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Die für russischen Namen er verstehe nicht, wie Atschinow den Anzahl hat in den Sternensaal, wo die Fahnen der Bürgermeister von Nimes wiedergewählt worden war, Berliner Garnison aufbewahrt werden, bringen lassen, abermals abgesetzt. Außerdem sollen zahlreiche des Pest statt, gekommen. doch ist es nirgends zu einer Ruhestörung In Pest selbst blieb es ganz still. Frankrercy. Sonntag in Paris geplanten Arbeiter kundgebungen sind so gut wie ganz unterblieben. Vor dem Stadthause hatten sich zwar einige Gruppen gesammelt, dieselben wurden aber von der Polizei ohne Mühe zerstreut. Einige Personen wurden ver haftet. In Lyon, Marseille, Bordeaux und Lille hatten sich die Arbeiterdeputationen am Sonntag Vor mittag nach den Präfecturgebäuden begeben, um sich die Antworten auf ihre socialrevolutionärcn Forde rungen zu holen. Auf den Bescheid, daß an die Er füllung ihrer Forderungen nicht zu denken sei, ent fernten sie sich schweigend. In Nantes und Troyes wurden mehrere Personen, welche verbotene Rufe aus- stießen, verhaftet. Die bei dieser Gelegenheit gezeigte Energie des Ministers des Innern, Constans, hatte alle ordnungsliebenden Elemente beruhigt. Constans hat ferner den durch seine Schmähschrift bekannt ge wordenen Abg. Numa Gilly, der neuerdings zum habe so discreditiren können. Der famose Frcikosack soll nach dem Eintreffen in Odessa in Untersuchung genommen werden. Ausländische Juden in Warschau, welche dort ohne besondere Erlaubniß wohnen, erhielten vom Ober- Polizeimeister den Befehl, Warschau und Rußland unverzüglich zu verlassen. Polizei-Commissare sind angewiesen, Zuwiderhandelnde zwangsweise über die Grenze zu bringen. Serbien. Wie hinterher bekannt wird, hat König Milan von Serbien für einige Tage Belgrad verlassen und sich nach Krajugewatz begeben, weil die Polizei einen Putsch befürchtete. Die Radikalen sind über das Ver Boulangismus verdächtige Beamte aus ihren Stellen s entfernt werden. Die in Folge Boulangers Wahl s aufgehobene Rückberufung des Herzogs von Aumale i soll in den nächsten Tagen erfolgen. Der Graf von Paris hat zu dem Redacteur s seines Leibblattes „Gaulois", der ihn besuchte, geäußert, bei den nächsten allgemeinen Wahlen in Frankreich würden nach seiner Ueberzeugung mindestens 280 Monarchisten ohne die Boulangisten gewählt werden. Da im orleanistischen Lager sehr genaue Listen über die Parteistärke der einzelnen Wahlkreise geführt werden, < findet die Angabe viel Beachtung. f Belgien. Die radikale belgische Partei hielt am Sonntag - einen Congreß in Brüssel ab, auf welchem beschlossen i wurde, die Abschaffung oer Stellvertretung beim Militärdienste zu verlangen, sowie ferner, daß ! die Militärlastm auf alle Bürger gleichmäßig ver- theilt werden, daß die Einübung der M'.liztruppen - durch vorbereitende Hebungen erleichtert, und daß die ! Zeitdauer für den Dienst bei der Waffe abgekürzt werde. Gleichzeitig beschloß der Congreß, für die Durchführung dieses Programms im Lande zu agitiren. Nufilaud. Die Panslavistenpresse in Petersburg ist über den Fall Atschinow und den blutigen Zusammenstoß zwischen Franzosen und Kosacken ersichtlich verstimmt. Die „Nowoje Wremja" und die „Petersb. Ztg." sind sehr ungehalten darüber, daß Franzosen russisches Blut vergossen haben, und meinen, die Angelegenheit hätte auch ohne Kampf