher Zeit bevor; aus diesem Grunde ist es mehr als je erforderlich, daß ein thalkräftiger Geist in un ¬ serem Stadtverordnetencollegium herrscht. Dazu bei- zulragen, möge jeder Wähler das Seinige thun. *— Der Wohlthätigkeitsverein „Sächsische Fecht schule" hat auf Antrag des Oberfechtmeisters Herrn ! Gustav Neubert in Wolkenburg 150 Mk. zur Unter stützung von 5 durch das Hagelwetter vom 12. Juli d. I. geschädigten Personen gewährt. Die hierbei in Frage kommenden Geschädigten sind Friedrich Hermann F., Wilhelmine verw. B, Caroline verw. L. und Fried- , rich Hermann H. in Altstadtwaldenburg und Therese verw. M. in Kaufungen. Die genannte Summe soll I je nach den einzelnen Nothstandslagen zur Bertheilung gebracht werden. Der Verband „Sächsische Fechtschule" hat von 1883 bis 1888 insgesammt 40,574 Mk. 83 Pf. für Unterstützungszwecke an 2479 Familien aus gegeben; manche Noth ist damit beseitigt und manches Elend gemildert worden. — Im Alterthumsverein zu Zwickau hielt am 14. d. Oberlehrer Or. Fabian einen Bortrag über Martin Römer, der für Zwickaus, ja auch Crim mitschaus Geschichte von hervorragender Bedeutung ist. Römer, ein schlichter Handwerker aus Chemnitz, wurde 1475 geadelt, bedachte die Stadt Zwickau mit großen Vermächtnissen und hinterließ, als der reichste MeM Sachsens, bei seinem Tode acht Millionen Mark nach jetzigem Gelde. In der Marienkirche befindet sich noch sein Grabmal und seine Statue. Römer brachte den Zwickauer Berg- und Schneeberger Erzbergbau in Fluß. Das Geschlecht von Römer blüht noch heute. — In Corsdorf bei Wechselburg entleibte sich am Dienstag Vormittag der 21jährige Dienstknecht B. durch Erhängen. Der Grund der That ist noch nicht bekannt. — IN Wurzen entleibte sich am Donnerstag Nach mittag der Arbeiter Woltemann durch Erhängen im Sladtpark. Der Verstorbene hatte sich erst vor ca. 4 Wochen verheiratet. Durch flottes Leben war er in wirthschaftliche Bedrängniß gekommen. Atts dem Sachsenlande. — Ihre Majestäten der König und die Königin sind am Sonntag Nachmittag gegen 4 Uhr im Ver ein mit den Prinz Georg'schen Herrschaften aus Si- byllenort auf dem schlesischen Bahnhofe in Dresden eingetroffen. Während sich die König!. Majestäten un verzüglich nach Strehlen begaben, stieg Prinz Georg mit hoher Familie im PalaiS auf der Langestraße ab. — Vor 38 Jahren, 1851 zum sächsischen November- Bußtage, hatten wir den größten Schneefall, der in diesem Jahrhundert zu verzeichnen gewesen ist. Schon Tags vorher fielen so gewaltige Ichneemassen, daß an einzelnen Stellen Schneewehen über 6 Ellen Höhe lagen. Dresden hat dam üs über 100,000 Fuder Schnee aus der Stadt fahren lassen, was die Summe von 30,000 Thalern kostete. — Aus dem Erzgebirge schreibt man, daß Prof. Mitscherlig, der sich bereits durch sein Cellulose-Patent einen Namen gemacht hat, mit einer neuen Erfindung an die Oeffentlichkeit trete. Er erfand einen Stoff, „Holztuch" genannt, das aus den Pflanzenfasern des Holzes hergestellt wird. Wenn dieses Tuch vorläufig auch noch nicht zu Kleidungsstücken verwendet werden kann, so ist doch dessen Vervollkommnung nicht aus geschlossen und es dürfte wohl eine Zeit kommen, wo neben unseren Cellulosefabriken auch Holztuchwebereien entstehen. — Die Straßenbäume in Sachsen ergeben eine Obst- und Holznutzung, die sich nach Abzug des durch die Veräußerung entstandenen Aufwandes auf einen Betrag von nahezu 100,000 Mk. jährlich beziffert. In den drei letzten Jahren 1886, 1887 und 1888 wurden als Obsterlös 85,459 Mk., 86,623 Mk. und Hier war Alles zu ihrer Aufnahme vorbereitet ge wesen. Sie waren in das Haus gelangt, ohne von den übrigen Bewohnern desselben bemerkt zu