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Schönburger Tageblatt «scheint täglich mit Ausnahme der Lage nach Sonn« und Festtagen. Abnahme von Inseraten für die nächster- Meinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Ker NdonnementSpreis betrügt vierteljähr lich 1 ML. S.5 Pf. Inserats pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergaffe 2Sls. —«^«— und AÄsblM str Zes Mweth zu WslSeÄsrg. Filialen: in Nltstadtmokdenb-rg Kaufmann Otto Förster; in Penig bsi Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe: in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Lunzenau bei Hrn. Buchhändler E. Dwtze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein ö. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Zugleich weit verbreitet in den Städten Pe«ig, Lunzenau, LichteusLem-Ealluderg und in deu Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: NlLstsdt-Waldenburg, Bräunsdorf, Eallenöerg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen» leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederrsicra, Obergräfenhain, Oberwiera, Ober-vinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. « «2 Donnerstag, den 14. März 181W Witterungsansnchtett für den 14. März: Veränderliche Bewölkung, Niederschläge nicht ausgeschlossen. Temperatur wärmer. Barometerstand am 13. März, nachmittags 3 Uhr: 760 mm. Gefallen. Auctiousbekanntmachung. Künftigen Montag, deu 18. März d. I., von Vormittags 9 Uhr an gelangt das im Konkurse über das Vermögen des Gutsbesitzers Johann Speck in Oberwiera noch vorhandene lebende und todte Inventar, worunter sich 5 Kühe, 3 Kalben, 2 Kälber, 1 Pferd, mehrere Wagen, Feld- und Scheuneu- geräthe, verschiedene landwirthschaftliche Maschinen u. A. m. befinden, im Speck'schen Gute in Oberwiera gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Waldenburg, am 12. März 1889. Der Konkursverwalter. Rechtsanwalt vr. Heins. 'Waldenburg, 13. März 1889. f Das Socialistengesetz ist für keine Partei im deut schen Reichstage ein Lieblingsgefetz gewesen, und wenn es sich um die Berathung einer neuen Verlängerung der Ausnahmebestimmungen handelte, ging cs wie ein Zug des Unbehagens durch das ganze Haus. In dessen fand sich regelmäßig eine Mehrheit für die von den verbündeten Regierungen zwar gleichfalls bedauerte, aber doch als nothwendig bezeichnete Vorlage, und l diese Mehrheit setzte sich aus den beiden conservativen I Parteien, den Nalionalliberalen und einem erheblichen ! Theile des Cenlrums zusammen. So kam es, daß das Socialistengesetz auch in jener Zeit regelmäßig be- i willigt wurde, in welcher die Parteien der Kartellver- i einigung die absolute Mehrheit nicht besaßen. Bei ? jeder neuen Socialistendebatte wurden neue Wünsche i nach einer definitiven Regelung der Angelegenheit laut; ' dieselben entsprangen dem Wunsche, ein für alle Male i mit diesen langen Erörterungen verschont zu werden, i die nur Beunruhigung und Erregung brachten. Der frühere preußische Minister des Innern, Herr von Puttkamer, trat allen diesen Wünschen mit großer Entschiedenheit entgegen, >.r brachte bei der letzten Ver längerung der Vorlage sogar ein wesentlich verschärf tes Gesetz ein. Aber trotzdem Herr von Puttkamer für diese neuen Bestimmungen, unter welchen der Ver lust der deutschen Staatsangehörigkeit für socialdemo kratische Agitatoren die weitgehendste war, mit voller Energie eintrat, wurden dieselben vom Reichstage doch abgelehnt; Fürst Bismarck blieb den Verhandlungen fern, und so erfolgte nur die unveränderte Verlänge rung. Seitdem Herr von Puttkamer erklärte, eine Abänderung des Socialistengcsetzes und eine Ueber- tragung der Bestimmungen desselben auf das Straf gesetzbuch sei unmöglich, ist nur ein- kurze Zeit ver flossen; jetzt ist nun im preußischen Staatsministerium ein solcher Entwurf wirklich aufgestellt worden, und es wird in dieser Reichstagssession wahrscheinlich noch der Versuch gemacht werden, eine Aenderung des be stehenden Zustandes herbeizuführen. Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß auch der jetzt vorbereitete Versuch einem persön lichen Wunsche Kaiser Wilhelms II. entspricht. Der Kaiser hat sich, wie aus verschiedenen Ansprachen und Unterredungen hervorgeht, sehr eingehend mit den Arbeiterverhältnissen beschäftigt, und wird dabei auch erkannt haben, daß, wenngleich das Socialistengesetz alle revolutionären offenen Ausschreitungen niederhält, doch sein Name den Socialdemokraten ihr bestes Agita tionsmittel liefert. In seiner ersten Thronrede zur Eröffnung des Reichstages sagt der Kaiser, daß er niemals die Machtmittel des Staates zur Verhinde rung von Umsturzbestrebungen beseitigen lassen werde; aber diese Beseitigung erfolgt auch nicht, wenn, wie nun geplant ist, die einzelnen Paragraphen des Aus nahmegesetzes in das Strafgesetzbuch in geeigneter Weise übertragen werden sollen. Nur ein Unterschied würde zwischen der alten und neuen Form bestehen, allerdings ein solcher von außerordentlich hoher Be deutung: in dem Verfahren gegen die Socialdemokratie würde nicht mehr die Polizei das erste Wort sprechen, sondern der Richter. Darnach ging aber gerade der Wunsch auch im Reichstage. Man wünscht dort fest- f stehende, auf richterliche Entscheidung beruhende Maß- ; yvhmen gegen die Ausschreitungen, wie sie hervorge treten sind. Natürlich ist die Umwandlung nicht so einfach; es sind dabei zahlreiche Details zu erörtern, ! und für die Polizei wird wahrscheinlich immer noch ' ein Theil der Machtbefugnisse gefordert werden, welche ; sie jetzt auf Grund des Ausnahmegesetzes besitzt. Wir s wollen nur wünschen, daß es zu einem Einvernehmen zwischen den v-rbündeten Regierungen und dem Reichs- ! tage über diese Frage kommen möge, damit der Social- demokratie ihr wesentlichstes Agitationsmittel aus der Hand geschlagen wird. Die kommenden Reichstagswahlen haben in der Socialdemokratie das erklärliche Verlangen geweckt, die sehr bittere Niederlage, welie sie 1887 erlitten hat, wett zu machen. Die Stimmenzahl, welche die Social« dcmokraten damals auf ihre Candidaten vereinigt haben, beweist, daß die Ordnungsparteien keine Ursache haben, sich jetzt in Sorglosigkeit zu wiegen, sondern ! bis auf den letzten Mann auf dem Platze sein müssen, wenn ihnen der Sieg werden soll. Die Socialdemo kraten sind scheinbar ruhig, aber diese Ruhe ist nicht die der Trägheit. Eine geheime, äußerst lebhafte Agi tation hat bereits begonnen, die große Ueberraschungen bringen kann, wenn die Gegner nicht zur rechten Zeit auf dem Posten sind. Die Wahlsiege sind über die Socialdemokralen nur durch starke Betheiligung zu er reichen; wäre die Betheiligung allgemein, würde über haupt kein Socialist im Reichstage sein, denn die Partei der Herren Bebel und Liebknecht hat in keinem einzigen deutschen Wahlkreise die Mehrheit aller Wähler für sich. Indessen wird eine solche allgemeine Wahl- betheiligung kaum erzielt werden. Es liegt der Social demokratie vor Allem daran, ständig Agitationsmittel zur Hand zu haben, um die Unzufriedenheit der Massen ihrer Anhänger aufrecht zu erhalten. Die Menge der eingefleischten Socialisten bekehren zu wollen, ist eine Unmöglichkeit, die beste Waffe gegen die Partei ist: Den Zuzug ihrer Rekruten zu verhindern. Und das ist nur möglich, indem die Agitationsmittel, eins nach dem anderen, wirkungslos gemacht, die Ziele der Partei als phantastische Gedanken, die sie in Wahrheit doch sind, hingestellt werden. Politische Nttndschau. Deutsches Reich. Der Kaiser unternahm am Dienstag Vormittag eine Spazierfahrt und wohnte nach Beendigung der selben der Schlußsitzung des Brandenburgischen Provin ziallandtages bei. Darauf arbeitete der Kaiser mit dem Admiral Frhrn. von