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Lappalien wegen den Streit vom Zaun und führen geradezu Gaffenjungenscenen herbei. Wiederholt sind einzelne Abgeordnete deshalb von den Sitzungen aus geschlossen, aber das hilft nichts. Am folgenden Tage geht der Krakehl von Neuem los. Irgend welche Politisch bedeutsame Debatten liegen nicht vor. Belgien. König Leopold von Belgien und der Schah von Persien statteten zusammen den Arbeitern in der Fabrik Cockerill in Seraing einen Besuch ab. Der König erwiderte auf die Ansprache einer Abordnung don Fabrikarbeitern etwa Folgendes: „Sie arbeiten m Ihrer Sphäre, ich in der meinigen. Alle Arbeiter bilden einen Theil derselben Familie und müssen sich die Hand reichen. Sagen Sie Ihren Kameraden, von welche Gefühlen ich beseelt bin. Auf Wiedersehn, meine guten Freunde!" England. Zwischen England und Portugal ist es zu einem unliebsamen Zwist gekommen. Mit englischem Gelde war in der portugiesischen Delagoa-Bay in Westafrika eine Bahn gebaut, die schon länger zu Streitigkeiten Anlaß gegeben hatte. Die Portugiesen haben nun kurzen Prozeß gemacht, die Schienen auf gerissen und die britischen Bahnbeamten nach blutigem Kampfe, welcher mehrere Menschenleben forderte, in ihre Station vertrieben. Die Engländer fordern die schleunige Absendung eines Kanonenbootes. In Irland passiren bei den Pächter-Exmissio nen immer noch nette Stückchen. Als die Gerichts beamten bei der Ausweisung der Pächterin Eliza Forest in deren Haus drangen, wurden sie von der Pächterin mit einer Heugabel und von deren Bruder mit einer Sense empfangen. In dem darauf folgenden Handge menge erhielt der Polizeiinspector Tyacke einen Stich unter dem Auge und zwei Gerichtsvollzieher Kopfwun den. Bier Polizisten wurden von dem wüthenden Weibe in die Hand gebissen. Spanien. Bei den Uebungen der Madrider Genietruppen mit einem Luftballon erschien dieser Tage plötzlich die Königin Maria Christine und gab ihrem Wunsche Ausdruck, eine Auffahrt zu machen. Unter dem Jubel der Soldaten und der Zuschauer stieg darauf der Ballon, in welchem die Königin Platz genommen hatte, bis zur Höhe von 350 Metern. Portugal. Die portugiesische Regierung hat eine genaue Unter suchung der in der Delagoa-Bay vorgekommenen Ausschreitungen gegen die englischen Eisenbahnbe amten angeordnet. Truppen sind zur Aufrechterhal tung der Ordnung abgcsandt worden. Rustland. Die russische Kaiserfamilie hat von Peterhof aus an Bord der Jacht „Zarewna" eine Rundfahrt im finnischen Mehrbusen angetreten. Das ministerielle Petersburger Journal schreibt zu den Ausführungen des Grafen Kalnoky: „Der Anspruch der Balkanstaaten auf Unabhängigkeit ist der Boden, auf welchen sich Rußland immer gestellt hat. Ohne daran zu denken, sich in die inneren Angelegen heiten Serbiens einzumischen, constatirt Rußland mit Genugthuung, daß die Regierung der Regentschaft daran arbeitet, die schwierige Vergangenheit, die sie zu überwinden hat, zu liquidiren. Sie ist bemüht, die Lage des Landes zu heben und dasselbe auf seine normalen und traditionellen Wege zurückzuführen. Wenn die Regentschaft unter ihren nationalen Ueber- lieferungen auch diejenige intimer Verbindung mit Rußland finde, so „stehe es ihr frei, auf dieselbe zu rückzukommen." (Aha!) Das Journal hebt alsdann besonders die Stelle in der Rede des Grafen Kalnoky hervor, daß Oesterreich freundschaftliche Beziehungen mit allen Mächten, namentlich auch mit Rußland unterhalte. Ein kaiserlicher Befehl ordnet an, daß allmählich die juristischen Lehrfächer an der Universität Dorpat statt, wie