Volltext Seite (XML)
von Paris, Amalie, aus deren Ebe ein am 21. März 1887 geborener Sohn, der Kronprinz Louis Philipp, entsprossen ist. In den letzten Tagen seines Lebens befand sich der verstorbene König in Cascaes, wohin er gebracht war, weil man hoffte, daß die Einwirkung der See, die er von jeher sehr liebte, eine heilsame sein werde. Sein Befinden machte aber keine Fortschritte zur Besserung. Einen höchst ungünstigen Einfluß auf den König nahm die Kunde vom Tode seines Bruders August. Wäh rend in der Haupistadt die Nachricht von dem Tode des königlichen Prinzen bereits amtlich verlautbart war, verheimlichte man dem Könige die Trauerbotschaft noch vier Tage. Die Königin hatte es nicht gewagt, bei dem Zustande ihres Gemahls ibm eine so erschütternde Eröffnung zu machen. Um dem hohen Patienten, der seine Umgebung noch immer mit scharfer Aufmerksam keit beobachtete, den Tod seines Bruders zu verheim lichen, mußten die verschiedensten für die Ocffentlichkcit bestimmten Anordnungen getroffen werden. Während gemäß der angeordneten Landestrauer die Schiffe in allen portugiesischen Häfen mit der Flagge auf Halb- top einfuhren, mußten die in den Hafen von Cascaes ein fahrenden Schiffe die Flagge aufrichten. Der König hätte von seinem Krankengemache aus, das den Ausblick auf das Meer eröffnete, das „Halbtop" sofort bemerkt und auf den Tod seines von ihm sehr geliebten Bru ders geschlossen. Während der auf den Tod des Prin zen August folgenden vier Tage spielte auch die Mili tärmusik bei der Wacheablösung vor dem Fort zu Cascaes. All' dies geschah auf Geheiß der Königin, die den Patienten in Unkenntniß von der Landestrauer belassen wollte. Endlich mußte dem Könige die Mit- theilung vom Tode seines Bruders gemacht werden. Der Patient verfiel bald darauf in ein heftiges Fieber, welches ihm den Tod brachte. Nachmittags 1 Uhr verkündeten m Lissabon Kano nenschüsse von den Kriegsschiffen und der Festung, so wie Glockengeläute den Bewohnern der Hauptstadt das Ableben des Königs. Sämmtliche Läden und Magazine wurden sofort geschlossen. Die ganze Stadt legte Trauerschmuck an. Die Minister, der päpstliche Nun tius und die Hoswürdenträger umgaben das Kranken bett des Königs in seinen letzten Augenblicken. Die Königin, welche die letzten zwölf Stunden das Sterbe zimmer nicht verlaffen hatte, hielt die Hände ihres Gemahl bis zu dessen letzten Athemzuge zwischen den ihrigen. Die Leiche wird unter großem militärischem Pomp nach Lissabon übergeführt und dort öffentlich ausgebahrt werden. Das Ministerium überreichte dem neuen Könige Karl seine Entlassung. Der Monarch hat dieselbe abgelehnt und durch Proclamation alle Beamten in ihren Stellungen bestätigt. Die Trauer ist im ganzen Lande eine allgemeine. Die „Nordd. Allg. Ztg." widmet dem verstorbenen König die folgenden Zeilen: „Die Trauer des portu giesischen Volkes um diesen, seinem segensreichen Wirken leider so früh entrissenen Monarchen wird in den weitesten Kreisen getheilt werden, denn Liebe und Ver- Leuilleton. Durch Sturm und Wetter. Original-Roman von C. Meerfeld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Es lag für den Major viel Kränkendes in den äußerlich unter vollkommener Höflichkeit gesprochenen Worten, und zum ersten Male seit der Wiederbegeg nung mit dem alten Freunde hatte er die Empfin dung, daß sich ihre Denkweise und Lebensanschauung während der Jahre der Trennung doch recht erheblich von einander entfernt hätten, und daß vielleicht gar ein offener Bruch unvermeidlich werden würde, wenn sie sich in eine