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täglich mit Ausnahme der Tage Mialrn: i» ^rtstadiwaldenkurg bei Hrrru nach Sonn» und Festtagen. Nsnahme von Inseraten für die nächster» scheinende Nummer 7^ nachmittags 2 Uhr. Per Wannementspreis betrügt vierteljähr lich 1 Mk. LS Pf. Harret« pro Zeile 10 Pf.. Linges. 20 Pf. ÄrpedWon: Waldenburg, Obergaffr 221«. — Zugleich weit verbreitet in dm Städten Peuig, L««zesa«, Lichtenftein-Eallnberg und irr dm Ortschaften der nachstehendm Standesamtsbezirke: . Mstsdt-WaldenbArg, Bräunsdorf, Callenberg, SL. Ggidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen« eubr-Niedsrhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, RochZburg, Rüßdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkerrburg und Ziegelheim. MMzil stk de« Mdirch j» KLidtsdW Kammann Otto Förttsr; in Pen.g oct Herrn Kaufmann Rob. Härtia, Mandelqaffe; in RochSburg bei Herrn Paul Zehl; in Lunzenau bei Hrn, Buchhändler E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. WÄeRbMger Ayzeiger. ^167. Sonnabend, den 20. Juli 188S. Wttterungsausfichten für den 20. Juli: Vorwiegend heiteres und beständiges Wetter bei mastig warmer Temperatur. Barometerstand am 19. Juli, nachmittags 3 Uhr: 761 mm. Gestiegen. Kein Attentat auf den Kaiser von Brasilien. "Waldenburg, 19. Juli 1888. Die französischen Kammern sind geschlossen und Neu wahlen stehen bevor. Die damit abschließende Periode begann mit einer peinlichen Ueberraschung und endete mit dem Bekenntnisse einer unheimlichen Sorge. Als am 4. October 1885 zum erstenmale unter der Herr schaft des von Gambetta erstrebten Listenwahlgesetzes die französischen Bürger an die Wahlurne traten, er fuhr die Nation, daß im ersten Wahlgange neben 110 Royalisten und 77 Bonapartisten nur hundertundvierzig Republikaner endgültig gewählt waren. Die Stich wahlen änderten allerdings dieses Stimmenverhältniß wesentlich; neben 204 Conservativen erschienen nunmehr 380 Republikaner in der Kammer, unter letzteren 115 Radikale; allein der ungünstige Eindruck des ersten Wahlganges war nicht völlig zu verwischen. Es blieb die bedenkliche Thatsache bestehen, daß die republikanische Partei bei der Hauptwahl nur 3,6 Millionen Stim men, kaum eine halbe Million mehr als ihre Gegner, erhalten hatte. Die Erinnerung an diese Thatsache erklärt die Angst, mit welcher die Republikaner den Neuwahlen entgegen setzen. Die Angst hat ihnen den Rath eingegeben, die von ihnen selbst geforderte und beschlossene Listenwahl wieder durch die Einzelwahl zu ersetzen. Die Angst hat zumal dem Abgeordneten Vielte die Feder geführt, als er seinen Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Viel kandidaturen niederschrieb. Man hat ein derartiges Gesetz bisher nirgends gekannt, noch für möglich ge halten. Und gleichwohl hat es die Zustimmung einer erheblichen Mehrheit der Kammer gefunden. Es darf niemand in mehr als einem Wahlkreise kandidiren, Nur in dem einen Wahlkreise, für welchen eine form- gerechte schriftliche Erklärung vorliegt, gelten die für den Kandidaten abgegebenen Stimmen; aller Orlen sonst werden sie nicht gezählt. Die mehrfache Kandi datur wird an dem Kandidaten wie seinen Fürsprechern durch strenge Geldstrafen geahndet. So wird der Kan didat, welcher das Gesetz übertritt, mit 10,000 Fran ken, die Mitschuldigen, Drucker, Zettelvertheiler u. s. w. mit einer Buße von 1000 bis 5000 Franken bestraft. Des Weiteren wird der Verwaltung das Recht einge räumt, die gesetzwidrigen Maueranschläge entfernen zu lassen. In der schriftlichen Begründung dieses Entwurfes behaupten die Antragsteller, den Grundpflichten der Demokratie und der Republik zu genügen. Am letzten Sonntag aber hat man in