geschlichtet werden können. Der „Graschdanin" meint, die französisch-russische Freund schaft habe für praktische Verhältnisse wenig Werth. Hingegen berichtet die Kronstadter Zeitung, die Kosacken hätten die Lection vollauf verdient, denn ihr Verhal ten in Afrika habe dem russischen Namen keine Ehre gemacht. Deutschland kann es recht sein, wenn sich die bisherigen Busenfreunde nun auch einmal ein Bis chen in die Haare gerathen. Czar Alexander ist durch die Atschinow-Affaire sehr verstimmt. Er äußerte zu seiner Umgebung, wo er dieselben eingehend zu studiren jederzeit in der Lage ist. Oesterreich-Ungarn. Kaiser Franz Joseph hat dem Vorstand der Militär kanzlei Feldmarschall-Lieutenant v. Popp einen ein jährigen Urlaub ertheilt, dem der Abschied folgen wird. Popp hat sich den hervorragenden Anforderungen der letzten Zeit nicht recht gewachsen gezeigt. Kaiser Franz Joseph ist fortdauernd sehr ernst gestimmt, aber körperlich wohl. In den Liebesroman des Kronprinzen Rudolph ist bekanntlich auch die Gräfin Larisch, die Tochter des Herzogs Ludwig von Bayern aus dessen morganatischer Ehe mit der Freifrau v. Wallersee, verwickelt. Die Gräfin hatte das Liebesverhältniß offen protegirt und die Zusammenkünfte des Kronprinzen mit Marie Vetsera vermittelt. Der Gräfin ist jetzt zu verstehen gegeben, sie möge Wien künftig vermeiden. Oesterreichische Blätter bringen abermals das zweifel hafte Gerücht, Fürst Alexander Battenberg werde in die dortige Armee eintreten. Namens der ungarischen Opposition sprach Graf Apponyi im Abgeordnetenhause die bestimmte Ver sicherung aus, auch seine Freunde stimmten dem Bünd- niß mit Oesterreich und Italien rückhaltlos zu. Alle anderen Angaben seien unwahr. Tisza äußerte sich sehr erfreut über diese Erklärung, die hoffentlich allen Klatsckereien in der ausländischen Presse ein Ende be reiten werde. Das Bündniß beruhe auf den gleichen Interessen der bei demselben betheiligten Staaten, darum sei es auch unerschütterlich. Im ungarischen Abgeordnetenhause ist am Montag die Debatte über die Wehrvorlage bei den Bestim mungen über das Offizier-Examen fortgesetzt worden. In verschiedenen Städten fanden am Sonntag Protest umzüge gegen das neue Gesetz, wie vor acht Tagen in bleiben des Ministeriums Christisch im Amte hoch er bittert, man befürchtet wieder innere Unruhen. Aus dem MuLdenthale. ^Waldenburg, 26. Februar. Der hiesige Ge werbeverein hielt gestern Abend im Rathhaussaale seine erste Versammlung im neuen Vereinsjahre ab, welche sich eines recht zahlreichen Besuches zu erfreuen hatte. Nachdem der Vorsitzende Buchdruckereibesitzer Kästner die erschienenen Gäste begrüßt und der Schrift- ! führer Herr Schuldirector Hanschmann das Protokoll s über die letzte Generalversammlung zur Verlesung ge- i bracht hatte, erhielt Herr Generalsekretär Or. Paul ! Wislicenus aus Berlin das Wort zu seinem Vortrage ! über das Deutschthum in den Vereinigten Staaten s und in Südamerika. In dem höchst interessanten und > fesselnden Vortrag wurde ungefähr Folgendes ausge- s führt: Merkwürdig sind die Schicksale der Nationen. Bald steht ein Volk in Blüthe und Glanz, bald sinkt es wieder in Schmach und Schande hinab. Nach Hunderten von Jahren des Niederganges schwingt sich ! oft ein kräftiges Volk plötzlich wieder hinauf. So ist ! es unserem deutschen Volke auch ergangen, welches, ; neuerdings im