eingehendere Erörterung dieses Gegen standes einließen. Er unterdrückte darum seine Ge reiztheit und machte eine ausweichende Bemerkung, aus welcher immerhin hervorging, daß er die Sache am liebsten hiermit als erledigt ansähe. Der Graf war damit natürlich ebenfalls einver standen, und er sagte nur noch: „Du begreifst wohl, Kurt, daß wir Beide — mein Sohn und ich — un ter solchen Verhältnissen Deine Gastfreundschaft nicht gut länger in Anspruch nehmen können. Dem Jun gen wird es immerhin etwas nahe gehen, von einem solchen Rivalen verdrängt worden zu sein. Er ist an Niederlagen dieser Art eben nicht gewöhnt, und bei ftinem lebhaften Temperament würden Zusammenstöße peinlichster Art vielleicht unvermeidlich sein, wenn wir länger blieben." „Ich stelle es Dir frei, für unsere etwas überhastete Abreise Deiner Gattin und Deiner Nichte gegenüber einen Halbwegs plausiblen Vorwand zu finden — und ich halte es für beinahe überflüssig, hinzuzusügen, daß unsere persönlichen Beziehungen unverändert dieselben bleiben können." Daß die letztere Versicherung nichts als eine leere Förmlichkeit war, fühlte der Major sehr wohl, und ehrung hat der Verewigte überall zu erwecken gewußt, wo seins mit so vielen auszeichnenden Eigenschaften geschmückte Persönlichkeit dem öffentlichen Leben .näher getreten war. Im deutschen Reiche aber wird schon die aufrichtige, innige Freundschaft, welche den ent schlafenen Monarchen seit Jahren mit unserem Kaiser hause verbunden hat, sein Andenken treu und in Ehren bewahren lassen." PsMifche MimysHKn. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm und die Kaiserin Augusta Victoria sind Sonnabend Vormittag in dem italie nischen Königsschloß Monza angekommen und sehr herzlich empfangen worden. Alle besonderen Veran staltungen, die geplant waren, sind im Hinblick auf den Tod des Königs von Portugal, des Schwagers des Königs Humbert, aufgegeben. Montag Mittag reist das Kaiserpaar nach Genua, von wo die Ueber- fahrt »ach Athen auf dem deutschen Geschwader an getreten wird. Aus Monza wird weiter berichtet: Die Kaiserin Victoria Augusta ist von ihrer leichten Unpäßlichkeit völlig wiederhergestellt, verweilte am Sonn tage schon wieder im Kreise der Fürstlichkeiten und nahm an der Tafel theil. Das Wetter ist leider , schlecht, häufige Regenschauer verhindern weitere Aus« ! flüge. Die Abreise der Majestäten nach Genua ist ! definitiv auf heute Montag festgesetzt, König Humbert ! und Ministerpräsident Crispi fahren bis Genua mit. Sonnabend Abend hatten Crispi und Herbert Bis- marck eine lange politische Conferenz. In Folge Les ' Czarenbesuches scheint sich also so sacht eine neue diplo- ! malische Action anzuspinnen. Die Zeit ist günstig, i denn auch in Bulgarien ist man zur Versöhnung ge neigt, und wenn Rußland den Bogen nicht gar zu straff spannt, könnte wohl der bulgarischen Seeschlange der Garaus gemacht werden. Auf den präsumtiven württembergischen Thron folger, den Prinzen Wilhelm, wurde Sonntag Vor- i mittag auf der Fahrt zur Kirche in Stuttgart ein ! Attentat ausgeführt. Ein junger Mensch schoß in den offenen Wagen des Prinzen, die Kugel verletzte ! aber Niemand. Der Attentäter wurde sofort festge- ' nommen und zur Polizei gebracht. Das erste Verhör ! schon ergab, daß der Attentäter, ein gewisser Klaiber ! aus Ulm, an fixen Ideen leidet und direct geistes- ! gestört ist. Er sagt, er habe das Attentat verübt, ! weil es die höchste Zeit sei, daß Württemberg einen ' ! katholischen König bekomme. Klaiber, der sich schon längere Zeit in solcher