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Die junge Frau achtere wenig darauf, ob die Ja lousien vor die Coupeefenster gezogen waren oder nicht, und ob draußen Leute vorübergingen, sie fiel ihrem Manne um den Hals und küßte ihn wieder und wie der. Sie ward auch gar nicht böse, als hinter ihr eine gutmüthige Stimme sagte: „Lassen Sie sich ja nicht stören, ich gehe gleich wieder. Ich hatte nur etwas vergessen." Es war der korpulente Herr, der von ihnen unbemerkt das Coupee betreten hatte." Lä chelnd fügte er hinzu: „Hab's ebenso gemacht, als ich meine Hochzeitsreise machte." Er entnahm seiner Reise tasche eine Weinflasche und wollte sofort wieder aus steigen, aber das junge Paar widersetzte sich dem und bald war ein frohes Gespräch im Ganze. „Ich werde jetzt einmal eine Cigarre rauchen!" sagte der junge Ehemann. Elise nickte lachend. Als er aber mit dem Streichholz die Cigarre anzünden wollte, wehrte sie ihm. Aus dem Brieffragment hatte sie einen Fidibus bereitet, an welchem er munter Lie Cigarre in Brand setzte. Sie hielt das Papier so lange in den Fingern, bis es fast ganz herabge- brannl und alle Schriftzeichen zerstört waren, dann flog die Asche in den Schnee. Sie blickte ihr lange nach, als sie der Wind fortjagte. „Einsteigen, meine Herrschaften, einsteigen!" klang , es draußen, das Verkehrshemmniß war so gut wie j beseitigt, und in wenigen Min rten war das Coupee wieder gefüllt. An Seitenblicken auf das Pärchen, j welches so hartnäckig im Waggon aufgehalten, fehlte ! es nicht. Frau Elise's lachende Augen begegneten aber fest den Blicken, sie dachte immer wieder im Stillen: „Wüßtet Ihr nur! Wüßtet Ihr nur!" — Und der Zug sauste rastlos weiter durch das stille Schneeland. Er führte junges Glück. Berliner Tagesplauderei. Von Georg Paulsen. Nachdruck verboten. Ein Vergnügen eig'ner Art ist in der Großstadt eine Schlittenfahrt! Wenn's der Schnee auch noch so gut ge meint hat, es hilft ihm Alles nichts, er muß fort aus den großen Verkehrswegen, die Passage wird zu sehr durch die weiße Himmelsgabe gestört. Nur draußen in den Straßen der Vorstädte, in denen Bier-, Kohlen- und Holzwagen so ziemlich die einzigen Gefährte sind, die in Betracht kommen, da kann der Schnee in Gottes Namen liegen bleiben, da kann die Jugend auch schneeballen, schlittenfahren u. s. w. Aber im Innern der Stadt giebt's das nicht, und darum ist auch an eine Schlittenfahrt durch Berlin nicht zu denken. Alle Augenblicke würde man Straßenzüge ohne Schnee zu passiren haben und aus der Vergnügungstour würde eine Marterfahrt werden- Wer Schlitten fahren will, der muß vor's Thor hinaus gehen, und dort bietet sich eine prachtvolle Bahn. Im Thier garten wimmelt cs von Droschkenschlitten und herrschaft lichen Schlitten, und das Gebimmel geht ununterbrochen. Es ist etwas Apartes, eine Schlittenfahrt, also drängt sich auch Jung und Alt danach. In frühen Nachmsttags- stunden einen Schlitten zu bekommen, ist ein wahres Kunststück. Großer Luxus wird mit in Privatbesitz befind lichen Gefährten getrieben. Der Bau des Schlittens, weite Schneedecken für die Pferde, Kutscher mit Riesen pelzen, Attes das beweist, daß schon Geld vorhanden ist, wenn es nur gilt, eine neue Mode mitzumachen. Und eine Mode ist ja auch das Schlittenfahren, ebenso wie das Bockbiertrinken. Die Bockbicrsaison steht in vollem Flor bereits, sie wird sogar in Münchener Manier be gangen, wie große Plakate darthun, die an einzelnen Restaurants prangen, aber eine solche Neigung für Bock bier, wie sie z. B in München sich breit macht, ist in Berlin auch nicht entfernt vorhanden. Wenn der Münche ner vom Bocke tüchtig gestoßen ist, wird er erst recht ge mütblich, der Berliner macht aber zu gern Radau. Da her kommt es, daß die Bockbierfeierlichkeiten für ein still vergnügtes