Steigen begriffen, sich wieder im alten ! Glanz gezeigt hat. Es giebt wohl keine Nation der ! Erde, die sich um ihre ausgewanderten Glieder so z wenig dauernd bekümmert hat, als die deutsche. Rings s um die Erde spricht man deutsch; als Kaiser Wilhelm z starb, wurde die Trauer in allen Ländern des Erd- - balls gespürt. Als das Schillerfest 1859 gefeiert i wurde, ward der Name Schiller rings um die Erde ! genannt. Wenn heute noch die Auswanderung in i Deutschland in derselben Stärke wie früher auf- - tritt, so hat dies seinen sehr guten Grund; nirgends in der Welt verstehen die Mütter die kleinen Kinder so am Leben zu erhalten und groß zu ziehen, wie in Deutschland. Wenn nicht der 30jährige Krieg das deutsche Volk in der Zahl so überaus stark vermindert hätte, so wären wir heute schon das zahlreichste Volk i der Welt. Das deutsche Volk nimmt jedes Jahr eine r halbe Million Seelen zu, davon ist die Auswanderung i bereits abgerechnet. 150,000 Seelen wandern jährlich s aus, wenn sie im Lande bleiben würden, würde die Zunahme 650,000 Seelen betragen. Eine solche Zu nahme ist für unser Volk zu groß, es ist nicht im Stande, eine solche Zahi in Gewerbe und Handel auf zunehmen und sie zu ernähren. Da geht ein Theil hinaus über die Meere, sie trennen sich nicht gern vom Vaterlande, thränenden Auges gehen sie hinweg in eine ungewisse Zukunft und gern kehren sie zurück. Man könnte nun vielleicht meinen, daß drüben über dem Meere ein mächtiges deutsches Volk wohne; cs sind allerdings gegen 15 Millionen Seelen drüben, welche deutschen Ursprungs sind, aber man macht auch hier wieder die alte Erfahrung. Unsere Auswanderer bleiben wohl dem Vaterlande mehr oder weniger treu, allein schon die Kinder fallen ab und die Enkel kennen unsere Sprache nicht mehr. Heute zählen wir drüben höch stens 7 bis 8 Millionen Deutsche, die andere Hälfte Feuilleton. Die Geheimnisse eines Irrenhauses. Roman nach dem Amerikanischen von August Leo. (Fortsetzung.) Sie schrak vor dem katzenartigen Blicke zurück, mit dem der Doctor sie anstarrte, als er ihr vorgestellt wurde. „Meine Frau ist durch die Erzählung eines Men schen, der sich Schnoller nannte, sehr erschreckt und beunruhigt worden. Er kam während meiner Abwe senheit in mein Haus und stellte sich als Ihr Assi stent vor. Dann erzählte er eine ganz sonderbare und entsetzliche Geschichte, welche ich natürlich nicht einen Augenblick glaube, doch welche bei ihr einen Eindruck hinterlassen hat, den ich gern entfernen möchte. Er sagte, daß meine erste Frau Constanze noch in die ser Anstalt lebe, und, obgleich vollkommen vernünf tig, mit der furchtbarsten Grausamkeit behandelt werde." Alices Blicke ruhten auf Doctor Sansoms Gesicht, sie sah, daß seine Augen bei der Nennung von Con stanzes Namen nervös zuckten und ihm das Blut in das blasse, harte Gesicht schoß. Doch im Augenblicke zeigte sich ein mattes Lächeln auf demselben, und dann ruhte derselbe Ausdruck der Unbeweglichkeit darauf, den sie schon, als sie ihn zum ersten Male sah, be merkt hatte. Der Doctor hatte im Augenblick seinen Entschluß gefaßt. — „Wann hat Schnoller diese unsinnigen Behauptun gen aufgestellt?" fragte er. „Vor einigen Tagen," erwiderte Robert Asch und fügte hinzu: „Er erzählte ihr auch, daß Sie ihm nach dem Leben trachteten und daß er diesen Ort für immer verlassen habe." Doctor Sansom lachte auf. „Das