Weise ausgesprochen haben soll, ! ohne daß es Jemandem auffiel, gehört einer Bürger- ! familie an. Er dürfte schließlich einer Irrenanstalt überwiesen werden. Was die Reden von einem katho lischen König betrifft, so liegen die Verhältnisse fol gendermaßen: Der (protestantische) König Karl ist kinderlos, der (gleichfalls protestantische) Prinz Wil helm besitzt nur eine Tochter. Würden aus seiner Ehe mit einer bückeburgischen Prinzessin keine Söhne mehr hervorgehen, so würde die württembergische Kö- I er dachte darum nicht im Entferntesten daran, den j Grafen von seinem Vorhaben einer sofortigen Abreise abzubringen. Ja, er hätte es sogar am liebsten gesehen, wenn jede weitere Begegnung zwischen ihm und dem jungen Brautpaare hätte vermieden werden können, ein Wunsch, dessen Erfüllung indessen leider durch die Schuld des Grafen Ernst vereitelt werden sollte. Dieser hatte gleich nach der Entfernung des Majors eine lange Unterredung mit seinem Papa gehabt, bei der es ziemlich erregt und lebhaft hergegangen war, und wenn Herr von Below hätte sehen können, mit einem wie aufgebrachten und zornigen Gesicht der Offi zier das Gemach des Grafen Arthur verließ, so würde er sich doch vielleicht einigen Besorgnissen hinsichtlich der zunächst bevorstehenden Ereignisse hingegeben haben. Die Dame des Hauses hatte sich nicht ganz so schnell mit der seltsamen Veränderung der Situation zurecht finden können, als ihr Gemahl, aber sie respek- tirte den einmal ausgesprochenen Willen desselben zu sehr und schätzte außerdem Leo zu hoch, als daß sie noch einen ernstlichen Widerspruch hätte erheben sollen. Zwar fehlte noch immer die amtliche Bestätigung da für, daß Manussi's Angaben auf Wahrheit beruhten; aber bei ihrer überraschenden Uebereinstimmung mit den Thatsachen, welche dem Grafen Reichenheim bekannt geworden waren, und mit Rücksicht auf Leo's eigene Erinnerungen konnte Niemand mehr an ihrer Richtig keit irgend welche Zweifel hegen. Der Major betrachtete die Verfechtung von Leo's Ansprüchen ganz als seine eigene Angelegenheit, und er hatte schon in aller Frühe an seinen Sachwalter und an den Gemeindevorstand des hannover'schen Städt chens L . . . . w geschrieben, in dessen Kirche nach Manussi's Angaben Ewald v. Prosky's Vermählung mit Andrea Salvini und die Taufe ihres Kindes statt- gefunden haben sollte. Am Wenigsten aufgeregt schien vielleicht noch der nigskrone allerdings der katholischen Linie der Herzoge von Württemberg zufallen. Das mit dem Petersburger Auswärtigen Ministerium engverbundene Journal „Nord" schreibt, die letzte Kaiserbegegnung habe unter Bedingungen stattge habt, welche auf unentwegte Erhaltung der freund schaftlichen Beziehungen der Herrscherhäuser Preußens und Rußlands schließen ließen. Der herzliche Empfang des Czaren lasse über den befriedigenden Zustand der beiderseitigen Beziehungen keinen Zweifel mehr. Die Zusammenkunft werde auch praktische Folgen haben, eine aufrichtige Annäherung zum Zweck der Erhaltung des allgemeinen Friedens. In derselben Sache wird der Köln. Ztg. ans Berlin geschrieben: Zu den be- deulsamen und erfreulichen Ergebnissen des Czarenbe suches wird in volitischen Kreisen gerechnet, daß die Umgebung des Czaren in Folge der stattgehabten Ge spräche und sonstiger Wahrnehmungen erkannt habe, wie unbegründet die vielfach in Petersburg verbreitete Vorstellung von einer in Deutschland vorhandenen Kriegspartei war. Auch die Begleiter des Czaren haben die Uebcrzeugung erlangt, daß Deutschland mit seinen Bundesgenossen nur auf den Frieden bedacht