der Goltz und dem General lieutenant von Hahnke. Um 6 Uhr fand bei den Majestäten großes Galadiner zur Feier des Geburts tags des Prinz-Regenten von Bayern statt. Der Kaiser hat einen sehr herzlichen Glückwunsch nach München gesandt. Vor der Tafel hatte derselbe eine längere Unterredung mit dem von den Jubiläums feierlichkeiten in Danzig wieder in Berlin eingetroffe nen Prinzen Leopold. König Humbert von Italien wird bald nach der Uebersiedelung des Kaiserpaares nach Schloß Friedrichskron bei Potsdam zum Besuche dort erwartet. Kaiser Wilhelm II. erschien am Dienstag ganz unerwartet in der Sitzung des in Berlin tagenden Brandenburgischen Provinziallandtages, dessen Verhandlungen er schon mehrfach beigewohnt, und er griff nach Begrüßung des Präsidenten zu folgender Ansprache das Wort: Meins Herren! Ich bin hierhergekommen, um das Jahr nicht vorübergehen zu lassen, ohne mit den Herren der Pro vinz Brandenburg wenigstens einen Augenblick zusammen zu sein. Der Herr Oberpräsident war so freundlich, mir auch dieses Jahr Ihre Einladung zu übermitteln und ich Hütte ihr auch ja gern entsprochen. Da es aber gerade den Tag vor dem Erinnerungstage an das Hinscheiden meines Großvaters betraf, so war ich leider nicht in der Lage, der Einladung Folge zu leisten. Da ich aber das Jahr nicht vorübergehen lassen kann, ohne nochmals unter den Branden burgern zu weilen, habe ich mich kurz entschlossen, mich heute noch hierher zu verfügen, um den Herren wenigstens noch meinen Gruß entbieten zu können. Der erste und vornehmste Name in meinem groben König lichen Titel ist der eines Markgrafen von Brandenburg, und als Solcher sehe ich mich natürlich, wenn ich unter Ihnen bin, als Denjenigen an, der Ihr direktes Haupt ist, und halte mich verpflichtet, wenn Sie zusammen sind, auch unter Ihnen zu weilen. Wir haben in diesem Jahre speciell Tage und Zeiten durchgemacht, wie sie wohl schwerlich je ein Volk und eine Familie durchzumachen gehabt hat: soweit die Geschichte mir bekannt ist, ist kein Fall dem Unserigen ähnlich. Wir haben zwei Könige verloren, ich habe einen Großvater und Vater in kurzer Zeit vor mir dahinsterben sehen: Ich glaube, das ist genug der Schule für einen jungen Herrn, der berufen ist zum Herrscher über ein solches Land. Daß ich besonders der Sympathien der Provinz Branden burg und speciell ihrer hiesigen Vertreter theilhaftig war, dessen war ich mir bewußt. Da wir uns aber schon seit langer Zeit näher und gut kennen, so war ich überzeugt, daß Sie, der Schwierigkeiten der gegebenen Verhältnisse ein gedenk, keinen Augenblick zögern würden, mir auch inner halb der Provinz Ihre Sympathie zu bezeugen und meine Thätigkeit zu unterstützen. Wie meine Grundsätze sind, das wissen Sie; ich Habs es Ihnen im vorigen Jahre gesagt, und ich überlasse es Ihrem Urtheile, ob ich darnach gehandelt habe oder nicht. Ich glaube aber sicher sein zu können, daß in jeder Beziehung in der Provinz die Gewerbe sich heben und Handel und Wohlstand in Zunahme begriffen sind. Ich freue mich, den heutigen Tag noch gefunden zu haben, an dem ich einen Augenblick unter Ihnen habe weilen können und hoffe, daß es dem Provinziallandtag geglückt sein möge, auch in diesem Jahre mit Erfolg, seine Aufgaben zu lösen. Ich hoffe, daß wir im nächsten Jahre wieder Gelegenheit haben werden, zusammen zu kommen, und bitte nur, daß die Herren nach wie vor Ihre alte gute brandenburgische Treue mir bewahren und beweisen mögen, wie bisher. Nachdem der Vorsitzende ein Hoch auf den Mo narchen ausgebracht, verneigte sich der Kaiser wieder holt dankend, reichte mehreren Herren die Hand und entfernte sich dann, um noch das Sitzungsgebäude zu besichtigen. Auch durch diese Rede des Kaisers weht ein Zug ruhiger, fester Friedenszuversicht, deshalb wird sie auch außerhalb der Grenzen Brandenburgs bei fällig begrüßt werden.