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auch in Ostdeutschland neue militärische Bahnen herzu stellen ! Von der deutschen Reichsregierung sind vier neue i Panzerschiffe von je 10,000 Tonnen Inhalt zum ' Bau vergeben worden. Je eins werden auf den kaiser- j lichen Werften von Kiel und Wilhelmshaven und zwei i auf der Vulkanwerft zu Stettin gebaut. Ueber den bevorstehenden Besuch des deutschen i Kaiserpaares in dem italienischen Schlosse Monza ! wird aus Mailand berichtet: Am 14. Oclober kom- ! men der Kaiser und die Kaiserin hier an und werden < sich mit ihrem Gefolge zwei bis drei Tage in Monza - aufhalten und hierauf via Genua nach dem Süden reisen. Im Schlosse zu Monza haben bereits groß- s artige Vorbereitungen begonnen. Die für die deutschen ' Gäste bestimmten Gemächer werden eben restaurirt - und bedeutende Mailänder Firmen sind mit der luxuriö sen Ausstattung betraut worden. Auch aus Venedig sind eigens Künstler und Industrielle berufen worden, um an den Reftaurirungs-Arbciten Theil zu nehmen. Mehr als dreihundert Arbeiter sind im Schlosse be schäftigt, für den Kaiser wird ein eigenes Arbeitsge- mach eingerichtet, von welchem man die Aussicht auf der einen Seite in den Park, auf der anderen Seite in den Garten der Villa genießt. Auch auf dem ! Comersee, in der dem Herzoge Viskonti di Modrone ! gehörigen Billa d'Olmo, werden Vorbereitungen zum i Empfange der deutschen Gäste getroffen. Der an und - für sich schon glänzend ausgestattete Palast wird eben- f falls restaurirt und es wird sogar eine Brücke gebaut, um die Villa in directe Verbindung mit dem See zu s setzen. Die Aushebung der Küstenblockade in Ost- afrika steht thatsächlich unmittelbar bevor. Der ? deutsche Reichscommiffar hat im Küstengebiet selbst Ordnung geschaffen, und nachdem der Sultan von j Zanzibar die Durchsuchung aller arabischen Fahrzeugs, ' sowie die Befreiung der in Zukunft anzukaufenden s Sklaven zugestanden hat, ist die Blockade überflüssig s geworden. Unsere deutschen Seeleute werden die Ordre, s welche die Aufhebung bestimmt, mit Freuden begrüßen, i sie haben reichlich Arbeit gehabt, und es ist hoch an- , zuerkennen, wenn sie sich dem strapaziös» und auf reibenden Dienst mit nimmermüdem Eifer unterzogen habe». t Aus Danzig geht die Meldung ein, daß diese Stadt i der Sitz des Commandos des neu zu bildenden Armee- s corps an der deutschen Ostgrenze sein wird. Auch im Reichsamt des Innern macht sich, gerade ' wie im Auswärtigen Amt, eine Erhöhung der Be- ! amten in Folge wachsender Arbeit nöthig. Außer- - dem soll eine Abtheilung ganz neu geschaffen werden, ! Die bayerische Regierung will ebenfalls ein eige nes Gesandtschaftsgebäude erwerben in Berlin. Für den Ankauf sind eine Million Mark vorgesehen. Von Hauptmann Wißmann's Zug nach Inner- Afrika ist eine neue Meldung cingegangen: Ter Reichscommiffar hat bei einer zur Sicherung der j Karawanenstraße unternommenen Rekognoscirung, vier ' Feuilleton. -> Durch Sturm und Wetter. Original-Roman von C. Meerfeld. Nachdruck »erboten. s (Fortsetzung.) Leo hatte seinen Jnspectionsgang beendet und wandte sich langsam zum Heimweg. Er wählte dafür die breite Landstraße, welche das Rittergut durchschnitt, - weil er sicher war, hier nur selten einem Menschen i zu begegnen und weil ihm jedes Menschenantlitz in s seiner gegenwärtigen Stimmung eine peinliche Empfin- j düng verursachte. Kaum hatte er wenige hundert Schritte auf dem ge- raden Wege zurückgelegt, als seine Aufmerksamkeit durch s die