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geborenen herrschenden Streitigkeiten gefährdeten An siedlungen gelandet waren, durch bewaffnete Samoaner von der Partei des Häuptlings Mataafa attackirt worden ist. Dieser unprovozirte Angriff soll unter der Anführung eines Amerikaners Namens Klein statt gefunden haben. Bei dieser Gelegenheit sind mehr als 50 deutsche Soldaten und Offiziere getödtet oder ver wundet worden. In Folge hiervon sind wir zu un serem Bedauern von dem Gebiete der Ausgleichs-Ver handlungen, durch welche der deutsche Consul die strei tenden Parteien zu versöhnen gesucht, und für welche Bestrebungen er sich um die Mitwirkung seines eng lischen und amerikanischen College» beworben hatte, in einen Kriegszustand mit unseren Angreifern versetzt worden. Wir werden den Kampf, der uns durch Ma taafa und dessen Anhänger aufgezwungen worden ist, mit der weitgehendsten Rücksichtnahme auf englische und amerikanische Interessen ausfechten. Unsere militäri schen Maßnahmen haben nur die Bestrafung der Mör der der deutschen Soldaten und den Schutz unserer Landsleute und des Elgenthums derselben zum Zwecke. Da sie sich aber gleichzeitig gegen Tamasese wenden, so wird unser Eingreifen nothwendigcrweise den Cha rakter der Unterstützung Tamasese's annehmen. In dem Bestreben, jene Mordthat zu ahnden, hoffen wir auf die freundschaftliche Mitwirkung der samoanischen Vertragsmächte, und stellen daher an die Regierung der Vereinigten Staaten das Ersuchen, ihre Consulen und Schiffscommandanten auf Samoa mit den ent sprechenden Instructionen zu versehen. Unsere Mann schaften sind angewiesen, alle Beschädigung und Be einträchtigung neutralen Handelsverkehrs und Eigen thums zu vermeiden und zu verhindern, und Ver- geltungs- und Zerstörungsmaßregeln nur gegen die Anhänger jener Partei in Anwendung zu bringen, wel che durch ihren mörderischen Angriff auf unsere Trup pen den Kampf mit uns eröffnet haben. Wir werden selbstverständlich den mit Amerika und England hin sichtlich Samoa's abgeschlossenen Verträgen nachkom men und unter allen Umständen auf die vertragsmä ßigen Rechte dieser Mächte gebührende Rücksicht neh men. Ich ersuche Ew. Excellenz, diese Mittheiluna zur Kenntniß des Staatssekretärs Bayard zu bringen, indem Sie dieselbe dem Genannten vorigen und auf Wunsch eine Abschrift zukommen lassen. Gez.: von Bismarck." Dieser Note erst folgt diejenige, in wel cher der Reichskanzler eine Conferenz zur Regelung der Samoa-Schwierigkeiten in Vorschlag bringt. Zum Geffcken-Fall schreibt die „Weser-Ztg.": Wir können in dieser Sache noch folgende Thatsache von Interesse mittheilen. Es ist ja bekannt, daß Geff- cken eine Zeit lang das Vertrauen des Kronprinzen Friedrich Wilhelm genoß. Allein diese Beziehungen waren schon im Spätsommer 1887, wenn nicht früher, gänzlich abgebrochen. Der Kronprinz hat sich bitter beklagt, daß Geffcken sich große Jndiscretionen über ihn habe zu Schulden kommen lassen. Rudolph Hertzog, der bekannte Berliner In dustrielle, beging am Donnerstag das 50jährige Jubi- l läum seiner Firma. Der Kaiser verlieh dem Jubilar I den Kronenorden 2. Klasse, und Fürst Bismarck übersandte demselben folgendes Schreiben: „An Ihrem heutigen Ehrentage blicken Sie auf eine 50jährige, an Mühen und Erfolgen reiche Arbeitszeit mit dem Be wußtsein zurück, Ihre» Mitbürgern jeder Zeit ein Beispiel der Hingebung für König und Vaterland und der Opferwilligkeit für gemeinnützige Zwecke gegeben zu haben. Ich kann diesen Tag nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen meine herzlichsten Glückwünsche darzubringen und die Hoffnung daran zu knüpfen, daß Sie dem Vaterlande und seiner Hauptstadt noch lange Jahre in bewährter Hochherzigkeit und Treue erhalten bleiben." Auch Staatssecretär v. Stephan hat ein Glückwunschschreiben gesandt. Die geschäftliche Feier soll drei Tage umfassen. Politisch ist Hertzog dadurch hervorgetreten, daß erwiederholtganzbedeutendeSummen für die conservativ-antisemitische Bewegung in Berlin hergegeben. Wie im vorigen Herbst zu Ehren des deutschen Schulgeschwaders finden jetzt zu Ehren der in Neapel anwesenden deutschen Kriegsschiffe „Stosch" und „Charlotte" verschiedene Festlichkeiten statt. Die deutsche Kolonie und die italienischen Marinebehörden s lassen cs an Aufmerksamkeit nicht fehlen. Die „Kreuzztg." giebt in Nr. 75 ihres Blattes ohne jeden Commentar einen sehr ausführlichen Aus zug des Vortrages, welchen der bekannte freisinnige Rechtsanwalt Munkel dieser Tage in einer Berliner Volksversammlung über die mit Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers verfügte Veröffentlichung der Geffcken'schen Anklageschrift gehalten hat. Rechts anwalt Munkel wendete sich, wie das bei seiner demo kratischen Richtung auch gar nicht anders zu erwar ten ist, natürlich gegen die geschehene Veröffentlichung. Daß die „Krzztg.", welche mit der Wiedergabe dieses ! Vortrages doch wohl nichts anders wollte, als ihr ! eignes, von der conservativen Partei einhellig getadel tes Verhalten in der Geffcken'schen Prozeßsache zu ! decken, mit dem Rechtsanwalt Munkel an einem Strange - ziehen könnte, hätten wir bei der Hochachtung, die dieses Blatt im Uebrigen für sich in Anspruch nehmen darf, ! einfach für unmöglich gehalten. Die „Leipzg. Ztg." hat vor wenigen Tagen und kurz hintereinander zwei verschiedene, offenbar von hervorragenden Rechtsge lehrten verfaßte Artikel gebracht, welche die Veröffent lichung der Geffcken'schen Anklageschrift nicht allein vom politischen, sondern vornehmlich vom staatsrecht lichen und rein juristischen Standpunkt für zulässig i und richtig erklären. Unseres Wissens hat von diesen : Ausführungen die Krzztg. keine Notiz genommen, j Im preußischen Abgeordnetenhaus wurde am ' Donnerstag das Präsidium, welches in der ersten Ses sion jeder Legislaturperiode nur auf vier Wochen zu erst gewählt wird, für die ganze Dauer der Session s wieder gewählt. Dann wurde der Justizetat berathen ; und genehmigt. Verschiedentlich wurden Wünsche auf ! j Aufbesserung der Rangverhältnisse der Amtsrichter aus- ! ° gesprochen, fanden aber bei anderen Rednern entschie ¬ denen Widerspruch. Eine Befürwortung, die Gehälter der Gefangenen-Aufseher zu verbessern, fand günstige Aufnahme, doch wurde eine Erhöhung selbst noch nicht beschlossen. Bei der folgenden Berathung des Etats j des Ministeriums des Innern wurden einige Preßan- s gelegenheiten und die bekannte Rheinbrohler Glocken affaire zur Sprache gebracht, ohne daß aber eine größere Debatte entstand. Dann vertagte das Haus die Weiterberathung des Etats auf Sonnabend 11 Uhr. Oesterreich-Ungarn. Aus Wien wird nachträglich noch bekannt, daß die Kaiserin vor ihrer Abreise nach Budapest am Sonn abend Abend um 9 Uhr ganz allein in der Kapuziner kirche erschien, sich vom Pater Guardian bis zur Thür der Gruft geleiten ließ, dann diese ohne jede Begleitung betrat und nahezu eine Stunde zvor d-m Sarge des Kronprinzen im Gebet verblieb. Dem Pater Guardian, der ehrerbietig seine Begleitung angeboten, erwiderte die Kaiserin: „Ich will allein bei meinem