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aufgerissene Erde mit sich führten. Mehrfach hat in hiesiger Gegend der Blitz eingeschlagen. So fuhr der selbe in Altwaldenburg in das frühere Armenhaus, riß die Bretter der einen Giebelwand herab und beschädigte das Dach; in Dürrenuhlsdorf fuhr der Blitz in ein Bauergut und tödtete den 17jährigen Sohn des Be sitzers. Bald nachdem sich das Gewitter nach Glauchau zu verzogen hatte, war ein lichter Feuerschein über Remse hinaus zu bemerken, es brannte in Jerisau im Jühnich'schen Gute, woselbst eine Scheune und zwei Nebengebäude den Flammen zum Opfer fielen. In Glauchau wurde der Wehrdigt theilweise unter Wasser gesetzt. Auch in Zwickau waren die Straßen mehrfach überschwemmt und wurde dort die Feuerwehr zur Hilfeleistung alar- mirt. Zwischen Zwickau und Mosel ist der Bahndamm wieder unterwaschen und mußte deshalb der Verkehr eingestellt werden. Auch auf der Muldenthalbahn trat gestern Abend eine Verkehrsstockung ein, indem der a/«9 Uhr von Penig kommende Zug ausblieb und der letzte von Glauchau kommende Zug nur bis Walden burg fuhr. Unterhalb der Station Wolkenburg war nämlich eine Felswand hereingebrochen und hatte das Geleis gesperrt. Durch Verwendung zahlreicher Ar beitskräfte gelang es, das Geleis bis heute früh frei zu machen, so daß die Züge wieder regelmäßig ver kehren können. In der Limbacher Gegend soll es gestern Abend geschloßt haben und nach einem heute hier verbreiteten Gerücht sollen in Mühlau bei Burg städt infolge eines heftigen Regens mehrere Kinder ertrunken sein. Hoffentlich bestätigt sich die letztere Nachricht nicht. Im Uebrigen ist das Unwetter in unserer Gegend ohne wesentlichen Schaden anzurichten vorübergegangen. In Kaufungen hat es ebenfalls stark geregnet und haben dort die Wasserfluthen ein Haus stark beschädigt. *— Am Montag und Dienstag weilte hierselbst Herr Kgl. Gewerbeschulinspector Enke und wohnte den Unterrichtsstunden in der hiesigen gewerblichen Fach- und Fortbildungsschule bei. *— Der am heutigen Tage beginnende Pfingstjahr markt ist zwar vom Wetter begünstigt, jedoch läßt der Besuch besonders vom Lande sehr zu wünschen übrig. Offenbar hat das gestrige Unwetter auch auf dem Lande mannichfachen Schaden angerichtet und dürfte dadurch Mancher vom Besuch unseres Jahrmarktes abgehalten sein. *— In Ziegelheim wurde vergangenen Montag, den 3. d., nachmittags 5 Uhr der Grundstein zu einem neuen Schulgebäude gelegt. An der Feier nahm der gesammte Schulvorstand und die erste Schulklasse theil. Nach dem Gesänge eines Liedes hielt Herr Pastor Hoffmann eine Ansprache, in welcher er auf die für die Schule unentbehrlichen Grundeigenschaftcn hinwies, daß diese Stätte eine Pflanzstätte christlichen Glaubens und Lebens, eine Bildungsstätte für die Ju gend und eine Segensstätte für Lehrer und Schüler werden solle. Begleitet wurde diese Ansprache mit den 3 üblichen Hammerschlägen, welchen solche von Herrn Kirchschullehrer Quietzsch, den Mitgliedern des Feuilleton. Demaskirt. Kriminal.Roman von Karl v. Leistner. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Eugen verharrte einige Augenblicke in düsterem Schweigen und Liddy verhüllte ihr Antlitz. Hierauf fuhr der junge Mann fort: „Ahnen Sie, Fräulein Woodkinson, ahnst Du, Tante, welches Kleinod der Graf Zechini gemeint hatte? — Ein Mann, der so gegen eine schutzlose Waise handelt, für deren Wohl er als Verwandter und Vor mund verantwortlich ist, eine Verantwortung, die ihm von der sterbenden Gattin als heiliges Vermächtniß auf die Seele gebunden ward — ein Mann, der im Stande ist, einen solchen Preis auf eine Karte zu fetzen, wie es der Major v. Braunfels in jener Stunde that, ist in meinen Augen der Ehre baar, er ist ein Seelenverkäufer, ein Nichtswürdiger!" Erregt und flammenden Auges sprang Eugen Hell muth bei diesen Worten vom Stuhle auf und trat vor seine Tante: „Bist Du auch jetzt noch der Meinung, daß Herrn v. Braunfels Ansprüche auf Dank und Anerkennung dessen, was er für seine Nichte gethan hat, zustehen?" Auch die Commerzienräthin hatte sich erhoben und legte den Arm um das schluchzende Mädchen, indem sie sagte: „Gewiß nicht! Diese Eröffnung ändert die Sache und läßt keinen Zweifel mehr aufkommen über die volle Berechtigung Ihrer Handlungsweise. Ihr Onkel, dessen derzeitigen Aufenthaltsort wir ohnehin nicht kennen, hat durch seine Pflichtvergessen heit jedes Recht aus Sie verwirkt und die Lage, in welcher er Sie, die jugendliche, verlassene Waise, ver setzt hat, gebietet mir, nachdem Sie in meinem Hause Zuflucht suchten, Ihnen als mütterliche Freundin dau- Schulvorstandes und Herrn Hilfslehrer Veit folgten. Hierauf wurde von Herrn Lehrer Quietzsch die von ihm aufgesetzte Urkunde, in welcher über die gegen wärtigen Zeitverhältnisse, Arbeitslöhne, Nahrungsmittel preise, Bausumme der neuen Schule, Ereignisse dieses Jahres berichtet wurde und die Namen des Ortspfar rers, Kirchschullehrers, Hilfslehrers, der Mitglieder des Schulvorstandes, des Baumeisters und der Gemeinde vorstände der Parochie Ziegelheim verzeichnet waren, vorgelesen und dem Baumeister zur Verwahrung im Grundstein übergeben. Der Bau des Gebäudes ist! , Herrn Baumeister Hemmann in Ziegelheim für die Summe von 25,300 Mk. übertragen und soll der Bau ! am 15. Juli 1890 vollendet sein. i — Am Dienstag Nachmittag sollte durch Fertig- j stellung einer Jnterimsbrücke die Geleisunterbrechung bei Mosel beseitigt sein, indessen ist durch das gestrige Unwetter zwischen Mosel und Zwickau die Strecke , abermals unterwaschen und der Verkehr gestört. j — Die Vorstellung des Lutherfestspieles in Zwir ckau für die Wassernothleidenden hat 385 Mk. Brutto- , Einnahme ergeben. ? — In Zwickau muß ein Neubau, der bis zum - Decken des Daches vorgeschritten war, wegen unge- ! nügender Bauausführung abgetragen werden. Den Unternehmer trifft ein Schaden von 6000 Mark. Aus dem SachsenlundL. ' — Se. Majestät der König von Sachsen mit Ge ¬ folge ist nach vollendeter Kur am 4. d. früh 6 Uhr 55 Minuten nach Köln abgereist. — Ihre Majestät die Königin Karola von Sach sen ist am 4. d. früh 6 Uhr nach Brüssel abgereist. — Der sächsische Landesverband zur Förderung des Handfertigkeitsunterrichts wird seine diesjährige Jahres versammlung im Anschluß an die sächsische Lehrerver sammlung abhalten, welche Michaelis zu Chemnitz stattfindet. Durch eine Ausstellung von Arbeiten sollen den anwesenden Schulmännern geordnete Lehrgänge des Handfertigkeitsunterrichts vorgeführt werden, außerdem werden verschiedene Vorträge über den Stand der Sache in Sachsen und andere Fragen des Handbil dungswesens berichten. — Zum Deutschen Turnfest in München ist nun mehr das vollständige Programm festgesetzt worden. Dasselbe lautet folgendermaßen: Am 21. Juli Be ginn des Festes durch den Münchener Turngau; an dem Turnen nehmen auch Volksschüler Theil; Con- certe und Tanz. 27. Juli Anfang des eigentlichen Turnfestes, die Festgäste werden begrüßt durch den Prinzen Ludwig, die Oberleitung wird dem Director Maul-Karlsruhe übergeben, das