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rrchtigkeit sein. Wenn ein Friedensschluß zahlreiche Keime zu kriegerischen Verwickelungen in sich birgt, so ist es der Friedensvorschlag der „Alliierteck und Assoziierten". Politische Rundschau Deutsches Reich. Am 2. Juni hat der Verfaffungsausschuß die Rätefrage zur Entscheidung gebrachte Gegen die Stimmen der Rechten wurde nach dem Entwurf der Reichsregierung ein Artikel in die Verfassung ausgenommen, der Arbeitern und Ange stellten die Befugnis zuspricht, an der Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen, sowie an der gesamten wirtschaft lichen Entwicklung der produktiven Kräfte mitzuwirken. Die Vertretung der Arbeiter gliedert sich zunächst in Betriebs arbeiterräte, über die sich Bezirksarbciterräte und Reichs arbeiterräte aufbauen. Gemeinsam senden diese Räte mit den Organisationen der Unternehmer Vertreter in die Bezirks- wirtschaftSräte und den Reichswirtschastsrat. Die Aufgaben dieser Räte sollen rein wirtschaftlicher Natur sein, allein sie find so weit abgesteckt, daß ein Hinübergreifen aus das poli tische Gebiet unvermeidlich ist. Dann aber entsteht die ernste Frage, ob Nationalversammlung und Räte sich gegenseitig mehr hindern als fördern. Wie die „Germania" aus zuverlässiger Quelle erfährt, ist Geh. Rat Brugger aus dem Kultusministerium zum Regie rungspräsidenten in Köln und OberrcgierungSrat Fuchs in ArnSberg zum Regierungspräsidenten in Trier ernannt worden. Beide sind Katholiken und Zcntrumsmänner. Zur Zeit sind Erwägungen im Gange, den früheren Staats sekretär Trimborn zum Oberpräsidenten dee Rheinpfalz zu ernennen. ' Die von den Professoren Delbrück, Max Weber und Mendel-sohn-Bartholdy und dem Grafen von Montgelas ausgearbeitete Denkschrift über die Schuldfrage am Kriege ist jetzt veröffentlicht worden. Reichsminister Erzberger hat gegen die französischen Umtriebe im linksrheinischen Gebiete, die den Hochverrat förderten und im schroffsten Gegensatz zu den Waffenstill standsbedingungen stehen, Einspruch erhoben. Aus der Pfalz liegen Privatnachrichten vor, wonach hohe französische Offiziere mit Pfälzern wegen Uebernahme von Ministerportefeuilles verhandeln. Tie amtlichen französischen Stellen fördern nicht nur die gegen Deutsch land gerichtete hochverräterische Bewegung, sondern haben sie direkt veranlaßt. Das ReichsernährungSminifterium hat den Bundesstaaten gewisse Mengen von Lebensmitteln zur Versorgung der Bade und Kurorte im Wege der Sonderzuteilung zu gewiesen. Das Gladbacher Bismarckdenkmal ist am 12. Februar durch französische Soldaten von seinem Sockel abgestürzt worden; die Alliierten find daraufhin'um Schadenersatz an- gegangen worden. Der Führer der Unabhängigen, Haase, soll folgendes »erklärt haben: „Wenn sich die heutige-Regierung weigert, die Friedensbedingungen zu unterzeichnen, und wenn die Alliierten dann einmarschieren, werden die Unabhängigen sofort einen Versuch machen, die Regierung zum Rück tritt zu zwingen und eine neue Regierung bilden, die unterzeichnen wird. Aber ich erwarte den Frieden in 14 Tagen." Der am Soi ntag in Kattowitz tagende oberschlesische Bezirksparteitag der sozialdemokratischen Partei ^hat zur Polenfrage einstimmig eine Entschließung angenommen, in der eS heißt: Der in Kattowitz tagende oberschlefische Bezirks- Parteitag der sozialdemokratischen Partei Deutschlands erhebt im Namen von 216,000 Wählern flammenden Einspruch gegen den Vergewaltigungssrieden, der den: deutschen Volke ausgezwungen werden soll. Insbesondere stellt der Partei tag einmütig fest, daß der Anschluß an Polen für die »berschlesische Arbeiterschaft den geistigen und wirtschaftlichen Niedergang und die neue Fesselung an das abgestreiste