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ist uns verloren gegangen. Wenn die Deutschen die englische Sprache nicht annehmen würden, ginge das amerikanische Volk in der Volkszahl langsam zurück. Wir Deutschen haben dabei den Nachtheil. Es ist nicht gleichgiltig, ob drüben über dem Meere ein Volk von 60 Millionen englisch oder deutsch spricht. Gleiche Sprache ist stets mit gleicher Denkweise verbunden, «in anders sprechendes Volk denkt anders, der englisch sprechende Amerikaner denkt wie der Engländer, er hat auch den Geschmack des Engländers, und der Geschmack entscheidet im Handwerk. Man sagt oft, es werde nur da gekauft, wo es billiger und besser ist, aber jedes Volk legt einen anderen Maßstab an dieWaare; der Südländer kauft die theuren und schlechten Waaren der Spanier, weil sie seinem Geschmack entsprechen. Es ist also zu beklagen, daß die Deutschen ihre Sprache in Amerika verlieren. Von diesem Gesichtspunkte aus sind die Colonien, welche gegenwärtig Deutschland zu gewinnen sucht, sehr zu schätzen. Allerdings ist Zanzi bar ein Colonisationsobject, bei welchem sich der Werth erst bewähren muß, während er sich in Kamerun schon Gewährt hat; aber daß nach diesen Colonien jemals unsere Auswanderer gehen könnten, ist nicht anzuneh men. Diese Colonien in Afrika und Australien haben nur einen Werth für unsere Kaufleute und Plantageu- besitzer. Die Arbeit in den Plantagen können nur Neger verrichten, für die Deutschen ist es zu heiß. Auch den heute in Brasilien herrschenden Zuständen ist nicht allzuviel Bedeutung beizumessen. Man ver suchte den Auswandererstrom nach Brasilien zu lenken, aber es war nicht möglich; nach Nordamerika werden so lange die Auswanderer gehen, als sie Platz finden. Dort haben sie treffliche Eisenbahnen, große riesige Städte in M>.nge, das Land ist allerdings weniger entwickelt, Einwohner in Masse, deutsche Ansiedler auch in Masse; und vor allen Dingen finden sie dort die selben klimatischen Verhältnisse. Man findet dort den Winter und Sommer in denselben Monaten und kann im Großen und Ganzen mit seinen landwirthschaft- lichen Fähigkeiten weiter kommen. Das kann man in Afrika zunächst gar nicht, in Südamerika eher, aber auch dort hat man keinen gleichen Winter, cs wachsen dort Palmen; die Pflanzen sind anders als hier, es wächst Kaffee und Tabak in südlicher Weise; die Blüthen haben keinen Duft, die Vögel singen nicht, sie kreischen; es kommt noch dazu, daß nach Südbrasilien der Weg ungeheuer weit ist, wer dorthin gelangen will, muß den Aequator durchschneiden, die Fahrt ist theurer, das Land schlechter entwickelt, nur die Küsten sind mit Cul- lur besäumt. Das Einzige, was Brasilien empfiehlt, ist sein wundervolles gesundes Klima. Neuerdings müssen in Amerika die Einwanderer den Besitz eines kleinen Kapitals nachweisen, infolge dessen ist für die Armen Nordamerika geschlossen. Für diese ist Brasilien der ganz richtige Boden. In den deutschen Colonien im Süden ist das Klima ivieder milder; im ersten Jahre wird ihnen die Ansiedlung zwar furchtbar schwer, sie gerathen in Verzweiflung im Kampfe mit der üppig wuchernden Natur, aber wenn sie sich einen Weg gebahnt, fühlen sie sich wohl. Hühner, Rinder und Schweine gedeihen vortrefflich uno in dem urbar gemachten Boden wächst eine solche Fülle von Nah rungsmitteln, daß sich die Ansiedler dabei sehr wohl und glücklich fühlen; der beste Beweis dafür ist, daß es dort eine deutsche Familie unter 6 blühenden Kin dern nicht giebt, meist haben sie deren 8 bis 12; und diese wieder anzusiedeln verstehen sie wundervoll. Rings um ihre Wirthschaft siedel» sie ihre Söhne an und die jungen Familien blühen dann ebenso weiter. Infolge dessen vermehrt sich das deutsche Element