Volltext Seite (XML)
die verwunderte Frage des jungen Mannes nach seiner Braut erzählte der Schmied den Vorgang vom Mit tag. „Dann laß mich wenigstens ein paar Worte mit ihr reden," bat Patrick. „Meinetwegen," war die Antwort. „Aber die Thür verschließe ich hinter Dich, damit sie nicht entwischt." Patrick stieg hinab, und es gab in dem engen Raum eine herzzerreißende Scene. Kate beschwor ihren Geliebten, wenigstens von dem Morde fern zu bleiben, olle seine Einwendungen wies sie zurück. Als nichts helfen wollte, hob sie die rechte Hand in die Höhe und rief: „Nun denn, so schwöre ich, tolgst Du dem Vater, so gebe ich ins Wasser!" — „Aber es ist ja nur ein Engländer!" rief Patrick. — „Deshalb bleibst Du doch ein Mörder!" Und endlich willigte er ein, ihr zu Willen zu sein. „Aber wir werden nie Mann und Frau werden!" — „Doch hoffe nur und vertraue!" Dollen hätte sich an Patrick fast vergriffen, als dieser plötzlich seine Theinahme an dem Vorhaben verweigerte. Er hörte nicht mehr auf die Worte des Bestürzten, er stieß ihn aus dem Hause, schlug die Thüren hinter sich zu und rannte in wahnsinniger Hast der Brücke zu. Und Wahnsinn fast war es auch, was seinen Körper durchbebte: er wollte das Werk nun allein vollbringen. Die Zeit war vorgerückt und sofort ging er an die Arbeit. Es war eine saure Mühe, aber endlich war der Brückenbelag gelöst. Da dröhnten aus der Ferne auch schon die Hufschläge von Chesterfields Gaul. Dem Allen rann der Schweiß von der Stirn, er wuchtete und hob an den schweren Balkcn, nun noch ein Ruck, dann war cs gut: aber im Uebereifer vergaß er die Vorsicht, der Balken rutschte ab und mit ihm stürzte der Attentäter unter entsetz lichem Schrei in die brausenden Finthen. Gewarnt durch diesen Schrei stieg der Kapitän vom Pferde, er sah die halbeingestürzte Brücke und galoppirte so fort zum Schloß zurück. Aber alle Hilfe war ver geblich und bei anbrechendem Morgen fand man auch den entseellen Körper des unversöhnlichen Feniers mit zerschlagenem Haupte. Man nahm einen Unfall an und berichtete ,o an die Behörden. Im Dorfe errieth man wohl die Wahrheit, sprach sie aber nicht aus. Kate hörte erschüttert den Bericht, als sie von Patrick befreit wurde; eine tnfe Trauer war gekommen, aber eine größere Sorge geschwunden. Nach einem Jahre standen Beide vor dem Altar. Berliner Tagesplauderei. Von Georg Paulsen. Nacht ruck verboten. - Wenn ich heute noch lebe, so verdanke ich das nicht meinem Hauswirthe und feinem Portier, sondern lediglich dem bischen Glück, das heute noch ein Mensch hat! Berlin ist gewiß eine schöne Stadt, in der es sich ganz gut wohnen läßt, aber in seinen Häusern giebt es eine ganz infame Einrichtung oder vielmehr Nichteinrichtung, in Folge deren man Hals und Beine brechen kann. Trotz der hohen Miethen sagt der Berliner Hauswirth in die sem Herbst mehr denn je: Sparen ist die erste Bürger pflicht, und sein Portier darf deshalb die Lampen resp. das Gas im Treppenflur abends nicht eher anzünden, bis es so stockdunkel ist, daß man nicht die Hand mehr vor den Augen sehen kann- Das geschieht fast überall, nicht blos in Miethskasernen, und diese Unsitte ist kein Ruhm für die Weltstadt. Kann's da Wunder nehmen, wenn man auf einer Treppe, mit deren Eigenheiten man noch nicht recht vertraut ist, und es giebt Treppen, die wahre Sturzwinkel bilden, einen Fehltritt im Dunklen thut und kopfüber hinabschießt? Alle Engel habe ich im Himmel singen hören! Die Geschichte ging noch gut ge nug ab, nur daß ich mich drei Tage vor Schmerzen im Bein nicht erheben konnte. Wer hat nun Schuld? Der Wirth? Das Unschuldskind wäre neulich beinahe selbst gefallen. Der Portier? Was kann der arme Mann da für, wenn der Zug die Flamme des Lampenanzünders verlöscht, er dann zu Hause gerade keine „Schweden" hat und erst zum Kaufmann muß? Schließlich muß man nur ganz still sein, sonst bekommt man noch allerlei Anzüglich keiten zu hören. So eine November-Dämmerstunde ist wirklich