kapitalistische Joch bedeute. Von der Reichsregierung er wartet der Parteitag, daß sie alles tun wird, um das Weiterbleiben Oberschlesiens bei der deutschen Republik zu erreichen und gelobt, sie bei ihren Bemühungen zu unterstützen. Die Reichsregierung hat gegen die französischen Hetze- reien im Rheinlande schärfsten Protest erhoben. Im Solinger Bezirk traten die Arbeiter als Protest gegen den Plan der Errichtung einer Rheinrepublik in den Ausstand. Nach zuverlässigen Nachrichen aus Posen werden die Jahr gange 1895—1900 eingezogen. Die Jahrgänge 1891 bi« 1894 und 1901 sind in der Einbeziehung mit inbe griffen, und zwar ohne Rücksicht auf die Nationalität. Die Münchener Geißelmorde werden in diesen Tagen vor dem Münchener Standgericht behandelt. Einer der Führer der Münchener Räterepublik, Levine-Nissen, ist auf Grund des 8 81,2 des Reichsstrafgesetzbuches wegen Hoch verrats zum Tode verurteilt. Die Erzeinfuhr aus Schweden ist wieder ausgenommen worden; die ersten Schiffe kommen über Altona und Harburg. Oesterreich.Ungarn. Di« Truppen des ungarischen Sowjets haben nach ungari schen Meldungen die Rumänen im Norden der Theiß ge schlagen und die Verbindung zwischen der rumänischen und tschechischen Front durchbrochen. Die Sozialisierung soll auch in der Tschecho Slowakei ver sucht werden. In die Verwaltung des größten Industrie Werkes, der ehemaligen berühmten österreichischen Kanonen fabrik Skoda bei Pilsen, soll ein tschechosozialdemokratischer Abgeordneter Pik eintreten. Frankreich. Am Montag Vormittag sind in Nvrdsrankreich 82,000 Bergleute in den Ausstand getreten. In Paris befinden sich über 350,000 Metallarbeiter im Ausstande. Die Angestellten der Pariser Warenhäuser sind in eine Streikbewegung eingetreten. Im Warenhause Prin temps traten 5000 Angestellte die Arbeit nicht an. Auch in der Provinz streiken zahlreiche Arbeiterorganisationen. Daher der Eifer unserer Gegner, daß der Friede bis 1«. Juni unterzeichnet sein müsse. Spanien. Dem Amsterdamer „Telegraf" zufolge meldet die Londoner „Times" aus Madrid, daß die spanischen Wahlen mit einem großen Sieg der Republikaner geendet haben. England. Die Zahl der Arbeitslosen in England beträgt über eine Million. Die Zahl der arbeitslosen Kriegsteilnehmer beträgt nach einer Mitteilung im Unterhause 408,000. Rußland. Nach bisher noch unbestätigten Nachrichten ist Peters burg von einem Heer von Engländern und Finnländern genommen worden. Griechenland. Die Griechen sollen, englischen Meldungen zufolge, auf Grund eines Vertrages mit Bulgarien Adrianopel und das ganze jetzt zu Bulgarien gehörende Stück der ägäischen Küste erhalten. Amerika. Seit dem Waffenstillstände find 2,276,299 amerikanische Offiziere und Mannschaften demobilisiert worden. In Mexiko haben die Kämpfe der biederen kampfbedürfti gen Bevölkerung in der letzten Zeit wieder beträchtlichen Umfang angenommen. Die „Generäle" Villa und Angeles daben die Stadt Chihuahua angegriffen und die Verbin- hung dorthin abgeschnitten. Aus dem Muldeutale. "Waldenburg, 4. Juni. Die Niederschlagsmenge betrug nach Mitteilung der Landeswetterwacte in Dresden im letzten Drittel des Monats Mai im unteren Tale der Zwickauer Mulde ö mm (normal 23), im mittleren 6 (normal 25) und im oberen 6 (normal 30). *— Die kürzlich mitgeteilte Verordnung des Wirtschafts ministeriums, wonach künftig die Verwendung des Runkel rübenmehls zur Streckung des Brotmehles in Wegfall kommen soll, tritt nicht so ohne weiteres in Kraft. Die Kommunal behorden bestimmen, da wohl erst noch die Bestände an Streckmehl aufgebraucht werden müssen, den Zeitpunkt, von dem ab aus diese Streckung verzichtet werden kann. Der Kommunalverband Dresden hat bereits auf die weitere Streckung