in Brasilien sehr schnell. In Brasilien befindet sich Staatswesen und Rechtspflege in Verfall, und läßt sich deshalb in Zukunft erwarten, daß dort das deutsche Element sich einmal wird unabhängig machen können. Es ist in folge dessen in der That sehr räthlich, daß die deutsche Einwanderung und auch das i rutsche Kapital sich dorthin wendet; namentlich am Tabak- und Kaffeebau könnte sich dort das deutsche Kapital eifrig betheiligen. Die Auswanderung nach Nord amerika bedeutet für uns leider einen großen Kapitalver lust. 500 Mk. soll jeder Einzelne mitbringen; 150,000 Personen gehen jährlich hinüber, das macht 78 Millionen baares Geld, welches sie von uns wegnehmen. Rechnen wir dazu den persönlichen Werth des Auswanderers: er ist hier erzogen, hat gute Schulen genossen, ist ernährt worden, und wenn er 18 bis 24 Jahre alt geworden ist, ist es niedrig gerechnet, seinen Werth mit 1000 Mk. anzunehmen; das macht wieder jährlich 150 Mil lionen Mark, die uns dadurch verloren gehen, daß die Auswanderer ihre Sprache nicht behalten. Bei Be- urtheilung dieser Dinge spielt das eine ganz gewaltige Rolle. Man weiß oft gar nicht, woher ein Volk in Blüthe kommt und deswegen ist die Betrachtung, die wir auf die Deutschen in Nordamerika werfen, geeig net, uns mit Sorgen für das deutsche Element zu er füllen. Es giebt eine Menge Gründe, warum das deutsche Element in Nordamerika seine Sprache zu verleugnen pflegt. Als im vorigen Jahrhundert die Auswanderung nach Amerika begann, kamen zumeist einfache Landleute hinüber, die Hochdeutsch überhaupt nicht sprachen. In den 30er und 40er Jahren schwoll die Auswanderung immer mehr und mehr an, aber auch da waren noch keine gebildeten Leute darunter, Diejenigen, die hinüber kamen, z. B. Schwaben und Mecklenburger, vermochten sich nicht einmal unter einander zu verstehen. Der Mecklenburger versteht überhaupt das Englische viel eher als das Hoch deutsche. ^Sodann lernt sich das Englische über haupt sehr leicht. (Redner giebt hier einige Beispiele der Declination und Conjugation an.) Ferner sind die Gerichte englisch, Zollbehörden, Magistrat rc. sind eng lisch, die Gesetze sind in englischer Sprache abgefaßt. Die Deutschen kamen dorthin, ohne politisch einig zu sein, sie hatten nicht einmal das Bewußtsein, daß sie Deutsche waren; der Pfälzer trat als Pfälzer auf, der Würtemberger als Würtemberger. Alle diese kleinen deutschen Staaten waren in Nordamerika nicht vertreten, der Schutz der Deutschen wurde vom eng lischen Gesandten ausgeübt. Infolge dessen mußte sich der Deutsche manchen Faustschlag der bekanntlich sehr zur Kraftäußerung neigenden Amerikaner gefallen lassen, einfach weil ihn der englische Gesandte nicht schützte. Oesterreich und Preußen hatten wohl Ge sandtschaften, aber sie waren ohnmächtig. Oesterreich besaß nur eine kleine Flotte, Preußen gar keine. Aus diesem Grunde ist es ein äußerst werthvoller Gewinn, daß sich eine deutsche Flotte entwickelt hat und die deutsche Flagge sich in den Meeren zeigt. Als Angra Pe- quena als erste deutsche Colonie in Besitz genommen wurde, da ging ein Jubelschrei durch die Herzen unserer Lands leute in Amerika; diese sind überhaupt die begeistertsten Patrioten sür die deutsche Einheit. (Schluß folgt.) *— Auch heute zeigte das Thermometer in den Morgenstunden noch eine Kälte vvn 8 Grad an. Un sere Gegend scheint überhaupt gestern der Mittelpunkt der höchsten Kälte in Europa gewesen zu sein, denn selbst Petersburg hatte gestern nur 11, Haparanda gar nur 6 Grad. Die Schlittenbahn ist zur Zeit eine ganz vorzügliche, infolge dessen ist auch der Schlit tenverkehr ein außerordentlich reger, besonders stark war er am vergangenen Sonntag. *— Laut der neuesten Liste des Gauverbandes