bisher ausschließlich in deutscher, in russi scher Sprache vorgetragen werden sollen. Serbien. Die serbische Kossowo-Feier ist in Kruschewatz ohne Störung verlaufen. Einen unangenehmen Ein druck hat es aber gemacht, daß in den Inschriften der Ehrenpforten für den König ganz ungenirt die Auf richtung des großserbischen Reiches auf Kosten Oesterreich-Ungarns und der Türkei als letztes er- strebenswerthes Ziel hingestellt wurde. Die serbische Regierung verweigert offizielle Auskunft hierüber, des halb wird der Fall in der ungarischen Delegation in Wien verhandelt werden. Von Belgrad aus waren Nachrichten über Unruhen in Novibazar verbreitet worden; da indessen diese Gerüchte vollständig widerlegt wurden, begründet jetzt die serbische Regierung die Absendung von Truppen an die türkische Grenze mit der angeb lichen Aufregung in A!tserbien. Sollte dahinter kein falsches Spiel stecken? Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 1. Juli. Unter Vorsitz des Herrn Bezirksvorstehers Wünschmann-Glauchau fand gestern Sonntag Nachmittag im Saale des Schönburger Hofes hierselbst die diesjährige Bezirksversammlung der Krieger- und Militärvereine im Bezirk Glauchau statt. Die außerordentlich stark besuchte Versammlung wurde auch durch die Anwesenheit des kgl. Bezirkscvm- mandeurs Herrn Oberst Eras aus Glauchau ausge- gezeichnet. Bor Eintritt in die Tagesordnung gedachte der Vorsitzende Herr Wünschmann zunächst Sr. Ma jestät des Königs und Sr. Majestät des Kaisers, zu deren Ehren sich die Anwesenden von ihren Plätzen erhoben. Alsdann begrüßte Herr Bürgermeister Kretsch mer die Versammlung in warmen Worten und richtete namens der Stadt einen herzlichen Willkommengruß an dieselbe schließend mit einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den König Albert, den hohen Protector der sächsischen Militär- und Kriegervereine, in das die Versammlung begeistert einstimmte. Alsdann gab der Vorsitzende den üblichen Jahresbericht, welchem wir entnehmen, daß der Bezirksverband zur Zeit aus 60 Vereinen mit 4161 Mitgliedern besteht, 229 Mitglieder mehr, als im vorhergehenden Jahre. Herr Steuereinneh mer Teubert berichtet darauf über den Stand der Kassen verhältnisse und wurde die Richtigkeit der Rechnung ausgesprochen. Dem Anträge, die Einführung eines einheitlichen Vercinszeichens betreffend, stimmte man nicht zu, da dieselbe die einzelnen Vereine zu sehr be laste, dagegen sprach man sich dafür aus, daß die neu gegründeten Vereine bei Anschaffung von Vereinszei chen eine Einheitlichkeit im Auge behalten möchten. Dem Anträge des Bezirks Rochlitz, die Wiederaufnahme des Militärvereins Groitzsch in den Bund betr., stimmte man zu, insofern gegen die Aufnahme des Vereins, der wegen seinen Tendenzen seinerzeit ausgeschlossen wurde, Bedenken nicht mehr erhoben werden würden. Auch wurde beschlossen, die Vorsteherversammlung vor der Bezirksversammlung in Wegfall zu bringen. Bei der darauf vorgenommenen Neuwahl des Vorstandes wurde Herr Bezirksvorsteher Wünschmann mit großer Mehrheit wieder gewählt. *— Das Mädchen, welches sich am vergangenen Mittwoch in Wolkenburg mit Petroleum verbrannte, ist heute Montag früh 5 Uhr ihren furchtbaren Lei den erlegen. Am Leibe war sie stellenweise so ver brannt, daß man die Eingeweide sah. Bei dem Sturz in den Fabrikgraben hatte das Mädchen leider auch einen Arm gebrochen. *— Vergangenen Sonnabend gegen Abend wurde hier in Peniger Richtung ein großer Luftballon beobachtet; wie uns heute aus Kaufungen berichtet wird, ist der selbe in dortiger Gegend niedergegangm. Der Ballon