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Bild ist von einem prächtigen, reichvergoldeten Rahmen umgeben, der in vortrefflicher Holzschnitzerei Schiffs taue und Eichenlaubgewinde darstellt. Gekrönt wird der Rahmen durch die Wappen von Rußland und Deutschland. Das Bild mußte wegen seiner Größe in einem besonderen Wagen transportirl werden und traf am Jahrestage des Kaiserbesuches in Petersburg ein. Die Uebergabe selbst fand in besonderer Audienz durch den Botschafter von Schweinitz im Sommer« schlößchen Alexandra statt, welches im Peterhofer Park gelegen ist. Der Audienz wohnte die Kaiserin und Großfürst Michael bei. Das Bild fand lebhafte An erkennung, der Czar sprach sich zum deutschen Bot schafter sehr erfreut aus. Die große Liebenswürdig keit und herzliche Gesinnung, die Kaiser Wilhelm durch diese Aufmerksamkeit bekundete, macht in Petersburg einen nachhaltigen Eindruck." Bei der am 24. d. in Metz stattgefundenen R e i ch s- tagsersatzwahl erhielt der Stadtpfarrer Delles im Stadtkreis von 2554 abgegebenen Stimmen 2460. Das Resultat des Landkreises steht noch aus. Die Ankunft des Kaisers von Rußland in Kopen hagen ist für den 27. August angemeldet worden. An den Tagen vor diesem Termin wird also der Besuch in Deutschland erfolgen. In den Ostseestädten würde man es natürlich sehr gern sehen, wenn dort und nicht in Berlin/ die Zusammenkunft stattfände und darauf sind auch die Mittheilungen von Küstenzeilungen zu rückzuführen. Minister v. Giers wird, wie es heißt, den Czaren nicht begleiten. Zu thun hätte er auch schwerlich etwas. Die Anwesenheit der Kaiserfamilie in Dänemark soll, wie es heißt, sechs Wochen dauern. Aus dem westfälischen Kohlengebiet liegen mehrfach Demonstrationen der Bergleute gegen Arbei- terentlassungen vor. Der Bergmann Dieckmann, der auf dem Pariser Socialistencongreß auftrat, soll nur einen kleinen Theil der Bergleute hinter sich haben. Nach dem Abschluß des Streiks hat er die Arbeit gar nicht wieder ausgenommen, sondern sich als Ge maßregelten aufgespielt. Aus den kürzlichen Mittheilungen, nach welchen die Türkei in nähere Beziehungen zu den Mächten des Friedensbundes getreten sein sollte, sind, wie die „Köln. Ztg." constatirt, hin und wieder zu rasche Folgerungen gezogen worden. So ist eine viel ver breitete Nachricht, daß die Türkei in den Dreibund eingetreten sei oder demnächst eintreten werde, in dieser Form jedenfalls unrichtig. Weder in Berlin noch in Konstantinopel weiß man etwas von einer solchen Thatsache. Die Bestechungsasfaire in der Marine scheint im Verhältniß einen ähnlichen Umfang, wie die be kannte Zahlmeisterangelegenheit, annehmen zu sollen. Außer dem Ingenieur Pannack in Kiel sollen noch sieden oder acht Personen verhaftet sein. Zu den letz teren gehörte auch der Geheimsekretär Cremer in Ber lin, der sich im Gefängniß die Pulsadern öffnete und an Verblutung gestorben ist. Die Militärbehörde scheint entschlossen, der Wiederkehr solcher unliebsamen Vorkommnisse ein für alle Mal mit Entschiedenheit vorzubeugen. Von dem seit sieben Monaten verschollenen Reisen den Or. Zintgraff aus Kamerun sind jetzt wieder Nachrichten eingegangen: Unser Landsmann ist im besten Wohlsein zu Jbi am Mittelläufe des Benue flusses angekommen. Wenn, was zu hoffen, diese Nach richt sich bestätigt, ;o würde 4)r. Zintgraff einen wesentlichen Theil seiner Aufgabe, das bisher völlig unbekannte