werden, und für den Augenblick wenigstens befanden sie sich in vollkommener Sicherheit. Leo hatte, nachdem die Komödie mit dem Gefäng- nißwärter unter dessen eigenem Beistand glücklich in's Werk gesetzt worden war, das bezeichnete Fenster leicht gefunden, und trotz der draußen herrschenden Finster niß ohne Besinnen und auf's Gerathewohl den be freienden Sprung gewagt. Wie es Lydia in ihrem Briefchen vorausgesagt, war er auf dem weichen Grund angelangt, ohne den geringsten Schaden zu nehmen, und kaum hatte er den festen Boden unter seinen Füßen gefühlt, kaum hatte er den ersten tiefen Athemzug der so lange schmerzlich entbehrten freien Gottesluft ge- than, als sich zwei weiche Arme fest und innig um seine Schultern schlangen und eine wohlbekannte, süße Stimme dicht an seinem Ohre flüsterte: „Hab' Dank, < mein Freund! Tausend, tausend Dank! Und nun folge ! mir rasch und leise! Bleib' dicht an meiner Seite; ich s kenne die Oertlichkeit ganz genau! Nur hundert Schritte noch, ohne daß uns der Wachtposten sieht, und wir sind gerettet!" Ihre Hoffnung, die Aufmerksamkeit des Soldaten, welcher nicht mit ihnen im Einverständnisse war, und sich allen Versuchen der Bundesgenossen, ihn auf irgend eine unauffällige Weise von jener Stelle abzuziehen, durchaus unzugänglich gezeigt hatte, zu entgehen, hatte sich allerdings nicht erfüllt, und um ein Geringes wäre durch die Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue des Mannes das Gelingen des ganzen, mit so großer Sorgfalt angelegten Unternehmens noch im letzten Augenblick verhindert worden. Aber die tiefe Dunkel heit der sternlosen Nacht hatte sich als ein unerwar teter und desto mächtigerer Bundesgenosse erwiesen. Die nachgeschickte Kugel hatte ihr Ziel verfehlt, und ehe eine der Patrouillen sie erreichen konnte, hatten sie sich glücklich in dem rettenden Hause geborgen. ! Leo war in großer Erregung, nichts lag seiner gan- zen Natur so fern als feige Furcht; aber trotzdem i lief noch jetzt, wo jede unmittelbare Gefahr beseitigt - war, von Zeit zu Zeit ein nervöses Zittern über sei- i nen Körper. Umso weniger vermochte er die eisige Ruhe und die kühle Ueberlegung zu begreifen, mit welcher Lydia von den letzten Ereignissen sprach und die Pläne für die nächste Zukunft entwarf. Sie war i wohl noch etwas bleicher, als an dem Abend, an wel- ; chem Leo sie zuerst wiedergesehen hatte, und der herbe ! Zug in ihrem Gesicht hatte sich vielleicht noch um ein ! Geringes vertieft, aber diese nur für einen scharfen ! Beobachter wahrnehmbaren Kennzeichen waren auch die ! einzigen Spuren, welche jene furchtbaren Dinge in ihrem Aeußeren zurückgelassen hatten, und in ihren Worten war nicht das Geringste von den Nachwir- ' langen derselben zu bemerken. j Mit raschen und kurzen Zügen, als wollte sie auch ! ihm dadurch bemerklich machen, wie kostbar jede ein- ! zige Minute ihrer kaum wieder erlangten Freiheit sei, entwarf sie ihm eine Schilderung der Art, in welcher ihre eigene Flucht bewerkstelligt worden war. Dem nach war der eigentliche Leiter und Förderer derselben ein Gesinnungsgenosse gewesen, der im Justizdienste angestellt war und vermöge seines Berufes wie seines ziemlich hohen Ranges jederzeit ungehinderten Zutritt in die Gefängnisse hatte. Dieser hatte die Verbindung der Gefangenen mit ihren in Freiheit befindlichen Genossen vermittelt und ihm war auch die Ge winnung der beiden Gesängnißwärter zu verdanken gewesen, die sich durch das Versprechen einer nam haften Belohnung und einer vollen Straflosigkeit im Falle des Mißlingens hatten bestimmen lassen, die immerhin recht gefährlichen Helfershelferdienste zu leisten. (Fortsetzung folgt.)