erz- gebirgischer Gewerbevereine suchen Meister Lehrlinge und zwar als Bäcker 7, Barbier 2, Böttcher 2, Buch binder 4, Buchdrucker 2, Brauer 1, Conditor 1, Fär ber 1, Feilenhauer 1, Fleischer 5, Gärtner 2, Ger ber 3, Korbmacher 1, Kaufmann 8, Kellner 1, Klemp ner 2, Kupferschmied 1, Kürschner 1, Lackirer 1, Mül ler 2, Maler 2, Sattler und Wagenbauer 3, Schlos ser 3, Schmied 5, Schneider 3, Schuhmacher 9, Sei ler 1 Photograph 1, Tischler 5, Tapezirer 2, Zeug schmied 1, Weber 12, dagegen folgende Lehrlinge Mei ster als Barbier 4, Buchbinder 2, Conditor 2, Fär ber 1, Fleischer 3, Glaser 1, Kaufmann 2, Kellner 2, Müller 1, Musterzeichner 1, Sattler und Wagenbauer 1, Schlosser 14, Schmied 2, Schneider 2, Schreiber 1, Tischler 6, Uhrmacher 1. Durch Herrn Schneider meister Wohlfarth, welcher die hiesige Lehrlingsvermit telungsstelle führt, wird gern weitere Auskunft ertheilt. *— Am Abendhimmel sind gegenwärtig sämmtliche 4 größere Planeten sehr deutlich sichtbar: 6 Uhr Abends sieht man am westlichen Himmel, ziemlich hoch über den Horizont, die Venus, gegenwärtig Abendstern, mit hellstrahlendem Lichte; am östlichen Himmel steht unterhalb des Sternbildes der Zwillinge Jupiter, der sofort wegen seines blendend Hellen Lichtes ins Auge fällt; etwas tiefer links Mars mit rothem Licht; am südlichen Himmel ist hoch über dem Horizont, zwischen den Plejaden (Siebengestirn) und dem röthlichen Stern Aldebaran im Sternbilde des Stiers, der Planet Saturn mit bleicherem Lichte sichtbar. Altstadt-Waldenburg, 26. Februar. Am gestri gen Tage feierte der hiesige Militärverein im Gast hofe zum Hirsch sein 24jähriges Stiftungsfest. Zahl reich waren die Mitglieder mit ihren Angehörigen, sowie Ehrenmitglieder und Gäste erschienen. Die fröhliche Feststimmung wurde herbeigefüyrt durch die mannigfachsten Toaste bei Tafel. Kamerad Helbig I, als Vorsteher des Vereins, brachte ein Hoch auf Se. Majestät König Albert, als dem Protector der Mili tärvereine, sowie Herrn Pastor Spiegelhauer als Ehren mitglied und der treuen Kameradschaft im Verein. Hierauf brachte Herr Pastor Spiegelhauer in höchst gediegenen Worten Lebenszüge der hohen verewigten Kaiser und des jetzigen und schloß daran ein Hoch, welchem der brausende mit Musik begleitete Gesang Deutschland, Deutschland über Alles rc. folgte, und brachte ferner ein Hoch dem Vereine und dem Senior des Ver eins, dem im Leben sehr geachteten, braven und viel erlebthabenen Winterfritze. Kamerad Hoppe gedachte auch des hohen fürstl. Hauses Schönburg-Waldenburg. Ebenso erhielten ein Hoch der Vorsteher des Vereins, der Führer der Gewehrsection, die Ehrenmitglieder und Gäste, Frauen und Festjungfrauen, die Männer, sowie ein in der Ferne weilender Freund des Vereins. Herr Lieutenant Almer, Mitglied des Vereins, gedachte später noch einmal in herzlichen Worten der treuen Kamerad schaft und Herr O. Förster, Hauptmann der hiesigen freiwilligen Feuerwehr, betonte in einem Hoch den Stolz des Vereins, einen lieben Offizier als Mitglied ge habt zu haben, welcher leider bald durch seinen Fort zug aus der Runde scheidet. Nach Schluß der Tafel, wobei wir auch nicht vergessen wollen, Küche und Keller unseres Gastwirths ein gutes Lob zu zollen, begann der Ball. In einer Zwischenpause führten Kameraden eine die Lachmuskeln erregende Scene einer Exercierstunde auf Kamerun vor. Auch veranstaltete man eine Sammlung zum Besten des Wettiner Ju- biläumfonds und ergab diese einen Betrag von 7 Mk. 20 Pf. Durch sonstige noch die Feststimmung erhei ternde Späßchen verlief das Fest auf das prächtigste. — Für die Stelleeines ersten Stadtraths in Glauchau, welche vom 1. April 1889 ab zunächst auf 6 Jahre neu zu besetzen und mit einem Jahresgehalt von 4000 