Sohne sein." Als die Kaiserin aus der Gruft zurückkehrte, sagte sie: „Beten sie für meinen Sohn." Die Wittwe des Kronprinzen Rudolph von Oester reich wird zunächst in Schloß Miramare bei Triest, dem Lieblingsaufenthalt Maximilians von Mexiko, Wohnsitz nehmen und sich bereits heute dorthin begeben. Im ungarischen Abgeordnetenhause ist es am Don nerstag zu einer sehr heftigen Debatte gekommen. Tisza's Gegner warfen ihm vor, er suche Schutz beim Kaiser. Der Minister ersuchte, den Namen des Kaisers aus der Debatte zu lassen und erwiderte in gleich scharfen Worten. Die Sache wurde dann verlassen. Die Berathung der Wehrvorlage dürfte sich noch geraume Zeit hinziehen. Die Studentenkrawalle haben sich wiederum erneuert. Die Ausschreitungen arten allmählich in wüste Schlägereien aus. Kaiser Franz Joseph hat der Deputation des un garischen Abgeordnetenhauses mit warmen Worten ans Herz gelegt, bei der Berathung der Wehrvorlage Ruhe und Besonnenheit walten zu lassen, zu der Regie rung, welche nur die Interessen des ganzen Landes im Auge halte, Vertrauen zu haben. Die Mahnungen haben aber wenig gefruchtet, in der Donnerstags sitzung ging es von Neuem sehr lebhaft zu. Man beklagte sich über die Verhaftung eines Studenten, welcher auf offener Straße geschrieen harte, man müsse alle Minister aushängen. Ministerpräsident Tisza ant wortete mit Ruhe und Festigkeit und betonte, daß die Regierung streng auf die Aufrechthaltung der Ordnung sehen werde. Der Minister erklärte auch, in der Wehrvorlage einige Concessionen machen zu wollen, in der Hauptsache müsse aber das Ge>etz im Staats interesse aufrecht gehalten werden. Das Ministerium stehe und falle damit. Die Studenten veranstalteten neue Demonstrationen, verbrannten öffentlich Re gierungsorgane und trieben allerlei Unfug, welcher ein Einschreiten der Polizei nöthig machte. Die letztere zeigt sich im Ganzen noch immer viel zu nachsichts voll, sonst würde der Trubel längst sein Ende erreicht haben. Feuilleton. Die Geheimnisse eines Irrenhauses. Roman nach dem Amerikanischen von August Leo. (Fortsetzung.) Geborgen. Nachdem der Detektiv Ernst Fulton die Perrücke abgerissen hatte, stürzte sich dieser auf die Thür des Waggons, wo sein Verfolger eine verzweifelte An strengung machte, ihn feftzuhalten. Die Thür sprang auf und der Kampf wurde bei der Einfahrt in den Tunnel auf dem Trittbrette fortgesetzt, doch Fulton war der Stärkere und schleuderte den Detektiv von sich, sprang dann mit der Leichtigkeit eines Rehes vom Trittbrette herab und eilte dem Ausgange des Tun nels zu. Er hatte nicht viel Zeit zur Ueberlegung, er wußte ja nicht, ob der Detektiv ihm nicht auf den Fersen war; jedenfalls mußte bei der nächsten Station die Sicherheitswache von dem Zugführer benachrichtigt werden. Die Gegend, in der sich Ernst so unerwartet be fand, war rauh und nicht einladend. Zu seiner Lin ken zeigte sich eine dunkle Reihe Hügel, und an der rechten Seite lief in kurzer Entfernung ein dichter Wald. Ein Blick nach jeder Richtung zeigte ihm, daß er nirgends mehr auf Sicherheit hoffen könne, als zwi schen den dichtstehenden Bäumen, und deshalb lenkte er diesen seine Schritte zu. Das erste Rauschen des Waldes war ihm beruhigend, doch gerade die Sicherheit, die sich ihm bot, rief seine Gedanken wach und er fragte sich: „Weshalb bin ich eigentlich ein Flüchtling?" Die Liebe war es, die ihn so weit gebracht hatte, er konnte niemanden tadeln, als sich selbst. In seiner Anbetung für Constanze Howard wurde er ein Flücht ling, um ihren Vater und sie