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geladen, fünf Mitglieder der deutsch-österreichischen National versammlung zu entsenden, die an den Beratungen de« deutschen VerfassungSauSschufseS in Weimar teilnehmen sollen Seit Monaten arbeiten die Gegner eines An schlusses in Oesterreich mit dem Norwand, der deut sche Rest der alten HabSburg-Monarchie werde bei Be wahrung seiner staatlichen Selbständigkeit politisch und wirtschaftlich das bessere Geschäft machen. Jetzt haben die österreichischen Partikularisten die weitere Entdeckung gemacht, daß auch das Reich bester fahren würde, wenn es aus den Beitritt Oesterreichs verzichte. Sie behaup ten, daß die deutsche Kulturgemeinschaft nicht nur die deutschen Sprachgebiete in Südtirol, Westungarn und Böhmen retten würde, wenn man Oesterreich als selb ständigen Staat bestehen laste, sondern, daß der Verband in der Bestimmung der östlichen und westlichen Reichs grenze Entgegenkommen zeigen würde, wenn das Reich auf den großen Gebietszuwachs an der Donau verzichten würde. Ja der christlich-soziale Landeshauptmann von Tirol, Schäffl, will sogar gemerkt haben, daß aus diesen Erwägungen heraus im Reiche selbst die Gefühle „ge-- mischt" seien. Begierig haben österreichische Anschlußgegner die Betrachtungen in sich aufgenomm.n, die der franzö fische Geschäftsträger in Tirol, Herr Allizö, über die Nütz lichkeit eines selbständigen österreichischen Gemeinwesens anstellte. ES ist auffallend, daß die durch die Logik der Tatsachen am härtesten betroffenen Kreise Oesterreichs, die unent wegten Föderalisten, am wenigsten fähig sind, Träume von Realitäten zu unterscheiden. Daß der Verband, in sonderheit Frankreich, den Anschluß Deutsch-Oesterreichs verhindern möchte, ist klar. DaS sollte allein als voll gültiger Beweis ausgefaßt werden, wie notwendig dieser Anschluß ist Weiter soll nicht bestritten werden, daß der Verband zu gewissen Opfern bereit wäre, um die deut schen Stämme von einander getrennt zu halten. Ist es ihm aber erst einmal gelungen, Deutsch Oesterreich in seiner politischen und wirtschaftlichen Entwicklung auf nichtdeutsche Bahnen zu lenken, so bedeutet jeder weitere Schritt in der Entwicklung des Reiches und Deutsch- OesterreichS ein weiteres Auseinanderstreben. ES mag sein, daß der Friedenivertrag, was Deutsch- Oesterreich betrifft, um eine Kleinigkeit weniger hoffnungs los auSsehen würde, wenn eS selbständig bliebe, aber sicher ist, daß alle künftigen politischen und wirtschaft lichen Vereinbarungen zwischen den Verbandsländern einer seits, dem Reich oder Deutsch Oesterreich anderseits sehr viel günstiger sein werden, wenn diese beiden ein Reich bilden. Wirtschaftliche und politische Macht ist «in dauern der politischer Trumpf, Nachgiebigkeit in Lebensfragen aber höchstens ein vorübergehendes Konjunktur-Mittelchen. Die österreichischen Eigenbrötler täuschen sich aber sehr, wenn sie glauben, ihr Wohlverhalten im Ententesinne werde die Pariser Verhandlungen nennenswert beein flussen. Wenn irgend etwa» geeignet ist, die Achtung, die da» Deutschtum im Rate der Vier genießt, zu heben und dadurch die uns zu stellenden Bedingungen zu ver bessern, so ist eS unser freies Bekenntnis zum wirtschaft lichen und politischen Zusammenschluß aller Deutschen. Man würde den Christlich-Sozialen Deutsch-Oesterreichs Unrecht tun, wenn man sie in ihrer Gesamtheit als An- schlußgegner bezeichnen würde. Von den fünf österreichi schen Volksvertretern, die an der Beratung der deutschen Verfassung in Weimar teilnehmen werden, sind zwei Christlich-Soziale, die beide als überzeugte Anhänger des Änschlußgedanken» bekannt sind Nachdem schon seit vielen Wochen zwischen reichsdeutschen und österreichischen Re gierungsvertretern über die mannigfachen und verwickel ten Fragen des Anschlusses verhandelt worden ist, wird nunmehr zwischen den beiderseitigen Volksvertretern die gemeinsame Verfassung ausgearbeilet werden. Das deut sche Volk im Reiche läßt sich durch vermeintliche Vorteile im IriedenSvertrage nicht an seiner deutschen Pflicht und seinem Vertrauen