Mark ausgestattet ist, werden seitens des dortigen Stadtrathes durch Ausschreibung geeignete Bewerber gesucht. — In Glauchau erlitt am Freitag Nachmittag die Ehefrau des Handelsmannes Otto einen bedauer lichen Unfall. Dieselbe stand vor dem Schaukasten einer photographischen Anstalt in der Bahnhofstraße, welcher mit einem Gitter, das Eisenspitzen krönen, um geben ist. Infolge Ausgleitens fiel die verehel. Otto auf die Spitzen des vor dem Schaukasten etwas nied rigeren Gitters und stach sich dieselben in den Leib, so daß sie erst durch Hilfe anderer Personen aus die ser schrecklichen Lage befreit wurde. Die Verletzungen sollen jedoch nicht gefährlicher Natur ;ein. AM dsm SachserrlMrde. — Der große Schneepflug, bespannt mit 2 Ma- schienen, befährt seit dem 22. d. M. wieder die durch das heftige Schneetreiben arg beeinträchtigte Strecke Oederan-Klingenberg. — Das Actienkapital der Dresdner Bank soll auf 60 Millionen erhöht werden. — Auf dem Bayrischen Bahnhofe in Leipzig wurde am Sonntag Nachmittag gegen 5 Uhr ein beim Schneeschaufeln beschäftigter Arbeiter durch Rangir wagen überfahren und sofort getödtet. Im Hohnstädter Rittergutsrevier bei Grimma wurde am Donnerstag der Leichnam eines anscheinend dem Arbeiterstande angehörigen unbekannten Mannes erfroren aufgefunden. — Bei Eintritt des Frühjahres werden wohl noch mehr Opfer des großen Schnees gefunden werden, wie dies auch bei dem 1886er Schnee beobachtet wurde. — Wie gewaltig der Andrang junger Lehrer zu den sowohl in der Stadt wie in den Vororten Leipzigs ausgeschriebenen Stellen zunimmt, läßt sich auch wieder daraus erkennen, daß um 4 ständige Stellen in Gohlis, die mit 1500 Mark ausgeschrieben waren, nicht weni ger als 202 Lehrer von auswärts sich beworben haben. — Auf dem imposanten Felsen des Lilienstcin wird zur bleibenden Erinnerung an die 800jährige Wettiner Jubelfeier im Akai zu einem Denkmal der Grundstein gelegt merden. — Das Herrig'sche Lutherfestspiel wird in nächster Zeit in Stollberg zur Aufführung gelangen. — In der letzten Sitzung des Gemeinderaths in Burgstädt theilte Bürgermeister Bauer mit, daß der dortige Gewerbeverein beabsichtige, eine gewerbliche Fortbildungsschule zu errichten, und das Collegium be schloß ohne Debatte, die Mittel zur Heizung und Be leuchtung zu bewilligen und das eingereichte Gesuch um Ueberlassung von geeigneten Schullokalitäten dem Schulvorstande zur Berücksichtigung zu überweisen. Vermischtes. Allerlei. In Hamburg ist am Sonnabend Vor mittag der Raubmörder Dauth hingerichtet worden. Dauth halte vor der Epecution das Abendmahl em pfangen und starb ruhig und gefaßt. — Der Tischler Krahl in Breslau, welcher im Juli einen Schutzmann ermordet hatte, wurde am Sonnabend, nachdem er mit seiner früheren Geliebten ehelich verbunden, durch den Scharfrichter Krauts hingerichtet. — Im Mittel und Adriatischen Meere haben schwere Stürme ge herrscht, durch welche zahlreiche Schiffe arg beschädigt wurden. — Einen Erfolg hat die deutsche Industrie bei der Vergebung eines großen Cirkusbaues in Por tugal davon getragen, um den sich außerdem noch eng lische und belgische Firmen bewarben. Der Zuschlag wurde einer Berliner Actiengesellschast ertheilt. — Eine geradezu kolossale elektrische Centralstation wird jetzt in Deptford an der Themse gebaut, dazu bestimmt, die ganze Riesenstadt London mit elektrischem Lichte zu versehen. Die Kabel sind für einen Bedarf von 2 Millionen Glühlampen gelegt und so vertheilt, daß alle Häuser Londons, die viereinhalb Millionen Ein wohner bergen, versorgt werden können. — Das Bank haus Walson in Messina (Italien) hat mit 8 Millionen Lire Passiven fallirt, weitere Falliments werden erwartet. — In Jnnichen in Tirol beschäftigt man