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Aus Anlaß der über die Scapa Flow-Besatzungen nach Zeitungsberichten verhängten Hungerstrafen ist die Schweiz als deutsche Schutzmacht in England gebeten worden, Er kundigungen einzuziehen und, falls der Sachverhalt zutreffen sollte, nachdrücklichst Einspruch gegen die gröbliche Ver letzung der Grundsätze der Menschlichkeit bei der britischen Regierung zu veranlassen. Die Dänen haben in letzter Zeit häufig auf die Friesen in ihrem Sinne ein zuwirken gesucht und in ihrer Presse gern den Eindruck erweckt, daß die Sympathien der Friesen dänisch seien. Wie wenig das der Wahrheit entspricht, haben drei Versammlungen gezeigt, die der dänische Wahlverein Nord» schlrSwig auf der Insel Föhr, die in der zweiten Abstim- mungszone liegt, einberufen hatte. Sie alle ohne Ausnahme bedeuten in ihrem Verlaufe eine große Niederlage für die Dänen. Dem Reichsrat ist der Entwurf einer Verordnung über di« Zahlung von Ablieferungsprämien für Brotgetreide, Gerste und Kartoffeln zur Beschlußfassung zugegangen Da nach soll den Landwirten, die einen bestimmten Prozentsatz ihrer Ablieferungsschuldigkeit an Brotgetreide und Gerste erfüllt haben, eine steigende Prämie für jeden abgelieferten Zentner und den Kartoffelerzeugern ebenso eine steigende Prämie für jeden über die Hälfte ihres Ablieferungssolls gelieferten Zentner Kartoffeln gewährt werden, wobei die vor dem Inkrafttreten der Verordnung bereits abgelieferten Mengen berücksichtigt werden sollen. Wenn durch diese Prämien auch die Preise der genannten Produkte eine Er höhung erfahren müssen, wird diese Belastung der Ver braucher doch dadurch wieder vermindert, daß mit jeder vermehrten Ablieferung sich die notwendige teure Einfuhr vom Ausland ermäßigt. Die Ueberreichung der von den alliierten Untersuchung- kommisfionen angefertigten drei AuSlieserungslisten wird frühestens im Januar 1920 an die deutsche Regierung er folgen. Die Liften werden vorher den Parlamenten der Ententestaaten zur Genehmigung vorgelegt werden, die Schuld jeder auf den Listen angeführten Person soll aus führlich begründet werden. Gerüchtweise verlautete von einer bevorstehenden Zurück ziehung des ReichSnotopferS. An amtlicher Stelle wird eine solche Abficht indessen bestritten. Im Prozeß Marloh beantragte der Anklagevertreter gegen Oberleutnant Marloh eine Gesamtstrafe von 3 Jahren 2 Monaten Gefängnis und Dienstentlassung. Dem Polenführer Korfanty ist der Aufenthalt in Ober- schlefien untersagt worden. Der deutsche SeeschiffahrtStag in Hamburg hat sich gegen die Auslieferung des schwimmenden Materials erklärt, da dies die vollständige Erdrosselung der deutschen See schiffahrt bedeuten würde. Unmittelbar nach Aufhebung des Belagerungszustandes in Berlin haben die Kommunisten mit der Wiederrinbe- rufung von Massenversammlungen begonnen. In der nächsten Woche find zahlreiche Versammlungen in Groß-Berlin einberufen, in denen für die Beseitigung der jetzigen Re gierung agitiert werden soll. Zum Chef der Propaganda für innere und äußere Politik ist Geheimrat Or. Otto Drießen, einer der Vertrauten Erz bergerS, au-ersehen. Geheimrat Drießen war Pressechef der WaffenstillstandSkommisfion, solange sie von Erzberger geleitet wurde. Den Kampf gegen das Schiebertum setzt das ReichS- verwertungSamt mit ganz besonderem Nachdruck fort. Von welcher Wirkung sein Vorgehen ist, zeigen die täglich wach sende Zahl von aufgedeckten Schiebungen und die vielen Belohnungen, die an das Publikum für Anzeigen gezahlt werden. Um den Kampf möglichst im ganzen Lande führen zu können, hat das ReichsverwertungSamt schon vor einiger Zeit bei seinen über das gesamte Reich verbreiteten Zweig stellen besondere TrfassungSabteilungen und in mehreren Städten, die unter der Schieberplage besonders stark leiden, auch Kriminalpolizeistellen eingerichtet. Oesterreich-Ungarn. Aus Klausenburg wird berichtet, daß in dem von Rumä nen besetzten Teil Sieb