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Schönburger Tageblatt MMM K de« MLilüth j» WsldeÄNZ. 3» Dienstag, den s. Februar 1839 Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lnnzenan, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurs sorf, Langen» leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Nochsburz, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. SrschAnt täglich «it «»«nähme der Lage nach Tonn« und Festtagen. Nrmahme von Inseraten für die nächster» scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Ner NbonnemontSnreiS beträgt vierteljähr lich L Mk. »S Pf. Mserate pro Zeile 10 Pf., Gingest 20 Pf. Ärprdiiion: Waldenburg, Obergasfe 29ls. ««d MmbMger Attzeiger Malen: in «ltstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto FSrster; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. HSrtia, Mandelqafi-: in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Lunzenau bei Hrn. Buchhändler G. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. WitLernugsanssichten für dm 5. Februar: Vorwiegend wolkiges Wetter bei ziemlich kalter Temperatur. Barometerstand am 4. Februar, nachmittags 8 Uhr: 752 mm. Gestiegen. Bekanntmachung. Nachstehends bringen wir den von uns unter Zustimmung des Stadtverord netencollegiums errichteten, vom Königlichen Ministerium des Innern genehmigten I. Nachtrag zum Revidirten Ortsstatut für die Stadt Waldenburg vom 15. Mai 1885 mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß, daß derselbe sofort in Kraft tritt. Waldenburg, den 30. Januar 1889. Der Stadtrat h. Kretzschmar, B. Rchtr. II. I. Nachtrag zu dem Revidirten Ortsstatut für die Stadt Waldenburg. 8 15 des Revidirten Ortsstatuts für die Stadt Waldenburg vom 15. Mai i 1885 erhält folgenden Zusatz: „Der Stadtrath ist berechtigt, Erlasse ohne Gehör der Stadtverord neten auszusprechen, sofern sie die Summe von 50 Mark im einzel nen Falle nicht übersteigen." Waldenburg, den 29. November 1889. Der Stadtrath. Die Stadtverordneten. (D. 8.) Kretzschmar, B. (D. 8.) A. Bossecker, Stadtv.-Borsteher. Vorstehender I. Nachtrag zu dem Ortsstatute für die Stadt Waldenburg wird andurch bestätigt und hierüber gegenwärtiges Dekret ausgefertigt. Dresden, am 22. Januar 1889. Ministerium des Innern. (D. 8.) v. Nostitz-Wallwitz. Freitag, den 8. dieses Monats, Borm. 1« Uhr sollen im Johann Speck scheu Bauergute in Oberwiera 8 Stück Kühe, 4 Kalben, 1 dreijähriges Pferd, 1 Fohlen, 2 Zuchtsauen (hochtragend), 1 Mast schwein, 2 Kälber, 1 halbverdeckter Kutschwagen, 1 Spazierwagen und eine Getreide aufrechmaschine meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Waldenburg, am 1. Februar 1889. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Richter. "Waldenburg, 4. Februar 1889. Von Wien aus ist amtlich kundgcgeben worden, Kronprinz Rudolph von Oesterreich habe sich in einem Zustand von Sinnesverwirrung selbst eine Kugel in den Kopf geschossen. Ist dem so? Nachdem die of- ficiellen Nachrichten zuerst nur von einem Herzschlag gesprochen, kann cs nicht Wunder nehmen, wenn in Wien auch den jetzigen Mittheilungen nur wenig Glau- ' ben entgegengebracht wird. Man kann es nicht be- j greifen, daß ein Fürst, der so hervorragend geistig thätig war, der literarisch bis in die letzten Tage vor seinem traurigen Ende beschäftigt war, sich mit schwierigen militärischen Fragen beschäftigte, dermaßen geistesgestört war, daß er Hand an sich selbst legte. Auch wenn der Kronprinz an einem nervösen Herz leiden litt, so sagt man, hätte ihn voch kaum der Ge danke an einen Selbstmord kommen können. Einem Kaisersohn steht ja die ganze Welt offen. Die Er schütterung der Bevölkerung ist eine ganz furchtbare, beseitigen kann sie nur.die unverhüllte Kundgebung aller Umstände, welche man bei Auffindung der Leiche con- statirte. Alle bisherigen amtlichen Nachrichten haben Lücken, in dem Sectionsprotocoll wird mitgetheilt, die Kugel sei aus dem Kopf wieder herausgegangen. In dem Todtenzimmer ist sie aber bisher nicht gefunden. In Wien werden deshalb folgende Ansichten aufgestellt: I) Der Kronprinz habe mit einer Dame ein Liebes- verhältniß gehabt und sei von dem Gatten derselben oder einem gedungenen Mörder niedergeschlagen. Das Instrument muß ein schweres Holzscheit gewesen sein. 2) Eine andere Version behauptet, der Mörder sei ein Wildschütz gewesen, auf welchen der Kronprinz sehr erbittert war, weil derselbe den Wildstand von Meyer ling erheblich schädigte. 