Hinterland des Kamerungebietes bis nach I Adamaua aufzuschließen, mit glücklichem Erfolge ge löst haben. I)r. Zintgraff hatte am 18. December 1888 die deutsche Station am Elephantensee verlassen. Seither fehlten alle Nachrichten von ihm. Hauptmann Wißmann hat bekanntlich den nördlichen s Theil des deutschen Schutzgebietes in Ostafrika beruhigt j und sich die Unterwerfung der südlichen Hälfte für später Vorbehalten, lieber die Stimmung in diesem südlichen Theile liegt aus Zanzibar jetzt ein Bericht f vor, nach welchem auch dort wohl die Waffen werden ! entscheiden müssen. s Zum Schweizer Streit wird der „Nal.-Ztg." geschrieben, daß die Kündigung des Niederlaffunzsver- trages erfolgt ist, da die deutscherseits ausgestellte aus schlaggebende Bedingung für die Fortdauer des Ver trages vom schweizerischen Bundesrathe endgiltig ab gelehnt worden ist. Da die Schweiz darüber keine Zusicherung geben wollte, daß sie in Zukunft die f deutsche Auslegung des Z 2 des Vertrages zu der ? ihrigen machen und derselben entsprechend handeln z werde, ist die formelle Kündigung beschlossen worden. t»)enerrerry-Uugnru. Der deutsche Gesandte beim Vatikan, Herr von - Schlözer, ist auf der Reise nach Berlin in Wien angekommen. e Das Generalcommando des 10. Armeecorps ist von Brünn nach Przemysl verlegt worden. ^ranrrer». Es ist nunmehr bestimmt, daß am 12. August das Senatsgericht in Versailles zusammentritt. Die öffentliche Verhandlung wird drei Tage dauern, der Urlheil-spruch aber erst am 12. August erfolgen. Hat Boulanger sich nicht acht Tage vor Beginn des Prozesses in Frankreich eingestellt, so wird er seiner Staatsbürgerrechle für verlustig erklärt und sein Ver mögen beschlagnahmt. Der Abz. Laguerre erzählt, aus der Kasse des Kriegs ministeriums Boulanger seien allerdings verschiedene Journalisten bezahlt; aber alle Vorgänger Bou- z langers hätten es genau ebenso gemacht. Nur auf i solche Weise hätte gewissen Artikeln Eingang in die französische Presse verschafft werden können. Französische Blätter bringen die schöne Nachricht, Rußland habe Serbien Waffen und Munition angeboten, falls es dieselben gebrauche. Die Bezah lung könne später erfolgen. So ungenirt ist die Of ferte schwerlich gemacht. Bei den für Sonntag anberaumten Generalraths- wahlen hat die verfassungsmäßig alle drei Jahre stattfindende Erneuerung der Hälfte der Generalräthe sich zu vollziehen. Es sind etwa 3000 Neuwahlen vorzunehmen, in 80 Fällen hat Boulanger sich be kanntlich als Candidat aufgestellt. Je nach dem Aus fall dieser Wahlen wird der Termin zu den allge meinen Kammerwahlen anberaumt werden. Ein Pariser Hetzblatt macht den Vorschlag, die Geleise der französischen Bahnen zu erweitern, um so im Kriege ein schnelles Vordringen des Feindes zu verhüten. Die Pariser können ganz ruhig sein: auch bei den breiten Geleisen würde es Prügel geben. Die Regierung macht ganz verzweifelte Anstrengun gen, Boulangers Wahl zu verhindern. Sämmt- lichen Postdirectionen ist der Auftrag zugekommen, alle Boulangers Wahl betreffenden Postsendungen zu rückzuhalten. (Das nennt man Wahlfreiheit.) Auf dem Socialistencongresse ist auch eine Resolution angenommen, in welcher die stehenden Heeer eine Gefahr des Friedens, eine Qu.lle der Noth des Volkes genannt werden, für welche Volksbewaffnung eintreten müsse. Die Pariser Blätter schreiben sehr trocken, die Versammlung sei bei diesem