kam in der Richtung von Penig her und trieb bei dem ruhigen Wetter verhältnißmäßig langsam vor wärts. Ueber dem Dorfe Kaufungen war er noch in beträchtlicher Höhe, doch ließ der klare Hintergrund deutlich eine am Ballon angehängte Gondel mit 3 Insassen und an der langen Leine den Anker erkennen; die Insassen warfen mehrmals Ballast aus und er widerten die von unten zugerufenen Grüße durch Hut schwenken und Armbewegungen. Ueber dem Rittergut war der Ballon schon bedeutend niedriger, so daß viele Leute das seltne Schauspiel beobachteten und der bald zu erwartenden Landung wegen ihm nachliefen. In der Pappelallee verfing sich der Anker in den Besten und brachte den Ballon auf das Schäfereidach unsanft nieder. Der vom Hof aus mitgerittene Ritterguts pachter, Herr Grüner, ließ durch seine Leute in Ver bindung mit zugelaufenen Personen beim Niederziehen des Ballons und Transports desselben nach einer nahen freien Wiese die erbetene erste Hilfe leisten. Inzwischen hatte sich herausgestellt, daß die 3 Insassen im Dienst befindliche Luftschiffer der dem Eisenbahnregiment zu gehörigen Luftschifferabtheilung in Berlin waren, und zwar Herr Premierlieutenant Mödebeck und 2 Gefreite. Das unaufhörlich zuströmende Publikum half wacker beim erwähnten Transport und Niederziehen des mäch tigen, über 10 m. Durchmesser haltenden Ballons, der immer wieder auswärts strebte, behufs Entleerung des Gases, welches ursprünglich über 400 Cubikmeter betragen hat. Der Herr Lieutenant ließ dann das Ungeheuer seiner Gondel, bestehend aus einem tiefen Korb und seines umfassenden weitmaschigen Netzes ent kleiden, sorgsam zusammenlegen und ertheilte bei dieser 1'/r Stunden dauernden Arbeit bereitwilligst erbetene Auskunft. Er war mittags 12 Uhr in Berlin auf gestiegen, halte bei seiner 7stündigen Fahrt schönes Wetter und gelinden Wind gehabt, so daß er aus der Höhe, die bis zu 2000 w betragen hatte, Aufzeich- nungen von überflogenen Plätzen und Städten, z. B. Torgau, hatte machen können und hatte 9° Celsius Wärme vorgefunden. Der inzwischen verpackte Ballon, der 10,000 Mk. gekostet hatte und aus dichtem Baum wollengewebe mit Gummizwischenlage bestand, wurde auf einen Erntewagen verladen und nach dem nahen Rittergut gebracht, woselbst die wackern Segler bereit willigst Unterkommen und Verpflegung nach so an strengender Fahrt fanden. Heute Morgen trat der Herr Lieutenant, nachdem er zum Andenken an die glückliche Landung nach seiner 54. Ballonfahrt Ein käufe in hiesigen Strumpfwaaren und Handschuhen gemacht hatte, seine Rückfahrt mit seinen Leuten und Ballon per Eisenbahn an. Damit hat Kaufungen für dieses Jahr außer den großen Wasserschäden auch ein seltenes Schauspiel in seiner Chronik zu verzeichnen. — Am Mittwoch fand in Glauchau die 5. dies jährige öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Nach einer geschäftlichen Mittheilung wurden zunächst 7 die Bezirksanstalt Lichtenstein betreffende Gegenstände, nämlich das Gutachten des Herrn Gewerberaths Herb- rig in Zwickan über die Heizungsanlage, die Repara tur des Küchenofens, die Abpflasterung des Kohlenab ladeplatzes, die anderweite Einschätzung der Anstalt zur Brandversicherung, das Rödlitzer Quellwasser, die Ertheilung von Strafbefugnissen an den Hausverwal- ter und die Extrabeköstigung der Anstaltsinsassen zur Wettinfeier erledigt. Hierauf wurden die Dispensa tionsgesuche des Gutsbesitzer Pohlers in Oberdorf und des p. Neubert in Falken in Dismembrationssachen bedingungsweise genehmigt und beschlossen, vor der Beschlußfassung über den Erlaß eines Verbotes