auf den endlichen Sieg des politisch und wirtschaftlich Vernünftigen irremachen. ypolitiscve Rundschau. Deutsches Reich. Der parlamentarische Untersuchungsausschuß der preußi schen Landesversammlnng hat festgestellt, daß der Polizei präsident Eichhorn seinen Leuten 20 Mk. Tagcsdiälen bezahlt hat. Diese Leute rekrutierten sich aus Verbrecher und Zuhälterkreisen, die ihre Armbinden au Plünderer für 500 bis 800 Mk. verborgten. Diese Sicherheitswehr beging Erpressungen in größerem Umfange. Von ver schiedenen Kassen erhob Eichhorn Gelder bis zu einer Million Mark, beschlagnahmte Lebensmittel (etwa 100 Schinken, Schweinefleisch und hunderttausende von Zigarren) und ver kaufte sie im Schleichhandel. Die von den Waffenfabriken erpreßten Waffen sind überhaupt nicht bezahlt worden. Tie Regierung Hoffmann in Bayern hat sich an die Reichsregierung mit der Bitte um Entsendung weiterer Reichstruppen nach Bayern gewandt. Eine ganze Division wird nach Bayern abgehen, um an den bevorstehenden Ent scheidungskämpfen gegen München teilzunehmen. Den Ober befehl über sämtliche Truppen, die gegen München operieren werden, hat Reichswehrminister Noske übernommen. Ueber das ganze rechtsrheinische Bayern wurde das Standrecht verhängt. In Nürnberg wurde der Kommunistenführer Albert Schmidt in der Nacht zum Sonnabend, als er vor seiner Wohnung mit einigen Genossen der Verhaftung tätlichen Widerstand entgegensetzte, von Regierungssoldaten erschossen. In Bremen haben am Sonnabend die Arbeiter im Gas, Wasser- und Elektrizitätswerk die Arbeit wieder aus genommen. Damit ist das Ziel der Streikadwehr erreicht. In Gelsenkirchen kam es am Freitag zu schweren Aus schreitungen. Die Geschäfte wurden geplündert und die Wirtschaften demoliert. Das Warenhaus Althoff ist völlig ausgeraubt worden. Die Regierungstruppen wurden mit Maschinengewehrfeuer empfangen. Drei Werke der Vereinigten Königs- und Laurahtttte in Oberschlesien sollen stillgelegt werden. Die Verhand lungen zur Einstellung des Betriebes find im Gange. Der Bürgerbund für Hamburg und WandSbeck hat einen Aufruf erlassen, in dem er mitteilt, daß verbrecherische Elemente den Generalstreik herbeisühren wollen. Er fordert zum Abwehrstreik auf. Der Deutsche Landwirtschaftsrat hat an Scheidemann ein Telegramm gerichtet, in dem die Reichsregierung ersucht wird, die Möglichkeit zu schaffen, daß am 1. Mai land wirtschaftliche Arbeit verrichtet werden kann, da die Frühjahrsbestellung wegen der Witterung stark im Rück stände geblieben ist. Die Deutsche Kolonialgesellschaft, Abteilung Berlin, spricht in einer Entschließung die zuversichtliche Erwartung aus, daß die Reichsregierung bei den Friedensverhandlungen mit stärkstem Nachdruck auf Rückgabe unserer Kolonien be steht. Ein Frieden, der uns die Kolonien raubt, wäre für Deutschland unerträglich. Ein Völkerbund, der in heuchlerischer Herabsetzung der von Deutschland bewiesenen kolonialen Fähigkeiten die deutschen Kolonien Völkern ausliefert, di« entgegen feierlichen Verträgen die Neutralisierung Afrikas während des Krieges abgelehnt und dadurch den Krieg auch dort entflammt haben, die Hunderttausende wehrloser Ein geborener auf die Schlachtfelder verschleppt, andere Hundert tausende in den Kolonien frevelhaft vernichtet haben, die nichtswürdigen Mißhandlungen gefangener Deutscher in Dahomey und Marokko angesichts der farbigen Einwohner feige verübt oder gefühllos geduldet haben, ein solcher Völkerbund wäre ein Zerrbild einer gerechten Völkerver- söhnung. Die Erweiterung der Sonntagsruhe vom 1. April ab findet in den kleinen Städten und auf dem platten Lande Widerspruch. Die ländliche Kundschaft ist außerstande, ihren Wochenbedarf Sonntags cinkaufen zu können. Es sind Schritte unternommen worden, die Reichsregierung zur Abänderung der Bestimmungen zu veranlassen. In Jena fand eine Sitzung der Präsidenten der thüringi schen Landtage statt, in welcher der Zusammenschluß der thüringischen Länder beschlossen wurde. Ein Ausschuß soll bis 15. Mai einen Verfassungsentwurf ausarbeiten. Wegen Kohlenmangels mußten in