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chönburger Tageblatt tSftNch mit Rusnabm« der Daqe nach Sann« und Festtagen. Ssnahme van Inseraten sür die nächster» scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der WonnementspreiS östrägt vierteljähr lich I Mk. SS Ps. Zn'rrate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Vf. Expedition: Waldenburg, Obergass« 29ls. -— Rkd AMtdliü für des Mttmth !« WslLmbMz. Filiale«: i« Altitadt»alde«b«rg bei Peer« Kaufmann Otto Förster; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. HLrtia, Mandslyaff? in Rochsbirrg bei Herrn Paul Zehl; in Lunzenau bei Hrn, Buchhändler E. D-.ötze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. - i^v-7> — Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehre-cham, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen« -mba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. S., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Ruhdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkcnburg und Ziegelheim. 29. Sonntag, den 3. Februar 1889. WitterungsaNssichtc« Mr den 3. Februar: Veränderliche Bewölkung bei verhättnistmästig warmer Temperatur. Barometerstand am 2. Februar, nachmittags 3 Uhr: 749 nun. Gefallen. Freitag, den 8. dieses Monats, Vorm. 1v Uhr ; aufrechmaschine meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. sollen im Johann Speck scheu Banergute in Oberwiera 8 Stück Kühe, 4 : Waldenburg, am 1. Februar 1889. Kalben, 1 dreijähriges Pferd, 1 Fohlen, 2 Zuchtsauen (hochtragend), 1 Mast- i Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. schwein, 2 Kälber, i halbverdeckter Kutschwagen, 1 Spazierwagen und eine Getreide- Richter. "Waldenburg, 2. Februar 1889. Das traurige Ereigniß in Wien nimmt einen noch ! entsetzlicheren Charakter an: Kronprinz Rudolph er- - schoß sich, wie nunmehr amtlich mitgetheilt wird, in einem Anfluge von Geistesstörung selbst. Die osficielle „Wiener Ztg." berichtet in ihrem nichtamtlichen Theile: l „Die gestern von uns über das niederschmetternde Er eigniß des Todes des Kronprinzen Rudolph gemachten Mittheilungen stützten sich auf die ersten Wahrnehmun gen, die von der nächsten Umgebung des erlauchten Dahingeschiedenen unter dem betäubenden Eindruck des schicksalsschweren Vorganges hierher gelangten. Von dieser Seite wurde, nachdem die Thür des Schlafzim mers erbrochen war, beim Eintritt der Kronprinz ent seelt im Bette gefunden. Auf diesem ersten Eindrücke beruhten die nach Wien gelangten Mittheilungen, so wie die Annahme eine Schlaganfalles als Todesursache. Von den Anwesenden wurde Professor Or. Widerhofer mittels dringenden Telegrammes nach Meyerling be rufen, wohin sich dieser mit dem nächsten Zuge sofort begab, vr. Widerhofer constatirte bei der sofort vor- gcnommenen Untersuchung, daß am Kopfe des Ver ewigten eine beträchtliche Wunde mit ausgebreiteter Loslösung der Schädeldecke und der Schädelknochen vor handen war, welche den sofortigen Tod zur Folge ge habt haben mußte. Dieselbe wurde als eine Schuß wunde constatirt, und an der Seite des Bettes in der unmittelbaren Nähe der rechten Hand befand sich ein entladener Revolver. Die Lage der Waffe ließ keinen Zweifel darüber, daß die Tödtung mit eigener Hand erfolgt ist. Bei dem Umstande, daß die Dienerschaft des Kronprinzen in den Nebenhäusern vertheilt ist, und der der Person des Verewigten zugetheilte Diener von Hochdemselben Aufträge zur Bestellung der Jagd er halten und das Haus für kurze Zeit verlassen hatte, konnte die erfolgte Detonation von Niemandem gehört werden. Die Aufgabe der sofort nach Meyerling entsendeten und nach den diesfalls bestehenden