Frankreich die Erstürmung der Bastille gefeiert. Man denkt lebendiger der be rühmten Erklärung der Menschenrechte. In jenem ersten Werke der französischen Revolution heißt es: „Das Gesetz ist der Ausdruck des allgemeinen Willens." Wie verträgt sich mit diesem Grundsätze der demo kratischen Republik das Gesetz gegen die Bielkandidaturen? Ist es nicht unmittelbar gegen den allgemeinen Willen gerichtet? Es ist möglich, vielleicht wahrscheinlich, daß die erhebliche Mehrheit der Franzosen, wie es in Paris geschehen ist, für Boulanger stimmen möchte. Nur weil die republikanische Partei dieses Ereigniß fürchtet, will sie die Vielkandidaturen verhindern, oder, wie es in der Begründung ehrlich heißt, „ein Plebiszit auf den Namen eines Mannes unmöglich machen." Sie will mithin den Ausdruck des allgemeinen Willens, der nach der Erklärung der Menschenrechte Gesetz sein sollte, verhindern; der Glaube, daß die Republik den Grundsätzen der Revolution, welche sie feiert, untreu geworden sei, wird daher in Frankreich an Bekennern gewinnen. Politische Mr nd scharr. Deutsches Reich. Der Kaiser hat am Donnerstag Morgen das Nordkap passirt. Am Mittwoch Vormittag um 11 Uhr verließ die „Hohenzollern" die Stadt Tromsö, nachmittags um 5 Uhr wurde in gehobener Stimmung der 70. Grad nördlicher Breite passirt. Abends 9 Uhr erfolgte bei Tageshelle, da die Mitternachtssonne hier ihre volle Kraft hat, die Ankunft in Hammerfest, der am nördlichsten gelegenen Stadt Europas, und von dort ging es sofort weiter nach dem von stürmi schen Wogen umbrausten Nordkap, welches bei klarem Wetter und bewegter See in frühster Morgenstunde > umschifft wurde. Der Kaiser verbrachte bei bestem Wohlsein und in heiterster Stimmung den Morgen an Bord. Das Thermometer zeigte fünf Grad Wärme. In den späteren Morgenstunden wurde die Rückreise angetreten und wird nun der Besuch der Lofoten-Inseln erfolgen. Donnerstag Vormittag 9 Uhr traf der Kaiser wieder in Hammerfest ein und fuhr von da nach dem Lyngen-Fjord. Ueber den Aufenthalt unse res Kaisers in Drontheim wird berichtet, daß bei dem Auflaufen dort der „Hohenzollern" eine Radschaufel barst. Bei seinem Besuche der Domkirche wurde der Kaiser durch den Brigade-Intendanten umhergeführt. Der Monarch drückte seine höchste Bewunderung über die hohe Schönheit und den Reichthum der Kirche aus. Beim Heraustreten aus der Kirche wurde der Kaiser in lebhaftester Weise von der zahlreich herzugeströmten Menge begrüßt; er dankte auj's Freundlichste für die Huldigungen. Zum Schluß wurde dem Kaiser ein hübsches Album mit Ansichten des Gotteshauses über reicht, wAches er dankbar annahm und sofort an seine Gemahlin senden ließ. Der deutsche Kaiser hat dem britischen Lieutenant Walter vom englischen ostafrikanischen Geschwader in Anerkennung des von Walter dem am 4. Januar zwischen Dar-es-Salaam und Bagamoyo gestrandeten deutschen Kanonenboot „Schwalbe" geleisteten Beistan des sein Bild mit eigenhändiger Namenszeichnung geschenkt. Das augenblicklich in Peterhof stehende 85. Wy- borg'sche Infanterie-Regiment, dessen Chef der deutsche Kaiser ist, feierte dieser Tage sein 189jäh- riges Bestehen. Auf sein Beglückwünschungs-Telegramm erhielt der Regiments-Commandeur die folgende Ant wort: „Danken Sie meinem tapferen Wyborg'schen Regiment für die herzlichen Glückwünsche des meinem Herzen theuren Regiments. Ich hoffe, daß es auch ferner in Friedens- und Kriegszeiten den Beifall seines obersten Kriegsherrn sich verdienen wird. Wilhelm." Der Kaiser von Oesterreich wird in Berlin selbstverständlich mit denselben Ehren, wie der König von Italien, empfangen werden, und auch die Stadt wird wieder eine Feststraße Herrichten lassen. Da die