kann Schnoller nicht gewesen sein; es war vielleicht Jemand anders, der Ihnen einen Possen spie ¬ len wollte." Robert Asch übergab Sansom das Billet Schnol- lers, welches dieser Alice für ihren Mann gegeben hatte und worin er eine Zusammenkunft mit Mr. Asch erbat. Das schien Sansom mehr als alles Bisherige be stürzt zu machen. „Ja," bemerkte er, „das ist Doctor Schnollers Handschrift. Aber der arme Mensch ist zu Zeiten nicht zurechnungsfähig und bildet sich manchmal die entsetzlichsten Dinge ein. Aus reinem Mitleid habe ich ihn hier behalten, er konnte kommen und gehen wie er wollte, und jetzt mißbraucht er so meine Güte. Wie ich sagte, er ist nicht immer zurechnungsfähig, und daran ist größtentheils seine Neigung für geistige Getränke schuld." Alice dachte an die Gier, mit welcher er dem Brannt wein zugesprochen, den sie ihm vorgesetzt und diese Behauptung Sansoms trug viel dazu bei, ihren Glau ben an das, was er sagte, zu stärken. „Um Ihnen zu beweisen, wie wenig auf seine Be hauptungen zu geben ist, brauche ich Ihnen nur zu sagen, daß, obgleich er Ihnen erzählte, daß ich ihm nach dem Leben trachtete und daß er diese Anstalt für immer verlassen habe, er in diesem Augenblick sich hier befindet, und alles thut, was ich ihm sage, so, als ob er sich nie einen Angriff auf sein Leben eingebil det hätte." Doctor Sansom blickte mit triumphirender Miene um sich, fügte hinzu: „Ich werde ihn gleich holen," und verschwand. „Es sieht aus, als ob dieser Schnoller ein Betrü ger wäre — glaubst Du nicht?" fragte Robert Asch Alice. „Ich habe noch niemals einen Menschen gesehen, den ich für aufrichtiger gehalten hätte," erwiderte diese, „doch ich muß gestehen, daß seine Gegenwart hiernach dem, was er mir erzählte, mein Vertrauen zu ihm sehr erschüttert. Nach wenigen Minuten kehrte Sansom mit Schnol ler zurück. Letzterer erkannte Alice auf den ersten Blick, doch den Anweisungen gemäß, die Sansom ihm in der Eile gegeben hatte, that er, als hätte er sie nie gesehen. „Guten Morgen, Doctor Schnoller," sagte Alice - schnell, als sie ins Zimmer traten. Schnoller erwiderte den Gruß höflich. „Sie erinnern sich doch, mich vor einigen Tagen ausgesucht zu haben?" fuhr sie fort. Schnoller schüttelte den Kopf und antwortete: „Ich erinnere mich dessen nicht." „Vielleicht wird dies Ihre Erinnerung auffrischen, sagte Robert Asch, indem er ihm das vorher bespro chene Billet hinreichte. „Das ist unzweifelhaft meine Handschrift und es ist ja auch möglich, daß ich bei Ihnen gewesen bin, aber ich kann Mich nicht mehr daran erinnern. Manch mal verliere ich vollkommen das Gedächtniß, und in solchen Zeiten thue ich dann ganz sonderbare Dinge, an welche ich mich später durchaus nicht erinnern kann. Doctor Sansom hier, welcher immer sehr gütig und nachsichtig gegen mich war, wird Ihnen das bestä tigen, und mir vielleicht helfen, Ihre Entschuldigung zu erbitten, wenn ich, wie ich fürchte, Sie belästigt habe." Schnollers ernstes Wesen und anscheinende Zerknir schung machten großen Eindruck auf Alice, welche ihn innig bedauerte. „Sie sagten meiner Frau," fuhr Mr. Asch fort, „daß meine erste Frau Constanze noch am Leben und bei vollem Verstände sei, und in dieser Anstalt unter dem Namen Beatrice King lebe — ein Name, der, wie Sie sagten, ihr gegeben worden, um ihre Iden tität zu verwischen. Was meinten Sie damit?" (Fortsetzung folgt.)