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zeigten dagegen offene Feindseligkeiten, wurden aber leicht in die Flucht geschlagen. Die „Post" bespricht in erneut längeren Artikel die Frage, ob sich der jetzige Zinsfuß noch mehr er niedrigen werde. Das Blatt meint, das sei unwahr scheinlich, fraglich sei es sogar, ob der jetzige niedrige Zinssatz anhaltcn werde. Beim Empfange der Deputation der Georgia- Augusta-Universität in Hannover hat der Kaiser den Wunsch ausgesprochen, die Heranwachsende Jugend möge in Zukunft mehr, als es bisher geschehen, mit der vaterländischen Geschichte, mit den deutschen Groß- thaien bekannt gemacht werden. Hier kann aller dings noch viel geschehen, und in Knabenschulen jeden Ranges würde eine genauere und innigere Einführung in die deutsche Geschichte von großem Nutzen sein. Die Heranwachsende Jugend lernt sich weit mehr, als bisher, als Deutsche fühlen. Die Franzosen sind uns in dieser Beziehung weit voraus, auf alle nur mögliche Weise werden den Schülern ihre Pflichten gegen das Baterland eingebläut. Freilich überschreitet diese Me thode auch oft Maß und Ziel, aber Extravaganzen zu verhüten, liegt ja ganz in unserer Hand. Den neusten Nachrichten aus Samoa zufolge haben sich Malietoa und Mataafe nach der Insel Manono begeben, wo sie bleiben werden, bis die auf der Berliner Conferenz gefaßten Beschlüsse cndgillig ratificirt sind. Der deutsche Consul in Apia benachrichtigte den König Tawasese, daß Deutschland keine der vorhandenen Parteien besonders unterstützen werden. Mit anderen Worten heißt das also, daß Deutschland die Wahl jedes Königs anerkennen wird, für welchen die Samoa ner sich entscheiden werden. Italien. Die Besserung im Befinden Crispi's schreitet anhaltend fort, er hat sogar auf mehrere Stunden bereits das Bett verlassen können. Der Gemeinderath von Rom nahm unter entschie denster Verurtheilung des Attentates gegen Crispi den Antrag an, ein Beglückwünschungstelegramm an denselben zu richten. Ferner wurde beschlossen, dem verstorbenen ehemaligen italienischen Ministerpräsi denten Cairoli ein Denkmal in Rom zu errichten. Frankreich. Boulanger hat wieder ein neues Manifest im altbekannten Stil erlassen. Die Boulangisten machen einen gewaltigen Lärm, die große Menge kümmert sich überhaupt um nichts. Diese Gleichgiltigkeit der Massen gegenüber den fanatischen Anstrengungen der anti republikanischen Parteien ist aber gerade das Schlimme. Die Weltausstellung zählte bis Mitte Septem ber 17,096,952 zahlende Besucher. Bei CHLlons finden gegenwärtig unter Leitung des anerkannt tüchtigen französischen Reitergenerals Gallifet große Cavalleriemanöver von drei Divisionen statt. Gallifet gilt als außerordentlich streng und hat die Regimenter denn auch in eine äußerst scharfe Schule genommen, aber bei dem Schlußeffect, einem . großen Gesammtmanöver vor dem Kriegsminister, ? versagte die Maschinerie. Die Bewegungen waren ' dermaßen verwirrt, daß große Verspätungen entstan- - den, und im Ernstfälle die ganzen Divisionen von ein s paar schneidigen Regimentern hätten über den Haufen ! geritten werden können. Von den Offizieren hat natürlich Niemand der schuldige Theil sein wollen, und so haben sie denn alle eine mehr als-derbe Kritik des leitenden Generals anhören müssen. Außerdem werden die Manöver wieder von vorn angefangen. Belgien. Die von dem Gerichte in Antwerpen eingesetzte Sachverständigen-Commission hat sestgestellt, daß die Explosion in Antwerpen in der Patronenhütte Corvilains zum Ausbruch gekommen