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wagen des Chemnitzer Zuges aber beschädigt wurden. Personen wurden nicht verletzt. Aus dem SachseRlEde. — Von der Vorzüglichkeit unserer sächsischen Finanz verwaltung legt der staatliche Rechenschaftsbericht auf die Jahre 1886 und 1887 auf's Neue beredtes Zeug- niß ab. Es sind hiernach beim ordentlichen Budget ca. 6 Millionen Mark und beim außerordentlichen Budget ca. 5 Millionen Mark Ersparniß erzielt wor den. Annähernd günstige Ergebnisse lassen auch die Jahre 1888 und 1889 erwarten, trotz des namhaften Aufwandes, welcher anläßlich der Wettinfeier und der vorgekommenen Ueberschwemmungen entstehen wird. Dieser günstigen Finanzlage ungeachtet sind in dem vou der Regierung kürzlich aufgestellten Staatshaus haltplan auf die Jahre 1890/91 allgemeine Besol dungserhöhungen für die Staatsbeamten nicht vorge sehen worden, weil die Gehaltsverhältnisse der Beamten in verschiedenen anderen deutschen Bundesstaaten noch ungünstigere sind, als die der Königl. Sächs. Staats diener. Nur für die Unterbeamten in den niedrigsten Gehaltsklassen soll von der Ständeversammlung eine Theuerungszulage in Höhe von 5 Proc. des jetzigen Einkommens gefordert werden. — Zum Besuche der vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule in Charlottenburg ist eine Anzahl Artillerie- und Pionieroffiziere des königl. sächsischen Armeecorps dahin commandirt worden und hat sich zu Beginn des neuen Kursus am Sonnabend nach Berlin begeben. — Im Mülsengrund wird eine Petition an den Landtag vorbereitet, in welcher um Fortführung der setzt bis Ortmannsdorf gehenden Secundärbahn bis zum Oelsnitzer Kohlenrevier und bez. bis Chemnitz gebeten wird. — Den Besuchern der am 4., 5. und 6. October in Dresden statlfindenden 50jährigen Jubiläumsfeier des Königl. Sächsischen stenographischen Instituts wird an den Fahrkartenschaltern der sächsischen Staatseiscn- bahnen vom 3. October ab eine Fahrvergünstigung dergestalt gewährt, daß denselben auf einfache Fahr- larten (Tourbillets) freie Rückfahrt in allen Personen- zügen (Schnellzüge ausgeschlossen) bis mit 7. October gewährt wird. Als Ausweis dem Billeteur gegenüber gilt die Festkarte. — Eine Schwindelfirma war das im Frühjahr d. I. aufgehobene „Allgemeine Philantropische Arbeits- Bureau" in Leipzig, errichtet von der unverehelichten Josefa Schiele aus Pfaffenhofen und dem Agenten August Adolf Hochhäußler aus Schweidnitz, als Dritter im Bunde figurirt der Kaufmann Hermann Robert Gentzsch aus Glauchau. Gegen diese drei Personen "verhandelte in zweitägiger Sitzung (Mittwoch und Donnerstag) die zweite Strafkammer des Königlichen Landgerichts Leipzig und verurtheilte die Schiele und Hochhäußler zu je 2 Jahren 9 Monaten, Gentzsch zu 40 Monaten Gefängniß. Die Angeklagten hatten in einer Mehrzahl von Fällen (8 vollendete und 24 ver suchte) sogen. Kreditbetrug geübt, indem sie durch In serate Kassirer, Commanditisten rc. mit Kaution such- -ten. Sie fanden auch Leute und brachte ihnen der Kautionsschwindel gegen 9000 Mark ein. Außerdem hatte Hochhäußler 1760 Mark von ihm für die Krankenkasse „Schutz und Trutz" in Dresden verein nahmte Gelder unterschlagen und in seinem Nutzen verwendet. — Der LandtagScandidat der deutschfreisinnigen Partei in Chemnitz, Director Körner, ist von der Eandidatur zurückgelreten. — In Chemnitz tagt seit 29. September die 8. Hauptversammlung des allgemeinen sächsischen Lehrer vereins. Aus diesem Anlaß war im Gebäude der höheren Knabenschule, neue Dresdnerstraße, eine Aus stellung von Lehrmitteln verunstaltet worden, an welche sich einige Sonderausstellungen in