Normen zusammen gesetzten Commission war es, den Thatbestand und die Nebenumstände protocollarisch aufzunehmen. Wir kön nen nicht verschweigen, daß manche der Personen aus der nächsten Umgebung des Kronprinzen in den letzten Wochen mehrfache Zeichen von krankhafter Nervenauf regung an Höchstdemselben wahrnahmen, so daß man die Ansicht festhalten muß, dieses schreckliche Ereigniß sei der Ausfluß momentaner Sinnesverwirrung gewe sen. Außerdem glauben wir anführen zu sollen, daß der Kronprinz seit einiger Zeit häufig über Kopf schmerz klagte, den er selbst auf einem Sturz mit dem Pferde im letzten Herbst zurückführte. Dieser Unfall wurde aber seiner Zeit auf ausdrücklichen Befehl des Kronprinzen geheim gehalten. Vielleicht wäre es bes ser gewesen, diese erschütternde Mittheilung sofort zu machen, anstatt nach zwei Tagen. Wir haben somit ein Seitenstück zu dem Tode König Ludwigs II. von Bayern vor uns. Bis ins innerste Mark erschüttert stehen wir dem tragischen Ende des ritterlichen Kaiser sohnes gegenüber. So jung, so reich begabt, so all gemein beliebt, und ein solcher fürchterlicher Tod! Angesichts des in Geistesstörung begangenen Selbst mordes wird nunmehr auch das Leichenbegängniß einen lediglich privaten Charakter tragen. Die Leiche wird erst Sonntag Nacht aus dem Schlafgemach des Todten in die Hofburgkirche überführt werden, wo am Montag Vormittag dem Publikum der Zutritt frei steht. Das Begräbniß selbst wird Dienstag Nachmit tag 4 Uhr erfolgen und zwar wird der Sarg auf dem kürzesten Wege zur Kapuzinerkirche geführt wer den, in deren Grufr der Tode seine Ruhestätte findet. Da aller Glanz fern bleibt, werden auch die nicht mit dem Kaiserhofe verwandten Fürstlichkeiten der Cere- monie nicht beiwohnen. Noch immer langen zahlreiche Beileidstelegramme an. Die Wiener Bevölkerung, die immer schon nicht recht an einen Herzschlag glauben wollte, verharrt in dumpfer Trauer. Auch in den übrigen großen Städten der Monarchie herrscht die heftigste und allgemeinste Bestürzung. Es wird noch weiter mitgetheilt, daß der Kronprinz schon vor zwei Jahren und wieder vor acht Tagen dem Geh. Rath Szögenyi die Ordnung seiner Papiere übergab. Da Szögenyi in Folge der Erkrankung seiner Kinder a» den Masern nicht mit dem Kron- > Prinzen verkehrte, schrieb ihm Letzterer, er möge den i Auftrag für den Fall seines Todes ja nicht vergessen, f Seit Monaten zeigten sich beim Kronprinzen Zeichen - der Lebensmüdigkeit und Todessehnsucht, doppelt unbe greiflich bei Jemand, der wie er, früher das Leben in vollen Zügen genoß. Er sagte wiederholt ganz offen: Ich werde nicht mehr langeleben! Jedenfalls ist der Selbstmordgedanke erst im letzten Augenblick gefaßt, denn der Kronprinz hatte noch am Tage vor seinem Tode verschiedene Personen zum Besuch geladen. Daß er dann aber entschlossen war, aus der Welt zu gehen, beweist der Umstand, daß er die Schlafstuben thür fest verriegelte und verschloß, so daß diese er brochen werden mußte. Da die traurige That doch gerüchtweise bekannt geworden war, erfolgte auf den Rath de» ungarischen Ministerpräsidenten diePublica- tion. Die Sektion der Leiche hat stattgefunden, worauf dieselbe im großen Speisesaal der Hofburg aufgebahrt wurde. Der Sarg ist ein Metallsarg, der Kronprinz trägt große Generalsuniform. Tief erschütternde Scenen spielen sich am Sarge ab. Die Kronprinzessin ist schwer zu bewegen, den Sarg zu verlassen, die kleine Prinzessin Elisabeth weinte still vor sich hin. Um den Mund des Todten spielt sich ein sanftes Lächeln. Der Revolver, mit welchem der Kronprinz sich erschoß, war ein gewöhnlicher Armeerevolver. Der Kronprinz hatte an dem