ist und erst da durch die benachbarten Petroleumlager entzündet wor den sind. Die Untersuchung hat ferner erwiesen, daß ! in der Patronenfabrik jede Vorsichtsmaßregel fehlte, daß man, um Arbeitslöhne zu sparen, trotz der ge fahrvollen Arbeit unerfahrene Kinder verwendete, daß heimlich und ohne Sicherungsmaßregeln eine Schmiede und ein Dampfkessel angelegt und in Betrieb gesetzt worden sind, und daß selbst die von den Staatsbe hörden festgestellten Bedingungen für die Eröffnung , des Betriebes keinerlei Beachtung gefunden haben. Auf - Grund dieses Gutachtens sind der Inhaber dieser ; Patronenfabrik Corvilain und sein Ingenieur Delaunay > verhaftet und in das Zeüengefängniß abgeführt worden. < Uebrigens hat schon wieder eine Explosion in Ant- - werpen stattgefundcn. Der Färber Van Rymenant - war mit einer Petroleumlampe in einen Keller, welcher ! große Mengen Bergöl und Benzin enthielt, gegangen, j Die Lampe verlosch, und als er sie dann mit einem - Streichholz wieder anzündete, geriethen die Brennstoffe in Flammen. Eine furchtbare Exvlosion folgte. Das ganze Haus wurde zerstört. Der Färber ist lebens- ! gefährlich, seine Frau, welche ihm gefolgt war, schwer k verletzt. Da die Polizes Antwerpens bis jetzt vierzig Personen als verschollen angiebt, so beträgt die Zahl der Umgekommenen 125. England. Ein neuer großer Streik droht in London. Abgeordnete aller Bäcker-Genossenschaften haben be- schlossen, falls ihre Forderungen auf höheren Lohn nicht bewilligt würden, einen Generalstreik zu be- f ginnen. i In London hat es am Dienstag Nachmittag schon wieder einen Arbeiterkrawall gegeben: Die in den Albert- und Südwest-Jndian-Docks wiedereingestellten Arbeiter griffen die dem Streik ferngebliebenen Arbei ter thätlich an, worauf die Directoren die Ersteren sofort entließen. Polizisten zerstreuten die Tumultan ten. Die größere Mehrzahl der Arbeiter ist aber thätig, doch ist nicht ausgeschlossen, daß es in den nächsten Tagen erneuten Spectakel giebt. Rußland. Auch das Jahrhundert der Elektricität scheint seine Vestalinnen zu haben, die im Dienste dieses neuen ? Lichtes, gleich ihren klassischen Schwestern der Liebe ? entsagen müssen. Durch eine drakonische Verordnung j ist den russischen Telegraphistinnen das Heiraten so j gut wie verboten. „Von verheirateten Damen dür- j fsn nur solche angestellt werden, die an Telegraphisten s verheiratet sind, welche, an derselben Station mit ihnen ! angestellt, sie im Nothfalle vertreten können." Daß eine solche Liebe auf Befehl sich nur selten einstellen j wird, bedarf denn doch wohl keines weiteren Beweises. Bulgarien. > In Sofia ist mit einem belgischen Großindustriellen j ein Vertrag auf Lieferung von 30,000 neuen Ge- l wehren abgeschlossen worden. Mus Dem MmveuLhaLe. ! *Waldenburg, 18. September. Heute fand in - Remse die Conferenz der Hilfslehrer der Section ' Glauchau-Waldenburg-Niederlungwitz unter Vorsitz des - Herrn Schulrath Gruhl statt. Äußer dem Herrn Vor- s sitzenden selbst wirkten bei Beurtheilung der Entwürfe j und praktischen Arbeiten die 3 Schuldircctoren aus - Glauchau und Herr Schuldirector Hanschmann- ! Waldenburg mit. Letzterer hatte die Kritik der Kate- - chesen überkommen. j *— Der Monat September wird einige hervor- l ragende Himmelserschemungen bringen, ^n dem kurzen ! Zeiträume vom 18. nachmittags bis 26. früh finden nämlich zahlreiche Zusammenkünfte der Hellen Gestirne: Mond, Merkur, Venus, Mars, Saturn, (Uranus), Regulus und Spica statt. Die merkwürdigste dieser Zusammenkünfte ist die