enbürgen« seit Tagen eine revo lutionäre Stimmung herrschte. Am 30. November sei Klausenburg der Schauplatz blutiger Ereignisse gewesen. Das revolutionäre Militär, von dem ein großer Teil sich aus fiebenbürgischen Rumänen rekrutiert, hatte aus dem Pulverturm und der Zitadelle große Mengen von Munition geraubt und griff dann das Armeeoberkommando an. Die reichsrumänischen Soldaten gaben eine Salve ab nnd e- kam zu einem heftigen Straßenkampf, der auf beiden Seilen mehrere Opfer forderte. Noch in derselben Nacht habe sich in Klausenburg ein revolutionärer Soldatenrat gebildet, dessen Leiter Oberleutnant Virgin Salveu sei. In Klausenburg allein wurden 1200 fiebenbürgische Rumänen wegen revolu tionärer Umtrieb» verhaftet. Auch in Deva herrschte eine starke bolschewistische Stimmung. Es drohe der Ausbruch der allgemeinen Revolution. Trankretch. Wie „Journal" meldet, wird die neugewählte französische Kammer nur am Montag tagen, um die Formalitäten zu erledigen. Am gleichen Tage werde sich die Kammer bis 16. d. vertagen, weil am 9. d. in ganz Frankreich die Bürgermeister und die Delegierten gewählt werden, die die Senatoren vahlen vornehmen. Italien. In Fiume find nunmehr italienische Regierungstruppen eingezogen und haben sich mit den Truppen d'AnnunzioS verbrüdert. Polen. Paderemski hat bekanntlich sein Entlassungsgesuch eingereicht. Er hat aber die Neubildung des Kabinett- übernommen. Amerika. In Pittsburg wurde der Bergarbeiterstreik für been det erklärt, in Grafton erklärten sich die Bergleute mit einer Lohnerhöhung von 14 Proz. einverstanden. Dem amerikanischen Repräsentantenhaus wurde eine von verschiedenen Abgeordneten eingebrachte Resolution unter breitet, derzufolge der Krieg als beendet betrachtet wer den soll. Aus dem Muldentale. "Waldenburg, 9. Dezember. Unter dem Einfluß eines Tiefdruckgebietes, das sich bis auf 747 mm am Sonntag verringert hatte, traten seit dem 4. d. starke Niederschläge auf. die in vergangener Nacht in Schneeform niedergegangen find und das ganze Muldental abermals in eine volle Winter landschaft umgewandelt haben. Da sich die Windrichtung von Südwesten nach Nordosten gedreht hat, ist neue Kälte zu erwarten. *— In der gestern Abend stattgehabten Sitzung de» Stadtverordnetenkollegiums wurde dem RatSbcschlufle, an Stelle der Birken auf dem Anger, die wegen der Holznot gefällt worden find, Obstbäume anzupflanzen, beigetreten. Von dem Berichte des BerbandSrevisorS über eine unver mutete Kassenrevifion wurde Kenntnis genommen. Die Sparkaffenrechnung für 1918, die geprüft worden ist, wurde richtig gesprochen. Weiter wurde beschlossen, einen Wasser- leitungsplan durch Herrn Ingenieur Halbig in Chemnitz an- fertigen zu lassen. An die öffentliche schloß sich noch eine geheime Sitzung, in welcher über Gehaltsfragen, und ve- schaffuugsbeihilfen Beschluß gefaßt wurde. *— Das Verordnungsblatt de- Evangelisch-lutherischen LandeskonfistoriumS, 20. Stück vom Jahre 1919, ist ein gegangen und liegt für die Mitglieder der Kirchgemeinde zur Einsicht aus. *— Für die Zeit vom 13. bis einschließlich 26. Dezember treten, wie in den Vorjahren, Beschränkungen im Postpaket verkehr ein. Altstadt Waldesbar-, 9. Dezember. In der Gemeinde- ratsfitzung vom 2. d. wurde vor Eintritt in die Tagesord nung das Mitglied Herr Gutsbesitzer Hermann Riedel au» Anlaß seiner silbernen Hochzeit auf herzlichste vom Vorsitzen den beglückwünscht, wofür Herr Riedel dankte. Der Straßen bauplan über den Stangenteich hat au-gelegen, ohne daß andere Vorschläge eingereicht worden sind. Ein freiwillige» Angebot auf Einreichung eine» Gegenvorschlages wurde an genommen. Ueber die vorliegenden Gesuche um käufliche Ueberlassung von Grundstücken bez«. um Pachtung wurde die Entschließung au-gesetzt. Ferner wurde beschlossen, Preis angebote wegen Grabenhebung rinzuholen. Um Befreiung von der Grunderwerbssteuer soll unter Beibringung von Nachweisen erneut nachgesucht werden. Die Prüfung der