Gestalt eines Mannes gefesselt wurde, der in ge- ' ringer Entfernung von ihm dahinging, oder vielmehr dahinwankte; denn er taumelte so stark, daß ihn Leo j für einen Betrunkenen hielt — eine Annahme, welche überdies durch das vagabundenhafts Aussehen des Men schen vollauf bestätigt zu werden schien. Er mochte wohl ehedem von großer, ja herkulischer Gestalt gewesen sein, aber der riesige Körper war jetzt gar kläglich zusammengesunken und seine Glieder schlot terten, als habe er jede Herrschaft über sie verloren. Nun vermochte nichts Anderes Leo mit gleichem Ab scheu zu erfüllen, als der Anblick eines sinnlos Be rauschten, und er beschleunigte darum seine Schritte lediglich zu dem Zwecke, den Menschen schnell zu über holen und dadurch des häßlichen Schauspiels ledig zu werden. Als er aber näher kam, vernahm er ein dum pfes, röchelndes Stöhnen, das aus der Brust des schein bar Betrunkenen kam, und in dem nämlichen Augen blicke, in welchem er ihn erreichte, griff der Mann mit beiden Armen in die leere Luft und fiel dann mit einem schmerzlichen Aufschrei schwer zu Boden. Jetzt kam Leo doch die Befürchtung, daß er einen Erkrankten vor sich haben könne, und er trat rasch Tagereisen von Bagamoyo, zwei Lager aufständi scher Araber total zerstört. Darauf hat der Reichscommiffar seinen Marsch auf Mpwapwa fort gesetzt. Die Milderungen des Schweineeinfuhrverbotes durch Gestattung der Einfuhr ungarischer Fettschweine nach den Schlachthäusern zu Ratibor und Gleiwitz haben ! eine Minderung der Fleischpreise im oberschlesischen t Jndustriebezirk zur Folge gehabt. Wer der polnischen ! Grenze nahe genug wohnt, geht aber doch noch Tag für Tag nach Rußland und holt sich von dort kleine > Fleischmengen, die bis zu 4 Pfund zollfrei sind, f Namentlich wird das in Laurahülte bemerkt, von wo s an einem Tage 493 Personen, um ihren Fleischbedarf zu decken, über die Grenze gegangen sind. i Der Besuch des russischen Kaisers in Berlin . ist abermals vertagt worden. Und doch war dies- ° mal versichert worden, der russische Thronfolger selbst ; habe dem deutschen Kaiser ein Handschreiben seines s Vaters nach Hannover überbracht und den Besuch desselben angemeldet. Angesichts des sich immer wie- s derholenden Aufschubs der Czarenreise kann man sich - kaum noch des E ndrucks erwehren, daß diplomatische ! Verhandlungen zwischen den Kabinetten von Berlin z und Petersburg schweben, deren Abschluß immer wie- s der auf Schwierigkeiten stößt und deren Scheitern auch s die Reisepläne des russischen Kaisers beeinflußt. Schweiz. ! Für das Begehren der Socialdemokraten nach einer Volksabstimmung über das Bundesgesetz, betreffend die Anstellung eines Bundesanmalts, ist die verfassungS- i mäßig erforderliche Zahl von 30,000 Unterschriften j nicht zufammengekommen. Mau rechnet auf höchstens 25,000 Unterschriften. Frankreich. Mehrere Pariser Blätter bezeichnen als zutreffend, > daß in Boulangers luxuriösem Londoner Haushalt : sich Geldmangel einzustellen beginnt, und der Ge- - neral demzufolge an Einschränkungen denken muß. Wenn diese Mittheilung sich bewahrheitet, so würde sie dem Boulangismus in Paris ungemein schaden, denn für den Pariser giebt es nichts weniger Unbe deutendes, als einen Mann ohne Mittel. An große s Erfolge bei den Stichwahlen glauben auch die Bou- langisten selbst nicht. Die Republikaner bewahren noch - dazu eine sehr lobenswerthe Einigkeit sür den Stich- , wahltermin und ordnen sich bereitwillig den nothwen- j Ligen Parteirücksichten unter. Die