des Mars, Saturn, Regulus j und der Venus am 20. früh. Einen eigenthümlichen - Anblick gewährt die Vereinigung dieser vier Hellen Sterne auf einem kleinen Raum, wobei der Abstand > des Mars und Saturn so gering ist, wie er unter - Planeten nur selten vorkommt. Auch der Mond be- i findet sich in nicht sehr großer Entfernung von der ' Gruppe. Die Erscheinung ist bis früh halb 5 Uhr wahrzunehmen. i *— Unserer heutigen Nummer liegt der vom 1. i October d. I. ab gütige Fahrplan der königlich säch- schen Staatseisenbahnen bei. Für Station Walden- ! bürg enthält derselbe, wie bereits erwähnt, keinerlei Aenderungen. *— Die freiwillige Feuerwehr zu Altwaldenburg hielt vergangenen Sonntag unter Leitung ihres Com- Mandanten, des Herrn Hartzsch, ihre diesjährige Haupt übung ,b. Als Brandobject war das Flämig'sche Haus daselbst gedacht. Das erste Wasser wurde nach erfolgtem Signal nach Verlauf von 4 Minuten bei 85 Meter Schlauchlegung und ca. 600 Schritt An lauf gegeben. Nach der Uebung war Commers in Eich- laide und am Montag Abend Ball im Winkler'schen Gasthof in Grünfeld. ! — Bei der kgl. Prüfungscommission für Einjährig- Freiwillige zu Zwickau hatten sich zur diesjährigen Herbst-Prüfung 15 Aspiranten angemeldet. Die Prü fung wurde am 11., 12., 13. und 14. d. M. adge- Zeuilleton. Durch Sturm und Wetter. Oliginal-Roman von C. Meerseld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Freilich, er verfuhr dabei auf eine ganz andere Weise als Jene, und es war darum auch nicht so leicht, ihn zurückzuweisen und ihm die Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen anzudeuten. Von seinen Lippen kam keines jener faden Compli- mmte, keine jener abgeschmackten, nichtssagenden Re densarten, die in den Ballsälen der Nachbarstadt an der Tagesordnung gewesen waren, und schon nach der ersten Viertelstunde ihres Gespräches mußte Erna die Ueberzeugung haben, daß Graf Ernst Reichenheim ein ebenso weltgewandter als feinsinniger und unterrich teter Cavalier sei, der an Geist und Wissen all' jenen jungen Leuten sehr weit überlegen war. Da Graf Arthur mit dem Major und seiner Gemahlin ganz in I den Austausch lieber Erinnerungen aus einer ziemlich weit hinter ihnen liegenden Zeit vertieft war, so blieb es der Jugend überlassen, sich mit einander zu beschäf tigen, und es war nicht zu leugnen, daß der schöne Gardeoffizier seine Aufgabe mit einer bewunderns würdigen Geschicklichkeit zu lösen verstand. Erna, die sich im Anfänge etwas einsilbig und widerstrebend ge zeigt hatte, war bald hingerissen von der Wärme und Lebendigkeit seiner Schilderungen, von der edlen Be geisterung für alles Erhabene und Gute, das aus sei nen beredten Worten sprach. Sie schien es darüber kaum zu bemerken, daß sich Leo ganz schweigsam ver hielt, und daß sich allgemach eine düstere Wolke des Unmuthes auf seine Stirn senkte. Auch er war gerecht genug, die glänzenden Vorzüge des jungen Grafen ihrem vollen Merthe nach anzuer kennen, und seiner edlen, freimüthigen Natur lag nichts so ferne, als das Gefühl kleinlichen Neides; aber er hatte noch nie zuvor die Tiefe und Breite jener un- übcrsteiglichen Kluft, die ihn von all' diesen Menschen trennte, mit so schmerzlicher Deutlichkeit erkannt, als an dem heutigen Abend. Die Leutseligkeit des Majors und Erna's herzliche Unbefangenheit hatten ihn wie in einem Traume dahinlebenlassen und ihn so lange über den ungeheuren Abstand hinweg getäuscht, der zwischen der gesellschaftlichen Stellung des Majors und seiner eigenen vorhanden war. Aber das