ganz nett; aber wenn man zur selben Zeit sich das Schienbein an den vermaledeiten Trcppenstufenkanten entzwei schlägt, dann ist das kein Plaisirvergnügen mehr- Es ist ein Trost für Unglückliche, Leidensgenoffen zu haben! So sagt der alte Lateiner, und das hab' ich auch gesagt. Der Mensch kann sich mitunter in der That freuen, wenn Andere Pech haben; hab's an mir selbst gemerkt, und bin doch sonsten kein schadenfroher Kerl. Also nebenan im Hause giebt es Feuer, einen ganz reputirlichen Brand, kein bloßes Glimmen im Schornstein. Alle Hände voll hatte die Feuerwehr im Laufe des Vormittags zu thun. Ich humple zum Fenster, es qualmt gewaltig. Aber wozu sich echauffiren? Höchstens brennen nebenan ein paar Etagen aus, schlimmer kann's nicht werden in Berlin, wenn nicht gerade besonders gefährliche Materialien vor handen sind, und das war hier nicht der Fall. Da giebt es aber in dem Zimmer unter dem meinigen Lärm. Ich wußte ja, dort war in der Nacht ein frischgebackenes junges Ehepaar cingeflogen, das, von einer zärtlichen Schwieger mutter behütet, jetzt Vormittags um 9 Uhr noch den Schlaf des Gerechten schlief. Als der Feuerlärm draußen begann, war der Schreck der aus einer kleinen Provinzial stadt stammenden Schwiegermama in die Glieder gefah ren. Herr Gott, nebenan Feuer, und die Kinder schlafen! Ich kann mir lebhaft die Angst der Besorgten vor stellen: Da rief es unten 'ganz laut, während an eine Zimmcrthür geklopft wird: „Hans, Elschen, auf- stehen, es brennt!" Ja, Hans und Elschen schliefen feste, denn der Weckruf wurde immer dringender; endlich ris- kirte Mama einen Faustschlag. Ein ärgerliches Ausfahren: „Zum Henker, was ist denn los!" — «Lieber Hans, es brennt ja!" — „Bei uns?" — „Nein!" — „Na, dann laß es weiter brennen!" — „Aber es ist ja dicht nebenan!" — „Meinetwegen, wenn mir nur nichts auf den Kopf fällt!" Jetzt rang die Schwiegermutter gewiß die Hände. Dann klang es heftig: „Dann schlaf'meinetwegen weiter. Aber mein Kind soll nicht solcher Gefahr ausgesetzt wer den. Elschen, Du kommst sofort zu mir!" Pause. „Aber Elscken, wo bleibst Du denn!" — „Ich, ich —, Mama, Hans hält mich fest!" — «Hans, ich bitte mir entschieden aus, die dummen Späße zu lassen!" fuhr es jetzt der Mutter heraus. „Es ist große Gefahr, ich verlange, daß meine Tochter zu mir kommt!" — „Ich bitte mir Ruhe in meinen vier Räumen," schrie der Schwiegersohn, „hier habe ich zu befehlen, und wem das nicht paßt, der macht die Thür von draußen zu- Verstanden!" — „Hans, Hans, wie kannst Du das der Mama sagen!" jammerte die junge Frau Dann ein Tbürknarren, herzbrechendes schluchzen: „O, Du unglückliches Kind!" — „Nun wird's mir aber zu bunt! Bist Du denn toll geworden?" Der junge Ehemann muß wohl in etwas zu starker Erregung aus dem Bette gesprungen sein, denn gleich darauf ein Klap pern, Knallen, Klirren, eine Wafferkaraffe mit Gläsern war vom Tische hcrabgeworfen, und in die Scherben trat der nackte Fuß — „Da haben wir die Bescheerung," klang es unten bedeutend milder. „Mama, er blutet!" — Dann tiefe Stille. Endlich wurde Lcinewand zerrissen, der Fuß wohl verbunden. „Ach Gott, Hans, solch' Malheur gleich am Tage nach unserer Hochzeit!" — „I, davon geht die Welt nicht unter," sagte der junge Ehemann schon wieder ziemlich gut gelaunt, „nur in der Stube werde ich ein paar Tage sitzen müssen " — „Ich verzeihe Dir, lieber Hans!" sagte Schwiegermamachen würdevoll. — „Warum ließest Du uns denn nicht schlafen!" antwortete Hans ärgerlich. — „Aber sieh' doch nur den Brand, das furcht bare Feuer!" — „Das kommt nicht zu uns!" — „Warum denn nicht?" — „Ja, siehst Du, Mamachen, wo eine Schwiegermutter ist, da brennt cs in Berlin nie!" — „Oho!" — „Ja, es ist so!" — „Warum denn?" — „Wo eine Schwiegermutter ist, ist es schon brennstrig genug." Durch Sturm und Wetter. Original-Roman von C. Meerfeld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Ihre Vermuthung, daß man nach Verhaftung des angeblichen Jchmanew