Pariser Wahlcommission erklärte Donnerstag ; die für Boulanger abgegebenen 8367 Stimmen sür ? ungiliig und proclamirte den republikanischen Gegen- f candidaten Joffrin, welcher 5500 Stimmen erhielt, r als Abgeordneten für Montmartre. Es kam deshalb j zu einigen Schlägereien. Auch die -für Rochefort ab- gegebenen Stimmen wurden ungiltig erklärt. In der nächsten Kammersession wird aber wahrscheinlich eine Amnestievorlage zu Gunsten Rochefort's eingebracht werden. General Faidherbe liegt im Sterben. hinzu, um sich davon zu überzeugen. Der Mann hatte ! augenscheinlich das Bewußtsein verloren. Sein Gesicht, j welches ein struppiger, arg verwildeler Bart umgab, j war schwammig und aufgedunsen und seine Nase hatte eine verdächtige Röthe, aber seine Züge waren so schmerzlich verzerrt, daß die Vermuthung, er sei von einer schweren Krankheit befallen, doch wohl die meiste i Wahrscheinlichkeit für sich behielt. Aber es war nicht die Antheilnahme an dem Schick sale des Fremden allein, welche Leo's Blick so lange und mit so seltsamem Ausdrucke auf seinem unschönen Antlitz ruhen ließ. Er glaubte in demselben eine Aehn- lichkeit zu erkennen mit einem Menschen, dem sein erster knabenhafter Haß gegolten hatte, einem Menschen, Lem er nie wieder hatte begegnen wollen, weil auf dem Grunde seines Herzens noch immer ein tiefer Groll s gegen ihn lebte. Aber sogroß auch immer diese schein- j bare Aehnlichkeit war, hier mußte dennoch eine Täu- ° schung obwalten, denn wie hätte der geschickte und viel begehrte Jongleur Manussi, dem jederzeit mehr En- - gagements angeboten worden waren, als er hatte an- l nehmen können, — wie hätte ein Mann, der in einem i einzigen Monat oft mehr verdiente als ein Hochgestell- l ter Beamter in einem ganzen Jahre, in eine solche Situation gerathen sollen! Wie dem aber auch sein mochte — es war in die sem Augenblicke nicht viel Zeit, darüber nachzudenken oder gar die Hilfeleistung davon abhängig zu machen, ob der Erkrankte wirklich Manussi war oder nicht. Leo wenigstens war sehr weit davon entfernt, einer solchen Regung stattzugeben. Er kniete vielmehr neben dem Bewußtlosen in den Staub der Landstraße nieder > und wandte alle diejenigen Belebungsversuche an, die ihm überhaupt bekannt waren, um ihn nur vor Allem i wieder zu sich zu bringen. j Eine gute Weile schien es, als wenn dies Bemühen überhaupt keinen Erfolg haben sollte. Endlich aber ! schlug der Mann langsam, wie mit schwerer Anstren- ' England. In London fand eine Versammlung der Bou- lan giften statt, an welcher alle bekannte» Führer theilnahmen. Man beschäftigte sich hauptsächlich mit den Stichwahlen und dem für diese zu erlassenden Wahlmanifest Boulangers. Der General wird jetzt von der englischen Gesellschaft in Stich gelassen, Ein ladungen und Besuche werden von Tag zu Tag sel tener. Boulanger ordnete zur Verringerung der Kosten des Haushaltes die Entlassung eines Theils der Diener schaft an. In den für die britischen Panzerschiffe bestimmten neuen 110-Tonncn-Geschützen haben sich solche Mängel beim Probeschießen herausgestellt, daß an eine Indienststellung nicht zu denken ist. Jedes Ge schütz kostet 400,000 Mark. Aus dem MRldKUtlMlS. ^Waldenburg, 27. September. Die hiesige frei- willige Feuerwehr hält unter Leitung ihres langjähri gen Commandanten, des Herrn Stadtrath Hobusch, ihre diesjährige Hauptübung nächsten Sonntag auf dem hiesigen Marktplätze ab. Dieselbe besteht aus Fußexercitien, Schulübung und Sturmangriff. *— Auf dem Bahnhofe hierselbst