vor Entehrung zu schü tzen, doch er konnte die furchtbaren Folgen seiner Selbstlosigkeit nicht voraussehen. „Eine solche Liebe wie die meine," dachte er, „muß wohl Wahnsinn sein, denn sonst würde sie mir nicht so viel Elend gebracht haben, daß der Tod mir wie eine Erlösung erscheint. Aber ich liebte Constanze un beschreiblich und — Gott helfe mir! — ich liebe sie noch, obgleich sie mir nie mehr als eine Erinnerung sein kann, und ich vielleicht niemals wieder ihr Gesicht sehen werde." Er ging stundenlang im Walde fort und dessen Mo notonie machte ihn ungeduldig. Die Eichhörnchen und die wilden Vögel zwischen den Zweigen machten das einzige Geräusch, welches außer seinen Fußtritten die Stille unterbrach. Die tiefer werdenden Schatten zeig ten ihm, daß die Nacht herannahe: er war müde und hungrig, und die Aussicht, die Nacht im Walde zuzu bringen, war keine sehr verlockende. Endlich drang der willkommene Ton einer Kuhglocke an sein Ohr und erschien ihm wie die süßeste Musik, die er seit Langem gehört hatte. Er stand still, bis der Ton näher kam, in der Hoffnung, daß die Trä gerin der Glocke von Jemandem begleitet sein würde, der ihm die Richtung zeigen könnte, die er einschlagen mußte, um Nahrung und Obdach zu finden. Er brauchte nicht lange zu warten. Ein stämmiges Mädchen folgte der Kuh und bemerkte Ernst erst, als es schon ganz nahe bei ihm war. Die Dorfschöne schrak aufschreiend zurück, lächelte jedoch dann, als ihre Augen den seinen begegneten, und zeigte dabei zwischen den rosigen Lippen eine Reihe schneeweißer Zähne. „Ich bitte um Verzeihung," sagte Ernst, den Hut ziehend. „Ich hoffe, daß ich Sie nicht zu sehr er schreckt habe." „O nein, mein Herr, aber ich erwartete gar nicht, hier Jemanden zu finden." „Ich habe mich verirrt," sagte Ernst, „und möchte gern wissen, wie ich das nächste Dorf erreichen könnte, um für die Nacht ein Obdach zu finden." „Sobald Sie dort aus dem Walde treten, sehen Sie ein Dorf liegen," antwortete das Mädchen, nach der Richtung deutend, von der es gekommen war. „Wovon leben die Leute dort?" fragte er. „Es ist ein Bergwerksdorf." „Kann man dort Arbeit finden?" „Wenn Sie im Bergwerk arbeiten wollen — doch Sie müssen entschuldigen, Herr, ich muß der braunen Bleß folgen." Die Waldfee eilte der Kuhglocke nach. Ernst hätte gern mehr über das Dorf gehört, nach dem sie ihn gewiesen hatte, doch eine weitere Unterhaltung war un möglich. Der Anblick des hübschen, lachenden, treuherzigen Mädchens hatte ihn etwas erheitert und er eilte wei ter mit der Absicht, wenn möglich, in dem Bergwerk Arbeit zu suchen. Das war, wie er dachte, gerade das Richtige, um sich vor den Detektivs zu verbergen. Nach kurzer Zeit war der Rand des Waldes er reicht und die offene Landschaft lag vor ihm. Ein gemüthliches, kleines Dörfchen unten im Thale, hinter dem ein ruhiges Flüßchen vorbeiführte, auf welchem sich einige kleine Boote befanden, von denen Gesang und Lachen herauftönte. Ernst Fulton betrachtete einige Momente dieses friedliche Bild und fragte sich, ob der Detektiv, den er im Tunnel abgeschüttelt hatte, ihm wohl noch auf der Spur sei? — Er ging dann weiter und vermied je doch das Dorfwirthshaus und suchte auch so viel als möglich neugierigen Blicken auszuweichen, bis er den entlegensten Theil des Dorfes erreichte. Dort gelang es ihm, bei einem Bergmann Namens Ned Parks Wohnung zu finden. Dieser war ein ein facher, gutmüthiger Mann im mittleren Alter, der sehr erstaunt war, als Ernst ihm sagte, daß er im Berg werk Arbeit suche. (Fortsetzung folgt.)