Hamburg-Altona und Cuxhaven 35 Fischdampfer auflegen. Wenn wir als» keine Seefische erhalten, so find die streikenden Kohlenarbeiter daran schuld. Holland hat der deutschen Regierung Butter zum Preise von 4,50—5,50 Gulden für das Kilo, je »ach der Be schaffenheit, angebvtcn. Da der Gulden mit über b Mk. bezahlt werden muß, kostet das Kilogramm Butter 28 bis 30 Mk. Da die Regierung den Preis als zu hoch ansieht, hat sie von dem Angebot abgesehen. Oesterreich-Ungar«. Die deutsche Reichsregierung Hot an die deutsch-öster reichische StaatSrcgierung die Einladung ergehen lassen, fünf Mitglieder der deutsch-österreichischen Nationalversamm lung zu den Beratungen des deutschen BerfassungS- ausschusscs zu entsenden. Diese Abordnung hat die Auf gabe, an den Verhandlungen des Ausschusses mit beratender l Stimme tcilzunchmen. In der ^Biener Bank wurde ein Russe verhaftet, der auf einen Scheck eine größere Summe abheben wollte. Man fand bei ihm für mehrere Millionen Rubel Noten, sowie vollständig ausgearbeitete Pläne zur Organisierung einer bolschewistischen Revolution in Wien und Paris. , Tie schwere Beschießung der Stadt Lemberg durch die ukrainische Artillerie dauert fort. Zahlreiche Bewohner wurden durch Granaten getötet und eine Anzahl Häuser zerstört. Va banque. Detektivroman von F. Eduard Pflüger. 13) (Fortsetzung.) Dalberg referierte kurz über seine Hallenser Expedition und bekam dann ein ganzes Bündel eingetaufener Tele gramme von den Haien pvl izei uauvneu. daß man sorgfällig jeden zu Schiff gehendeü anslnudschaiten werde, um den Mörder eventuell nach vor einer überseeischen Reise abzu fassen. „Nach den Südbäfen haben Sic nicht telegraphiert?" fragt.« Dalberg, indem er die Depeschen zurnckgab. „Natürlich, da die Möglichlen besteht, daß unser Mann mit einem Zuge vom AnhaUer Bahuhose nach Oesterreich oder nach dek Schweiz ansgetnifsen ist, so müssen wir selbst verständlich auch dort observieren lassen. Außerdem sind sämtliche Grenzstationen benachrichtigt, sodaß der Ver brecher, sobald er die Zollschranle passiert, augehalten wird." Dalberg lächelte boohan und meinte: „Wenn wir nnr ein Signalement von ihm hätten, dann würde ich an ein Absagen glauben. Aber die Leute können doch nicht jeden harmlose» Reisenden sestnehmeu und wenn der Einbrecher von Halle nach Leipzig gefahren ist . . ." Dalberg unterbrach sich und dachte einen 'Augen blick nach . . . „wenn er aber gar in Jüterbog ausgestiegen und über Dresden gereist ist, bann hac er die Grenze er reicht, ehe unser Telegramm dorr war." „Einerlei, er wird sich dann naturgemäß nach Triest, Fiume oder Venedig wenden. Ma» wird dort ohne Schwierigkeit den Deutschen ertemum und sestnehmeu. Das ist so einfach und klar wie nur was." „Wenn er aber nach Aouüaunuopel gefahren ist?" „Wenn, wen», u enm T er Man», der das „Wenn" und das „Aber" erdacht, hält laugst aus Häckerling Gold schon gemacht. Wir tonnen nicht immer mit wenn operieren, lieber Talberg v m schlauer Spitzbube wird uns stets übers Ohr halten nud alle Wege können wir nicht besetzen. Geht er nach Konstantinopel, kommt er später und schwieriger fort, denn dort füllt ein deutscher Reisender mehr ans als in Triest oder in Venedig, und die Verbrecher sind doch auch mir Menschen nnd tun als solche selbstredend immer das Nächtsliegend«. Sie wollen noch das Obduktionsprotokoll einsehen?" „Jawohl, und dann will ich unbedingt noch einmal i genau den Tatort untersuchen und vor allem das Schlaf- > zimmer . . . ." „Ja, das haben wir vergessen," unterbrach ihn Voll- . rad, „ich dachte übrigens schon daran, habe jedoch davon abgesehen, um Ihnen nicht vorzugreifen." „Gut." Dalberg schickte sich zum Gehen an. „Sollten noch Telegramme für mich einlaufen, so bitte ich, sie mir durch Stafette nach der Fabrik zu sende». Auf Grund meiner Hallenser Ermittelungen habe ich Nach richten zu erwarten, ob ein Mann in Jüterbog umgestiegen und ein Billet nach Dresden gelöst hat, denn der Ver dächtige hat ja Fahrkarte nach Würzburg. Ich erwarte ferner Nachricht, ob der Manu, der sich in Halle die Haare schneiden