ist, was zur Klärung der Lage nur beitragen kann. Die Kenntnißnahme von der neulichen Friedensrede des Grafen Waldersee Hal gewiß ihrerseits die günstige Auffassung einer übersehbaren Zukunft befestigt." Der Reichskanzler wird bereits am 25. d. zur Theilnahme an den Verhandlungen des Bundesrathes und des Reichstages aus Friedrichsruhe wieder in Berlin erwartet. Vorher dürfte der österreichische Minister des Auswärtigen, Graf Kalnoky, Fürst Bis marck noch einen Besuch abstatten, um mit diesem über die durch den Czarenbesuch geschaffene Lage sich auszusprechen. Vor der Abreise des Kaisers ist noch die Eröff nungsrede für den Reichstag festgestellt worden. Die einzelnen Fractionsvorstände haben sich bemüht, die Mitglieder zu zahlreichem Erscheinen aufzufordern, damit die Beschlußfähigkeit von vornherein gesichert sei. Mehrere Parteien treten bereits heute Abend zu sammen. Nach der ersten formellen Sitzung am Diens tag wird Mittwoch die Präsidentenwahl durch Accla- mation stattfinden. Einige Tage später beginnt dann die erste Berathung des Reichshaushaltcs. Freiherr von Schorlemer hat sein Schreiben, worin er seinen Wählern die Niederlegung seines Man dats anzeigt, einer größeren Zahl von Cenlrums- Blättern zugehcn lassen. Darunter befand sich bezeich nender Weise die Berliner „Germania", die als Or gan des Herrn Windthorst gilt, nicht. Die Sociatdemokraten haben für die nächsten Reichstagswahlen bereits 123 Candidaten aufge stellt. Im Ganzen dürften 150 socialistische Candi daten herauskommen. Oenerreirr-Nngorn. Kaiser Franz Joseph ist bei seiner Gemahlin in Meran angekommen und sehr herzlich empfangen. Graf Katnockp wird demnächst infolge einer Ein junge Mann selbst, der aus einem Heimatlosen, einem halb Geächteten gleichsam über Nacht zum Erben eines vornehmen Namens und eines — aller Voraussicht nach sehr bedeutenden — Vermögens geworden war. Die Erinnerung an die düsteren Lebensschicksale seines Vaters, und vor Allem an das schändliche, heimtückische Verbrechen, dem er in der Bluths seiner Mannesjahre zum Opfer gefallen war, erfüllte ihn mitten in all' seinem Glück mit einem tiefen Ernste, welchen seine Umgebung vollkommen begriff und respektirte. Während des Vormittags hatte Leo in Erna's Be gleitung einen langen Spaziergang durch den Park unternommen, auf welchem sie ihre junge Seligkeit in traulichem, unbelauschtem Geplauder voll ausgekostet halten. Eine unangenehme Störung dabei war ihnen nur die flüchtige Begegnung mit dem Grafen Ernst Reichenheim gewesen, der ebenfalls eine einsame Pro menade zu machen schien, und dessen Art zu grüßen für das junge Paar in hohem Grade verletzend war. Er hatte sich zwar vor Erna mit kühler und gemes sener Höflichkeit verbeugt, aber er hatte Leo nur mit einem oberflächlichen, beinahe verächtlichen Blick gestreift und dabei für einen Moment so spöttisch gelächelt, daß nur die Rücksicht auf Erna Leo abhalten konnte, ihn sofort zur Rede zu stellen. Der junge Graf machte keinen Versuch, das Paar anzureden oder gar sich ihnen auf dem weiteren Wege durch den Park an zuschließen. Er trat vielmehr zur Seite, ließ sie an sich vorübergehen und schritt dann in entgegengesetzter Richtung weiter. Erna, der das rücksichtslose Benehmen des Grafen ebensowenig entgangen war, als der Aus- druck des Unwillens auf dem Antlitz ihres Verlobten, beschwor ihn inständig, keinen Streit mit dem Offizier zu suchen, und die Provokation, welche vielleicht in seinem unhöflichen Auftreten zu suchen gewesen war, unbeachtet zu lassen. (Fortsetzung folgt.)