Gemüth keine besondere Anziehungskraft haben. Der Spruch: „Sie säen nicht und sie ernten nicht, aber unser himmlischer Vater ernähret sie doch! ', findet auch auf zahlreiche Bewohner der Großstadt, in anderem Sinne natürlich, Anwendung. Wenn neulich in Berliner Blättern erzählt ist, daß eine Mutter mit ihrem Töchter lein, die ehrbar um Armenunterstützung im kalten Winter gebeten, dabei ertappt wurden, wie sie in sehr pikanter Toilette vom Maskenball heimkehrten, so ist das durchaus glaubhaft. Die Armenverwaltung hat dabei wenig oder keine Schuld, es ist in der Riesenstadt eben zu schwer, genau die Privatverhältnisse von angeblichen Bedürftigen festzustellen. Und können andere Personen noch dazu oei- tragen, den Behörden ein T für ein U zu machen, so sind sie sofort dabei. Und das Ernähren ohne Arbeit versteht absonderlich die Frauenwelt. Viele Mütter mit hübschen Töchtern machen sich nicht gern den Finger naß- i Oft ist freilich fraglich, ob die Töchter wirkliche Töchter sind, oder ob sic nur der Nachbarschaft wegen so genannt I werden, In einem Restaurant, in welchem ich früher ver kehrte, wurden so ziemlich Abend für Abend in einer gro ßen Kanne von einem Dienstmädchen zehn Glas „Echtes" geholt. Ich fragte den Wirth einmal, wer denn die gute Kundin sei. „Oh die Frau Rentier Z. drüben. Die und , ihre zwei Töchter und sonst noch wer trinken das Bier aus. An manchem Abend schicken sie auch zwei-, dreimal!" ! Frau Z. war eine hübsche Frau und ihre Töchter konn ten sich in der Tbat sehen lasten, aber darum mußten sie doch im grünen Wagen zum Molkenmarkt fahren. Ich denke gerade daran, weil vor wenigen Tagen aus Pest die Meldung kam, eine von allen Mitteln entblößte Tin- ! geltangelsär^crin Eugeunie Z, aus Berlin gebürtig, habe sich vergiftet. So geht das! Aber muß man nicht um so tieferes Mitleid empfinden mit jenen armen jungen Wesen, welche auf dem glatten Boden der Riesenstadt, in ihrem betäubenden Treiben Halt und Besinnung verlieren? Auch das ist wahr, daß ein hübsches, jugendfrisches Ding von noch nicht siebzehn Jahren, welches sich in einen fahrenden Schausvieler verliebt hatte, sich das Leben nahm. Und zur selben Zeit saß der vergötterte Mann im Kreise seiner Bekannten in der Kneipe und lachte über das dumme Ding, das sich einbilde, er werde es hcirathen Ein Mäd chen ohne Geld! i Aber wer spricht viel von solchen traurigen Geschichten in der lustigen Faschingszeit? Das würde nur die Laune verderben, und die ist so wie so rar in der Welt. Ver- : zweiflung steckt oft hinterlachcnden Gesichtern, und sie zu betäuben ist der Zweck des rauschenden Vergnügens. Die Spree hat schon Manchen in ihren nassen Armen gewiegt, der im bunten Maskenflitter aus den Tanzsälen taumelte! Aber das Herz der Weltstadt ist ehern! 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Die Anleitungen des gesandten Buches sind zwar kurz und bündig, aber für den praktischen Gebrauch wie geschaffen; sie haben mir und meiner Familie bei den verschiedensten Krank heitsfällen ganz vorzitgliche Dienste geleistet." — So und ähnlich lauten die Dankschreiben, welche Richter- Verlags-Anstalt fast täglich für Über sendung des illustrierten Boches „Der Krankenfreund" zugchen. Me die dem selben beigcdruckten Berichte glücklich Geheilter beweisen, haben durch Be folgung der darin enthaltenen Rat schläge selbst noch solche Kranke Het- jung gefunden, welche bereits alle Hoffnung aufgcgcben hatten. Dies Buch, in welchem die Ergebnisse lang jähriger Erfahrungen niedergelegt sind, verdient die ernsteste Beachtung jedes Kranken. Niemand sollte versäumen mittelst Postkarte von Richters Ber- lags-AnstaltinLeiPzig oderNew.Dork, 310 Broadway, die 936. Auflage des „Krankenfrcund" zu verlangen. 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