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wird, wird unter Leitung von dessen Bruder Sonn abend von Antwerpen abreisen. In Metz findet im kommenden Monat für den früheren Reichstagsabgeordneten Antoine, welcher sein Mandat freiwillig niedergelegt, die Ersatzwahl statt; als Kandidat ist der Weinhändler Lanique, Mitglied des Gemeinderathes und Bezirkstages, als Kandidat aufge stellt worden. Lanique ist geborener Metzer, steht aber auf dem Boden des Frankfurter Friedens und war der erste Eingeborene, dessen Sohn deutscher Reserve offizier wurde. Im Bundesrathe wurden am Donnerstag die Abänderungsanträge zum Altersversorgungsgesetz be- rathen. Auch die Samoa-Eonferenz tagte. Ueber die Frage der Controlle der Samoa-Regierung soll ein Einvernehmen erzielt sein. Der Reichstag wird heute Freitag die dritte Berathung des Altersversicherungs-Gesetzes beginnen. Alle Parteien haben ihre Mitglieder zu zahlreichen Erscheinen aufgefordert, damit nicht von Neuem Sitzungen wegen Beschlußunfähigkeit des Hauses abge brochen werden müssen. Ueber die vorzunehmenden Aenderungen ist eine Einigung erzielt worden. Der Berliner Magistrat hat der Stadtverordneten versammlung eine bereits genehmigte Vorlage über die Ausschmückung der Feststraßen für den Empfang des Königs von Italien zugehen lassen. Gefordert werden 150,000 Mk. für diesen Zweck. In der Vorlage heißt es: „Am Dienstag, den 21. dss. Mts., 10 Uhr morgens, wird der König als der hochwillkommene Gast des Kaisers in Berlin einziehen. Der deutsche Kaiser, festlich empfangen in Rom, der König von Italien, freudig begrüßt in der deutschen Reichs hauptstadt, das sind beglückende Zeichen friedlicher Zeiten, hoffnungsreiche Zeichen gewaltiger, in der Freundschaft der Völker endender Wandlungen. Un serer ehrerbietigen Sympathie für den hohen Freund des Kaisers wünschen wir durch den Schmuck der Straßen Ausdruck zu geben, durch die er seinen Weg nimmt. Gern wird die Bürgerschaft unserer Auffor derung, auch ihrerseits durch den Schmuck der Häu ser die gleiche Empfindung zu bekunden, Folge geben. Besondere politische neue Abmachungen wird der Be such nicht herbeiführen. Das Protokoll über die zwischen der Abordnung der westfälischen Grubenarbeiter und dem Abg. Hammacher in Gegenwart der Abgg. Schmidt- Elberfeld und Baumbach getroffene Vereinbarung sagt: Die Bergleute sollen künftig nicht über die acht stündige normale Schicht hinaus arbeiten. Ueberschich- ten sollen nur in wirklichen Nothfällen oder bei starker Arbeit auf Grund besonderer Vereinbarung statlfinden. Einfahrt und Ausfahrt sind in die achtstündige Nor malschicht nicht eingerechnet. Die Löhne sollen in an- gemessener Weise erhöht werden. Für Pulver, Oel rc. soll den Bergleuten nur der Selbstkostenpreis von den Grubenverwaltungen ungerechnet werden. Arbeitern, welche gestrikt haben, soll daraus kein Nachtheil er wachsen. Die Arbeiter-Vertreter erklären, daß sie bei Annahme dieser Forderung aus allen Kräften für die Wiederaufnahme der Arbeit eintreten werden. Or. Hammacher verspricht, diese Forderungen bei den Ze chenverwaltungen zu vertreten. Es heißt, daß die nach Berlin gekommene Deputation der letzteren diesem Ab kommen zugestimmt hat; mit ziemlicher Sicherheit kann also auf allseitige Wiederaufnahme der Arbeit für nächste Woche gerechnet werden. Am Donnerstag fand eine Besprechung zwischen den Deputationen der Verwaltungen und Arbeiter statt. Das Resultat war ein ziemlich befriedigendes. Die Deputation ist für die protokollarisch ausgestellten Forderungen, und wer den die letzteren von den heimischen Verwaltungen ge nehmigt, soll in nächster Woche allenthalben