Beschlusse wohl nicht ganz bei vernünftigen Sinnen gewesen. Italien. Eine Anzahl radicaler Abgeordneter hat ein neues irredentistisches CentralcomitS gegründet: sobald dasselbe offen hervortritt, wird es ebenfalls verboten werden. Die Verhandlungen über einen directen Blitzzug Berlin-Rom, via, München-Brenner, sind jetzt zum Abschluß gekommen. Der neue Zug wird etwa 39 Stunden gebrauchen. Bisher fuhr man mit dem fahrplanmäßigen Courierzug 42'/r Stunden. England. Im Lager zu Aldershot sollen zur Parade für Kaiser Wilhelm 30,000 Mann zusammengezogen werden. Der Prinz von Wales hat besondere Sorg falt bewiesen bei der Auswahl des Rosses, welches den Kaiser Wilhelm bei der Revue zu tragen bestimmt ist. Die Wahl ist auf eine Fuchsstute gefallen. Seit eini gen Tagen wohnt das Thier den Truppenübungen bei, um sich an das Feuer zu gewöhnen. Serbien. Exkönig Milan von Serbien hat bei der Heimkehr nach Belgrad auch mit seinem erbittertsten Gegner, dem Metropoliten Michael, Frieden gemacht. Er begrüßte diesen sofort, indem er ihm die Hand küßte 's und betheuerte, alles Vergangene sei für ihn vergessen. Milan erklärte, er denke gar nicht daran, den Thron wieder zu besteigen oder gegen die bestehende Regie rung zu intriguiren. Er wolle nur jdie Erziehung seines Sohnes controlliren. Etwa drei Wochen wird der König in Belgrad bleiben. An der serbisch-bulgarischen Grenze sind neue Räuberbanden aufgetaucht. Zur Verfolgung sind Truppen aufgeboten. Egypten. Ans Kairo wird telegraphirt, daß General Grenfell Feuilleton. Demaskirt. Kriminal-Roman von Karl v. Leistner. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Doch hier gab es kein Besinnen, denn schon fühlte er, daß einer der Verfolger ihn am Rocke erfaßte. Mit einem wohlgezielten Faustschlage in das Gesicht des Angreifenden diesen zurückschleudernd, befreite er sich aus dessen Händen und sprang hinab. Allein, obwohl er einen Augenblick auf sein; Füße zu stehen kam, so merkte er doch schon beim ersten Schritte, daß das beschädigte Bein seinen Dienst ver sagte. Er blickte sich angstvoll um, und bereits sah er im Rahmen des erleuchteten Fensters den ersten der Polizisten erscheinen, welcher vor dem Herabspringen einen gellenden Pfiff ausstieß. Da regte sichs auch im nahen Gebüsche und eine dunkle Gestalt drang aus demselben hervor auf den Grafen ein. Ein Blitzstrahl zuckte durch die Nacht und dem Knalle des Revolvers folgte unmittelbar ein derber Fluch. — Zechini war es, der den Schuß abgefeuert hatte, aber er hatte sein Ziel verfehlt und mit einem Rufe des Unmuths warf sich der aus dem Busche vorgedrungene Schutzmann auf den Grafen, ihn zu Boden reißend. Letzterer versuchte sich mit allen Kräften noch zu wehren — — es war umsonst! Ein Zweiter kam dem Ersten zu Hülfe und umspannte mit eisernem Drucke den Hals des Ringenden, so daß dieser bald athemlos zurücksank und der ursprüngliche Angreifer, auf den Zechini geschossen hatte, ihm die Handschellen anzulegen vermochte. Zechini befand sich in den Händen der strafenden Gerechtigkeit. So war die heute unternommene Spähe gegen den, Aus dessen ursprünglichen rende Sicherheitsbehörde. Poststempel ging hervor, der Entflohene habe dasselbe Utensilien wurde eingepackt und der auf das Unange- (Fortsetzung folgt.) welcher sie zunächst veranlaßt hatte, von Erfolg ge- gewesen und der Graf hatte sich in seiner eigenen Falle gefangen. Von