gegen das Schlachten des Viehes ohne vorhergehende Betäu bung mit den Stadträthen im Bezirke wegen gleichen Vorgehens in der Sache ins Einvernehmen zu treten. Weiter wurden die Schankerlaubnißgesuche der verw. Scharfuß, sowie des p. Luft in Mülsen St. Niclas und p. Nötzold in Bernsdorf, die Ziegelei-Ringofen- Anlage p. Kahets in Seiferitz und die Schlächterei anlage p. Siepels in Ernstthal genehmigt. Der Be zirksausschuß beschloß weiter, den Kostenaufwand für die an den Communicationswegen anzubringenden Flur grenzsteine ausschließlich der Aufschrift mit 300 Mk. in den nächstjährigen Bezirks-Haushaltplan einzustellen, auch die Genehmigung der Vereinigung der Gemein den Ober- und Abtei-Oberlungwitz auf Grund des von beiden Gemeinden angenommenen Ortsstatuts zu befürworten, sowie von den bereiten Bezirksmitteln 3000 Mk. gegen mündelmäßige Sicherheit zu 4"/a auszuleihen. Dahingegen wurden nach kosten pflichtiger Verwerfung eines Recurses wegen Heran ziehung zu Gemeindeanlagen, das Schankerlaubniß- Gesuch Riedels in Hohenstein — für Gersdorf —, das Gesuch Kahles in Ernstthal um Gestattung der Veranstaltung von Singspielen rc.; ferner die Gesuche Schultzes in Oelsnitz-Hohndorf, Stemmlers, Walthers und Salomos in Remse um Erlaubniß zum Betrieb des Kleinhandels mit Spirituosen abgewiesen. Nach dem noch jdie von dem Stadtgemeinderath zu Ernst thal in Aussicht genommene Ergänzung des dortigen Bebauungsplanes beifällige Begutachtung gefunden, wurde die Sitzung Nachmittag 6'/2 Uhr geschlossen. — Am Dienstag Abend hatte die im Dienste des Gutsbesitzers Kleindienst in Rothenbach bei Glauchau stehende 16jährige Magd Clara Richter aus Mülsen St. Micheln das Unglück, von dem Boden des Schup pen herab in das Parterre zu stürzen. Dieselbe war mit Heuabladen beschäftigt gewesen und wollte nach gethaner Arbeit die Oeffnung des Bodens, durchweiche das Heu hinaufgelangt wird, überschreiten. Hierbei mag sie ausgeglitten und in die Tiefe gestürzt sein. Schwer verletzt wurde selbige vom Platze getragen und verschied infolge innerer Verletzungen bereits in folgender Nacht. Aus dem Sachsenlande. — Die „Meißner Confer.nz", jene seit länger als einem Vicrteljahrhundert schon im Königreich Sachsen bestehende Vereinigung von Gottesgelehrten und Laien, welche alljährlich einmal in der alten Sachsenstadt Meiszen zusammentritt, um die für die evangelisch lutherische Landeskirche wichtigsten und brennendsten Zeit- und Streitfragen zu besprechen und zu denselben Stel lung zu nehmen, hält seit Dienstag ihre diesmaligen l Berathungen ab, die dazu aufgestellte Tagesordnung s umfaßt u. a. die Lage der evangelischen Kirche gegen über dem Sektenwesen, sowie ferner die Verbreitung des Aberglaubens in unserem Volke und die seelsorgeri sche Behandlung desselben. — Auf einem Oelsuitzer Steinkohlenwerke hat sich am 17. d. Mts. der 42 Jahre alte Häuer Emil Werner aus Hohndorf in der Grube eine Nagelspitze in den rechten Fuß getreten, wodurch der Fuß, wahr scheinlich infolge von Blutvergiftung, derart ange schwollen ist, daß am 25. d. Mts. im Ottohospitale zu Oelsnitz die Amputation des Beines oberhalb des Knies vorgenommeu werden mußte. — Die Kaditzer und Niederlößnitzer Oeconomen, welche fast alljährlich den Reigen mit dem Kornschnitt eröffneten, sind diesmal von ihren Berufsgeuossen in der Großenhainer Gegend überholt worden. Auf den Fluren von Frauenhain und Umgebung stehen seit 27. v. M. die ersten Getreidepuppen und ist der Korn schnitt dort allenthalben flott im Gange. Bezüglich des Ernte-Erträgnisses Hal man große Hoffnungen,