verzichtet. Es lausen in letzter Zeit vielfach Klagen ein wegen übermäßiger Preise, die im Kohlenhandel in einzelnen Fällen beansprucht worden sind, und auch bezahlt werden mußten. Allen Beteiligten kann nur empfohlen werden, vorkommende Fälle umgehend dem Bezirksverband anzuzeigen, der sicher für Abhilfe sofort Sorge tragen wird. "— Große Klagen kommen von den Imkern aus ganz Thüringen und dem Vogtland über schlechte Aussichten der Honigernte. Infolge der späten Blüte mußte bis jetzt Zucker gefüttert werden, da dieser aber knapp ist, sind viele Bienen Völker eingegangen. "— Nach einer Verordnung des ReichsernährungSministerS beträgt der Herstellerhöchstpreis für das Hektoliter Bier 39 Mark einschließlich Steuer. *— Der Höchstpreis für Schweine für je 50 Kilo Lebend gewicht ist vom Reichsernährungsminister auf 150 Nik. fest gesetzt worden. *— In den sächsischen Kohlenbezirken ist ei» Flugblatt verbreitet worden, das die Unterschriften des Gesamtmini steriums trägt und in eine Mahnung an die Bergarbeiter ausklingt, Kohlen zu fördern, damit Lebensmittel gekauft und -die sächsische Industrie vor einer Katastrophe bewahrt wer den könne. In dem Flugblatt werden die entsetzlichen Nöte der Hauptgruppcn der sächsischen Volkswirtschaft geschildert und den Bergarbeitern die günstigen Folgen einer vermehr ten Kohlenförderung beweiskräftig dargelegt. — In der Nacht zum Sonnabend ist in dem Kaufhaus Schurig L Lachmund in Zwickau eingebrochen worden. Hierbei sind den Dieben große Posten Mantelseidc, Kostümseide, Messaline, Taffete, Schotten usw., verschiedenfarbig, im Werte von etwa 120,000 Mk. in die Hände gefallen. Für die Wiederherbeischaffung der gestohlenen Waren sowie für die Ermittelung der Diebe haben die Geschädigten 10,000 Mk. Belohnung ausgesetzt. — Von der Verhängung des Molkereizwanges, der für zwanzig Gemeinden des Bezirks Grimma apgedroht war, ist bisher abgesehen worden. In der letzten Bezirksausschuß sitzung wurde die Frage der Erfassung von Milch und Milcherzeugnissen bei den Erzeugern eingehend besprochen und ein« Neuregelung beschlossen. Die Milchbewirtschastung soll weiter ausgebaut und zu diesem Zwecke durch besonders gebildete FeftstellungSauSschüsse das Ablieferungssoll der Ge meinden und der Kuhhalter neu und einwandfrei festgestellt werden. Durch eine aus Landwirten und Verbrauchern bestehenden UeberwachungSstelle sollen diejenigen Gemeinden und Betriebe eingehend nachgeprüft werden, die ihre Ab lieferungsschuldigkeit nicht erfüllen. Bei verschuldeter un genügender Ablieferung soll mit allen verfügbaren Zwangs mitteln eingeschritten werden, d. h. mit Molkereizwang, Ent ziehung der Zuckerkarten, dauernder Aeberwachung auf Kosten des Schuldigen, schärferer Heranziehung bei der Echlacht- viehabnahme, Austausch von Rindern u. a. m. Aus -em Sachsenlande. — Die sächsische Volkskammer behandelte am Dienstag den Nachtragsetat zum staatlichen Elektrizitätsunternehmen. Die Vorlage wurde nach längerer Beratung an den Finanz ausschuß ö verwiesen. Nächste Sitzung Mittwoch. Gesetz entwurf über die Wahlen für die Gemeindeverwaltungen. — Im Finanzausschuß der sächsischen Volkskammer wurde am Montag mitgetcilt, daß die Staatseisenbahnen in den ersten 5 Monaten des Etatjahres bereits einen Vorschuß von 80 Millionen Mk. erhalten hätten. Man müsse mit einem Fehlbetrag von 200 Millionen rechnen. Der sächsische Staat habe 234 Lokomotiven an die Entente abgebcn müssen. Die Regierung habe große Aufträge aus Lokomotiven, Per sonen- und Güterwagen 'gegeben. — Die evangelisch-lutherische Laudessynöde befaßte sich am Dienstag mit dem Gesuche der sächsischen evangelisch- sozialen Vereinigung, die Schaffung eines Lehrauftrags für soziale Fragen