von einer weiteren eingehenden Untersuchung der oberen Zimmer Abstand nehmen würde, ging vollständig in Erfüllung, denn die geheime Tapetenthür, die keineswegs mit so übergroßer Geschick lichkeit angebracht war, daß sie nicht bei Anwendung einiger Aufmerksamkeit hätte entdeckt werden müssen, war den Blicken der Beamten vollständig entgangen und der dahinter Verborgene war — für den Augen blick wenigstens — gerettet. Erst als er das untere Stockwerk erreicht hatte, sah Leo, daß es sich hier um einen förmlichen Ueberfall des ganzen Hauses gehandelt haben mußte, denn auf der D>ele befand sich noch eine ganze Schaar von Po lizist: n und in ihrer Mitte etwa ein halbes Dutzend anderer Gefangener, die Alle von demselben Alter und demselben Stande zu sein schienen, wie jener Wanja Jchmanew, an dessen Stelle er selbst verhaftet worden war. Als aber die Männer beiseite traten, um für ihn und seine Begleiter den Weg frei zu machen, da fiel sein Blick noch auf eine andere unheimliche Gruppe, auf ein Schauspiel, welches ihm das Blut in den Adern erstarren ließ. Mehrere Männer waren eben damit beschäftigt, einen leblosen Körper, um den man nachlässig ein großes, dunkles Tuch geschlungen hatte, auf einen Trag- korb zu legen, und da sie dabei nicht eben sorgsam zu Werke gingen, verschob sich ein Zipfel der mangelhaf ten Hülle und von dem Kopfe des Todten wurde so viel sichtbar, daß er ihn auf der Stelle erkannte. „Dimitri Petrowitsch!" schrie er in jähem Erschre cken auf, trotz seiner Fesseln zwei seiner Begleiter zur Seite drängend und sich neben dem Leichnam nieder- wersend. „Dimitri Petrowitsch! Armer, alter Mann! Ist es denn möglich, daß sie Dich ermordet haben?" Es war allerdings nicht daran zu zweifeln, daß der Tod des Greises ein gewaltsamer gewesen sei, denn an seiner Schläfe war die mit wenigem geronnenen Blut bedeckte Wunde sichtbar, welche die verhängnißoolle Revoloerkugel, die ihn gefällt, hervorgebracht hatte. Die scharfen Züge seines Gesichts, das schon während seines Daseins mehr das Antlitz einer Leiche als das eines lebendigen Menschen gewesen, waren häßlich ver zerrt, aber wie es schien, mehr von Haß und Wuth, als von Schmerz und den Qualen des Todeskampfcs. Die Augen, die noch tiefer in ihre Höhlen zurückge sunken waren, waren weit geöffnet, denn keiner von den Männern hatte daran gedacht, sie dem Sterbenden zuzudrücken. So bot der Leichnam des Mannes, den Leo vor kaum einer Stunde in voller Rüstigkeit und Kraft verlassen hatte, einen wahrhaft grauenvollen und erschütternden Anblick, und der erste Gedanke des jun gen Mannes, nachdem er sich von seiner niederschmet ternden Bestürzung wieder zu klarer Besinnung auf gerungen hatte, war der an Lydia und wie das Fürch terliche auf ihr zarteres, weibliches Gemüth wirken müsse. Hastig wandte er sich nach ihr um, denn er glaubte nichts Anderes, als daß sie unter der entsetz lichen Wucht des unerwarteten Schlages bewußtlos zu sammengebrochen sein müsse; aber zu seinem Erstaunen gewahrte er, daß sie hoch und aufrecht mitten auf der Stiege stand, die funkelnden thränenlosen Augen un verwandt auf das schreckliche Schauspiel geheftet, das sich da unten zeigte. Nur ihre rechte Hand hatte an dem Geländer der Treppe eine Stütze gesucht, während die Linke wieder in den Falten ihres Gewandes wühlte. Es waren einige Sekunden der tiefsten Stille eingetreten, jenes achtungsvollen Schweigens, welches selbst die rohesten Naturen im Angesicht des Todes zu beobachten pfle gen. Der unmittelbar hervorbrechende, heftige Schmerz Leo's hatte auf die Gemüther der russischen Polizisten, welche sonst doch an manche Szene des Jammers längst gewöhnt waren, einen tiefen Eindruck gemacht, und Keiner batte ihn zu verhindern versucht, an der Bahre des Todten demselben den letzten Tribut seiner Anhänglichkeit und Dankbarkeit für die einst erwiesenen Wohlthaten darzubringen. Auch auf Lydia, welche ja durch keinen Schrei und durch keine Bewegung