wurde vergangenen Dienstag beim Abladen von Maschinentheilen einem Kutscher der Fuß theilwsise zerquetscht. Der Verletzte mußte in ärztliche Behandlung genommen werden. — Der gestrige Jahrmarktstag in Glrmchau hatte unter der Ungunst der Witterung zu leiden. Der Verkehr ließ gegen sonst viel zu wünschen übrig. — Am vergangenen Mittwoch abends '/»7 Uhr trafen auf dem Bahnhofe Zwickau die Reservisten und Dispositionsurlaubcr des in Straßburg garniso- nirenden 6. Infanterie Regiments, 660 Mann, unter einem Begleitcommando von zwei Offizieren, einem Arzte und 24 Unteroffizieren rc. ein. Zahlloses Publi kum hatte sich zum Empfange der Heimkehrenden, die gutes Muthcs waren und mit größter Begeisterung von Kaiser Wilhelm II. und den Kaisertagen zu Straßburg, zu denen auch viele Schaulustige aus Frankreich selbst gekommen seien, erzählten, eingefunden. Etwa 20 Minuten später fuhren die aus dem Aus- hebungsbezirk Glauchau stammenden Reservisten dort hin, woselbst sie entlassen wurden. — In ZwlckkU sind so viel böhmische und schle sische Gänse zugetrieben worden, daß dieselben schon mit 2 Mk. 50 Pf. das Stück verkauft werden. — Die mächtigen, auf lange Zeit noch hinai-.srei- chendcn Lehmlager der Zwickauer Gegend geben der dortigen Ziegelindustrie fast eine gleiche Bedeutung, wie die der Kohlenindustrie. Zahlreiche Dampfziege- leien, welche viele Hunderte von Arbeitern beschäftigen, sind in den letzte» Jahren in und bei Zwickau erbaut worden. Jetzt wird abermals der Bau zweier großer Dampfziegeleien in dortiger Gegend in Angriff genom men, während weitere zwei noch im Bau begriffen sind. — In Lunzenau fand am 23. d. die Grund steinlegung zum neuen Pfarrhaus statt, welches auf gung, die angeschwollenen Augenlider empor, und nun gab es für Leo keinen Zweifel mehr, daß es wirklich sein ehemaliger Peiniger, der Schrecken seiner Jugend- jahrs sei, der da matt und hilflos, ein lebendiges Bild des höchsten Jammers, vor ihm im Staube lag. Ma nussi aber erkannte ihn nicht, er stierte ihn mit seinen stark gerötheten, entzündeten Augen wie geistesabwesend an und versuchte, sich mühsam emporzurichten, aber sein Haupt sank schwer und kraftlos zurück. Pfeifend und röchelnd kam der Athem aus seiner Brust, und es kostete ibn sichtlich eine gewaltige Anstrengung, ehe er wieder Herr über die Sprache wurde. „Ich sterbe," keuchte er, „Herr ich sterbe! O nur einen Trunk, nur einen Trunk!" Leo besann sich nicht lange. Er selbst führte zwar nichts Trinkbares bei sich, aber in geringer Entfer nung von der Stelle, an welcher sie sich befanden, waren einige Arbeiter auf dem Felde beschäftigt, und er konnte sicher sein, bei ihnen irgend ein belebendes Getränk zu finden. „Gedulden Sie sich nur wenige Minuten," sagte er, „und machen Sie unterdessen keinen Versuch, sich von der Stelle zu rühren! Ich werde dafür sorgen, daß Sie unter Dach und Fach geschafft werden, und ich werde Ihnen auch einen Trunk Branntwein zur Stelle bringen." Manussi hob abwehrend die Hand und schüttelte heftig den Kopf. „Nicht Branntwein — nicht Branntwein," stieß er hervor. „Nur Wasser oder ein wenig dünnes Bier! Aber schnell — schnell, denn ich verschmachte!" Seine verzerrten Züge gaben deutlich genug Zeug- niß von den Qualen, welche ihn folterten, und Leo verlor darum nicht eine einzige Minute mit nutzlosem Zögern. Rasch genug hatte er die Arbeiter erreicht, von denen Jeder mit Freuden bereit war, ihm den mit gebrachten Stärkungslrunk zur Verfügung zu stellen. (Fortsetzung folgt.)