feitiggeftellten Armenkaffenrechnung von 1917 wird Herrn Kaufmann Franz gegen 25 Mk. Entschädigung übrrtragen. Einem Bericht der Kreishauptmannschast wegen Errichtung einer Autolinie mit Abzweigung Hartmannsdorf wird in vollem Umfange zugestimmt Mit dem Entwurf eine- OrtS- gesetznachtragS, Wahl eines 2. Gemeindeältesten betr., erklärte man sich einverstanden. Als OrtsauSschußmitglied wurde Herr Gutsbesitzer Paul Schuricht als Erzeuger zugcwählt. Weiter wählte man anstelle der Herrn Lippold Herrn Schul hausmann Heinrich Gersdorf als Verbraucher hinzu. Bon der Telegraphenlinienveränderung, Härtels Fabrik bis Rr. 107, nahm man Kenntnis, ebenso von dem Dankschreiben der Fachschule Waldenburg wegen der Erhöhung des Bei trags Weiter wurde beschlossen, um Erhöhung der hiesigen Kohlenzuweisung bei der Ortskohlenstelle Amtshauptmann schaft Glauchau nachzusuchen. Bon den eingegangenen Nah- rungSmitlelangeboten machte man teilweise Gebrauch. I» Sachen der Erhöhung des elektrischen Strompreises beschloß man, den hierzu gewählten Ausschuß mit der weiteren Er ledigung zu beauftragen. Von dem Eingang der Wegebau beihilse und von der Bezirkssteuerabrechnung 1919 wurde Kenntnis genommen. In einer Abortversetzungsangelegen- heit bleibt man auf Veränderung de» Standortes bestehen. In verschiedenen Erwerbslosenunterstützungssachen wurde Entschließung gefaßt. Ein Steuererlaßgesuch wurde berück sichtigt. Die ergriffenen Maßnahmen in zwei Armensachen wurden gutgeheißen. Von der Einladung zur Versammlung des LandespenfionSverbande» und der zu erwartenden Ueber- nahme der Altpensionäre wurde befriedigend Kenntnis ge nommen und beschlossen, die sächsische Gemeindezeitung in zwei Exemplaren zu bestellen. Alsdann wurden noch ver schiedene Personalsachen erledigt. Oberwiera, 9. Dezember. In der letzten GemeinderatS- fitzung wurde mitgeteilt, daß noch 1414 Mk. BezirkSsteuer nachzuzahlen sind, ferner, daß am 1. Oktober d. I. die Grunderwerbssteuer in Kraft getreten und die Befitzwechsel- abgabe weggefallen ist. Man beschloß deshalb, die Wert- zuwachsstkuer zu erheben. Bon einer Zuschrift über Schlacht viehablieferung wurde Kenntnis genommen. Die Beschaffungs beihilfe für die Hebamme wurde bewilligt. Zum stellv. Ge meindewaisenrat wurde Herr Lehrer Müller gewählt. Für die Gewichtsfeststellung bei der Viehzählung wurden die Herren Gutsbesitzer Müller, Petzold, Heimer und Resche bestimmt. ,Zur Feststellung der Kartoffelernte wurden von feiten der Im Auge der Wot. 27) Roman von C. Dressel. (Fortsetzung.) Mochte sie nnmerym emmal ihrer jungen Warm- blütigkeit bewußt werden, und wenn er selber da nicht mit konnte, er gönnte der Jugend, was ihr zukam. Dit kühle, maßvolle Ruhe seines jungen Weibes hatte ihn immer eher bedrückt denn befriedigt, weil sie ihm unnatürlich geschienen. Wirklich, er gönnte ihr von Herzen jede erlaubte Freude, und wenn ein anderer ihr dazu verhalf, was tat das? Wenn sie nur wieder fröhlich aufblühte zu seiner eigenen Lust, darauf tam's an. So machte er jetzt selber den Vorschlag, Jella solle wieder reiten, nun sie es in Begleitung eines solchen Kenners und Könners, wie Klüven es zu sein scheine, tun könne. Der sähe ihm ganz danach aus, als ob man seiner geschickten Kraft unbesorgt eine junge Dame anvertrauen könne. Welch warmen Dank ihm da der jungen Frau auf- strahlende Augen sagten. „So hat sie ihren Mann den ganzen Abend noch nicht angesehen," dachte Vollrad. „Er hat sie innig lieb, zweifellos, solch entzückendes Geschöpf, wie sie ist — sie aber? Mein Gott, blutjung muß sie gewesen sein, als sie ihn nahm, den soviel älteren und äußerlich so wenig imponierenden Mann. Wird sie ihn da sehr ge liebt haben? Schwerlich. Irgendwelcher Zwang hat sie in diese ungleiche Ehe getrieben, aber Gewöhnung, dar Kind, söhnten sie schließlich damit aus." Während er so grübelte, jubelte Jella Brügge: „Das ist lieb von dir, Friederich, ja, darauf freu' ich mich. Ach, wie lange bin ich