die Arbeit wieder beginnen. Minister Herrfurth berichtete dem Kaiser diesen Erfolg, der sich darüber sehr gut äußerte. Die Arbeitervertreter haben die Warnung des Kaisers, sich vor den Socialdemokraten zu hüten, so strict be folgt, daß sie nicht einmal die ihnen übersandten Karten der Abgg. Bebel und Singer annahmen. Die Arbeiter- Deputation ist auch vom Reichskanzler empfangen. Nach der Audienz der Arbeiter-Deputation bei dem Kaiser erscheint das Ende des Strikes näherge rückt. Besprechungen von Arbeiter-Vertretern aus den verschiedenen Zechen finden statt. Zwischen den nach Berlin gesandten Arbeitervertretern und dem Abg. Hammacher, dem Vorsitzenden des westfälischen Berg werksbesitzervereins, ist eine Vereinbarung über sämmt- liche Arbeiterforderungen erzielt und dieselbe in zehn Paragraphen niedergelegt vr. Hammacher vertrat diese Forderung gegenüber den Vertretern der Zechen verwaltungen, die ebenfalls zur Audienz beim Kaiser nach Berlin gekommen sind. Daraufhin wird wohl der Abschluß des Strikes erfolgen. Eine Versammlung aller Zechen in Gelsenkirchen hat bereits beschlossen, dem am Sonntage in Bochum stattfindenden Arbeiter- Delegirtentage folgenden Antrag vorzulegen: In dem Bestreben, dem von Sr. Majestät dem Kaiser in der Audienz ausgesprochene Wünsche entgegenzukommen, in der Hoffnung, daß die von Sr. Majestät zugesagte Prüfung unserer gerechten Forderungen dieselben zur Erfüllung bringen wird, schlagen wir vor: 1) die Arbeit wieder aufzunehmen, 2) die Deputirten der Be legschaften vertreten Letztere bis zur definitiven Regu- lirung der Angelegenheit. Ausländische Agitatoren sollen ausgewiesen werden. Im Aachener Strikebezirk herrscht volle Ruhe, auch im Waldenburger Bezirk ist seit Dienstag keine Störung der Ordnung einge- tretcn. Eine Compagnie Soldaten und der Oberprä sident von Seydewitz aus Breslau sind dort angekom- men. Im Aachener Bezirk ist durch eine Verständigung von einem Theil der Bergleute die Arbeit wieder ausge nommen. Auch im Schlesischen Bezirk steht ein Aus gleich allem Anschein nach bevor, zwei Bataillone Infanterie und zwei Eskadrons Kürassiere sind von Breslau dorthin abgegangen. Wegen am Montag stattgehabter Excesse sind zahlreiche Verhaftungen vor genommen. Oefterreich-Ungaru. Die 31 antisemitischen Wiener Gemeinderäthe hatten für nächsten Sonntag eine große antisemitische Volksversammlung anberaumt. Dieselbe ist aber polizeilich verboten worden. Die liberale ungarische Regierungspartei hat sich jetzt in die von ihr ursprünglich bekämpfte Errichtung einer katholischen Knaben-Erziehungsanstalt gefunden. Die Regierung hat aber versprechen müssen, baldigst eine zweite, gleiche Anstalt von ausschließlich staatlichem Charakter zu errichten. Frankretm. Einzelne Blätter behaupten, Boulanger leide an vorgeschrittener Diabetes. Das Leiden sei tatsäch lich festgestellt. Der „Matin" behauptet, es werde in dem Boulanger-Processe doch so viel Material gewon nen werden, daß der General dauernd verbannt wer den könne. Der Attentäter Perrin ist wegen Unfugs dem Polizeigericht überwiesen. Italien. Die Abreise König Humberts, des Kronprinzen Victor Emanuel und Crispis nach Berlin erfolgt Sonntag Mittag via Genua, Mailand, Chiasso, Lu zern, Basel, Frankfurt a. Main. Rußland. Der Schah von Persien ist auf seiner russischen Reise in Tiflis eingetroffen und dort feierlich empfan gen worden. Aus dem MuldenLhale. *Waldeuburg, 17. Mai. Gestern Vormittag reiste Ihre Durchlaucht die Frau Fürstin von Schön burg-Waldenburg in Begleitung von Prinzessin Tochter Elisabeth, Durchlaucht, von hier ab nach Karlsbad, wo hochdieselben zum Gebrauch der