der Fortbildungs schule (Lehrmittel für deutsche Sprache mit VolkSwirlh- schaftslehre und Gesetzeskunde, Rechnen und Zeichnen), ferner im Kindergärlnerinnen-Seminar (Gegenstände aus dem Kindergarten) anichließcn. Sonntag Abend wurde die Delegirtenversammlung durch den Vorsitzenden des allgemeinen sächsischen Lehrervereins, Herr Schul- director Gläsche-Dresden, eröffnet. Aus Waldenburg und Umgegend waren anwesend: die Herren Fritzsche- Waldenburg, Hanschmann-Waldenburg, Mehr, Cant, vm. Waldenburg, Müller-Oberwiera, Schubert-Alt- stadtwaldenburg, Uhlig-Waldenburg. Nach dem Cassen- bericht des Herrn Schunack-Zwickau ist zur Zeit ein Baarvermögen von 5420 Mk. vorhanden. Nach län gerer Aussprache einigte man sich zu folgender Tages ordnung für die Hauptversammlungen: Montag: 1. Vortrag des Herrn Director Gesell-Chemnitz: „Zur Frage nach der Entwickelung der sächsischen Volksschule in dem Zeiträume von 1864 bis 1889". 2. Vortrag des Herrn Director Kleinert- Dresden: „Die Nothwendigkeit des französischen Un terrichts in den Seminaren." Dienstag: 1. Vortrag des Herrn Director Pache-Lindenau: „Die wirthschaft- liche Ausbildung der Mädchen." 2. Vortrag des Herrn Lehrer Beyer-Leipzig: „Pestalozzi unser sittliches Ideal." Nebenversammlungen am Dienstag: 1. Vor trag des Herrn Lehrer Hauff Tharandt: „Ueber die ursprüngliche Befähigung und allgemeine geistige Aus bildung des Menschen." 2. Vorführung des Kö- nig'schen Kartenständers; Lehrer Krause-Dresden. Montag Nachmittag ^/r2 Uhr fand in dem prächtig geschmückten Saale der „Eintracht" unter starker Theil- nahme das Festmahl statt. — Die Tuchfabrikation, die in Crimmitschau Hunderte von Arbeitern beschäftigt, hat durch den flot ten Geschäftsgang der Leipziger Messe einen neuen Aufschwung erhalten, der sich recht fühlbar macht. Im vergangenen Jahre, wo die glatten Kammgarn stoffe auch für Herrenanzüge lebhaft begehrt waren, hatten mehrere Crimmitschauer Tuchfabrikanten sich auf die Herstellung solcher Stoffe gelegt, um die Wünsche ihrer Kunden zu befriedigen; aber während der Messe in Leipzig ist die Nachfrage nach solchen glatten Kamm garnstoffen nicht so bedeutend gewesen wie früher,. was für die dortige Industrie großen Vorlheil bringt. Crimmitschauer Tuchwaaren werden jetzt überall gern gekauft. Die Vigognelpinnereien haben in Folge des flotteren Geschäftsganges in der Wirkwaarenindustrie auch flott zu thun. — Im Zittauer Armenhause verschied dieser Tage in dem hohen Alter von 85 Jahren der frühere Oberamts-Regierungs-Advokat Finger, eine ehedem vielgenannte, dann aber in ihren inneren und äußeren Verhältnissen zerrüttete Persönlichkeit. — Ziemliches Aufsehen erregt in Seifhennersdorf das Verschwinden eines Restaurateurs, der erst seit wenigen Monaten verheiratet und daselbst ansässig war. Nach Contrahirung eines nicht unbedeutenden Postens Schulden hat derselbe sein Besitzthum, soweit sich das selbe nicht zu Geld machen ließ, ganz plötzlich mit seiner Frau verlassen, ohne daß bis jetzt bekannt ge worden, wohin sich das Paar gewendet hat. — Am vergangenen Donnerstag Nachmittag er hängte sich der 11jährige Sohn des Gutsbesitzers Wilhelm Eulitz in Erlau auf dem Seitengebäude seiner Ellern. Was den Knaben zu diesem Schritt veranlaßt hat, ist unbekannt. — Der Schule zu Hartmannsdorf bei Burgstädt sind in Anbetracht der bedeutenden Kosten, welche der Neubau der Schule veranlaßt, zur Unterhaltung des Schulwesens vom Kultusministerium jährlich 1200 Mark auf die Dauer von 5 Jahren bewilligt worden. — Die Stadt Groitzsch beabsichtigt, ein neues schönes Rathhaus zu bauen und damit im nächsten Frühjahr zu