Stadtverordneten-Versammlung wegen Genehmigung der nothwendigen Mittel für Straßendekorationen und Empfangsfeierlichkeiten der Ferien halber nicht befragt werden kann, so sollen diese Mittel vorläufig dem Reserve-Fonds entnommen uud die nachträgliche Ge nehmigung der Stadtverordneten-Versammlung einge holt werden. Ueber die Gefährdung des Königs von Würt temberg durch einen Blitzstrahl, von welcher bereits kurz berichtet ist, theilt der Württemb. Staatsanz. noch Folgendes mit: „Bei einem furchtbaren Gewitter, das sich am Sonnabend Nachmittag zwischen 3 und 4 Uhr über Friedrichshafen entlud, schlug der Blitz wenige Schritte vor dem König, welcher sich unter dem Vordach vor seinem Arbeitszimmer befand, im Schloß garten ein. Er fuhr an einer hohen Akazie entlang und schlug an dem Fuß strahlenförmig verlausende Löcher in den Boden, welche die Wurzeln bloslegten. Gleichzeitig zeigte sich auf dem Rasen eine eigenthüm- liche Lichterscheinunz in Gestalt einer großen, feurigen Kugel, die mehrere Sekunden sichtbar war und unter Knistern verschwand. Der Ausfall der Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise Halberstadt, die nöthige'Stichwahl zwi schen dem nationalliberalen und conservativen Candi daten, veranlaßt die „Nordd. Allg. Ztg." zu neuen Aeuß.rungen des Bedauerns über das in diesem Falle gebrochene Wahlkartell. Das Blatt hat aber auch an der Haltung der Nationalliberalen zu tadeln und schreibt: „Die Wahlagitation der Nationalliberalen ließ ein gewisses Bestreben nicht verkennen, sich nach ! links möglichst angenehm zu machen, vermuthlich, weil ! man ein Abbröckeln nach links verhüten wollte. Daß i man dieses Ziel nicht erreicht hat, zeigen die Stim- ! menzahlen ziemlich deutlich: woraus von Neuem eine j Lehre dahin zu ziehen ist, daß derartige Convenienzen i nach links stets einen der gehegten Absicht entgegen- ! gesetzten Erfolg bewirken." ; In ausgezeichnetem Ansehen steht Deutschland in ; Japan. Vor einiger Zeit verstarb in diesem ostasia- ! tischen Reiche der frühere Berliner Polizei-Wachtmeister Figaszewski, welcher im Anfänge des Jahres 1885 auf drei Jahre in den japanischen Polizeidienst getreten ! war. Zu Gunsten der Wiltwe des Verstorbenen ver- i anstalteten dessen japanischen Collegen eine Sammlung, j welche das stattliche Ergebniß von über 10,000 Mark aufzuweisen hatte. Dieser Betrag ist dem deutschen auswärtigen Amte zugegangen und durch dessen Ver mittlung der Wittwe ausgehändigt. Herr Liebknecht hat auf dem Socialistencongresse in Paris in Verbrüderung der deutschen und fran zösischen Arbeiter proclamirt, aber er findet bei den Franzosen herzlich wenig Gegenliebe. Die Zei tungen sprechen von diesen schönen Declamationen überhaupt nicht, und die außerhalb des Congreffes stehenden Arbeiter lachen einfach über diese Kundgebung. Die Führer der deutschen Socialdemokratie messen die Arbeiter anderer Länder immer nach ihren eigenen Gefühlen; aber ein falscheres und trügerischeres Maß kann es wirklich nicht gut geben. Die Erhebungen, welche die preußische Regierung über die Verhältnisse der Bergarbeiter anstellen läßt, sollen so umfangreich und genau wie möglich werden. Das ergiebt sich schon aus der für West falen getroffenen Vorschrift, daß auf seinen Wunsch jeder Bergmann, der eine Beschwerde hat, von der Beschwerdecommission protokollarisch vernommen wer den soll. Die preußische Regierung schont sich aber auch selbst nicht. In den fiskalischen Saargruben fin den sogar erweiterte Erhebungen über die Klagen der Arbeiter statt. Die Bergleute haben also allen Anlaß, ruhig in die Zukunft zu sehen, und brauchen sich mit neuen Streikgedanken nicht zu tragen. Der Berliner Bäckerstreik ist zu Ende. Die