Kur längeren Aufent halt zu nehmen gedenken. *— Gestern Abend gegen 10 Uhr gingen zwei Mädchen, die dreizehnjährige und elfjährige Thieme hier, Kinder des Fabrikarbeiters Thieme, bei der Wein- hold'schen Bleichwiese in die Mulde, um sich zu er tränken. Ein junger Mann, Sohn des Kohlenhändlers Gumprecht, rettete in der Nähe des Wehres das größere Mädchen, während die kleinere, erst von der älteren an den Haaren gehalten, fortgeschwemmt wurde. Die Ur sache, warum sich diese Kinder das Leben nehmen woll ten, soll schlechte Behandlung gewesen sein. Schon im vorigen Winter waren diese Kinder barfuß im tiefen Schnee nach dem Anger hinausgeirrt, um davonzu laufen. Wie wir noch erfahren, ist der Leichnam des ertrunkenen Mädchens heute Vormittag bei Wolkenburg aus der Mulde gezogen worden. *— Der Communicationsweg von Altstadtwalden- burg nach Oberwinkel ist für den Fährverkehr wieder freigegeben. — Bei dem am 15. d. in Glauchau aus der Mulde gezogenen männlichen Leichnam fand sich ein für Johann Möckel ausgestelltes, mit dem Stempel der Moritzapotheke Zwickau versehenes Recept, datirt vom 28. Februar 1889, vor. — Die Fleischer-Innung zu Zwickau richtet im Interesse der Reinlichkeit eine recht zeitgemäße Bitte an ihre Kundschaft: dieselbe möge es künftighin ver meiden, Hunde in die Fleisch-Verkaufsläden mitzu bringen. — Der Streik der Maurer und Zimmerer in Zwickau dauert unverändert fort, da die Meister sich nach wie vor weigern, die Forderungen der Gehilfen zu erfüllen. 600 bis 800 der letzteren haben daher die Stadt bereits verlassen, um auswärts Arbeit zu suchen. — Auf einem Zwickauer Kohlenwerke haben am 16. d. die Förderleute die Arbeit eingestellt. Aus dem Sachsenlande. — Der Gewerbeverein Meerane wählte am 15. d. Herrn Realschuloberlehrer Kirsten daselbst zu seinem Vorsteher. — Auf der Festung Königstein fuhr in der Nacht zum Donnerstag gegen 1 Uhr der Blitz in das Magazin in welchem Tausende von Granaten, Kartätschen, Schrapnells und Manöver-Cartouchen lager ten und sprengte dasselbe in die Luft. 300 Meter davon befindet sich das Magazin L mit über 15,000 Centnern Pulver. Die Magazine haben je 3 Blitz ableiter, welche erst vor 14 Tagen auf das Genaueste untersucht worden waren. Das entzündete Magazin bildete einen mächtigen, die Nacht hell erleuchtenden Feuerherd. Sämmtliche Fenster und Thüren der Um gegend waren durch den gewaltigen Luftdruck einge schlagen. In einem Umkreise von 500 Metern schwirr ten Tausende von Geschoßtheilen durch dir Luft und bis gegen 4 Uhr morgens hörte man das unaufhör liche Knattern explodirender Geschosse. Der vor dem Magazin Posten stehende Infanterist kam mit einer Verletzung der linken Hand davon. — In Heiurichsort schlug am 15. d. der Blitz in die Esse des Herrn Friedrich Graf. Von der Esse nahm der elektrische Funke seinen Weg in die Wohn stube, betäubte daselbst ein Mädchen, fuhr darauf in den Stall und tödtete die Kuh. — In Gersdorf wurde bei dem am Mittwoch aufgetretenen Gewitter der Klempner H. auf einem Neubau im Keller, wo sich die arbeitenden Leute zu rückgezogen hatten, aus der Mitte der Versammelten vom Blitz getroffen und sofort getödtet. Den andern Anwesenden ist kein Schaden geschehen. — In Thonhausen bei Crimmitschau entzündete am Mittwoch ein Blitzschlag die Scheune des Guts besitzers Burkhardt und brannte dieselbe gänzlich nie der; auch auf dem Rittergute Weißbach brannte in folge Blitzschlags eine Scheune nieder. — In Callnberg hat der Blitz am 15. d. den in den 60er Jahren stehenden Weber Müller in der oberen Gasse, gerade als er zur Hinterthür hinaus trat, erschlagen. Deutscher Reichstag. 