3) Endlich wird angenommen, der Kronprinz habe sich allerdings selbst erschossen, aber in Folge eines sogenannten amerikanischen Duells. Grund desselben soll ein Liebesverhältniß gewesen sein. So die öffentliche Stimme in Wien. Trotzdem ist Selbstmord anzunehmen. Der Kron prinz hat fünf Briefe hinterlassen, die an seine Eltern, seine Gemahlin, den Erzherzog Otto und den Prinzen von Braganza gerichtet waren und die nach dem Be- gräbniß veröffentlicht werden sollen. Der Selbstmord erklärt sich aber auch zur Genüge aus den folgenden Darlegungen. Im Hause Habsburg sind, zum Theil ganz gewiß in Folge der wiederholten Verwandten- heirathen, schwerere oder geringere Geisteskrankheiten nicht eben selten. Karl V. zog sich, von Melancholie befallen, in ein Kloster zurück, Kaiser Rudolph II. war geisteskrank, ebenso war Kaiser Ferdinand nicht geistig gesund und Erzherzog Franz Karl, der Groß vater Kronprinz Rudolph's, litt an epileptischen An fällen. Auch andere Erzherzoge waren nicht im Voll besitz ihrer geistigen Fähigkeiten. Wir müssen nun daran denken, daß Kronprinz Rudolph als schwäch- i liches Kind ganz entsetzlich mit dem Studium gequält ist; er gehörte zu den Fürsten, welche die meisten Sprachen beherrschen. Sein Körper erholte sich spä ter durch starke Bewegung, er war bekanntlich einpas- sionirter Jäger und Reiter, aber der Kronprinz mu- thete ihm in seinem lebhaften Temperament auch zu viel zu. Dazu kommt, was nicht verschwiegen wer- > den darf, daß er sehr flott lebte. Ein schwerer Ge lenkrheumatismus und ein in Folge desselben sich ein- i stellendes Herzleiden schwächten seine Gesundheit, aber i der Kronprinz unterzog sich denselben Anstrenguugen ; und Aufregungen wie bisher. Er brauchte wenig j Schlaf, konnte trotzdem den ganzen Tag arbeiten oder exercieren und dann abermals einer fröhlichen Abend gesellschaft beiwohnen. Ein solches Leben kann auf die Dauer nur ein eiserner Körper aushalten und den besaß der Kronprinz nicht. Es ist kein Wunder, wenn er allmählich erschlaffte, reizbar und nervös wurde. Und nachdem nun einmal der Anfang des Leidens vor handen, ließen die Fortschritte nicht auf sich warten. Rudolph war eine ehrgeizige, feurige Natur, der leb hafte Geist wurde nicht eingeschränkt durch das körper liche Leiden, aber er verschlimmerte es. Und endlich traten die krankhaften Neigungen auch zu Tage. In Folge davon entstanden Familienzwistigkeiten, der Kron prinz soll den Wunsch gehabt haben, sich von seiner Gemahlin scheiden zu lassen, um einer anderen Nei gung nachzuhängen, andere Schwierigkeiten sind hinzu gekommen, die ihm das Leben verbitterten. Und end lich war es von Anfang seines Herzleidens eine fixe Idee von ihm, daß er früh sterben müsse. Sehr häu fig hat er diese Ansicht ausgesprochen. Weiter hat er auch gesagt, daß es für Jemand, der seine Ideale nicht erlangen könne, besser sei, aus dem Leben zu schei den, überhaupt gern von Selbstmorden und die Aus ¬ führung derselben gesprochen. Zwei geladene Revolver führte er auf allen Reisen mit sich. In der letzten Zeit seines Lebens war er sehr aufgeregt, düster, oft von der Selbstbeherrschung völlig verlassen. Wenn er auch befreundeten Personen seine bekannte Liebenswür digkeit zeigte, so scheint ihn doch sein krankhafter Zu stand, der sich in Folge eines Pferdesturzes noch ver schlimmert hatte, sehr gequält zu haben. Von lange her bestimmt war der Selbstmord aber doch nicht ge plant. Dies beweisen Briefe, in welchen der Kron prinz für einige Tage nach seinem Tode noch Perso nen einlud, vor Allem ein Brief an den Hofrath Wielen, in welchem die Fertigstellung einer neuen Lie ferung des Prachtwerkes „Oesterreich in Wort und Bild" für das Ende der vorigen Woche angekündigt wurde. Am Tage vor seinem Tode hatte der Kron prinz quälende Kopfschmerzen, die Nacht wird schreck lich gewesen sein, und als er nun am Morgen, krank, zerfallen und muthlos, in den trüben Wintertag hin einschaute, da war er nicht Kronprinz, sondern ein müder, des Lebens überdrüssiger Mensch. Ist es da so unerklärlich, daß er zum Reoolger griff? Die Professoren Hofmann, Kundrad, Widerhofer haben folgendes Gutachten über des Kronprinzen Tod abgegeben: 1) Der Kronprinz Rudolph ist an Zer trümmerung des Schädels und der vorderen Hirn- partieen gestorben. 2) Diese Zertrümmerung ver anlaßte ein aus unmittelbarer Nähe gegen die rechte vordere Schläsengegend abgefeuerter Schuß. 3) Der Schuß aus einem Revolver von mittlerem Kaliber war geeignet, die beschriebene Verletzung zu erzeugen. 4) Das Projektil ist nicht aufgefunden worden, da dasselbe durch die über dem linken Ohr constatirte Ausschußöffnung ausgetreten war. 5) Es ist zweifel los, daß der Kronprinz sich selbst den Schuß beige bracht hat und der Tod augenblicklich eingetreten ist. 6) Die vorzeitige Verwachsung der Pfeil- und Kreuz naht, die auffällige Tiefe der Schädelgrube und der sogenannten „fingerförmigen Eindrücke" an der inne ren Schädelknochenfläche, deutliche Abflachung der Hirn windungen, Erweiterungen der Hirnkammer sind pa thologische Befunde, welche erfahrungsgemäß mit ab norme» Geisteszuständen einhergehen und daher zu der Annahme berechtigen, daß die That in einem Zustand der Geistesverwirrung geschehen ist.