Benehmen des Gra fen Ernst hatte ihm nun mit einem Male die Binde schonungslos von den Augen gerissen. Offenbar waren die beiden Gäste vorher über seine Stellung zu der Familie des Gutsherrn unterrichtet worden, und sie hatten darnach ihr Verhalten einge richtet, als er ihnen am Abende vorgestellt worden war. Nicht etwa, daß sie ihn unhöflich oder mit Geringschätzung behandelt hätten! O nein, sie waren im Gegentheile sehr freundlich gewesen; aber gerade in ihrer Höflichkeit hatte ein gut Theil deutlich erkenn barer Herablassung gelegen, und im späteren Verlaufe der Unterhaltung hatten sie es sorgfältig vermieden, das Wort jemals direct an den jungen Mann zu rich ten, dessen Herkunft von so zweifelhafter Art war und den sie seiner Stellung nach halb und halb zur Diener schaft rechnen mußten. Als man in Rücksicht auf den noch immer scho nungsbedürftigen Gesundheitszustand des Grafen Ernst in ziemlich früher Stunde von einander Abschied nahm, um sich zur Ruhe zu begeben, wollte Erna beim Gute nachtgruß Leo die Hand reichen, wie sie es ihrem gu ten Kameraden gegenüber gewöhnt war, und wie es noch niemals bei irgend Jemandem Anstoß erregt hatte. Heute aber gab sich Leo den Anschein, als sehe er ihre Bewegung gar nicht, und die Verbeugung, mit welcher er sich empfahl, war ungleich respectvoller und tiefer als sonst. Als er gegangen war, konnte Erna eine gewisse Empfindung der Unzufriedenheit gegen ihn nicht unter drücken, denn gerade heute hätte sie den lebhaften Wunsch gehabt, daß er neben dem jungen Grafen nicht gar so sehr zurückgetreten wäre, sondern daß er sich gerade ihm gegenüber im besten Lichte gezeigt hätte. Aehnliche peinliche Situationen, wie an diesem ersten Abend, wiederholten sich auch während der nächsten beiden Tage, da der Major noch immer an seiner Ge wohnheit festhielt, Leo zu allen Mahlzeiten und soweit es seine Berufspflichtcn zuließen, auch zu all' den Zer streuungen der Familie hinzuzuziehen, welche zu Ehren der Gäste veranstaltet wurden. Es war ihm eine keineswegs angenehme Ueberraschung, als ihm seine Gemahlin am dritten Tage in einer Stunde des Allein seins mittheille, daß allem Anschein nach die beiden Grafen Reichenheim an der unaufhörlich aufgezwun genen Gesellschaft des Unterinspectors ernstlichen An stoß zu nehmen anfingen, und daß darin auch ihrer Meinung nach Wandel geschaffen werden müßte. Zwar versuchte er anfänglich allerlei Einwände ge gen die Berechtigung dieser Vermuthung zu machen, aber er mußte sich diemal den Argumenten seiner Gattin um ! so eher fügen, als er selbst schon bemerkt zu haben glaubte, daß Graf Arthur durch den Eintritt Leo's jeoesmal ein wenig verstimmt wurde, und da ihm die Wünsche seiner Gäste vorderhand höher stehen mußten, als seine eigenen Anschauungen, so entschloß er sich, wenn auch mit schwerem Herzen und lebhaftem innerem Widerstande, den jungen Mann während der nächsten Tage nur noch in seltenen Fällen zu den gemeinsamen Mahlzeiten und Vergnügungen einzuladen. Damit glaubte er nun freilich, allen Wünschen seiner Gemahlin Genüge gethan und der peinlichen Unterhaltung ein Ende gemacht zu haben; aber er sollte zu seinem Ver druß wahrnehmen, daß dies eine Täuschung sei, denn die Baronin fuhr nach einem kleinen Schweigen fort: „Wir werden auf diese Weise den besten Vorwand fin den, die falsche Stellung des jungen Mannes zu unse rem Hause wieder auf die richtige Grundlage zurück zuführen, und es scheint mir namentlich um Erna's willen gerade jetzt sehr nolhwendig." - (Fortsetzung folgt.)