ihren Schmerz oder auch nur ihre Ueberraschung zu erkennen gegeben hatte, hatten die Beamten nicht mehr geachtet, und so konnte es geschehen, daß sie plötzlich mit der Behendigkeit einer Katze über die Stiege herunterfloz und mit dem Aus ruf: „Du hast ihn ermordet, feiger Söldling! Dein Blut für das seine!" einen blitzenden Gegenstand, wel chen sie unbemerkt aus ihrem Kleide gezogen, gegen die Brust eines zweiten Polizeioffiziers schwang, welcher zu Häupten der Bahre stand und der offenbar der eigent liche Führer des ganzen Unternehmens war. Aber so schnell und geschickt auch immer ihr Angriff ausgeführt war, die Zahl der umher stehenden Personen war eine so große, als daß nicht eine oder zwei von ihnen das Gelingen des kühnen Handstreiches hätten verhindern können. Ein rascher Fuustschlag eines neben em Offizier stehenden Polizisten ließ die Hand mit der Waffe kraftlos niedersinken, noch ehe sie ihr Ziel getroffen hatte, und es bedurfte nur eines Zeitraums von wenigen Sekunden, um das tollkühne Mädchen gleich ihren früher verhafteten Gefährten wehrlos zu machen. Aber ihr wahnwitziges Vorgehen hatte die Wuth der Polizeibeamten gereizt und einer von ihnen vergaß sich so weit, ihr als Antwort auf eine höhnische Bemerkung, die sie dem vor ihrem Angriffe mit sichtlichem Erschre cken um einen Schritt zurückgewichenen Offizier ent gegenschleuderte, einen Schlag in's Gesicht zu versetzen, der sie halb betäubt rückwärts taumeln ließ. (Fortsetzung folgt.) Atts dem Sachfenlande. — Or. Hans Meyer aus Leipzig und Prof. L. Purtscheller haben nach einer am 29. October in Zanzibar angelangten Nachricht den Gipfel des Kili- mandscharo, des höchsten Berges Afrikas, erstiegen. Voraussichtlich wird nun die Durchforschung des we nig bekannten Kenia-Gebietes in Angriff genommen werden. — Herr Commerzienrath vr. Geitner in Schnee berg wurde von den dortigen städtischen Collegien an läßlich seiner vielen und großen Verdienste um die Stadt zu deren Ehrenbürger ernannt. Genannter Herr stiftete u. A. 100,000 Mk. für das neubegrün« dele Gymnasium zu Stipendien u. s. w. Ganz be sonders hat er sich aber das Wohl seiner Arbeiter an gelegen sein lassen. — Bei Meitze« wurde ein neues mächtiges Thon lager gefunden, dessen Thon im Brande schneeweiß werden soll und dadurch der dortigen Porzellanindustrie jedenfalls noch größere Ausdehnung verschaffen wird. — Infolge Nachforschungen im Dome zu Meitze« hat man an der Kanzel, sowie auf größeren und klei neren Wandflächen, unter mehrfacher Tünche versteckt, alte, zum Theil noch wohlerhaltene Malereien aufge sunden. Durch vorsichtiges Abwaschen ist nunmehr die einst übertünchte Kanzel in ihrer ursprünglichen Form und Ansehen wieder hergestellt worden. — Aus Lttgau wird vom 3. November geschrieben: Die außerordentlich starke Nachfrage nach Kohlen hat den Kohlenwerken die Frage nahe gelegt, auf welche Weise wohl die Förderung gesteigert werden könnte, doch wird sich dies ohne Verstärkung der Arbeitskräfte nicht erreichen lassen, und gerade dieses Mittel ist bei uns schwer anwendbar, da es immer noch an Arbeitern mangelt. Die Einführung solcher von auswärts (Handweber aus dem oberen Vogtlande) hat sich nicht bewährt. Im Abbau anders als rationell zu verfah ren, wird kein Werk mehr wagen; denn der früher von einem Oelsnitzer Werk betriebene Raubbau hat sich an demselben bitter gerächt. Und gerade bei den jetzigen Kohlenpreisen ist die Ausnutzung der schwachen Flötze oder der Verwerfungen noch rentabel, während solche bei niedrigen Kohlenpreisen stets Zubuße erfor dern. Das aber steigert das Vertrauen in die Koh- lenwerthe unseres Bezirkes, daß der Abbau nur nach allen Regeln der Technik erfolgt. In Westfalen soll gerade jetzt der Raubbau stark betrieben werden, um der regen Nachfrage nach Kohlen genügen zu können. — Der Forlbildungsschüler Adner in Breite«- bruuu bei Schwarzenberg wurde wegen Beleidigung des Lehrers zu 5 Monaten Gefängniß verurtheilt.