nicht auf dem Pferd ge wesen und kenne kein höheres Vergnügen. Sowie die Tage länger werden, fange ich an, denn Freistunden wirst du Herrn Klüven trotzdem nicht geben wollen. Das leidet dein eifriger Kaufmannsgeist nicht, wie?" „Kennst du mich als den, Jella?" Sie wurde rot, glitt schnell zu ihm hin und nahm wie abbittend seine Hand in die ihren. „Gewiß nicht. So war's nicht gemeint, Friederich, ich weiß doch" —- Sie brach ab, preßte die Zähne zu sammen und drückte nur wortlos seine Hand. „Daß ich dir gern jeden möglichen Gefallen tue,* schloß er mild. „Also wird sich auch für Herrn Klüven hier und da etwas mehr freie Zeit finden, aber wir haben ihn noch gar nicht gefragt, ob er Lust dazu hat." Der lachte. t„Nur zu gern, Herr Kommerzienrat." Seine lustigen Augen begegneten Zellas Strahlenblick. Ach, die goldene Jugend, wie einzig sie doch war, selbst wenn sie nur mal im flüchtigen Widerschein zurückkam. Doch nicht nur der weißen Frau leuchtende Augen dankten seiner Bereitwilligkeit, auch ihre Lippen sagten nun froh: „Dank, Herr Klüven. Wir werden anfangen, sobald der starke Frost nachläßt. Einstweilen können wir den ander» nützen. Ich schlage für morgen eine Schlittenfahrt vor, das ist auch was für dich, Friederich." „Nein, Kind, ich verzichte. Das ist ganz und gar nichts für mich. Das Rheuma plagt mich mehr denn je. Lothar dagegen wird gern von der Partie sein, und nehmt ihr dann vielleicht noch Harald mit, den du mir nur gehörig einwickeln mußt, so bist du in drei facher Eskorte und wirst dich nicht langweilen." Allen Ernstes wurde daraus eine Fahrt ins freie Land nach der Kirchzeit verabredet. „Und mein Diner?" erinnerte der Kommerzienrat nur, „ihr werdet doch rechtzeitig heimkommen?" „Kann ich nicht versprechen," lachte Jella. „Nur so viel, es wird der Firma Brügge Ehre machen wie immer. Mamsell weiß ja Bescheid, die Kochfrau ist ein Juwel. Die Tafel will ich gern vorher selber ausputzen, ob ich aber mit dran sitze Friederich, du weißt doch, ich habe mich immer davon gedrückt. Ich als einzige Dame unter deinen Schwarzröcken, brr — mute mir das nicht zu. Ihr amüsiert euch auch weit besser unter euch. Und ob der neueste Kontorherr" — sie deutete lächelnd auf Vovrad — „bei euren wichtigen Gesprächen zu Worte käme, wäre auch noch die Frage. Nötig ist er euch nicht dabei, könnte daher ebensogut fortbleiben. ^Kommen wir früh genug zurück, nun, dann trinken wir gern noch ein Glas Sekt mit " „Den gibt's nicht. Schwere Weine passen mir besser für diese würdige Gelegenheit," scherzte Brügge. „So trinken wir ihn nachher, und wenn du's noch fähig bist, darfst du gern mithnlten." „Schelm du. Wie ausgelassen du sein kannst. Bringe mir nur morgen so frohe Laune wieder mit, so ist's schon gut." Als Vollrad sich endlich verabschiedete, es war be reits weit nach Mitternacht, fragte die weiße Frau un vermittelt: „Wie heißt denn die nette Familie, bei der Sie wohnen?" Er fühlte ein plötzliches Unbehagen in der Herz gegend, das fast schmerzhaft war. Stach ihn die Rose wund, weil seine Gedanken, die sich nun mondelang um Annelise bewegt, in diesen letzten Stunden nicht ein einzig Mal bei ihr gewesen waren? Er erschrak über sich selbst und gab unsichere Antwort. „Frau Doktor Overlach? eine gebildete liebens würdige Dame, — aber fünf Kinder, oder sind's noch mehr — ist's nicht ein bißchen viel Unruhe im Haus?" Frau Jella lachte herzlich. „Eine reizende, schon erwachsene Tochter darunter?" mischte sich Baron Rieger lebhaft ein. „Ich habe näm lich diesen Winter bei guten Bekannten ein Fräulein Annelise Overlach kennen gelernt, und sie ist von hier." Vollrad sah den Referendar argwöhnisch an. Zu rückhaltend entgegnete er: „Es mag stimmen, die älteste Tochter soll vor einigen Monaten als Lehrerin nach Berlin gegangen sein." „Soll — soll, wie Sie das sagen, Klüven. Sie werden sicher diese liebliche Annelise kennen, vielleicht besser als ich, Sie Glückspilz." (Fortsetzung folgt.