verhängnißvollen Morgen schon um '/a7 Uhr sein Belt verlassen, erschien auf der Zimmerschwelle und fragte den Kammerdiener, ob es Zeit zur Jagd sei. Als Letzterer verneinte, ant wortete der Prinz, dann werde er noch etwas ruhen und kehrte in sein Gemach zurück. Um '/<8 Uhr kam der Kammerdiener wieder und klopfte wiederholt an die Thür. Als diese nicht geöffnet wurde, wurde ein Schlosser geholt, welcher das Schloß erbrach. Be hauptet wird auch, daß der Kronprinz zur Linderung seines Nervenleidens seit zwei Jahren heimlich Morphium nahm, wodurch das Uebel noch verschlimmert wurde. Am Freitag pasfirten zahlreiche Generale, Staatswürden träger rc. am Sarge vorüber. Der Reichsralh hielt eine Trauersitzung ab, in welcher des Andenkens des Todten gedacht wurde. Politische Krmdschan. Deutsches Reich. Der Kaiser hat zehn weiteren Regimentern der preußischen Armee die Namm von Fürsten und Ge neralen verliehen. Am Donnerstag Nachmittag stattete der Monarch dem Fürsten Bismarck einen längeren Besuch ab. Zum Thee waren die Grafen Herbert und Wilhelm Bismarck geladen. Freitag empfing der Kaiser den österreichischen Botschafter und arbei tete mit dem Minister von Bötticher. Nach Wien s reist Prinz Heinrich als Stellvertreter des Kaisers. ? Englische Blätter melden, Kaiser Wilhelm II. werde j der Königin Victoria nach Beendigung des Trauer- ' jahres einen Besuch abstatten. - Der kaiserliche Hof in Berlin legt für den Kron prinzen Rudolph von Oesterreich eine dreiwöchige Hof- trauer an. Das „Militär-Wochenblatt" theilt mit: Prinz Alexander von Battenberg ist auf sein Ansuchen aus seinem bisherigen Dienstverhältnisse L la snito Les Regiments der Garde du Corps und des 2. hes sischen Dragoner-Regiments ausgeschieden. Die „Nordd. Allg. Ztg." erklärt die britische Nach richt, dem Häuptling Mataafa auf Samoa sei deutscherseits der Krieg erklärt, für unbegrün det. Den Krieg könne man nur dem rechtmäßigen Beherrscher eines Landes erklären, das sei Mataafa aber nicht, er habe sich im Gegentheil gegen den recht mäßigen König Tamasese erklärt. Es handle sich also nur wohl um Maßnahmen zur Sicherung des deut schen Besitzthumes und der Reichsangehörigen, sowie zur Erlangung einer Genugthuung für den erfolgten Angriff. Aehnliches sei in neuerer Zeit an der spa nischen Küste vorgekommen, als ein deutscher Offizier, Namens Schmidt, von den Karlisten erschossen wurde. Aus dieser Erklärung ergiebt sich, daß die Reichs regierung eine Annection von Samoa nicht anstrebt, vielmehr den bisherigen deutschfreundlichen König Ta masese als Herrscher anerkennt. In der am Freitag stattgefundenen Sitzung des Bundesrathes sprach Staatssecretär von Bötticher vor Eintritt in die Tagesordnung die tiefe Trauer der Versammlung über den Tod des Kronprinzen Rudolf aus. Die intimen Beziehungen Deutschlands zu dem befreundeten und verbündeten Herrscherhause Oesterreich-Ungarn, die vielen verwandtschaftlichen Ver bindungen deutscher Fürstengeschlechter mit dem Hause Habsburg sicherten dem Kaiser Franz Joseph und seinem Hause, sowie de.n österreichisch-ungarischen Volke die innigste und regste Antheilnahme der deutschen Fürsten und des deutschen Volkes. Der Bundesrath nahm die ostafrikanische Vorlage in der vom Reichs tage beschlossenen Fassung an. Im Reichstage herrschte am Freitag auf die Nach richt, Kronprinz Rudolph habe Selbstmord geübt, ge waltige Erregung. Der Sitzungssaal war zeitweise fast leer. Zur Expedition nach Ostafrika wird bekannt gegeben: Da sämmtliche Stellen für die von Herrn Hauptmann Wißmann anzuwerbende Colonialtruppe besetzt sind, so können keinerlei weitere Anmeldungen mehr berücksichtigt werden.