jenem Hamburger Spediteur war der Brief, welcher für den Hotelbesitzer beilag, pünktlich an den selben abgesandt worden, aber der Adressat befand sich bereits nicht mehr im Besitze des Verlangten, da schon vorher die Polizeibehörde den Koffer beschlagnahmt und dem Gastwirthe Wachsamkeit empfohlen batte. So kam es, daß der Letztere vom Empfange des Briefes sofort Anzeige erstattete. Von Amts wegen wurde an den Spediteur telegraphirt, denn derselbe hatte zum Unglücke für Zechini der Rückseite des Couverts vor Aufgabe des Schreibens seinen Firmenstempel aufge drückt. Nun sendete der Geschäftsinhaber Las an ihn selbst gerichtete Schreiben des Grafen an die requiri- mitzebrachten Wagen zur Stadt fahren und wurde bereits in denselben gehoben. Alles war zur Abfahrt bereit. Da flüsterte einer von den Männern dem Vor gesetzten eine Meldung zu, und dieser befahl zu hallen. Oben aus einem Dachfenster drang ein ganz schwa cher Lichtschein hervor. Es schien sich also dort Je mand zu befinden, und doch war bekannt, daß außer der Alten und ihrer Magd Niemand im Hause wohnte. Der Polizeibeamte verfügte sich mit der Hälfte der Mannschaft in den Bodenraum und nach einer Viertel stunde kamen sie mit Capitano zurück, dessen Kammer man aufgefunden hatte. Er saß über einer Gravir« arbeit, die de» Verdacht der Polizeimänner erregte. Die ganze Ausrüstung des kleinen Cabinets bekundete, daß man hier ein Atelier für verbotene Zwecke ent deckt habe. Ein Theil der vorgefundenen Papiere und hier m der Stadt selbst aufgegeben, und die Ver- muthung, daß er sich vielleicht im Waldwirthshause versteckt halte, war eine sehr begründete. Eine nächt liche Haussuchung an diesem schon längst verrufenen Orte ward anbefohlen, und es gelang, wie wir ge sehen haben, sich des Gesuchten zu bemächtigen. Freilich entgingen die Beiden, welche mit Zechini in dem Separatstübchen beisammen gesessen hatten, der Festnahme, obwohl nach ihrem Gebühren bei Ankunft der Polizei sicher anzunehmen war, daß auch sie den Arm des Gesetzes zu fürchten hatten. Die Anwesen heit dessen, welcher durch die Fallthüre entschlüpft war, konnte die Polizei gar nicht bemerken, und der zweite enteilte durch das nächtliche Dunkel, ehe man die Rich tung, die er einschlug, wahrzunehmen vermochte. Aber die alte Lene, welche sich wiederholt als eine sicher heitsgefährliche Person entpuppt hatte, wurde abermals verhaftet. Zechini sollte mit zwei Polizeidienern und dem Beamten, welcher die Razzia geleitet halte, in einem nehmste Ueberraschte mußte folgen, um gleich Zechini in sicheren Gewahrsam gebracht zu werden. Man hatte sich nun eines doppelten Erfolges zu erfreuen. Zechini mußte bald auf Requisition der Unter suchungsbehörde, welche den Olsdorfer Mord zu ver handeln hatte, sammt seinen mit Beschlag belegten Effecten an dieselbe abgeliefert werden. Auch Capitano kam später mit diesem Criminal- processe noch in Verbindung, und man erlangte bei genauer Durchsicht seiner Papiere die Ueberzeugung, daß man eines höchst gefährlichen Gauners habhaft geworden war, denn gefälschte Urkunde», nachgeahmte Handschriften und sogar einige falsche Banknoten ent deckte man unter seinen Habseligkeiten. Tie alte Lene aber kam dieses Mal nicht so leichten Kaufes davon als das vorige Mal. Sie erhielt als Hehlerin eine längere Freiheitsstrafe zuerkannt und die Wirthschaftsausübung im Waldhause wurde ihr untersagt.