an der theologischen Fakultät der Univerfltät Leipzig betr., und mit der Eingabe der Oschatzer Pastoral- konserenz, die SteÜung der Kirche zur sozialen Frage. Eie hält cs für erforderlich, daß sich die jungen Theologen mit den sozialen Fragen beschäftigten und überwiesen die Gesuche dem Kirchenregiment zur Erwägung. Eine Eingabe über die dienstlichen Verhältnisse der Kirchschullehrer blieb auf sich beruhen. Nächste Sitzung Mittwoch. — Der Schriftleiter Or. Purlitz ist als Vertreter der bürgerlichen Presse in die neu eingerichtete Nachrichtenstelle der sächsischen Regierung berufen worden. Neben ihm wirkt als Vertreter der sozialdemokratischen Presse Schriftleiter Albert. An die Spitze des Amtes hat die Regierung des Herrn Or Gradnäuer natürlich keinen Journalisten gestellt, sondern einen Lehrer. ... — Am 3. d. ist der Betrieb auf den staatlichen Kraft wagenlinien Meißen Niederau-Weinböhla, Meißen Brockwitz- Coswig und Meißen Zaschendorf eröffnet. Am Montag mittag wurde in Dresden in Gegenwart von Vertretern der Behörden sowie der Presse die staatliche Anstalt für Krankengymnastik und Massage eröffnet. Minister des Innern Uhlig hielt die Eröffnungsrede, in der er dir Bedeutung der Anstalt hervorhob und auf ihre Ziele und Ausgaben hinwies. Als Leiter der Anstalt wurde Gencral- vberarzt Or. Smitt berufen. — In stark verwestem Zustande wurde am Sonntag in Dresden in ihrer Wohnung die 62 Jahre alte Arbeiterin Naumann aufgefunden. Sie ist etwa vor acht Tagen, gänzlich allein dastehend, vereinsamt verschieden. — Wie in der letzten Ratssitzung mitgeteilt wurde, machen die seit Beginn der Revolution außerhalb des HauShaltplaneS der Stadt Leipzig erfolgten Bewilligungen besonderer Mittel die Gesamtsumme von über 65 Millionen Mk. aus. Der Betrieb auf das Jahr 1919 wird dadurch mit rund 8^'« Millionen Mk. mehr belastet. Die laufende Mehrbelastung wird künftig rund 6*/« Millionen Mk. auSmache» — Die Reichskouferenz des Verbandes Deutscher Hand lungsgehilfen, gewerkschaftliche Berufsvereinigung der Ange stellten in Handel und Industrie billigte auf ihrer Tagung in Leipzig die von Auffichtsrat und Vorstand inbezug auf die Zusammenfassung aller männlichen und weiblichen kaufmänni schen Angestellten, ebenso der Ingenieure, Chemiker, Tecbniker, Werkmeister und aller sonstigen Angeftelltengruppen in Handel und Industrie gefaßten Beschlüsse. Der bereits 1881 ge gründete, angesehene und umfangreiche Leipziger Verband will sich also zu einer allgemeinen deutschen Angestellten- Gewerkschaft erweitern, die politisch neutral, auf freiheitlicher Grundlage eine reine Interessenvertretung sür die gesamte Handels- und Industrie Angestelltenschast darstellt. . — Der Rat der Stadt Leipzig hat eine Beschlagnahme der Wohnungen angekündigt. Das Wohnungsamt wird seine zur Vermietung von Wohnungen erforderliche Zustim mung künftig nur dann erteilen, wenn für volle Ausnutzung der Wohnungen Gewähr geboten ist. Als nicht vollauSgc- nützt wird eine Wohnung in der Regel dann angesehen, wenn sie mehr Wohnräume enthält, als die Zahl der er wachsenen Bewohner beträgt. — Die Wohnungsnot hat in Chemnitz einen erschrek- kenden Umsang angenommen. Die neue 104er Kaserne an der Zschopauer Straße wird am 1. Juli voll ausgenutzt sein ebenso der zur Verfügung stehende Teil der alten 104er Kaserne an der Reitbahn- und Kasernenstraße, der 1. Juli achtzehn Familien Wohnung bieten wird und mit dessen Umbau bereits begonnen worden ist. Auch zahl reiche leerstehende Fabrikdetriebc find bereit- in Wohnungen umgewandelt worden. — Um einer Wohnungsnot in Planen vvrzubeugen, be willigten die Stadtverordneten unter der Voraussetzung, daß In Vnssilvn »at Usc ^u«»t»ltun^ ea«- - ö»u «I«KI NW 'm