Bundesbanner wird von Münchener Frauen geschmückt, Festspiel. Am 28. j Juli Eröffnung des Turnfestes durch den Prinzregen- ; ten; ihm zur Huldigung findet ein Festzug statt, an ! welchem auch die ausländischen Turner theilneymen, i und in welchem die Geschichte des Turnens, die gym- j nastischen Spiele des Alterthums, die ritterlichen Kämpfe ' des Mittelalters in kostümirten Gruppen dargestellt ernd Fürsorge zuzuwenden. Beruhigen Sie sich, Liebe, und hoffen Sie auf bessere Zeiten!" Liddy war unfähig, zu antworten. Ein heißer Druck ihrer Lippen auf die Hand der gütigen Dame war ihre einzige Erwiderung. Auch Eugen war tief be wegt und reichte der Tante, sie dankbar anblickend, seine beiden Hände. Das Interesse, welches die junge Amerikanerin Lem Neffen der Commerzienräthin schon während der ge meinsamen Seereise emgeflößt hatte, erreichte begreif licher Weise einen noch weit höheren Grad, als ihn das Schicksal in jenem Badeorte zum zweiten Mal mit ihr zusammenführte. Nachdem sie ihm einen neuen Beweis ihres Vertrauens geschenkt, sich aber dennoch standhaft geweigert hatte, ihr Heil in der Flucht un ter seinem Geleite zu suchen, beschloß er, über sie als treuer Beschützer zu wachen und die erwähnten Be obachtungen im Spielsaale ließen ihn erkennen, daß ! keine Zeit zu verlieren sei. So entging dem jungen Manne auch nicht die schon am nächsten Morgen unternommene Abreise der Be treffenden, und ihnen unverzüglich folgend, bediente er sich nach ihrer Abzweigung von der Bahnroute der im Olsdorfer Wirthshause getragenen Verkleidung. Nur eine solche ermöglichte es ihm, den drei Personen auch außerhalb des Gewühls der Bahnhöfe auf der Ferse zu bleiben, ohne ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der ihm günstige Umstand, daß an dem Lohnfuhrwerke, dessen sie sich bedienten, ein Rad brach, ließ ihn trotz seiner Fußwanderung einen Vorsprung gewinnen und es gelang ihm, vom Kutscher des Ma jors das nächste Nachtquartier zu erfahren. Was dort vorging, ist aus dem früheren Theile der Er zählung schon bekannt. Auf der Flucht mit Liddy war er vor Allem dar auf bedacht, seine und des Mädchens äußere Erschei nung möglichst unkenntlich zu machen, weshalb er die falschen Haupt- und Barthaare nebst dem Hausirer- werden. Am Sonntag, Montag und Dienstag, deck 29. bis 31. Juli, ist das eigentliche Wettturnen, Fech ten, Ringen und Laufen der fünfzehn Kreise, dazu Fest mahle, Musikaufführungen, Variöts-Theater-Borstel- lungen, Gebirgsfest, Beleuchtung der „Bavaria", Mit- woch, den 1. August, in Anwesenheit des Prinzregen ten Verkündigung der Sieger und Vertheilung der Preise. Donnerstag, den 2. August, Turnfahrten nach den Bergseen und Königsschlössern. Am 3. und 4. August finden noch verschiedene Lustbarkeiten statt. Auf der am Freitag in München stattgefundenen General versammlung der Turnfest-Ausschüsse und der Garantie- Zeichner, welche mit Hinzuziehung des Beitrages der städtischen Collegien die Turnfestkosten in der Höhe von 208,770 Mk. zu decken haben, wurde das Bud get, welches mit 281,500 Mk. Einnahmen und Aus gaben und einem Reservefonds von 1310 Mk. bilan- cirt, einstimmig angenommen. Der höchstes Posten wurde für den Bau und die Ausschmückung des Fest platzes ausgeworfen, an welchem 38 Tage gearbeitet wird, und den man mit 60 elektrischen Bogenlampen erhellt. Dieser Posten beträgt allein 157,000 Mark. — Das evangelisch-lutherische Landesconsistorium veröffentlicht in der soeben ausgegebenen Nummer 4 seines Verordnungsblattes eine an die Kreishauptmann