beginnen. — Eine in diesen Tagen vom Stadtrathe zu Oelsnitz vorgenommene Zählung hat ergeben, daß die Einwohner zahl der Stadt Oelsnitz auf über 8500 angewachsen ist. — Julius von Eichel schenkte der Stadt Eisenach 300,000 Mk. zu mildthätigen und Verschönerungs- zwccken. — In St. Egidien ist in der Nacht zum Sonn tag gegen 12 Uhr das zur Vogel'schen Ziegelei gehörige Wohnhaus abgebrannt. Entstehungsursache unbekannt. — Die in Altenburg seit ca. 2 Jahren unter dem Titel „Altenburger Nachrichten" erschienene täg liche Zeitung ist mit Ende September eingegangen. Vermischtes. Fürst Bismarck in Friedrichsruhe. Dem ..Grenzboten" entnehmen wir folgende Mitthcilungen eines Mannes, der einige Zeit Gast beim Reichskanzler in Friedrichsruhe war: Das körperliche Befinden des Fürsten war in den letzten drei Jahren, besonders 1888, unvergleichlich viel besser, als früher, namentlich besser, als im Herbste 1883, wo der Kanzler nach Anwei sung seines Arztes sich mancherlei bei Tische versagen mußte und nicht nur das früher eifrig gesuchte Jagd vergnügen, sondern auch länger dauernde Spazierritte im Freien und namentlich das Ausreiten aufgegeben hatte. Jetzt braucht er sich, so viel uns bekannt ist, in keiner Beziehung mehr Zwang anzuthun, sich bei der Tafel an Gerichten wenig oder nichts mehr zu versagen und sich auch im Genüsse dessen, was sein Keller bietet, keine Beschränkungen mehr aufzulegen, wie in der bösen Zeit vorher, wo ihm neben einem hartnäckigen, verstimmenden Magenleiden auch schmerz hafteste Neuralgie und Schlaflosigkeit eine Zeit lang fast ohne Unterlaß schlimme Tage und Nächte bereite ten und ihm auch in seinen Urlaub und in seine Sommerfrische folgten. Das Magenleiden scheint to tal gehoben zu sein, Ler quälende Gesichtsschmerz tritt viel seltener, als früher auf und der Schlaf flieht sein Bett nicht mehr so beharrlich, wie damals, wo er ihm oft erst mit dem Morgengrauen die Augen schloß. Die alljährlich sich wiederholenden Reisen zur Trink- cur nach Kissingen und nach dem Gasteiner Bade sind nicht mehr nöthig. Der Kanzler macht häufig Aus flüge zu Fuß, wobei sein Pensum 50^0 Schritte ist. Auch der Sattel wird wieder bestiegen, und zwar zu Ritten, die stundenlang dauern. Wenn der Kanzler in die Ferien geht, so geschieht es, um sich in grüner Einsamkeit zu erholen, sich wieder einmal als Land- edelmann zu fühlen und täglich die Waldesstille auf zusuchen, wo man nur den Specht hört. Ganz frei lich gelingt ihm diese Jsolirung nie, weder in Fried richsruhe, noch in Varzin. Die Welt folgt ihm auf den Eisenbahnschienen und auf den Telegraphendrähten nach, denn sie bedarf seiner, auch wenn er ihrer nicht bedarf. Sie kommt zu ihm in Briefcouverts und Actenbündeln und in Gestalt von Besuchen, heimischen und fremden Ministern, Botschaftern, Gesandten und Räthen, die alle mehr oder minder wichtige Fragen und Berichte bringen. Es giebt also zu jeder Zeit Geschäfte und Arbeit, nicht so viel, namentlich nicht eine solche Last kleinen Gemüses, wie in Berlin, aber immerhin mehr als genug. Zur Erledigung werden als Gehilfen der oberste Expedient der Reichscanzlei, Geheimräth von Rottenburg, und ein Secretär mit genommen, die oft reichlich zu thun haben. Und was das große Reich nicht von Arbeitskraft bean sprucht, verlangt mit seinen Bedürfnissen, festen Schöpfungen, seinen Sorgen das kleine Reich der fürstlichen Besitzungen und hier zunächst dessen Provinz im Amte Schwarzenbeck, wo Oberför ster Lange mit Fleiß und Würde als erster Mini ster waltet. Die tägliche Ordnung im Leben des Reichskanzlers hat in Friedrichsruhe, wie in Varzin etwa folgenden Gang: Früharbeit am Schreibtische, dann bei gutem Wetter ein Gang oder ein Ritt, wohl auch ein Ausflug zu Wagen in die Nachbarschaft, wo meist gute, auch chausseeartige Wege sind. Hierauf folgt das zweite Frühstück mit der Familie, Rotten burg, dem Sekretär und den etwa eingetroffenen Gä sten, das um 1 Uhr mittags beginnt und während dessen der Reichskanzler die Eingänge, welche Post und Telegraphie gebracht haben, liest und Rottenburg Wei sungen darüber ertheilt, wie sie zu erledigen sind. Dann verschwindet der Fürst wieder nach seinem Ar beitszimmer, bisweilen schließt sich daran ein zweiter Ausgang, allein oder mit einem Gaste. Um 7 Uhr folgt das Diner, worauf im Nebenzimmer der Kaffee eingenommen wird und die Gäste eine Cigarre rauchen, während der Fürst sich auf ein kleines Sopha hinter dem Tisch mit den Lampen zurückzieht, und zu einer der drei langen Pfeifen greift, die hier für ihn bereit stehen und deren Köpfe mit Varinas gefüllt sind. An der Unterhaltung der Uebrigen, die meist flüsternd geführt wird, nimmt er keinen oder nur geringen An theil; er liest Zeitungen, darunter die größeren Ham burger Blätter. Nach einer Stunde entfernt er sich. Zum Thee, der um zehn Uhr getrunken wird, erscheint er nicht, wohl weil er zeitig zur Ruhe geht. Allerlei. In einem Kasernenschuppen in Krotoschin eixplodirten 5000 Patronen. Ein Gefreiter ist schwer verletzt, der Schuppen total zerstört. — Der auf Be fehl des Kaisers angefertigte Denkstein für den am 14. August d. I. vom Blitze im Berliner Thiergar ten erschlagenen Ulan Wille ist unmittelbar am Fuße des Baumes, von welchem der Blitzstrahl absprang, ausgestellt. Der Baum befindet sich, als zweiter hin ter dem Zelt Nr. 1, zwischen Reit- und Fahrweg. Der Stein ist ein rothbrauner, feldsteinförmiger Gra nit, in dessen Mitte eine runde Platte ausgeschliffen ist, welche in goldenen, in den Stein gemeißelten Buch staben die Inschrift trägt: „Im Königlichen Dienst fand hier am 14. 8. 89 den Tod durch Blitzschlag der Gefreite Wille vom 2. Garde-Ulanen-Regiment." — Berlin ist jetzt Anderthalb-Millionenstadt. Am 14. September hatte es laut amtlicher Statistfl 1,499,895 Einwohner. Nach der erfahrungsmäßigen Zunahme dürften inzwischen die anderthalb Millionen reichlich voll geworden sein. — In München bra- chen Diebe in einen Juwelierladen ein und stahlen für 12,000 Mark Pretiosen und 700 Mark baar. — Laut Nachrichten aus dem im Brandenburgischen lie genden Dorfe Reppeinchen schlug bei einem dort am vorigen Freitag Nachmittag niedergegangenen Gewitter der Blitz in eine auf dem Felde weidende Schaf herde, wodurch der Schäfer, sein Hund und die ganze Herde betäubt und 18 Schafe todt niedergestreckt wur den. — Die deutschen Vorschußvereine, System Schulze-Delitzsch, erhielten am 29. September bei der Preisvertheilung der Pariser Weltausstellung den großen Preis. — In der Nacht zum Montag fand im Tun nel zwischen Ariano und Ptanerottlo ein Zusammen stoß zweier Personenzüge von Neapel und Togglia statt. Eine große Anzahl Waggons wurde zertrüm mert; Lie Zahl der Verunglückten ist unbekannt. Die Behörden begaben sich unverzüglich nach dem Schau platz des Unfalls. Die Ucberlandpost mußte ihren Abgang verzögern. Kunst und Literatur. Deutsches Dichterheim, Organ für Dichtkunst und Kri tik. HerauSgegeben von Paul Heinze in Dre-den-Striesen. Die soeben erschienene Nr. 2 vom 10. Jahrgangs dieser Zeitschrift zeichnet sich gleichsalls wieder durch die Reich haltigkeit und Vielseitigkeit ihres Inhaltes auS; sie enthält: Gedichte von Hieronymus Lorm, Otto Schlotke, Camill Weis kopf, Otto Breitenhof, Wilhelm Meyn, Charles Wickerts,