68. Sitzung vom 16. Mai. 1 Uhr. Das Haus ist sehr schwach besetzt. Am Bundesrathstische: Commissare, später von Bötticher. Der Bericht der Reichsschuldencommission vom 10. April d. I. wird entsprechend den Anträgen der Rech nungscommission für erledigt erklärt. Eine Petition von staatlichen Eisenbahn-Werkstatt-Arbeitern um Wiederaufnahme in die Ortskrankenkasse zu Breslau wird, dem Anträge der Petitionscommission gemäß und entgegen dem Wunsche des Geh. Rathes Lohmann, welcher Uebergang zur Tagesordnung befürwortet, den verbündeten Regierungen zur Erwägung überwie sen. Eine Petition, welche aus Anlaß des Hamburger Kaffee-Termin-Handels die Grenzen zwischen Lieferungs handel und Terminhandel gesetzlich zu regeln bittet, soll nach dem Anträge der Petitionscommission den verbündeten Regierungen zur Erwägung überwiesen werden. Abg. Goldschmidt ssreis.) beantragt Uebergang zur Ta gesordnung, La «in gesetzliches Eingreifen den ganzen Kaf- seehandel, wenn nicht vernichten, so doch schwer schädigen würde. Abg. Gamp (freicons.) tritt dem Vorredner entgegen. Die Anregung zum Terminhandel sei bisher niemals von Producenten oder Consumenten ausgeganqen, sondern stets vom Großhändler, der ein Interesse daran habe, den Preis herabzudrücken. Redner empfiehlt die Annahme des Com missionsantrages, denn die Festlegung eines Termins habe für den Handel immer zur Folge, daß große Vorräthe von Waaren dem Verkehr für die Zwischenzeit entzogen werden. Abg. Wörmann (nailib ) sucht die Berechtigung des von der Hamburger Waaren-Liquidationskasse für Deutschland eingeführten Kaffee-Terminhandels zu begründen und die Berechtigung des Zwischenhändlers darzuthun, der ein noth wendiges Glied sei zwischen dem Importeur und dem Händ ler, der die Waare an den Consumenten abgiebt. Hamburg würde ohne Einführung des Terminhandels seinen Einfluß und seine Bedeutung als Häuptimportstelle für den Kaffee handel einbüßen. Dis selner Zeit in der Presse viel erör terten „Kaffee-Schwänze" haben nicht die Bedeutung, die man ihnen beilegte. Sie entstanden dadurch, daß man von einer ganz bestimmten Sorte Kaffee, di« zu einem ganz be stimmten Termin geliefert werden mußten, bedeutende Quan titäten bestellte, wodurch ein starker Druck aus den Preis auSgeübt wurde. Der Zwischenhandel bedingt die Stellung eines Handelsplatzes. Hamburg hat seine Bedeutung für den Kaffeehandel ebenso dem dort organistrten Zwischenhan del, wie Bremen demselben seine Bedeutung für den Tabak- Handel zu verdanken. Trotz aller Bemühungen hat Ham burg nie den Rang Bremens im Tabakhandel gewinnen können, weil es in Hamburg an dem erforderlichen Zwischen handel fehlte. Wie nothwendig mitunter für einen Handels platz die Einführung des Terminhandels sein kann, ergiebt sich daraus, daß soeben auch London den Terminhandel für Thee eingeführt hat. Durch diesen Terminhandel halten sich die Preise viel gleichmäßiger, als ohne denselben. Die Speculation kann die Preisschwankungen wohl benützen, aber nicht hervorbringen. Vorsichtige Leute werden sich auf solche Speculationen nicht einlassen, höchstens solche, die nicht all« werden. Die Agitation gegen den Terminhandel geht lediglich von den Bremer Kaufleuten aus; di« Gesetz gebung darf sich nicht damit befassen und es empfiehlt sich deshalb, den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung an zunehmen. Abg. Hegel (cons.) bittet, den Commissionsantrag anzu nehmen, denn es werde dadurch dem Reichskanzler Gelegen heit gegeben, die Richtigkeit der Würmann'schen Ausführun gen zu prüfen. Abg. Windthorst (Ltr.) will sich heute über die Frage nicht entscheiden und dem CommissionSantrage lediglich in