schaft zu Bautzen, als Consistorialbehörde, sowie an sämmtliche Superintendenten und evangelisch-lutherische Geistliche des Landes gerichtete Verordnung, nach welcher, unter Hinweis auf die bereits früher ergangenen An ordnung, daß die kirchliche Jubelfeier der 800jährigen Regierung des Hauses Wettin zunächst am Pfingstfeste den Gemeinden zu vermelden und sodann am Trini tatisfeste nach der Predigt anstatt des allgemeinen Kirchengebetes ein Jubelfestgebet zu verlesen sei, die von dem Landesconsistorlum verfaßten Formulare für Vermeidung und Gebet nunmehr an sämmtliche Geist liche des Landes hinausgegeben worden sind und die Letzteren sich derselben an den genannten Tagen zu bedienen haben werden. Nach einer weiteren Bekannt machung derselben Behörde ist das werbende Vermögen des allgemeinen Kirchenfonds seit der letzten Veröffent lichung über denselben vom 9. October v. I. von 255,500 Mk. auf 256,500 Mk. gestiegen; es sind aber auch in dieser Zeit wiederum namhafte Unter stützungen aus diesem Fond und der mit demselben verwalteten Stiftung des Kaufmanns Comthur F. ge währt worden. — In besonders hervorragender Weise wird die sächsische Landwirthschaft beim Huldigungszuge der Wettinfeier betheiligt sein. Nach den bis zur Stunde getroffenen Anordnungen werden seitens des Landes- kulturrathes drei Festwagen, und zwar unter Mit wirkung von Landwirthen aus der näheren und ferne ren Umgebung von Dresden, aus dem Vogtlande, aus der altenburgischen Grenzgegend und aus der Ober lausitz, weranstaltet. — Ueber den Wolkenbruch im Vogtlandc am Mon tag Nachmittag liegen nunmehr ausführlichere Mel dungen vor. Aus Reichenbach schreibt ein Bericht anzuge beseitigte und schon auf der Hinreise vorsorg licherweise für Liddy andere Kleidung besorgte. Nach dem sie letztere vor der Entfernung aus dem „Grauen Bären" angelegt hatte, wurde das ihren bisherigen Anzug enthaltende Päckchen in den vor dem Orte ge legenen Weiher versenkt. Den Weg bis zu dem nächsten Städtchen mußten die Fliehenden zu Fuß zurücklegen; dann aber führte sie Extrapost rasch aus dieser Ge gend und eine Bahnstation war bereits erreicht, als am darauffolgenden Nachmittage die Verfolgung or- ganisirt wurde. In der Residenzstadt angelangt, wußte Eugen seine Tante, die in des Neffen Recht schaffenheit unbedingtes Vertrauen setzte, zur vorläu figen Aufnahme seines Schützlings unschwer zu be wegen. Hatte aber die Commerzienräthin es auch nicht über sich bringen können, die Bitte des Neffen abzuschla gen, und dem hilfsbedürftigen Mädchen die Zufluchts stätte zu verweigern, so war sie im ersten Momente doch mit der Handlungsweise Eugen's nicht ganz ein verstanden und selbst jetzt blickten noch gewichtige Be denken zurück. Die erfahrene Frau wußte bald die Natur der Gefühle, welche der junge Mann für die Amerikanerin hegte, fast mit größerer Sicherheit als dieser selbst zu beurtheilen und befürchtete die Durch kreuzung ihrer etwas hochfliegenden, auf den Neffen bezüglichen Zukunftspläne. Sie versäumte deshalb nicht, schon am Tage nach jenem Gespräche Eugen darüber aufzuklären, daß er aus ihrem freundlichen Verhalten gegen Liddy keines wegs die Billigung etwaiger noch innigerer Beziehungen zwischen ihm und dem Mädchen folgern dürfe. Bei aller Achtung vor dem Charakter der Waise würde sie dieselbe nicht als eine passende und wünschenswerthe Lebensgefährtin für einen strebsamen jungen Mann an sehen, der, wie ihr Neffe, sich seine Gattin aus den höchsten Kreisen auswählen könne. (Fortsetzung folgt.l