ließ, in Leipzig angekommen und dort aufge- sundrn ist." » „Schön, lieber Freund, ich werde alles bestens be sorgen und Sie umgehend von jeder Kleinigkeit benach richtigen. Sie können ganz beruhigt an Ihre Arbeit gehen und brauchen sich durch nichts stören zu lassen. Wir wissen ja nun ganz genau Bescheid. Zwei Spuren können nur verfolgt werden, einmal der Mann, der am Anhalter Bahnhof das Billet nach Würzburg löste und weiter Robert Malling, der das einzige wirklich lebhafte Interesse an dem Tode des FabrikdireKors haben könnte." „Dann sind wir also vollkommen einverstanden, nicht wahr, und ich begebe mich jetzt nach dem Tatort." „Mein Wachtmeister -wird Sie begleiten, um das Siegel abzunehmen und jeden Augenblick zu Ihrer Ver fügung zu sein, falls Sie eine? zuverlässigen Mannes be- dürfen.* Die beiden Männer schüttelten sich die Hände und Talberg verließ, nachdem der Kriminalwachtmeister die An weisung von seinem Chef erhalten hatte, mit' diesem das rote Haus am Alexanderplatz, um hinaus zu fahren, wo sich die letzten Hauser Berlins iveit in den fruchtbaren Acker hinein ausdehnen und das Etublissement Günther Mallings stand. Eine auffallend große Menschenmenge umschwärmte die Fabrik, in der alles beim alten geblieben war, nur das Kontorpersonal heute feierte, da die Räume polizeilich ver siegelt waren. Allein Schneider, der immer zuverlässig und arbeits« sam, war zur Stelle. Er hatte sich in der Portierloge niedergelassen und schrieb Briefe um Briefe. Auch einer der Aufsichtsräte war eingetroffen und ließ sich die schaudervolle Tat mit alle« grausigen Details berichten Er drängte sich natürlich, nachdem ihm DalRrg vorgeftellt war, an diesen heran, um näheres üher die Ermittelungen zu erfahren, die polizeilicherseits angestellt worden waren Dalberg hüllte sich jedoch in eisiges Schweigen, und so blieb dem Aufsichtsrat nichts anderes übrig, als sich resigniert zurück zu ziehen, und den Prokuristen weiter mit seinen Fragen zu belästigen. Der Kriminalwachtmeister nahm das Siegel ab, und Dalberg ging durch das Kontor, um schnellen Schrittes das Kassenzimmer zu durchmessen und in den Arbeitsraum des Verstorbenen einzutreten. Der große Blutfleck auf der Erde erinnerte noch an die unheimliche Tat, die in der Frühe des keimenden Septembertages hier begangen worden war. Alles stand und lag noch, wie man es gefunden hatte nnd der gewiegte Kriminalist setzte sich sofort an den Schreibtisch, um die Papiere Günther Mallings noch ein mal durch zu sehen, aber seine Augen hafteten wie gebannt auf der Löschblattunterlage und plötzlich zog er einen kleinen Taschenspiegel heraus und versuchte aus den uni gekehrten abgelöschten Schriftzügen die geschriebenen Worte zu entziffern. Kraus und bunt gingen sie durcheinander, aber wenige ermittelten Worte zeigten ihm doch, daß hier ein wichtiger Brief geschrieben worden war und der häufiger wiedertehrende Name Robert mit dem Prädikut Bruder gab ihm die Ueberzeugung, daß Günther Malling vor seinem Tode noch einen langen Brief an seine» übel geratenen Bruder geschrieben hatte. „Wachtmeister, kommen Sie einmal her, Sie sind ja ein tüchtiger, findiger Mann, nehmen Sie meinen Taschen spiegel und versuchen Sie, Zeile für Zeile die abgclöschte» Worte zu ermitteln und auszuschreiben. Sie lanfcn, wie Sie sehen, horizontal und vertikal. Sie müssen also genau eine Richtung verfolgen und dürfen sich nicht ablenken lassen. Ich will indessen im Schlafzimmer die genauen Tatbestandaufnahmen machen. Kam» hatte der Kriminalist den kleinen, schmucklos ausgestatteten Schlafraum betre'ten, als er einen leise» Pfiff freudiger Ueberraschung hören ließ. Hier war alles, was er brauchte. Ein unangenehmer Geruch »ach Breun spiritus Llnd verbrannter Wolle ließ ihn nach dem Nciuc», eisernen Ofen gehen, der für die kalte» WintcAagc das sehr freiliegende Schlafzimmer Heizen sollte. Der Oft» war voll 'Asche und der Spiritusgeruch drang deutlich aus feiner Feneröffnung hervor. Hier waren Lcinengcgenstäude ver brannt worden, wahrscheinlich blutgefärbte Manschetten. (Ksrtfttz«», )